TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/2 L510 2178861-1

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Veröffentlicht am 02.05.2018
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Entscheidungsdatum

02.05.2018

Norm

AlVG §17
AlVG §47
AVG §13 Abs7
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L510 2178861-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Vorsitzenden, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. WOLFARTSBERGER und Dr. PUNZENBERGER als Beisitzer, über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch Hübel & Payer Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 18.10.2017, GZ: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (folgend kurz: "AMS") vom 18.10.2017, VNR: XXXX , wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei (folgend kurz: "bP"), XXXX , vom 29.08.2017 auf Zurückziehung des Antrages auf Arbeitslosengeld vom 13.06.2017 gem. den §§ 17 Abs. 1, 45 Abs. 1 und 47 Abs. 1 AlVG als unzulässig zurückgewiesen.

Zum Sachverhalt wurde festgestellt, dass der bP aufgrund ihrer Antragstellung vom 13.06.2017 das Arbeitslosengeld ab 16.06.2017 in der gesetzlichen Höhe zuerkannt worden sei. Am 27.06.2017 sei ihr die Mitteilung über die Zuerkennung und die Höhe des Arbeitslosengeldes über das Bundesrechenzentrum übermittelt worden. Am 03.07.2017 sei ihr das Arbeitslosengeld für die Zeit von 16.06.2017 bis 30.06.2017 ausbezahlt worden. Sie habe einen Feststellungsbescheid beantragt. Mit Bescheid v. 06.07.2017 sei ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld in der gesetzlichen Höhe festgestellt worden. Die festgestellte Höhe des Anspruchs habe sich mit der Höhe des bereits zuerkannten Arbeitslosengeldes gedeckt. Gegen diese Entscheidung sei Beschwerde eingebracht worden. Diese sei mit Bescheid vom 16.08.2017 abgewiesen worden. Dagegen sei ein Vorlageantrag an das BVwG gestellt worden. Das Beschwerdeverfahren sei laufend.

Rechtlich führte das AMS unter Zugrundelegung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen aus, dass entsprechend der Judikatur des VwGH maßgeblich für die Beurteilung der Zulässigkeit der Antragszurückziehung gewesen sei, ob der Antrag zu diesem Zeitpunkt bereits erledigt war.

Diese Beurteilung habe anhand der dafür geltenden Bestimmungen des AlVG zu erfolgen.

§ 47 AlVG sehe als primäre Form der Erledigung von Anträgen auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe die Ausstellung einer Mitteilung, verbunden mit der tatsächlichen Auszahlung, vor. Die Erlassung eines Bescheides sei nach dem zweiten Satz des § 47 Abs. 1 AlVG dann zwingend vorgesehen, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe von Anfang an nicht anerkannt werde. Ein Bescheid sei weiters zu erlassen, wenn dies vom Leistungsberechtigten - etwa weil er mit der in der Mitteilung nach § 47 Abs. 1 erster Satz AlVG ausgewiesenen Höhe des Leistungsanspruchs nicht einverstanden sei - beantragt werde. Ein derartiger Antrag sei unbefristet zulässig, was nicht bedeute, dass auch die Zurückziehung des Antrages auf Arbeitslosengeld (bzw. Notstandshilfe) unbefristet zulässig sei. Dieser Antrag sei nämlich mit der - auf die Mitteilung nach § 47 Abs. 1 erster Satz AlVG folgenden - tatsächlichen Auszahlung erledigt, soweit ihm damit entsprochen werde, sodass eine Zurückziehung nicht mehr in Betracht komme. Der Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 13.06.2017 gelte im Sinne der Judikatur des VwGH (vgl. Erk. v. 06.07.2016, Zl. Ra 2016/08/0041) somit als erledigt.

Der Verwaltungsverfahrensakt beinhaltet den Antrag der bP vom 29.08.2017 auf Zurückziehung des Antrages auf Arbeitslosengeld vom 13.06.2017.

Mit Schreiben des AMS vom 30.08.2017 wurde der bP mitgeteilt, dass das Arbeitslosengeld aufgrund ihres Antrages in der gesetzlichen Höhe zuerkannt und ausbezahlt worden sei, weshalb eine Zurückziehung des Antrages nicht mehr möglich sei.

Mit Schriftsatz vom 04.09.2017 wurde seitens der Rechtsvertretung gegenüber dem AMS die Erteilung der Vollmacht bekannt gegeben und wurde dargelegt, dass davon auszugehen sei, dass eine Zurückziehung des Antrages jedenfalls zulässig sei.

Mit E-Mail vom 18.09.2017 wurde durch die Rechtsvertretung der bP beim AMS der Feststellungsantrag über die Rechtmäßigkeit der Zurückziehung des Antrages auf Arbeitslosengeld vom 13.06.2017 beantragt.

2. Mit Schriftsatz der Rechtsvertretung der bP vom 17.11.2017 wurde Beschwerde eingebracht. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass, insoweit sich das AMS in seiner Begründung auf das Erkenntnis des VwGH v. 06.07.2016, Zl. 2016/08/0041, stütze, auszuführen sei, dass in dieser Entscheidung die Frage zu beurteilen gewesen sei, ob ein nicht mit Bescheid erledigter Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld auch nach begonnener Auszahlung der Leistung zurückgezogen werden könne. Gegenständlich liege jedoch eine andere Konstellation vor, da über den Antrag noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Generell sei die Zurückziehung eines Antrages gem. § 13 Abs. 7 AVG nämlich zulässig, solange er nicht rechtskräftig erledigt sei (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 42, VwGH 26.05.2014, 2013/08/0199). Die bloße Auszahlung des beantragten Arbeitslosengeldes könne der bP nicht das Recht nehmen, über ihren Antrag zu disponieren, zumal auch die Rückzahlung des bereits erhaltenen Arbeitslosengeldes in Betracht komme. Es wurde beantragt den Bescheid vom 18.10.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die bP den Antrag vom 13.06.2017 wirksam zurückgezogen habe.

3. Mit Schreiben des AMS vom 05.12.2017 erfolgte die Beschwerdevorlage. Im Wesentlichen führte das AMS aus, dass dem Antrag der bP vom 13.06.2017 entsprochen worden sei. Am 27.06.2017 sei ihr die Mitteilung über die Zuerkennung und Höhe des Arbeitslosengeldes ab 16.06.2017 übermittelt worden. Am 03.07.2017 sei die erste Auszahlung erfolgt. Die verfahrensgegenständliche Zurückweisung stütze sich im Wesentlichen auf die bereits im Bescheid ausgeführte Judikatur des VwGH. Von einer Beschwerdevorentscheidung werde Abstand genommen und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die bP stellte am 13.06.2017 einen Antrag auf Arbeitslosengeld. Ab 16.06.2017 wurde ihr aufgrund ihres Antrages das Arbeitslosengeld in der gesetzlichen Höhe zuerkannt. Am 27.06.2017 erfolgte an sie die Mitteilung über die Zuerkennung und Höhe des Arbeitslosengeldes. Am 03.07.2017 wurde der bP das Arbeitslosengeld für die Zeit von 16.06.2017 bis 30.06.2017 ausbezahlt. Aufgrund eines Feststellungsantrages wurde mit Bescheid des AMS vom 06.07.2017 der Anspruch auf Arbeitslosengeld in der gesetzlichen Höhe festgestellt. Die festgestellte Höhe deckte sich mit der Höhe des bereits zuerkannten Arbeitslosengeldes. Gegen diese Entscheidung erhob die bP Beschwerde, welche mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.08.2017 abgewiesen wurde. Dagegen wurde ein Vorlageantrag an das BVwG eingebracht. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren ist beim BVwG anhängig.

Mit 29.08.2017 stellte die bP den Antrag auf Zurückziehung des Antrages auf Arbeitslosengeld vom 13.06.2017.

Mit E-Mail vom 18.09.2017 wurde durch die Rechtsvertretung der bP beim AMS der Feststellungsantrag über die Rechtmäßigkeit der Zurückziehung des Antrages auf Arbeitslosengeld vom 13.06.2017 beantragt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsverfahrensakte des AMS. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstreitig aus den in den Akten aufliegenden Unterlagen und Bescheiden des AMS, sowie den Beschwerden und des Vorlageantrages der bP.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Rechtsgrundlagen

Gemäß § 17 Abs. 1 AlVG gebührt das Arbeitslosengeld, wenn sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind und der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16 ruht, ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit. Gemäß § 17 Abs. 1 Z. 2 AlVG gilt der Anspruch rückwirkend ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit, wenn die Arbeitslosmeldung bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingelangt ist und die Geltendmachung sowie eine gemäß § 46 Abs. 1 erforderliche persönliche Vorsprache binnen 10 Tagen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, soweit das Arbeitsmarktservice nicht hinsichtlich der persönlichen Vorsprache Abweichendes verfügt hat.

