TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/14 99/11/0296

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Veröffentlicht am 14.03.2000
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Index

L50004 Pflichtschule allgemeinbildend Oberösterreich;
L50504 Schulbau Schulerhaltung Oberösterreich;
L50804 Berufsschule Oberösterreich;
L92104 Behindertenhilfe Pflegegeld Rehabilitation Oberösterreich;
70/05 Schulpflicht;

Norm

BehindertenG OÖ 1991 §2 Abs1 Z4;
BehindertenG OÖ 1991 §42 Abs1;
BehindertenG OÖ 1991 §5 Abs1;
BehindertenG OÖ 1991 §5 Abs2;
BehindertenG OÖ 1991 §6 Z3;
BehindertenG OÖ 1991 §9 Abs1;
BehindertenG OÖ 1991 §9 Abs3;
PSchOG OÖ 1992 §48 Abs6;
SchPflG 1985 §8;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 98/03/0099 E 7. Juni 2000 99/11/0295 E 14. März 2000

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der mj. S in G, vertreten durch ihre Mutter M, diese vertreten durch Dr. Christian Rumplmayr, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 36, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. Mai 1999, Zl. SO-422381/14-1999-Ai/Hi, betreffend Eingliederungshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565.- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der im Jahre 1989 geborenen, durch ihre Mutter vertretenen behinderten Beschwerdeführerin vom 11. September 1998 auf Gewährung von Eingliederungshilfe durch Übernahme der Personalkosten für eine zusätzliche Lehrkraft an der von der Beschwerdeführerin besuchten Volksschule (einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht) gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 O.ö. Behindertengesetz 1991, LGBl. Nr. 113 (BhG), abgewiesen.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 BhG ist Voraussetzung für die Hilfeleistung, daß der behinderte Mensch auf Grund anderer Rechtsvorschriften - ausgenommen das O.ö. Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 66/1973 - keinen Anspruch auf Leistungen geltend machen kann, die den im § 3 genannten Hilfeleistungen vergleichbar sind. Hiebei ist es gleichgültig, ob dem behinderten Menschen ein Rechtsanspruch auf die Gewährung einer solchen Leistung zusteht oder ob die Gewährung der Leistung im Ermessen der für die Vollziehung der genannten Rechtsvorschriften zuständigen Behörde liegt.

§ 5 BhG lautet:

"(1) Zweck der Eingliederungshilfe ist es, den behinderten Menschen durch die im § 6 angeführten Maßnahmen zu befähigen, in die soziale Umwelt oder das Erwerbsleben eingegliedert zu werden oder seine Stellung in der sozialen Umwelt oder im Erwerbsleben zu erleichtern, zu erhalten oder zu festigen.

(2) Auf die Maßnahmen der Eingliederungshilfe, ausgenommen auf jene des § 6 Z. 2, besteht ein Rechtsanspruch; auf eine bestimmte Maßnahme der Eingliederungshilfe besteht jedoch kein Rechtsanspruch. Im Einzelfall ist jene Maßnahme zu gewähren, die der Eigenart der Behinderung Rechnung trägt."

Nach § 6 Z. 3 BhG ist "Hilfe zur Frühförderung, Erziehung und Schulbildung" eine Maßnahme der Eingliederungshilfe. Die in § 5 Abs. 2 BhG erwähnte Ausnahme betreffend die Z. 2 des § 6 betrifft die Versorgung mit Körperersatzstücken orthopädischen Behelfen, Heilbehelfen und anderen Hilfsmitteln.

§ 9 Abs. 1 und 3 BhG lauten:

"(1) Die Hilfe zur Frühförderung, Erziehung und Schulbildung umfaßt alle Maßnahmen, die den behinderten Menschen in die Lage versetzen, eine seiner Behinderung gemäße Frühförderung, Erziehung und Schulbildung zu erlangen.

(3) Die durch die Behinderung bedingten Kosten werden vom Land getragen (§ 42)."

§ 48 Abs. 6 des O.ö. Pflichtschulorganisationsgesetzes 1992, LGBl. Nr. 35, in der Fassung LGBl. Nr. 1/1995 (O.ö. POG 1992), lautet:

"Der Schulerhalter hat bei Bedarf für die Beistellung von Hilfspersonal für die Integration behinderter Kinder zu sorgen. Er kann sich dabei auch Dritter, insbesondere der Einrichtungen der Behindertenhilfe oder einschlägiger Organisationen bedienen. Die Kosten für den dadurch entstehenden Aufwand trägt das Land gemäß § 42 Abs. 2 und 3 des O.ö. Behindertengesetzes."

Der Antrag der Beschwerdeführerin war auf Gewährung von Eingliederungshilfe, im Besonderen auf Hilfe zur Schulbildung gerichtet. Darauf besteht nach § 5 Abs. 2 BhG ein Rechtsanspruch.

Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin mit der sich aus § 2 Abs. 1 Z. 4 BhG ergebenden Subsidiarität der Behindertenhilfe. Aus den schulrechtlichen Bestimmungen ergebe sich, dass die Bereitstellung von Hilfspersonal für die Integration behinderter Kinder eine Angelegenheit sei, die bei den Schulbehörden (Bezirks- und Landesschulrat) geltend zu machen sei.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrem dem Verwaltungsverfahren zu Grunde liegenden Antrag die Übernahme der Kosten begehrt, die durch die Bestellung einer zusätzlichen Lehrkraft zur Betreuung behinderter Schüler an der von ihr besuchten Volksschule entstehen. Sie hat bei der Erstbehörde nicht etwa beantragt, eine derartige Hilfskraft zu bestellen. Die Begründung des angefochtenen Bescheides geht daher an dem Begehren der Beschwerdeführerin in zweifacher Hinsicht vorbei.

Dessen ungeachtet ist der angefochtene Bescheid im Ergebnis rechtmäßig. Die Hilfe zur Schulbildung im Sinne des § 6 Z. 3 BhG umfasst nämlich nur begleitende und unterstützende Maßnahmen, die den Schulbesuch durch behinderte Schüler erleichtern. Die Behörden der Behindertenhilfe sind daher nicht berufen, die Kosten der Einstellung von Lehrern in Schulen zu übernehmen. Die Übernahme der Kosten der Einstellung zusätzlichen Personals an Schulen zur Förderung der Integration behinderter Kinder auf Kosten der Sozial-(Behinderten-)Hilfe kann gemäß § 48 Abs. 6 O.ö. POG 1992 in Ansehung von Hilfspersonal erfolgen. Nach dieser Bestimmung hat der Schulerhalter für die Beistellung des für die Integration behinderter Schüler erforderlichen Hilfspersonals zu sorgen, die Kosten hiefür sind nach dem letzten Satz dieser Bestimmung nach dem BhG zu tragen. Die Einstellung von Hilfspersonal käme als eine mit der beantragten vergleichbare Maßnahme im Rahmen der Eingliederungshilfe in Betracht. Die behinderte Person hat aber keinen Anspruch darauf, dass derartiges Personal vom Schulerhalter beigestellt wird. Es gibt auch keine Zuständigkeit der zur Vollziehung des BhG berufenen Behörden zur Beistellung von Schulpersonal. Dies ist ausschließlich im Zusammenwirken von Schulerhalter und Schulbehörde zu bewerkstelligen. Das Anliegen der Beschwerdeführerin, mit Bescheid zu erklären, dass die Kosten der durch den Schulerhalter zu erfolgenden Personalbeistellung nach den Regeln des BhG getragen werden, berührt daher deren Rechtsstellung nicht, ihr diesbezügliches Interesse ist ein rein faktisches. Im gegebenen Zusammenhang beschränkt sich die Möglichkeit einer rechtlichen Einflussnahme der (Eltern der) behinderten Person auf die Feststellung eines im Zusammenhang mit ihrer Person gegebenen sonderpädagogischen Förderbedarfes im Sinne des § 8 des Schulpflichtgesetzes. Eine Maßnahme wie die begehrte ist daher ebenso wie die mit ihr vergleichbare betreffend Hilfspersonal keine, die im Rahmen der Eingliederungshilfe gesetzt werden kann.

Da sich die Beschwerde als im Ergebnis unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999110296.X00

Im RIS seit

18.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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