TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/22 99/04/0113

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.2000
beobachten
merken

Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §14 Abs1;
GewO 1994 §14 Abs2 idF 1997/I/010;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des M in P, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 13. April 1999, Zl. 321.167/1-III/4/99, betreffend Gleichstellung gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 13. April 1999 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Gleichstellung mit Inländern zur Ausübung des Gewerbes der Marktfahrer gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994 abgewiesen. Hiezu wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keine Gründe dargelegt, denen entnommen werden könnte, die geplante Gewerbeausübung sei im volkswirtschaftlichen Interesse gelegen. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, im Hinblick auf das WTO-Abkommen und das darin enthaltene Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) bestehe das Erfordernis des Nachweises der Gegenseitigkeit für türkische Staatsangehörige nicht und es werde, wie einem näher bezeichneten Erlass des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten zu entnehmen sei, von diesem Abkommen auch das Gewerbe der Marktfahrer erfasst, sei entgegenzuhalten, dass die Niederlassung von ausländischen natürlichen Personen aus WTO-Mitgliedsstaaten nur dann zulässig sei, wenn diese bereits in einem anderen WTO-Mitgliedsstaat Erbringer von Dienstleistungen seien. Handel mit Dienstleistungen im Sinne des genannten Abkommens liege daher nur dann vor, wenn auch im Ausland gleichartige Dienstleistungen erbracht würden. Niederlassungen von GATS-Ausländern, die - wie im vorliegenden Fall - dazu dienten, eine dauernde Geschäftstätigkeit im Inland zu entfalten und Aufträge erst im Inland zu aquirieren, seien daher ausschließlich nach § 14 GewO 1994 zu beurteilen. Der vom Beschwerdeführer zitierte Erlass sei mittlerweile widerrufen worden. Im Übrigen würde bei Vorliegen von Gegenseitigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 GewO 1994 die gesetzliche Grundlage für eine auf § 14 Abs. 2 GewO 1994 gestützte Entscheidung entfallen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich - seinem gesamten Vorbringen zufolge - im Recht auf Gleichstellung mit Inländern zur Ausübung des Marktfahrergewerbes verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, das Erfordernis der Gegenseitigkeit sei - wie bereits im Verwaltungsverfahren dargelegt - im Hinblick auf das Welthandelsorganisationsabkommen und das im Anhang zu diesem enthaltene allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) für türkische Staatsangehörige nicht anzuwenden. Das Marktfahrgewerbe sei vom GATS erfasst; daran vermöge der Widerruf des ministeriellen Erlasses nichts zu ändern. Im Übrigen betreibe der Beschwerdeführer seit mehr als zehn Jahren auch in seinem Heimatstaat, der Türkei, das Gewerbe des Marktfahrers und Lebensmittelhandels. Die belangte Behörde sei weiters unzutreffenderweise davon ausgegangen, der Beschwerdeführer habe das Vorliegen eines volkswirtschaftlichen Interesses nicht dargetan. Vielmehr habe er in seiner Eingabe vom 12. März 1998 sowie in seiner Berufung vom 1. Februar 1999 ausführlich dargelegt, dass sein Betrieb eine Bereicherung des lokalen und regionalen Wirtschaftslebens darstelle und eine Lücke in Ansehung der angebotenen Dienstleistungen und Waren schließen könne. Dem Betrieb des Beschwerdeführers, ein Lebensmittelgeschäft, das hauptsächlich mit türkischen Produkten handle, komme nämlich eine Einzelstellung zu, weil es keine gleichartigen Unternehmen gäbe und der Beschwerdeführer als Marktfahrer auch umliegende Geschäfte in der Region mit einzigartigen türkischen Waren beliefern könne. Es sei daher die Annahme gerechtfertigt, dass die gegebene Marktsituation dem zu eröffnenden Marktfahrerbetrieb überaus gute Überlebenschancen biete. Dem gegenüber habe die belangte Behörde ihrer Verpflichtung, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu klären, nicht entsprochen. Nach dem derzeitigen Stand des Ermittlungsverfahrens könne jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die geplante Gewerbeausübung nicht im volkswirtschaftlichen Interesse gelegen sei. Auch sonst sprächen keine öffentlichen Interessen gegen die beantragte Gleichstellung. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde jedenfalls die Gleichstellung mit Inländern zur Ausübung des Marktfahrergewerbes aussprechen müssen.

§ 14 Abs. 1 GewO 1994 normiert als allgemeine Voraussetzung für die Ausübung von Gewerben, dass ausländische natürliche Personen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben dürfen, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist oder wenn der Bezirksverwaltungsbehörde nachgewiesen wurde, dass österreichische natürliche Personen in dem Heimatstaat des Ausländers bei der Ausübung des betreffenden Gewerbes keinen anderen wie immer gearteten Beschränkungen unterliegen als die Angehörigen dieses Staates (Gegenseitigkeit).

Angehörige eines Staates, hinsichtlich dessen diese Gegenseitigkeit nicht nachgewiesen werden kann und Staatenlose bedürfen gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994 für die Ausübung des Gewerbes einer Gleichstellung mit Inländern durch den Landeshauptmann. Die Gleichstellung ist auszusprechen, wenn nachgewiesen wird, dass die Ausübung des Gewerbes durch den Ausländer oder Staatenlosen im volkswirtschaftlichen Interesse liegt und nicht den sonstigen öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Mit dem Beschwerdevorbringen, das Erfordernis der Gegenseitigkeit sei auf den Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, die geeignet wäre, den Beschwerdeführer im geltend gemachten Beschwerdepunkt zu verletzen. Selbst wenn diese Behauptung des Beschwerdeführers zuträfe, hätte das nämlich nicht zur Folge, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für den Ausspruch einer Gleichstellung im Sinn des § 14 Abs. 2 GewO 1994 erfüllt wären. Vielmehr wäre diesfalls im Verfahren über die Gewerbeanmeldung (§§ 339 f GewO 1949) von der Erfüllung der entsprechenden Voraussetzung auszugehen.

In Ansehung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 2 GewO 1994, es müsse nachgewiesen sein, dass die Ausübung des Gewerbes im volkswirtschaftlichen Interesse liege, obliegt es - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 9. September 1998, Zl. 98/04/0113, und die hier zitierte Vorjudikatur) - dem Antragsteller, das Vorliegen dieses volkswirtschaftlichen Interesses von sich aus initiativ nachzuweisen, sodass die Behörde in diesem Zusammenhang keine amtswegige Ermittlungspflicht trifft.

Dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen ist - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - in diesem Punkt lediglich zu entnehmen, die N.G. Ges.m.b.H. in S. werde das Marktfahrergewerbe ausüben und der Beschwerdeführer, der handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft sei, beabsichtige die Funktion des gewerberechtlichen Geschäftsführers zu übernehmen. Sodann heißt es im Antrag vom 12. März 1998 weiter:

"Durch diese Gewerbeausübung wird die Volkswirtschaft in Österreich gestärkt." In seiner Berufung vom 1. Februar 1999 führte der Beschwerdeführer aus, ein volkswirtschaftliches Interesse an der Ausübung des Marktfahrergewerbes liege insoferne vor, als der Betrieb "eine Bereicherung des lokalen und regionalen Wirtschaftslebens darstellt und eine vorhandene Lücke hinsichtlich der angebotenen Dienstleistungen bzw. der verkauften Waren schließen kann." In einem weiteren Schriftsatz verwies er schließlich darauf, dass er durch die Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer seine wirtschaftliche Existenz sichern und "dem Staat auf dem Sozialsektor nicht zur Last" fallen wolle.

Dem im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers kann somit weder konkret noch nachvollziehbar entnommen werden, es lägen Gründe vor, denen zufolge an der beabsichtigten Ausübung des Marktfahrergewerbes nicht nur ein persönliches Interesse des Beschwerdeführers bestünde, sondern darüber hinaus ein gesamtwirtschaftliches Interesse. Vielmehr beschränkt sich sein Vorbringen auf die nicht näher substantiierte Behauptung, die beabsichtigte Gewerbeausübung liege im volkswirtschaftlichen Interesse, weil dadurch das Wirtschaftsleben "bereichert" und eine nicht näher definierte Marktlücke geschlossen werden könne.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht zur Auffassung gelangt, das vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen sei ungeeignet, den gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994 erforderlichen Nachweis zu erbringen.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang das durchgeführte Ermittlungsverfahren als mangelhaft rügt, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht ausreichend erhoben worden sei, um das Vorliegen eines volkswirtschaftlichen Interesses an der beabsichtigten Gewerbeausübung abschließend beurteilen zu können, ist ihm zu entgegnen, dass es - wie dargelegt - seine Sache gewesen wäre, im Verwaltungsverfahren den gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994 geforderten Nachweis zu erbringen. Die belangte Behörde war auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers jedoch nicht gehalten, Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens vorzunehmen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999040113.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten