TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/22 99/01/0448

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.2000
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art132;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des RH in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 16. November 1999, Zl. Senat-B-99-002, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, weitere Partei: Bundesminister für Inneres, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 12. Jänner 1999 erhob der Beschwerdeführer beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (der belangten Behörde) Beschwerde gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gegen eine am 8. Dezember 1998 erfolgte Festnahme und die daran anschließende Anhaltung. In seiner am 15. Juli 1999 hg. eingelangten, zur Zl. 99/01/0341 protokollierten Säumnisbeschwerde brachte er vor, dass die belangte Behörde über seine Maßnahmenbeschwerde noch nicht entschieden habe und daher säumig sei. Die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes, den versäumten Bescheid binnen drei Monaten zu erlassen und dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, wurde der belangten Behörde am 9. August 1999 zugestellt.

Mit Bescheid vom 16. November 1999 hat die belangte Behörde die bei ihr erhobene Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen und den Beschwerdeführer zum Kostenersatz verpflichtet. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer unstrittig am 22. November 1999 zugestellt. Im Hinblick darauf stellte der Verwaltungsgerichtshof in der Folge das Verfahren über die Säumnisbeschwerde mit Beschluss vom 22. Dezember 1999 gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ein.

Über die gegen den Bescheid vom 16. November 1999 gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht u.a. geltend, dass die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr zuständig gewesen sei, weil sie die vom Verwaltungsgerichtshof für die Nachholung des Bescheides gesetzte Frist versäumt habe.

Gemäß § 36 Abs. 2 erster Satz VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Die belangte Behörde bleibt während der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG zur Nachholung des versäumten Bescheides gesetzten Frist zuständig, verliert diese Zuständigkeit aber mit Ablauf dieser Frist. Damit die Frist gewahrt ist, muss innerhalb derselben der Bescheid durch die belangte Behörde erlassen werden. Ein erst nach Ablauf der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist erlassener Bescheid hindert nicht die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens. Der Bescheid ist zwar nicht von Amts wegen, wohl aber dann wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, wenn der Beschwerdeführer die Unzuständigkeit geltend macht (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1999, Zl. 98/01/0442, m.w.N.).

Im Beschwerdefall endete die gemäß § 36 Abs. 2 VwGG der belangten Behörde zur Nachholung des versäumten Bescheides gesetzte dreimonatige Frist am 9. November 1999. Entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Ansicht hat eine Fristverlängerung nicht stattgefunden; mit Schreiben vom 12. November 1999 wurde seitens des Verwaltungsgerichtshofes lediglich Bescheid- und Aktenvorlage urgiert.

Der nachgeholte Bescheid wurde erst am 22. November 1999 und damit nach Fristablauf erlassen. Die belangte Behörde war daher nicht mehr zuständig, weshalb der angefochtene Bescheid wegen der vom Beschwerdeführer ausdrücklich geltend gemachten Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die belangte Behörde zwischenzeitig mit Zustellung des die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens verfügenden Beschlusses wieder zuständig geworden ist.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999010448.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten