TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/22 99/04/0203

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Veröffentlicht am 22.03.2000
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
26/03 Patentrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §66 Abs4;
MSchG 1979 §4 Abs1 Z4;
PatG 1970 §71 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde der G Gesellschaft m.b.H. in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Österreichischen Patentamtes, Beschwerdeabteilung, vom 1. Juli 1999, Zl. AM 3313/97, betreffend Verweigerung des Markenschutzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid des Österreichischen Patentamtes, Beschwerdeabteilung, vom 1. Juli 1999 wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den erstbehördlichen Bescheid vom 25. November 1997, womit ihr Antrag auf Eintragung der Wortmarke "Prinzess Medaillons" in das Markenregister aus dem Grunde des § 4 Abs. 1 Z. 4 des Markenschutzgesetzes teilweise abgewiesen wurde, abgewiesen und der erstbehördliche Beschluss bestätigt. Zur Begründung führte das Österreichische Patentamt, Beschwerdeabteilung, aus, die Beschwerdeführerin habe mit Eingabe vom 19. Juni 1997 die Registrierung des Zeichens "Prinzess Medaillons" für folgende Waren und Dienstleistungen beantragt:

"Kl. 29: Fleisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte;

Wurstwaren, Fleisch- und Geflügelkonserven; Fertigsuppen und Fertiggerichte auf Basis der vorgenannten Waren;

Kl. 35: Beratung und Hilfe zur Organisation und Führung von Gewerbe- und Handelsbetrieben; Marketing; Verkaufsförderung und Public Relations;

Kl. 42: Verpflegung von Gästen, Lieferung von zubereiteten Speisen und Getränken zum sofortigen Gebrauch."

Nach einer Bemängelung der Anmeldung, zu der die Beschwerdeführerin nicht Stellung genommen habe, sei mit erstbehördlichem Bescheid die Anmeldung aus dem Grunde des § 4 Abs. 1 Z. 4 MaSchG teilweise abgewiesen worden, und zwar für sämtliche in Kl. 29 beanspruchten Waren mit Ausnahme von "Fleisch, Geflügel und Wild, nämlich Medaillonstücke; Fleischextrakte, Wurstwaren, Fleisch- und Geflügelkonserven, Fertigsuppen und Fertiggerichte auf Basis der vorgenannten Waren; sämtliche vorgenannte Waren aus Medaillon-Stücken bzw. unter Verwendung von Medaillon-Stücken hergestellt". Gleichzeitig sei ausgesprochen worden, dass das Verfahren für die Kl. 35 und 42 sowie 29 für diese Warengruppen fortgesetzt werde. In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde habe die Beschwerdeführerin unter gleichzeitiger Einschränkung des Warenverzeichnisses auf "Kl. 29: Fleisch-, Geflügel- und Wildmedaillons, Wurstmedaillons, Fleisch- und Geflügelmedaillonskonserven, Fertigsuppen und Fertiggerichte auf Basis der vorgenannten Waren" die "insoweit antragstattgebende Abänderung des angefochtenen Bescheides" beantragt. Nach dem auf das vorliegende Verfahren anzuwendenden § 71 Abs. 1 PatG habe die Beschwerde einen begründeten Beschwerdeantrag zu enthalten, in dem die Partei darzutun habe, was sie anstrebe und womit sie ihren Standpunkt vertrete. Die Beschwerdeführerin habe zwar ausführlich ausgeführt, warum der angefochtene Beschluss nicht zu Recht ergangen sei und warum der Abweisungsgrund des § 4 Abs. 1 Z. 4 MaSchG nicht zutreffe, ihr Begehren entspreche jedoch nicht dieser Begründung. Auf Grund der Antragsformulierung strebe sie etwas an, was von der ersten Instanz noch nicht entschieden worden sei. Die Formulierung des eingeschränkten Warenverzeichnisses entspreche zwar nicht wörtlich dem von der Rechtsabteilung nicht abgewiesenen Teil des Warenverzeichnisses, inhaltlich sei jedoch kein Unterschied gegeben. Die Erstbehörde habe in ihrem Beschluss die Waren der Kl. 29 abgewiesen, soweit es sich nicht um Medaillon-Stücke (Medaillons) handle oder die Waren aus diesen oder unter Verwendung dieser hergestellt würden. Die Beschwerdeführerin habe jedoch nicht beantragt, dass das Zeichen für die abgewiesenen Waren als Marke registriert werden solle, sondern "für Waren, die nicht abgewiesen wurden". Diesbezüglich habe die Erstbehörde in ihrem Beschluss ausgeführt, dass das Verfahren nach Rechtskraft des Beschlusses unter Zugrundelegung der Waren und Dienstleistungen des nicht abgewiesenen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses fortgesetzt werde. Eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Marke für diese Waren und Dienstleistungen sei von der Erstbehörde somit noch nicht getroffen worden. Die Beschwerdeabteilung könne nur die Endentscheidung der ersten Instanz überprüfen, und zwar im Sinne des Beschwerdeantrages. Da über die Waren des dem Beschwerdeantrag zu Grunde liegenden eingeschränkten Warenverzeichnisses noch nicht entschieden worden sei, sei die Beschwerde abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Markenschutz für die in ihrer Beschwerde gegen den erstbehördlichen Beschluss genannten Warengruppen verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin, soweit es für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, vor, die belangte Behörde meine, die Einschränkung der Beschwerde gegen den erstbehördlichen Beschluss entspräche der mit dem erstbehördlichen Beschluss ausgesprochenen Abweisung. Sie verkenne dabei offenbar, dass zwischen "Medaillon-Stücken" und "Medaillons" ein wesentlicher Unterschied bestehe. Der Begriff "Medaillon-Stücke" setze nämlich die Existenz verkehrsüblich derart bezeichneter Fleisch-Teile bzw. Fleisch-Arten voraus, wovon die Erstbehörde offenkundig ausgegangen sei, was aber tatsächlich, wie in der Beschwerde gegen den erstbehördlichen Beschluss nachgewiesen worden sei, nicht der Fall sei. "Medaillon" bezeichne nämlich nur die bestimmte Form einer Ware, wie sie auch bei Fleisch - in Form des so genannten Formfleisches - aus dem im ÖLMB3 beschriebenen Ausgangsmaterial hergestellt werden könne. Die im erstbehördlichen Beschluss verfügte Beschränkung des angemeldeten Zeichens auf "Medaillon-Stücke" verlange daher Unmögliches, weil es solche Fleisch-Teile bzw. Fleisch-Arten gar nicht gebe. Damit werde ein gesetzmäßiger Gebrauch des Zeichens überhaupt ausgeschlossen. Die Einschränkung der Beschwerde gegen den erstbehördlichen Beschluss auf "Medaillons" schlechthin (bzw. auf deren Basis) erstrecke sich hingegen auf sämtliche solcherart geformte Waren und gestatte damit (soweit Bezeichnung und Form übereinstimmten) auch einen gesetzmäßigen Gebrauch des angemeldeten Zeichens. Die belangte Behörde habe daher das Vorliegen eines begründeten Antrages zu Unrecht verneint.

Um die im vorliegenden Verfahren strittige Frage der Übereinstimmung des von der abweisenden erstbehördlichen Entscheidung ausdrücklich ausgenommenen Teiles der Anmeldung mit dem in der gegen die erstbehördliche Entscheidung erhobenen Beschwerde enthaltenen Antrag, ist es erforderlich, den Sinn der jeweiligen Aussagen, insbesondere im Hinblick auf den Begriffsinhalt der jeweils verwendeten Worte "Medaillon-Stücke" und "Medaillons" zu erforschen.

In diesem Zusammenhang ist an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu erinnern, wonach bei der Beurteilung von Anbringen einschließlich erhobener Rechtsmittel es nicht auf die zufälligen verbalen Formen, sondern auf den Inhalt und das erkennbare und zu erschließende Ziel eines Parteischrittes ankommt (vgl. die in Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze2 I, § 13 AVG, E 42, abgedruckte hg. Judikatur).

Die Erstbehörde umschrieb den von ihrer abweisenden Entscheidung nicht umfassten Teil des Beschwerdeantrages wie folgt:

"Fleisch, Geflügel und Wild, nämlich Medaillon-Stücke;

Fleischextrakte, Wurstwaren, Fleisch- und Geflügelkonserven, Fertigsuppen und Fertiggerichte auf Basis der vorgenannten Waren;

sämtliche vorgenannte Waren aus Medaillon-Stücken bzw. unter Verwendung von Medaillon-Stücken hergestellt."

Wie sich insbesondere aus dem zweiten Halbsatz dieses Spruchteiles ergibt, sind von dieser Aussage Fleischprodukte (auch von Geflügel und Wild) erfasst, die von bestimmten, mit "Medaillon" bezeichneten Teilen des jeweiligen Tieres stammen.

Gegen die der erstbehördlichen Entscheidung zu Grunde liegende Annahme, es gebe Teile des Tierkörpers, die als "Medaillons" bezeichnet würden, nimmt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde gegen die erstbehördliche Entscheidung Stellung und führt darin aus, "Medaillon" sei weder ein Tierkörperteil, noch eine bestimmte Fleischart, sondern bezeichne lediglich die Form des jeweiligen Fleischteiles. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass die in dieser Beschwerde von der Beschwerdeführerin vorgenommene Einschränkung auf "Fleisch-, Geflügel- und Wildmedaillons, Wurstmedaillons, Fleisch- und Geflügelmedaillonskonserven; Fertigsuppen und Fertiggerichte auf Basis der vorgenannten Waren" dahin zu verstehen ist, dass die Beschwerdeführerin in diesem eingeschränkten Umfang den Markenschutz für die genannten Fleischprodukte in der Form von Medaillons begehrt.

Im gegebenen Zusammenhang kann die Frage nach der Richtigkeit des jeweiligen Verständnisses vom Begriffsinhalt des Wortes "Medaillons" dahingestellt bleiben. Denn unabhängig davon kann bei verständiger, unter Anwendung der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgenommener Würdigung der einschränkenden Erklärung der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde gegen die erstbehördliche Entscheidung nicht davon ausgegangen werden, der nach vorgenommener Einschränkung gegenüber dem ursprünglich gestellten Antrag verbliebene Antragsteil gehe nicht über jenen hinaus, der von der erstbehördlichen Entscheidung ausdrücklich ausgenommen wurde.

Die belangte Behörde belastete daher mit der Annahme, nach vorgenommener Änderung des Antrages beantrage die Beschwerdeführerin nicht mehr, dass das Zeichen für Waren registriert werde, die von der abweisenden erstbehördlichen Entscheidung umfasst seien, den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. März 2000

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999040203.X00

Im RIS seit

01.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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