§ 46 Abs. 1 AlVG in der Fassung des Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 2010 - SVÄG 2010, BGBl. I Nr. 63/2010, lautet:

"(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind."

Gemäß § 47 Abs. 1 AlVG ist dem Leistungsbezieher, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe anerkannt wird, eine Mitteilung auszustellen, aus der insbesondere Beginn, Ende und Höhe des Leistungsanspruchs hervorgehen. Wird der Anspruch nicht anerkannt, so ist dem dem Antragsteller darüber ein Bescheid auszufolgen.

Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Darunter sind gemäß § 13 Abs. 1 AVG alle Arten von Verfahrenshandlungen zu verstehen, mit denen Beteiligte an eine Behörde herantreten können (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I (2. Ausgabe 2014), § 13 Rz 1), also auch der Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld nach § 17 iVm § 46 AlVG.

Die Zurückziehung eines Antrages ist so lange zulässig, als dieser noch unerledigt ist und daher noch zurückgezogen werden kann (etwa VwGH v. 25.07.2013, Zl. 2013/07/0099). Dies bedeutet für jene Fälle, in denen der verfahrenseinleitende Antrag auf die Einleitung eines mit Bescheid abzuschließenden Verfahrens gerichtet ist, dass eine Antragszurückziehung bis zur Bescheiderlassung, im Fall einer Berufung auch bis zur Erlassung des Berufungsbescheides, möglich ist (etwa VwGH v. 29.03.2001, Zl. 2000/20/0473, sowie VfGH v. 30. November 1999, B 2098/98). Diese zum früheren Berufungsverfahren vor den Verwaltungsbehörden ergangene Rechtsprechung ist auf das seit 1. Jänner 2014 bestehende Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten zu übertragen (vgl. - implizit - VwGH v. 05.03.2015, Ra 2014/02/0159, sowie Hengstschläger/Leeb, AVG I (2. Ausgabe 2014) § 13 Rz 42).

Maßgeblich für die Beurteilung der Zulässigkeit der Antragszurückziehung vom 29.08.2017 war demnach, ob der Antrag zu diesem Zeitpunkt bereits erledigt war, was in erster Linie anhand der dafür geltenden Bestimmungen des AlVG zu beurteilen ist.

§ 47 AlVG sieht als primäre Form der Erledigung von Anträgen auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe die Ausstellung einer Mitteilung, verbunden mit der tatsächlichen Auszahlung, vor. Die Mitteilung hat jedenfalls die Information über den Beginn und das voraussichtliche Ende der Leistungsgewährung sowie die Höhe des täglichen Anspruchs in Euro zu enthalten. Die Erlassung eines Bescheides ist nach dem zweiten Satz des § 47 Abs. 1 AlVG dann zwingend vorgesehen, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe von Anfang an nicht anerkannt wird. Ein Bescheid ist weiters zu erlassen, wenn dies vom Leistungsberechtigten - etwa weil er mit der in der Mitteilung nach § 47 Abs. 1 erster Satz AlVG ausgewiesenen Höhe des Leistungsanspruchs nicht einverstanden ist - beantragt wird (vgl. dazu auch Leitner/Urschler in Pfeil (Hrsg.),

Der AlV-Komm § 47 AlVG Rz 3 und 10 ). Ein derartiger Antrag ist unbefristet zulässig (vgl. VwGH v. 26.05.2014, Zl. 2013/08/0199, mwN).

Das bedeutet aber nicht, dass auch die Zurückziehung des Antrages auf Arbeitslosengeld (bzw. Notstandshilfe) unbefristet zulässig ist. Dieser Antrag ist nämlich mit der - auf die Mitteilung nach § 47 Abs. 1 erster Satz AlVG folgenden - tatsächlichen Auszahlung erledigt, soweit ihm damit entsprochen wird, sodass eine Zurückziehung nicht mehr in Betracht kommt (vgl. zur Erledigung von Anbringen durch faktische Entsprechung Hengstschläger/Leeb, AVG I (2. Ausgabe 2014) § 13 Rz 1 und - auch zur fehlenden Möglichkeit der Antragszurückziehung nach einer derartigen Erledigung - § 13 Rz 42/1). Nach der Auszahlung für einen Teilzeitraum ist eine Zurückziehung auch hinsichtlich jener Zeiträume, für die noch keine Auszahlung erfolgt ist, nicht mit der Wirkung möglich, dass vor Erlangung einer neuen Anwartschaft ein weiterer Antrag erfolgreich gestellt werden könnte: Der Leistungsanspruch kann nämlich immer nur für die gesamte gesetzliche Anspruchsdauer geltend gemacht werden und ist insofern unteilbar; solange nicht die Voraussetzungen für eine neue Anwartschaft erfüllt sind, kommt nur ein Fortbezug der zuerkannten Leistung gemäß § 19 AlVG, nicht aber eine neuerliche Geltendmachung in Betracht.

Wie bereits das AMS aufgrund der einschlägigen Judikatur des VwGH festgestellt hat, gilt, nachdem der Antrag der bP auf Zurückziehung des Antrages auf Arbeitslosengeld vom 13.06.2017 erst am 29.08.2017 und somit nach Zuerkennung und Auszahlung des Anspruches auf Arbeitslosengeld ab 16.06.2017 erfolgt ist, der Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 13.06.2017 als erledigt.

Zur Beschwerdeangabe, dass im Erkenntnis des VwGH v. 06.07.2016, Zl. Ra 2016/08/0041, die Frage zu beurteilen gewesen sei, ob ein nicht mit Bescheid erledigter Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld auch nach begonnener Auszahlung der Leistung zurückgezogen werden könne, ist festzustellen, dass in diesem Erkenntnis festgehalten wurde, dass § 47 AlVG als primäre Form der Erledigung von Anträgen auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe die Ausstellung einer Mitteilung, verbunden mit der tatsächlichen Auszahlung, vorsieht. Die Mitteilung hat jedenfalls die Information über den Beginn und das voraussichtliche Ende der Leistungsgewährung sowie die Höhe des täglichen Anspruchs in Euro zu enthalten. Die Erlassung eines Bescheides ist nach dem zweiten Satz des § 47 Abs. 1 AlVG dann zwingend vorgesehen, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe von Anfang an nicht anerkannt wird und ist ein Bescheid weiters zu erlassen, wenn dies vom Leistungsberechtigten - etwa weil er mit der in der Mitteilung nach § 47 Abs. 1 erster Satz AlVG ausgewiesenen Höhe des Leistungsanspruchs nicht einverstanden ist - beantragt wird, was gegenständlich der Fall war. Das Erkenntnis ist somit auch auf Fälle zutreffend, in welchen ein solcher Antrag mit Bescheid erledigt wurde. Primäre Form der Erledigung von Anträgen auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe ist nämlich die Ausstellung einer Mitteilung, verbunden mit der tatsächlichen Auszahlung, eine Erledigung mit Bescheid in weiterer Form, insbesondere weil ein solcher beantragt wird und demnach eine Pflicht zur Bescheiderlassung besteht, steht dem nicht entgegen.

Da somit der Antrag positiv erledigt wurde, kommt eine Zurückziehung wie grundsätzlich in § 13 Abs. 7 AVG vorgesehen nicht mehr in Betracht, auch wenn das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Durch die bereits erfolgte positive Erledigung des Antrages kann auch eine Rückzahlung des bereits erhaltenen Arbeitslosengeldes nicht zu einem anderen Ergebnis führen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die gegenständliche Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es besteht eine einschlägige Rechtsprechung und weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Gegenständlich wurde kein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt. Auch konnte für diesen Fall der maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden und wurde der vorliegende Sachverhalt auch durch die Verfahrensparteien nicht bestritten. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH v. 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen und wurde damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) Rechnung getragen.

Schlagworte

Antragszurückziehung, Arbeitslosengeld, Erledigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L510.2178861.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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