TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/17 W124 2134156-1

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Veröffentlicht am 17.04.2018
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Entscheidungsdatum

17.04.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §20
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W124 2134156-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch " XXXX ", gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet

abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nunmehr BF) reiste als Minderjähriger illegal ins Bundesgebiet ein, stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab der BF an, in XXXX , Afghanistan geboren und zuletzt wohnhaft gewesen zu sein. Er sei asthmakrank und habe vor ca. zwei Monaten sein Heimatland verlassen.

Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der BF an aus Angst vor den Taliban Afghanistan verlassen zu haben. Die Taliban hätten vom BF verlangt für sie zu arbeiten. Der BF sei ein armer Landwirt gewesen und hätte seine Familie zu ernähren gehabt. Der Vater könne nicht mehr arbeiten und habe deshalb ein kleines Geschäft eröffnet, um im Sitzen zu arbeiten. Vor ca. 2,5 Monaten sei der BF, als er gegen Abend am Feld gewesen sei, von vier Taliban mit verbundenen Augen mitgenommen worden. Die Taliban hätten den BF ca. 15 bis 16 Tage angehalten und geschlagen. Dem BF sei von dort die Flucht gelungen und habe der Onkel mütterlicherseits einen Schlepper organisiert.

3. Bei einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nunmehr BFA) am XXXX gab der BF an, dass er psychisch und physisch in der Lage sei, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Der BF leide an Asthma und müsse bei Bedarf 3 bis 4 Mal Sprays nehmen. Der BF leide seit seinem 7. Lebensjahr an Asthma, wobei sich sein Zustand in Österreich verschlechtert habe. Der BF habe auch in Afghanistan Medikamente gegen Asthma bekommen.

Der BF legte folgende Dokumente vor:

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Aufenthaltsbestätigung des LKH XXXX vom 04.04.2015

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Überweisung einen Facharzt für Lungenkrankheiten vom 07.03.2016

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Kursbestätigung Deutsch als Fremdsprache vom 22.10.2015 und 14.01.2016

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Drohbrief von den Taliban vom 12.09.1393

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Tazkira vom 20.01.1393

Den Drohbrief habe seine Familie erhalten, nachdem der BF von den Taliban geflohen sei. Der BF sei einmal von den Taliban als Geisel genommen worden und hätten ihn die Taliban dann gesucht und seien zu ihm nach Hause gekommen. Danach sei er wieder geflohen und hätten die Taliban dann den Brief seiner Familie gegeben.

Der BF stamme aus dem Dorf XXXX im Distrikt XXXX in der Provinz XXXX . Er sei sunnitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an. Der BF spreche Paschtu und könne ein bisschen schreiben. Er sei ledig und sei nie in die Schule gegangen. Er habe nur die Koranschule besucht und sei als Feldarbeiter tätig gewesen. Die finanzielle Situation seiner Familie sei mittelmäßig und wohne seine Familie in einem Lehmhaus mit drei Zimmern. In Afghanistan würden seine Eltern, zwei Brüder und eine Schwester wohnen. Zu seiner Familie bestehe telefonischer Kontakt über seinen Onkel mütterlicherseits. Das Verhältnis zu seiner Familie sei gut.

In Österreich oder in der EU verfüge er über keine Bezugspersonen.

Im Heimatdorf würden sein Onkel mit dessen Familie und die Verwandten der Mutter des BF leben. Der Cousin des Vaters des BF wohne auch in XXXX . Die Geschwister des Vaters seien bei der Geburt gestorben. Die Mutter habe zwei Brüder, welche beide in XXXX wohnen würden.

Der BF habe zwei Deutschkurse besucht, sei kein Mitglied in einem Verein und gehe keiner Beschäftigung nach.

Die Reise nach Österreich sei vom Onkel mütterlicherseits finanziert worden, da ihm die Mutter geholfen habe zu helfen.

Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, dass die Taliban ihn als Geisel genommen und festgehalten hätten. Sie hätten zu ihm gesagt, dass er ein junger Moslem sei und den Dschihad machen müsse. Der BF sei 15 oder 16 Nächte lang festgehalten worden und hätten die Taliban viel über den Islam und die Scharia gesagt und den BF motiviert am Dschihad teilzunehmen. Der BF habe vorgebracht, dass er krank sei, doch hätten sie ihm keine andere Wahl gelassen. Der BF sei von den Taliban geflohen und würde ihn die Regierung auch nicht in Ruhe lassen, da sie ihn als Talib ansehe. Der BF habe ihnen gesagt, nicht am Krieg teilnehmen zu können und habe er dann ca. 15 Tage am Stützpunkt gearbeitet und Tätigkeiten wie Wasser holen und kochen verrichtet. In einer Nacht sei ihm die Flucht gelungen. Zu Hause habe sich die Familie schon große Sorgen um ihn gemacht. Der Vater habe erzählt, dass während der Abwesenheit des BF Leute der Regierung gekommen seien und der Familie erzählt hätten, dass der BF für die Taliban arbeiten würde. Er habe zwei Nächte zu Hause verbracht ehe die Taliban eines Nachts an die Tür geklopft hätten. Seine Eltern hätten die Tür geöffnet. Der BF sei geflohen und zu XXXX zum Onkel mütterlicherseits gegangen. Er habe dem Onkel alles erzählt und habe sein Onkel seinen Sohn am nächsten Morgen zur Mutter des BF geschickt um mitzuteilen, dass der BF beim Onkel sei. Die Mutter sei zum BF gekommen und habe den Onkel gebeten die Reise zu organisieren. Die Situation für den BF sei sehr gefährlich gewesen und habe die Mutter gesagt, dass man ihn töten würde. Der Onkel habe vorgeschlagen, den BF nach XXXX mitzunehmen, wo ihm ein guter Freund helfen könne, von Afghanistan wegzukommen.

Befragt gab der BF an im XXXX von Taliban entführt worden und im September ausgereist zu sein. Er sei in einem Lehmhaus im Berg festgehalten worden. Das Lehmhaus habe einer Ruine geglichen und hätten die Zimmer keine Türen gehabt. Viele Mauern seien zerstört gewesen. Der BF habe in einem Zimmer ohne Tür geschlafen. Das kleine Fenster in diesem Zimmer habe einen schwarzen Vorhang gehabt und sei ein Ofen darin gestanden. Der BF sei auf dem Berg auf die Toilette gegangen.

Der BF habe die Nächte im Zimmer verbracht und sei am Tag nach draußen gebracht worden. Es sei ihm alles über die Religion erzählt worden. In der Nacht seien seine Hände und Füße gefesselt worden, am Tag nur die Hände. Das Zimmer sei etwa 15m² groß gewesen und habe keine Besonderheiten aufgewiesen. Der Ofen habe einen Schornstein gehabt und sei das Rohr direkt vom Ofen in das Dach gegangen.

Befragt woher der BF wisse, dass es sich bei diesen Personen um die Taliban gehandelt habe, gab der BF an, dass diese geschossen hätten und er sonst mit niemand Probleme gehabt habe. Der BF sei ungefähr zwei Wochen festgehalten worden. Befragt warum der BF als normaler Feldarbeiter entführt worden sei, gab der BF an, es nicht zu wissen, mächtige Leute würden den armen Leuten Unrecht antun. Seine Familie habe keine Probleme mit den Taliban. Sein Vater sei alt.

Befragt, wie dem BF die Flucht gelungen sei, gab er an, dass ihn die Taliban in den letzten Tagen vor der Flucht gefesselt und gemeint hätten, dass er keine Chance habe, da die Regierung Bescheid wisse, dass er bei den Taliban gewesen sei. Zu Mitternacht habe er sich entschieden ein Risiko einzugehen, da sein Leben sowieso in Gefahr sei. Dann sei er von diesem Platz rausgegangen und geflohen.

Es sei niemand dort gewesen, der ihn bewacht hätte. In dieser Nacht habe es keine Wache gegeben. In den ersten Tagen bis zum 9. oder 10. Tag sei er sehr streng bewacht worden. Danach hätten sie mit ihm gesprochen und ihm langsam vertraut. Später sei er nicht mehr so bewacht worden.

Er habe den Ort seiner Gefangenschaft nicht gekannt und habe nach seiner Flucht die halbe Nacht und den halben Tag gebraucht, um nach Hause zu kommen. Er habe den Weg nicht gekannt und habe auf dem Weg einen Hirten getroffen, welchen er nach dem Weg zu seinem Dorf befragt habe.

Er habe dann zwei Tage in der Hoffnung zu Hause verbracht, dass die Taliban nicht mehr zu ihnen kämen. Nachdem die Taliban nach zwei Tagen gekommen seien, sei er zu seinem Onkel geflohen. Er sei XXXX ausgereist und kenne das genaue Datum seiner Ausreise nicht. Der BF wisse nicht mehr, wann er zu Hause angekommen sei. In Afghanistan wüssten viele Leute das Datum oder den Tag nicht. Er sei im 9. Monat zurückgekommen. Befragt, warum er die deutsche Umrechnung und nicht den afghanischen Kalender benutzt habe, gab der BF an, die Monate verglichen zu haben. Der BF gab an im XXXX von den Taliban entführt worden zu sein. Auf Vorhalt, dass der XXXX nach österreichischem Kalender XXXX sei und der BF in diesem Monat einen Asylantrag in Österreich gestellt habe, gab der BF an, das nicht gesagt zu haben. Er sei zu diesem Zeitpunkt auf der Flucht gewesen.

Aufgefordert die Gefangenschaft genau zu schildern gab der BF an, am Boden geschlafen zu haben. Er sei drei Tage, bzw. 4-5 Tage nicht streng bewacht worden. In der Nacht sei er im Zimmer gewesen. Am Tag habe man mit ihm gesprochen. Jeder Tag sei gleich abgelaufen. In der Früh sei er aufgestanden und sei ihm etwas zu essen und zu trinken gegeben worden. Dann habe es eine Versammlung gegeben. Die Taliban seien gekommen und dem BF vorgestellt worden, wobei sich der BF nicht an die Namen erinnern könne. Der Führer habe XXXX geheißen. Die Namen des zweiten und dritten Führer hätten XXXX und

XXXX gelautet. Es habe auch noch andere Gefangene gegeben und habe der BF nicht mit diesen sprechen dürfen. Der BF sei in einem Einzelzimmer festgehalten worden und wisse er nicht, wie die anderen untergebracht gewesen seien. In den ersten Tagen sei dem BF mit Ästen auf den Rücken geschlagen worden.

Befragt zu dem Vorfall, als die Taliban in sein Haus gekommen seien, gab der BF an, dass es Nacht gewesen sei. Sie hätten geklopft und als die Eltern den Eintritt verhindert hätten, hätten sie in die Luft geschossen. Der BF habe die Schüsse gehört, seine Mutter gefragt was passiert sei und sei dann geflohen. Er habe auch gehört, dass die Nachbarn gekommen seien.

Der BF sei über die Mauer des Hauses gesprungen. An der Hausmauer sei eine Hütte für die Hühner gestanden und sei der BF von der Hütte auf die Mauer gesprungen.

Das Lehmhaus habe zwei Zimmer gehabt. Er sei zu seinem Onkel nach XXXX geflohen und sei ca. 15-20 Minuten zu Fuß gelaufen.

Bis jetzt habe die Familie keine Probleme mit den Taliban gehabt. Seit 3 Monaten habe er keinen Kontakt mehr zu seinen Eltern.

Der BF habe bei den Taliban auch geputzt. Er sei nicht früher geflohen, da er auf das Vertrauen der Leute und die richtige Gelegenheit gewartet habe.

Den Drohbrief habe ihm sein Onkel geschickt. Man habe ihm den Brief nicht früher übermittelt, da er mit seiner Familie nicht so viel gesprochen habe. Der BF wisse nicht, wie die Familie den Drohbrief von den Taliban erhalten habe und habe er nicht gefragt. Er habe die Polizei nicht verständigt, da sein Vater ihm erzählt habe, dass diese nach ihm suche. Die Polizei sei der Meinung, dass der BF für die Taliban gearbeitet habe. Während seiner Gefangenschaft bei den Taliban sei die Polizei bei ihnen zu Hause gewesen. Es könne sein, dass die Polizei mit den Taliban Beziehungen habe.

Der BF sei Anfang des XXXX (Umrechnung XXXX ) gefangen genommen worden.

Er sei Mitte des XXXX ausgereist und habe seine Reise nach Österreich ungefähr zwei Monate gedauert.

Der vorgelegte Drohbrief wurde in weiterer Folge einer Übersetzung zugeführt. Der von den Taliban an die Dorfältesten und Weißbärtigen des Dorfes XXXX gerichtete Brief führte aus, dass der BF von den Taliban festgenommen worden sei und, dass der BF später geflohen sei. Es werde aufgefordert, den BF auszuliefern, ansonsten der BF gefunden und getötet werde.

4. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).

Das BFA stellte fest, dass das Fluchtvorbringen des BF unglaubhaft sei und führte beweiswürdigend aus, dass der BF wenig detailreiche Angaben gemacht habe und zitierte unter anderem Passagen aus der Einvernahme am XXXX betreffend den Zeitpunkt der Geschehnisse. Es sei amtsbekannt, dass Dokumente wie der vorgelegte Drohbrief leicht erwerbbar seien und stehe nicht fest, dass es sich um einen echten Drohbrief handle.

5. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der XXXX amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.

6. Binnen offener Frist wurde Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch genannten Bescheids wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhoben.

Der BF habe im Jahre XXXX fluchtartig seine Heimat verlassen, sei in der afghanischen Provinz XXXX wohnhaft gewesen und habe seine Einkünfte als Feldarbeiter erwirtschaftet.

Diese Provinz im östlichen Afghanistan zähle heute, wie auch damals, zu den volatilsten und unsichersten Regionen Afghanistans.

Seine persönlichen Asylgründe seien auf die Aktivitäten der Taliban in seiner Provinz zurückzuführen. Im Jahre XXXX sei er von dieser Gruppierung entführt, misshandelt und bedroht worden. Ziel der Jihadisten sei es gewesen, den BF gegen seinen Willen zur Teilnahme an ihrem Kampf gegen die afghanische Regierung zu zwingen. Sie hätten ihn für mehrere Tage in die Berge verschleppt, wo er der psychischen und physischen Gewalt durch die Kämpfer der Gruppierung ausgesetzt gewesen sei. Seine gelungene Flucht aus dieser Gefangenschaft habe jedoch eine weitere Verfolgung ausgelöst, nämlich von staatlicher Seite. Seine längere Abwesenheit von zu Hause habe bei der örtlichen Polizei den Eindruck erweckt, dass er zusammen mit den Taliban gegen den afghanischen Staat kämpfe.

Im Bescheid würden Feststellungen zur Problematik der Zwangsrekrutierungen zur Gänze fehlen. Die Behörde habe somit ihre Ermittlungspflichten verletzt. So könnten beispielsweise die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 06.08.2013 herangezogen werden. Demzufolge seien Personen, die sich im Gebiet regierungsfreundlicher Kräfte einer Rekrutierung widersetzen würden, der Spionage für die Regierung angeklagt, getötet oder bestraft zu werden. Die Weigerung des BF, die Taliban zu unterstützen, werde als politische, der Taliban feindliche Gesinnung angesehen.

Im Falle des BF liege eine asylrelevante Verfolgung von staatlicher als auch von privater Seite vor aufgrund wenn auch nur unterstellten politischen Gesinnung.

Der Beschwerde wurde ein vom BF handschriftliches Schreiben in Paschtu beigelegt, welches von einem durch das Bundesverwaltungsgericht beauftragten Dolmetscher übersetzt wurde und im Wesentlichen die bereits vorgebrachte Fluchtgeschichte beschrieb.

7. Am XXXX fand unter Anwesenheit des BF und seines bevollmächtigten Vertreters eine mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht statt.

Dabei gab der BF an, dass es ihm gesundheitlich gut gehe und er der Verhandlung folgen könne. Er befinde sich in ärztlicher Behandlung und nehme regelmäßig Medikamente ein, weil er Beschwerden der Luftröhre habe und dadurch keine Luft bekomme.

Er gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an und sei sunnitischer Moslem.

Er sei in der Provinz XXXX , im Distrikt XXXX , im Dorf XXXX geboren und aufgewachsen. Er habe Afghanistan vom Heimatdorf aus verlassen. Dort habe er gemeinsam mit seiner Familie bestehend aus Vater, Mutter, zwei Brüder und einer Schwester gelebt.

Der BF sei 18 Jahre alt und habe Afghanistan im Alter von 17 verlassen. Seine Brüder seien jetzt 15 und 16 Jahre alt. Seiner Familie gehe es gut und lebe noch im Heimatdorf. Der BF habe alle drei bis vier Monate Kontakt zu seiner Familie.

Der BF habe zwei Onkel mütterlicherseits, die im Heimatdistrikt im Dorf XXXX leben würden. Im Dorf würden noch die Cousins väterlicherseits seines Vaters leben und sei dem BF nicht bekannt, ob andere Verwandte an anderen Orten in Afghanistan leben würden.

Die angrenzenden Dörfer seien XXXX , XXXX und XXXX (=heißt Hof). Das Dorf XXXX liege ca. 10 bis 15 Minuten vom Dorf entfernt.

Der Fluss vor XXXX heiße XXXX .

Der BF habe in Afghanistan als Bauer gearbeitet und für seine Elterm, die Brüder und die Schwester gesorgt. Sein Vater sei ca. 52 Jahre alt und die Mutter zwischen 48 und 51 Jahre. Der BF sei in keine Schule gegangen und habe den Koran lesen gelernt. Er habe keine Berufsausbildung.

Befragt, warum er Beschwerde erhoben habe, gab der BF an, Probleme in seiner Heimat gehabt zu haben und er in Österreich bleiben wolle. Der BF wisse nicht, warum ihm das BFA nicht geglaubt habe. Der BF habe ein schwerwiegendes Problem in Afghanistan mit den Taliban. Wenn er zurückkehre, würden sie ihn töten.

Der fluchtauslösende Grund sei gewesen, dass die Taliban ein zweites Mal zu ihm nach Hause gekommen seien.

Der letzte Kontakt zu seiner Familie sei vor ca. drei oder vier Monaten gewesen.

Er kenne den Inhalt des Drohbriefes nicht, da er ihn nicht lesen könne. Der BF habe den Drohbrief vorgelegt, da er aufgefordert worden sei, vorhandene Beweismittel vorzulegen. Als er seine Familie kontaktiert habe, sei ihm erzählt worden, dass die Taliban einen Brief hinterlassen hätten und sie ihn wieder zu sich einladen würden. Daraufhin habe er seinen Angehörigen gesagt, dass sie ihm den Brief zuschicken sollten. Im Verfahren habe er dann dieses Schreiben vorgelegt.

Seinen Brüdern gehe es gut.

Die Probleme mit den Taliban hätten im XXXX begonnen. Er sei damals in die Madrasa gegangen und habe er damals Ferien gehabt. Die Zeitangabe habe er sich ungefähr errechnet. Der BF sei damals zwischen 16 und 17 Jahre alt gewesen. Nach seiner Flucht vor den Taliban habe er zwei Tage zu Hause verbracht und seien noch weitere

6 - 7 Tage vergangen, bis er Afghanistan verlassen habe.

Befragt wie die Probleme mit den Taliban begonnen hätten, gab er an, dass er eines späten Nachmittags/Abends am Feld gearbeitet habe, als die Taliban gekommen seien und ihn mitgenommen hätten. Er sei ca. 15 bis 16 Tage festgehalten worden. Der BF wisse nicht, weshalb sie das gemacht hätten, da er zuvor nie Probleme mit den Taliban gehabt habe. Während seiner Festnahme seien sie immer wieder zu ihm gekommen und hätten ihn aufgefordert mit ihnen zu kämpfen. Sie hätten gesagt, dass der BF jung sei, die Kraft dazu habe und es seine Pflicht sei, gegen die Ungläubigen das Land zu verteidigen. Er habe versucht zu erklären, dass er krank sei, keine Luft bekomme und nicht in der Lage sei, am Kampf teilzunehmen. Er sei geschlagen und dann als Hilfskraft eingesetzt worden. Er habe diverse Hausarbeiten für diese Leute verrichtet, ihre Wäsche gewaschen und Wasser transportiert.

Der BF sei im XXXX (Anm. Dolmetsch: XXXX ) entführt worden.

In der Nacht sei er gefesselt worden. Tagsüber sei er aus dem Zimmer geholt worden und seien sie meistens alle zusammen gesessen und hätten die Ältesten versucht, sie von ihren Ideen bzw. Vorhaben zu überzeugen. Der BF habe damals Medikamente genommen und einen Spray verwendet, um Luft zu bekommen.

Die Taliban hätten gewollt, dass der BF für sie kämpfe. Als sich der BF dagegen ausgesprochen habe, hätten sie zuerst sehr ruhig mit ihm gesprochen und ihm eingeredet, sie würden Afghanistan befreien und dafür sorgen, dass die Ungläubigen das Land verlassen würden. Sie hätten immer wieder versucht den BF zu motivieren sich ihnen anzuschließen. Der BF habe ihnen gesagt, als ältester Sohn der Familie verpflichtet zu sein, für den Vater und die jüngeren Brüder zu arbeiten. Nachdem sie bemerkt hätten, dass der BF nicht umzustimmen sei, hätten sie ihn geschlagen.

Befragt zum Gelände, auf dem er sich aufgehalten habe, gab der BF an, nicht genau zu wissen, welcher Bereich zu diesem Haus gehört habe. Das Lehmhaus sei groß gewesen und habe wie eine Ruine ausgesehen. Der BF habe sich immer in diesem Lehmhaus aufgehalten. Er wisse nicht, ob diese Gebiete unter der Herrschaft der Taliban gestanden seien. Der BF sei im Inneren des Hauses festgehalten worden.

Die Entfernung vom Lehmhaus zu seinem Wohnhaus könne er nicht angeben. Bei seiner Flucht sei er eine halbe Nacht und einen ganzen Tag zu Fuß gegangen, bis er sein Haus erreicht habe. Er könne nicht sagen, ob es auch einen kürzeren Weg gegeben hätte.

Am Weg zu diesem Lehmhaus habe man seine Augen verbunden. Bei der Ankunft sei es bereits Nacht gewesen. Er könne nicht sagen, wie lange die Reise ab seiner Festnahme bis zu diesem Haus gedauert habe und wisse er nicht wie lang sie unterwegs gewesen seien. Die Entführung sei am späten Nachmittag/Abend gewesen.

Befragt zur Zimmeranzahl des Lehmhauses gab der BF an, dass sich in einer Reihe viele Räume befunden hätten. Er schätze, dass es 7 oder 8 Räume gewesen seien. Der restliche Bereich des Hauses sei offen gewesen, wobei es einen Raum auf der anderen Seite gegeben habe.

Der BF sei in einem der Räume, die nebeneinander gewesen seien, festgehalten worden. In den ersten paar Tagen hätten sie ihm nachts die Hände und Füße gefesselt. Nachdem bestimmt worden sei, dass er für Hausarbeiten eingesetzt werde, sei er nicht mehr gefesselt worden. Außerhalb des Raumes sei jemand gestanden, der den BF bewacht habe.

Befragt gab der BF an, dass er erst ab dem 5. oder 6. Tag zu schlagen begonnen worden sei, nachdem er dem Kampf nicht zugestimmt habe. Er sei dann 3 oder 4 Tage geschlagen und dann für Haushaltstätigkeiten eingesetzt worden, wobei er dann nicht mehr geschlagen worden sei. Er sei dann aber noch immer aufgefordert worden am Jihad teilzunehmen.

Befragt gab der BF an, an den Beinen und Händen gefesselt worden zu sein. Bei der Arbeit habe er keine Fesseln getragen.

Auf Vorhalt beim BFA angegeben zu habe, tagsüber nur Handfesseln getragen zu haben, gab der BF an, in der ersten Zeit nachtsüber sowohl an den Händen als auch an den Füßen gefesselt worden zu sein. Wenn er tagsüber von seinem Zimmer herausgeholt worden sei und diese Leute mit ihm gesprochen hätten, seien nur die Füße entfesselt worden. Nachdem er für Hausarbeiten eingesetzt worden sei, habe er auch tagsüber keine Handfesseln mehr getragen.

Die Zahl der in dem Lehmhaus anwesenden Personen sei tagsüber sehr groß gewesen. Es könnten 20 oder mehr gewesen sein. Der BF wisse nicht, ob sich diese auch in der Nacht dort aufgehalten hätten.

Einige Tage habe ein weiterer Junge mit dem BF gemeinsam im Zimmer verbracht. Nachdem dieser weggebracht worden sei, sei der BF die restliche Zeit alleine gewesen.

Der BF habe dort drei ältere Männer regelmäßig gesehen. Diese hätten mit ihm gesprochen und versucht ihn für die Kämpfe zu gewinnen. Die anderen Taliban, die er gesehen habe, hätten sich immer wieder abgewechselt. Jeden Tag seien neue Personen dort gewesen. Sein Zimmer sei von einem Talib bewacht worden, den er nicht gekannt habe. Es sei auch nicht immer derselbe gewesen, sondern sei immer eine andere Person vor dem Zimmer gestanden. Der BF wisse nicht, ob sich diese auch in der Nacht abgewechselt hätten, da sie außerhalb des Zimmers gestanden seien und der BF keinen Blick darauf gehabt habe. Der Raum habe eine Tür gehabt, doch wisse der BF nicht, ob diese von außen versperrt worden sei. Als er begonnen habe zu arbeiten, sei die Tür manchmal einen Spalt breit offen gelassen.

Auf Vorhalt beim BFA vorgebracht zu haben, dass die Zimmer keine Türen gehabt hätten, gab der BF an, dass er erzählt habe, dass die Zimmer Türen gehabt hätten. Er habe auch gesagt, dass das Fenster seines Zimmers kaputt gewesen sei. Der BF sei im Monat Ramadan einvernommen worden.

Befragt, wohin der BF zur Toilette gegangen sei, gab er an, dass er tagsüber auf die Toilette gegangen sei, welche sich im Haus befunden habe.

Auf Vorhalt beim BFA angegeben zu haben, dass er in den Berg gegangen sei, gab der BF an, dass das Haus verfallen gewesen sei. Man könne die Toilette nicht mit den Toiletten in Österreich vergleichen. Beim Haus habe es eine Stelle für die Verrichtung der Notdurft gegeben und habe sich das Haus auf einem Berg befunden.

Der BF könne nicht sagen, ob sein Zimmer von einer oder mehreren Personen bewacht worden sei. Er habe das Gefühl, dass sich die Leute abgewechselt hätten, doch könne er sich keine Gesichter merken.

Befragt, ob das Zimmer ständig bewacht worden sei, gab der BF an, dass wenn er an der Tür geklopft habe, beispielweise zur Verrichtung der Notdurft, sofort die Tür geöffnet worden sei. Der BF wisse aber nicht, ob diese Person das Zimmer bewacht habe oder ob jemand anderer aufgemacht habe. Die Person sei bewaffnet gewesen.

Der BF wisse auch nicht von wie vielen Personen insgesamt das Haus bewacht worden sei.

Der BF sei bei Dunkelheit bzw. in der Nacht zum Toilettengang begleitet worden.

Nachdem er gearbeitet und tagsüber das Zimmer verlassen habe, habe er sich im Haus zurechtfinden können. Es habe eine bestimmte Grenze gegeben, bis zu der er sich frei bewegen habe können.

Befragt, ob außerhalb dieser Grenze eine Wache positioniert gewesen sei, gab der BF an, dass es schon Personen gegeben habe, die das Haus bzw. dieses Gelände bewacht hätten. Er habe bis zur Kochstelle gehen dürfen und es hätte große Steine im Berg gegeben, die eine "gewisse Grenze" markiert hätten. Ob sich hinter diesen großen Steinen eine Wache befunden habe, könne er nicht sagen.

Nachdem der BF weggelaufen sei, sei der BF einige Zeit orientierungslos in den Bergen unterwegs gewesen, bis ihm jemand entgegengekommen sei, der ihm den Weg gezeigt habe. Er sei dann nach Hause gegangen und hätten ihn seine Eltern bei seiner Ankunft umarmt. Nachdem er vom Vorfall erzählt habe, hätte er erfahren, dass Leute von der Behörde bei ihnen gewesen seien und dem Vater erzählt hätten, dass der BF bei den Taliban sei und sie ihn im Falle einer Rückkehr den Behörden übergeben sollten.

Der Vater habe nichts über seine Entführung gewusst und habe nach dem BF gesucht.

Der BF habe sich dann zwei Tage lang zu Hause aufgehalten. Er habe nicht gewusst, wo er sonst hingegen hätte sollen. Danach sei er zu seinem Onkel mütterlicherseits gegangen. Beim Onkel habe er eine Nacht verbracht und sei am nächsten Tag seine Mutter gekommen und habe den Onkel ersucht, den BF aus Afghanistan wegzuschicken. Er sei nicht gleich zu seinem Onkel gegangen, weil er sehen habe wollen, wie es seinen Eltern gehe.

Seine Brüder seien bis heute nicht von den Taliban rekrutiert worden.

Befragt wie ihm die Flucht trotz Fessel gelungen sei, gab der BF an, dass er zu dem Zeitpunkt nicht mehr gefesselt gewesen sei. Der BF wisse nicht, wieso er keine Fessel in der Nacht getragen habe, obwohl er sich noch geweigert habe, sich dem Jihad anzuschließen.

Zum zweiten Vorfall mit den Taliban gab der BF an, dass es nachts an der Tür geklopft habe und die Eltern den BF nicht zur Tür hätten gehen lassen. Der BF hätte laute Gespräche gehört und hätten die Eltern den Leuten nicht erlaubt, ins Haus zu kommen. Nachdem der BF Schüsse gehört habe, sei er über die Hausmauer gesprungen und geflüchtet. Der BF wisse nicht, wieviele Taliban gekommen seien, da er sie nicht gesehen habe. Er wisse auch nicht, ob sie ins Haus gekommen seien. Befragt, ob er mit seinen Eltern nie darüber gesprochen habe, gab der BF an, dass seine Mutter am nächsten Tag sehr viel geweint und keine Details zum Besuch der Taliban erzählt habe. Er habe danach nie über den Vorfall mit seinen Eltern gesprochen.

Die drei Anführer der Taliban seien XXXX , XXXX und XXXX gewesen.

Auf Vorhalt beim BFA angegeben zu haben, dass er ein Einzelzimmer gehabt habe während er heute gesagt habe, dass er das Zimmer teilweise mit einer weiteren Person geteilt habe, gab der BF an, dass sich bereits ein Junge in dem Zimmer befand, als er dorthin gebracht worden sei. Dieser sei aus dem Zimmer herausgeholt worden, als der BF hineingebracht worden sei und habe der BF diesen nur einen kurzen Augenblick gesehen.

Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan würden ihn die Taliban töten.

In weiterer Folge wurden die folgenden Fragen vom anwesenden Sachverständigen Dr. Rasly wie folgt beantwortet:

"R: Welcher Gefahr sind männliche Familienmitglieder ausgesetzt, wenn eine Person, welche bereits von den Taliban rekrutiert wurde, diese vor den Taliban flüchtet und neuerlich Schutz bei den Eltern sucht?

SV: Wenn die Taliban einen Jungen in einem Dorf zwangsrekrutieren und im Falle seiner Flucht vor den Taliban diese ihn bis zu seinem elterlichen Haus verfolgen und in sein Haus eindringen, bedeutet dies, dass in dieser Region hauptsächlich die Taliban vorherrschend sind. In so einem Fall werden die Taliban die Methode der Sippenhaft anwenden und den Vater des Jungen zur Rede stellen. Dies gilt besonders dann, wenn sich der Vater des Jungen vor die Taliban stellt und mit diesem Verhalten seinem Sohn die Gelegenheit gibt, zu flüchten. Sie werden den Vater verprügeln und ihn mit Geldbußen bestrafen. Wenn der Flüchtige junge Brüder mit einem Lebensalter von 14 Jahren hat, wird einer dieser Brüder an seiner Stelle, in einem solchen Fall, mitgenommen.

Wenn die Taliban in einem Gebiet nicht vorherrschend sind, werden sie kein Risiko eingehen, um den Jungen in seinem Haus aufzusuchen. Dies auch dann nicht, wenn dieser Junge sich geweigert hat, den Taliban militärisch zu dienen. Die Taliban vermeiden in einem solchen Fall ein Risiko in Gebieten, in denen sie nicht die Vorherrschaft haben, um eine Person in ihrem Elternhaus aufzusuchen. Dies kann allerdings u.U. dann vorkommen, wenn eine solche Person im Rahmen des Polizei-, Armeedienstes oder einer ausländischen Armee gegen die Taliban im Einsatz gewesen ist.

Diese Sachkenntnisse von mir basieren auf meine eigenen Wahrnehmungen während meinen Forschungsreisen, zuletzt vom 21. Oktober bis 31. Oktober 2016, betreffend die Zwangsrekrutierungen in Afghanistan durch die Taliban. Außerdem habe ich heute nach Afghanistan telefoniert und von betroffenen Personen in diesem Zusammenhang bestätigt bekommen, dass die von mir oben angeführte Vorgangsweise der Taliban betreffend die Zwangsrekrutierung weiterhin gilt."

Der BF gab daraufhin an, dass es in XXXX in fast jeder Familie ein bis zwei Taliban gebe und, dass die Taliban die Bevölkerung von XXXX unterwandert hätten.

8. Mit Schreiben vom XXXX wurden dem BF aktuelle Länderberichte zur Lage in Afghanistan mit der Möglichkeit schriftlich Stellung zu nehmen, übermittelt.

Am XXXX übermittelte der bevollmächtigte Vertreter des BF eine Stellungnahme, wonach hinsichtlich der Situation in Afghanistan und des Asylverfahren des BF, die Verfolgung aus den Länderberichten deutlich ersichtlich sei.

Auch die aktualisierten Berichte würden den BF in seinen Befürchtungen unterstützen, da darin die weiterhin katastrophale Sicherheits- und Wirtschaftslage ebenso aufgezeigt werde, wie die mangelnde Effizienz und Durchschlagkraft der Zentralbehörden, jemanden wie den BF zu beschützen, geschweige denn jemandem, der so entwurzelt sei, eine Reintegration zu ermöglichen. Jedenfalls sei die Gefahr, dass er im Falle einer Abschiebung in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, daher akut.

Eine Asylrelevanz in den Befürchtungen des Antragstellers liege in mehrfacher Hinsicht vor. Die Verfolgung des BF bestehe einerseits in der der Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bzw. aus politischen Gründen aufgrund der Verfolgung durch Taliban Terroristen, vor welchen die afghanischen Behörden nicht in der Lage seien, den BF zu schützen.

Andererseits bestehe eine Verfolgung des BF auch in religiösen Gründen aufgrund seiner westlichen Lebensausrichtung, die der konservativ-islamischen Gesellschaftsordnung in Afghanistan widerspreche.

Bereits die UNHCR Richtlinien bezüglich afghanischer Flüchtlinge würden die Bedrohungssituation, der der BF ausgesetzt sei, belegen.

Die Erklärungen des BF hinsichtlich der Bedrohungen seien glaubwürdig, da die Länderberichte ihn darin bestätigen würden, dass seine Heimatgegend insbesondere von der Gewalt der Taliban betroffen sei und die Gefährdung aufgrund der von ihm geschilderten Ereignisse realistisch sei wie auch aufgrund der sich entwickelten verwestlichten Lebenseinstellung des BF, die sich in der tiefen Integration zeige, die er im Verfahren nachgewiesen habe.

Der BF verfüge über keinerlei adäquates soziales oder familiäres Auffangnetz in seiner Heimat mehr. Er stamme aus einer ausgesprochen gefährlichen Provinz und habe keinen familiären Rückhalt mehr. Er sei aus seiner Heimat entwurzelt und im Falle einer Rückkehr wäre davon auszugehen, dass er in eine ausweglose Lage geraten würde.

Es werde auf die aktuelle Offensive der Taliban hingewiesen.

Der BF habe keine Familienangehörigen in Afghanistan die ihn bei einer Reintegration adäquat unterstützen würden. Außerdem sei eine dramatische Verschlechterung der Lage in Afghanistan sichtbar. Für den Fall einer Abschiebung des BF bestehe daher die reale Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung aufgrund der ausgesprochen schlechten Sicherheitslage in Afghanistan und weil er über kein familiäres Auffangnetz mehr verfüge, das ihm bei einer Reintegration behilflich sein könnte.

Zur Frage der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung sei darauf hinzuweisen, dass der BF in der Zeit, die er bereits in Österreich verbracht habe, große Anstrengungen zu seiner Integration unternommen, die deutsche Sprache erlernt, und soziale Kontakte entwickelt habe. Außerdem sei er ebenso arbeitsfähig wie arbeitswillig. Sollte er ein Aufenthaltsrecht in Österreich bekommen, wäre er daher keine Belastung für die Gebietskörperschaft.

Es werde ersucht, die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen bzw. allenfalls subsidiären Schutz zu gewähren, oder eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am XXXX als damals Minderjähriger einen Antrag auf internationalen Schutz. Dem BF wurde mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

1.2. Der BF gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und bekennt sich zum muslimisch sunnitischen Glauben. Er stammt aus dem Dorf XXXX , Distrikt XXXX in der Provinz XXXX , wo der BF bis zu seiner Ausreise mit seinen Eltern, seinen zwei jüngeren Brüdern und seiner Schwester lebte.

Die Eltern des BF leben nach wie vor im Heimatdorf und gehe es ihnen laut Angaben des BF gut bzw. haben sie auch keine Probleme mit den Taliban.

1.3. Das Vorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen ist nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder zu einer sozialen Gruppe von staatlicher Seite oder von privaten Dritten verfolgt wird.

Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der BF von den Taliban entführt, 15-16 Tage festgehalten wurde und nach seiner Flucht von den Taliban gesucht wird.

Es kann ebenso wenig festgestellt werden, dass dem BF individuelle und aktuelle Verfolgung im Heimatstaat aufgrund einer westlichen Lebensführung des BF droht.

1.4. Die dem BF im Rahmen des Parteiengehörs vom XXXX übermittelten Länderberichte und die Ausführungen des landeskundlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom XXXX werden zu Feststellungen erhoben. Insbesondere wird Folgendes festgestellt:

Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 02.03.2017 (letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018)

KI vom 21.12.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2017 (betrifft: Abschnitt Sicherheitslage)

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil - der Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Regierungskräften hält landesweit an (UN GASC 20.12.2017). Zur Verschlechterung der Sicherheitslage haben die sich intensivierende Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften beigetragen (SIGAR 30.10.2017; vgl. SCR 30.11.2017).

Die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte verstärkten deutlich ihre Luftoperationen (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die in 22 Provinzen registriert wurden. So haben sich im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) Luftangriffe um 73% gegenüber dem Vorjahreswert erhöht (UN GASC 20.12.2017). Der Großteil dieser Luftangriffe wurde in der südlichen Provinz Helmand und in der östlichen Provinz Nangarhar erfasst (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die als Hochburgen des IS und der Taliban gelten (SIGAR 30.10.2017). Verstärkte Luftangriffe hatten wesentliche Auswirkungen und führten zu hohen Opferzahlen bei Zivilist/innen und regierungsfeindlichen Elementen (UN GASC 20.12.2017). Zusätzlich ist die Gewalt in Ostafghanistan auf die zunehmende Anzahl von Operationen der ANDSF und der Koalitionskräfte zurück zu führen (SIGAR 30.10.2017).

Landesweit kam es immer wieder zu Sicherheitsoperationen, bei denen sowohl aufständische Gruppierungen als auch afghanische Sicherheitskräfte Opfer zu verzeichnen hatten (Pajhwok 1.12.2017; TP 20.12.2017; Xinhua 21.12.2017; Tolonews 5.12.2017; NYT 11.12.2017).

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich der Konflikt seit Anfang des Jahres verändert, sich von einer asymmetrischen Kriegsführung entfernt und in einen traditionellen Konflikt verwandelt, der von bewaffneten Zusammenstößen zwischen regierungsfeindlichen Elementen und der Regierung gekennzeichnet ist. Häufigere bewaffnete Zusammenstöße werden auch als verstärkte Offensive der ANDSF-Operationen gesehen um die Initiative von den Taliban und dem ISKP zu nehmen - in diesem Quartal wurde im Vergleich zum Vorjahr eine höhere Anzahl an bewaffneten Zusammenstößen erfasst (SIGAR 30.10.2017).

Sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.9. - 15.11.2017) 3.995 sicherheitsrelevante Vorfälle; ein Rückgang von 4% gegenüber dem Vorjahreswert. Insgesamt wurden von 1.1.-15.11.2017 mehr als 21.105 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, was eine Erhöhung von 1% gegenüber dem Vorjahreswert andeutet. Laut UN sind mit 62% bewaffnete Zusammenstöße die Hauptursache aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs [Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen], die in 17% der sicherheitsrelevanten Vorfälle Ursache waren. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von den südlichen Regionen - zusammen wurde in diesen beiden Regionen 56% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Gezielte Tötungen und Entführungen haben sich im Vergleich zum Vorjahreswert um 16% erhöht (UN GASC 20.12.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden vom 1.1.-30.11.2017 24.917 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan registriert (Stand: Dezember 2017) (INSO o.D.).

Zivilist/innen

Im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des letzten Jahres registrierte die UNAMA zwischen 1.1. und 30.9.2017 8.019 zivile Opfer (2.640 Tote und 5.379 Verletzte). Dies deutet insgesamt einen Rückgang von fast 6% gegenüber dem Vorjahreswert an (UNAMA 10.2017); konkret hat sich die Anzahl getöteter Zivilist/innen um 1% erhöht, während sich die Zahl verletzter Zivilist/innen um 9% verringert hat (UN GASC 20.12.2017).Wenngleich Bodenoffensiven auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer waren - führte der Rückgang der Anzahl von Bodenoffensiven zu einer deutlichen Verringerung von 15% bei zivilen Opfern. Viele Zivilist/innen fielen Selbstmordattentaten, sowie komplexen Angriffen und IEDs zum Opfer - speziell in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Kandahar und Faryab (UNAMA 10.2017).

Zivile Opfer, die regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben wurden, sind um 37% zurückgegangen: Von insgesamt 849 waren 228 Tote und 621 Verletzte zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Elementen zugeschrieben werden, um 7%: von den 1.150 zivilen Opfer starben 225, während 895 verletzt wurden. Die restlichen Opfer konnten keiner Tätergruppe zugeschrieben werden (UNAMA 10.2017).

High-profile Angriffe:

Am 31.10.2017 sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der "Green Zone" der Hauptstadt Kabul in die Luft. Der angebliche Täter soll Quellen zufolge zwischen 12-13 Jahren alt gewesen sein. Mindestens vier Menschen starben bei dem Angriff und ein Dutzend weitere wurden verletzt. Dies war der erste Angriff in der "Green Zone" seit dem schweren Selbstmordattentat im Mai 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017). der IS bekannte sich zu diesem Vorfall Ende Oktober 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017; UN GASC 20.12.2017)

Am 20.10.2017 sprengte sich ein Angreifer in der Shia Imam Zamam Moschee in Kabul in die Luft; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet und 45 weitere verletzt. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017; UN GASC 20.12.2017). In dem Distrikt Solaina, in der westlichen Provinz Ghor, wurde ebenso eine Moschee angegriffen - in diesem Fall handelt es sich um eine sunnitische Moschee. Die tatsächliche Opferzahl ist umstritten: je nach Quellen sind zwischen 9 und 39 Menschen bei dem Angriff gestorben (Independent 20.10.2017; vgl. NYT 20.10.2017; al Jazeera 20.10.2017).

Am 19.10.2017 wurde im Rahmen eines landesweit koordinierten Angriffes der Taliban 58 afghanische Sicherheitskräfte getötet: ein militärisches Gelände, eine Polizeistationen und ein militärischer Stützpunkt in Kandahar wären beinahe überrannt worden (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017). Einige Tage vor diesem Angriff töteten ein Selbstmordattentäter und ein Schütze mindestens 41 Menschen, als sie ein Polizeiausbildungszentrum in der Provinzhauptstadt Gardez stürmten (Provinz Paktia) (BBC 21.10.2017). In der Woche davor wurden 14 Offiziere der Militärakademie auf dem Weg nach Hause getötet, als ein Selbstmordattentäter den Minibus in die Luft sprengte in dem sie unterwegs waren (NYT 20.10.2017). Die afghanische Armee und Polizei haben dieses Jahr schwere Verlusten aufgrund der Taliban erlitten (BBC 21.10.2017).

Am 7.11.2017 griffen als Polizisten verkleidete Personen/regierungsfeindliche Kräfte eine Fernsehstation "Shamshad TV" an; dabei wurde mindestens eine Person getötet und zwei Dutzend weitere verletzt. Die afghanischen Spezialkräfte konnten nach drei Stunden Kampf, die Angreifer überwältigen. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Guardian 7.11.2017; vgl. NYT 7.11.2017; UN GASC 20.12.2017).

Bei einem Selbstmordangriff im November 2017 wurden mindestens neun Menschen getötet und einige weitere verletzt; die Versammelten hatten einem Treffen beigewohnt, um den Gouverneur der Provinz Balkh - Atta Noor - zu unterstützen; auch hier bekannte sich der IS zu diesem Selbstmordattentat (Reuters 16.11.2017; vgl. UN GASC 20.12.2017)

Interreligiöse Angriffe

Serienartige gewalttätige Angriffe gegen religiöse Ziele, veranlassten die afghanische Regierung neue Maßnahmen zu ergreifen, um Anbetungsorte zu beschützen: landesweit wurden 2.500 Menschen rekrutiert und bewaffnet, um 600 Moscheen und Tempeln vor Angriffen zu schützen (UN GASC 20.12.2017).

Seit 1.1.2016 wurden im Rahmen von Angriffen gegen Moscheen, Tempel und andere Anbetungsorte 737 zivile Opfer verzeichnet (242 Tote und 495 Verletzte); der Großteil von ihnen waren schiitische Muslime, die im Rahmen von Selbstmordattentaten getötet oder verletzt wurden. Die Angriffe wurden von regierungsfeindlichen Elementen durchgeführt - hauptsächlich dem IS (UNAMA 7.11.2017).

Im Jahr 2016 und 2017 registrierte die UN Tötungen, Entführungen, Bedrohungen und Einschüchterungen von religiösen Personen - hauptsächlich durch regierungsfeindliche Elemente. Seit 1.1.2016 wurden 27 gezielte Tötungen religiöser Personen registriert, wodurch 51 zivile Opfer zu beklagen waren (28 Tote und 23 Verletzte); der Großteil dieser Vorfälle wurde im Jahr 2017 verzeichnet und konnten großteils den Taliban zugeschrieben werden. Religiösen Führern ist es möglich, öffentliche Standpunkte durch ihre Predigten zu verändern, wodurch sie zum Ziel von regierungsfeindlichen Elementen werden (UNAMA 7.11.2017).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Informationen zur Stärke der ANDSF und ihrer Opferzahlen werden von den US-amerikanischen Kräften in Afghanistan (USFOR-A) geheim gehalten; im Bericht des US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR) werden Schätzungen angegeben:

Die Stärke der ANDSF ist in diesem Quartal zurückgegangen; laut USFOR-A Betrug die Stärke der ANDSF mit Stand August 2017 etwa 320.000 Mann - dies deutet einen Rückgang von 9.000 Mann gegenüber dem vorhergehenden Quartal an. Dennoch erhöhte sich der Wert um

3.500 Mann gegenüber dem Vorjahr (SIGAR 30.10.2017). Die Schwundquote der afghanischen Nationalpolizei war nach wie vor ein großes Anliegen; die Polizei litt unter hohen Opferzahlen (UN GASC 20.12.2017).

Im Rahmen eines Memorandum of Understanding (MoU) zwischen dem afghanischen Verteidigungs- und Innenministerium wurde die afghanische Grenzpolizei (Afghan Border Police) und die afghanische Polizei für zivile Ordnung (Afghan National Civil Order Police) dem Verteidigungsministerium übertragen (UN GASC 20.12.2017). Um sogenanntem "Geisterpersonal" vorzubeugen, werden seit 1.1.2017 Gehälter nur noch an jenes Personal im Innen- und Verteidigungsministerium ausbezahlt, welches ordnungsgemäß registriert wurde (SIGAR 30.10.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Taliban

Der UN zufolge versuchten die Taliban weiterhin von ihnen kontrolliertes Gebiet zu halten bzw. neue Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen - was zu einem massiven Ressourcenverbrauch der afghanischen Regierung führte, um den Status-Quo zu halten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive unternahmen die Taliban keine größeren Versuche, um eine der Provinzhauptstädte einzunehmen. Dennoch war es ihnen möglich kurzzeitig mehrere Distriktzentren einzunehmen (SIGAR 30.10.2017):

Die Taliban haben mehrere groß angelegte Operationen durchgeführt, um administrative Zentren einzunehmen und konnten dabei kurzzeitig den Distrikt Maruf in der Provinz Kandahar, den Distrikt Andar in Ghazni, den Distrikt Shib Koh in der Farah und den Distrikt Shahid-i Hasas in der Provinz Uruzgan überrennen. In allen Fällen gelang es den afghanischen Sicherheitskräften die Taliban zurück zu drängen - in manchen Fällen mit Hilfe von internationalen Luftangriffen. Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es, das Distriktzentrum von Ghorak in Kandahar unter ihre Kontrolle zu bringen - dieses war seit November 2016 unter Talibankontrolle (UN GASC 20.12.2017).

Im Rahmen von Sicherheitsoperationen wurden rund 30 Aufständische getötet; unter diesen befand sich - laut afghanischen Beamten - ebenso ein hochrangiger Führer des Haqqani-Netzwerkes (Tribune 24.11.2017; vgl. BS 24.11.2017). Das Haqqani-Netzwerk zählt zu den Alliierten der Taliban (Reuters 1.12.2017).

Aufständische des IS und der Taliban bekämpften sich in den Provinzen Nangarhar und Jawzjan (UN GASC 20.12.2017). Die tatsächliche Beziehung zwischen den beiden Gruppierungen ist wenig nachvollziehbar - in Einzelfällen schien es, als ob die Kämpfer der beiden Seiten miteinander kooperieren würden (Reuters 23.11.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Der IS war nach wie vor widerstandsfähig und bekannte sich zu mehreren Angriff auf die zivile Bevölkerung, aber auch auf militärische Ziele [Anm.: siehe High-Profile Angriffe] (UN GASC 20.12.2017). Unklar ist, ob jene Angriffe zu denen sich der IS bekannt hatte, auch tatsächlich von der Gruppierung ausgeführt wurden bzw. ob diese in Verbindung zur Führung in Mittleren Osten stehen. Der afghanische Geheimdienst geht davon aus, dass in Wahrheit manche der Angriffe tatsächlich von den Taliban oder dem Haqqani-Netzwerk ausgeführt wurden, und sich der IS opportunistischerweise dazu bekannt hatte. Wenngleich Luftangriffe die größten IS-Hochburgen in der östlichen Provinz Nangarhar zerstörten; hielt das die Gruppierungen nicht davon ab ihre Angriffe zu verstärken (Reuters 1.12.2017).

Sicherheitsbeamte gehen davon aus, dass der Islamische Staat in neun Provinzen in Afghanistan eine Präsenz besitzt: im Osten von Nangarhar und Kunar bis in den Norden nach Jawzjan, Faryab, Badakhshan und Ghor im zentralen Westen (Reuters 23.11.2017). In einem weiteren Artikel wird festgehalten, dass der IS in zwei Distrikten der Provinz Jawzjan Fuß gefasst hat (Reuters 1.12.2017).

Politische Entwicklungen

Der Präsidentenpalast in Kabul hat den Rücktritt des langjährigen Gouverneurs der Provinz Balkh, Atta Mohammad Noor, Anfang dieser Woche bekanntgegeben. Der Präsident habe den Rücktritt akzeptiert. Es wurde auch bereits ein Nachfolger benannt (NZZ 18.12.2017). In einer öffentlichen Stellungnahme wurde Mohammad Daud bereits als Nachfolger genannt (RFE/RL 18.12.2017). Noor meldete sich zunächst nicht zu Wort (NZZ 18.12.2017).

Wenngleich der Präsidentenpalast den Abgang Noors als "Rücktritt" verlautbarte, sprach dieser selbst von einer "Entlassung" - er werde diesen Schritt bekämpfen (RFE/RL 20.12.2017). Atta Noors Partei, die Jamiat-e Islami, protestierte und sprach von einer "unverantwortlichen, hastigen Entscheidung, die sich gegen die Sicherheit und Stabilität in Afghanistan sowie gegen die Prinzipien der Einheitsregierung" richte (NZZ 18.12.2017).

Die Ablösung des mächtigen Gouverneurs der nordafghanischen Provinz Balch droht Afghanistan in eine politische Krise zu stürzen (Handelsblatt 20.12.2017). Sogar der Außenminister Salahuddin Rabbani wollte nach Angaben eines Sprechers vorzeitig von einer Griechenlandreise zurückkehren (NZZ 18.12.2017).

Atta Noor ist seit dem Jahr 2004 Gouverneur der Provinz Balkh und gilt als Gegner des Präsidenten Ashraf Ghani, der mit dem Jamiat-Politiker Abdullah Abdullah die Einheitsregierung führt (NZZ 18.12.2017). Atta Noor ist außerdem ein enger Partner der deutschen Entwicklungshilfe und des deutschen Militärs im Norden von Afghanistan (Handelsblatt 20.12.2017).

In der Provinz Balkh ist ein militärischer Stützpunkt der Bundeswehr (Handelsblatt 20.12.2017).

Quellen:

-

al Jazeera (20.10.2017): Deadly attacks hit mosques in Kabul and Ghor,

http://www.aljazeera.com/news/2017/10/dozens-feared-dead-attacks-afghanistan-171020142936566.html, Zugriff 20.12.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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