TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/21 LVwG-S-1024/001-2017

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Veröffentlicht am 21.02.2018
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Entscheidungsdatum

21.02.2018

Norm

StVO 1960 §5 Abs5
StVO 1960 §5 Abs9

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des RR, in ***, ***, gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 21. März 2017, Zl. MDS2-V-17 15177/5, betreffend Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird im Anfechtungsumfang (betreffend Spruchpunkt 1.) mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die angewendete Gesetzesbestimmung gemäß § 44a Z 3 VStG im Straferkenntnis anstatt „§ 99 Abs. 1 StVO 1960“ vielmehr § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960“ zu lauten hat.

2.   Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 160,-- Euro zu leisten.

3.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) betreffend Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses beträgt daher 1.040,-- Euro (800 Euro Geldstrafe, 80 Euro Kosten für das Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft und 160 Kosten für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht) und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.

Entscheidungsgründe:

1.   Feststellungen:

1.1.  Der Beschwerdeführer lenkte am 27. Jänner 2017 gegen 20:40 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen *** in ***, *** gegenüber ONr. ***.

Er wurde vom Zeugen S und dessen Kollegen P aufgehalten. Die beiden Organe der Bundespolizei führten routinemäßige Lenker- und Fahrzeugkontrollen durch. Im Rahmen der Amtshandlung fiel dem Zeugen S beim Beschwerdeführer eine verzögerte Reaktion, Unruhe, wässrig/glänzende, unruhige Augen, gerötete Augenbindehäute sowie geweitete Pupillen (rechts und links jeweils etwa 6mm) mit sehr träger, beinahe fehlender Pupillenreaktion auf.

Der Beschwerdeführer wurde auf Grund dieser Symptome vom Zeugen S aufgefordert, sich bei einem Arzt einer Untersuchung zur Überprüfung einer allfälligen Beeinträchtigung durch Suchtgift zu unterziehen. Diese Untersuchung hätte im Landesklinikum *** stattgefunden.

Der Beschwerdeführer erklärte, dass er nicht bereit sei, sich dieser Untersuchung zu unterziehen. Dem Beschwerdeführer wurde vom Zeugen S und dessen Kollegen mitgeteilt, dass eine derartige Verweigerung „keine gute Entscheidung“ sei.

In weiterer Folge wurde im Gespräch mit dem Beschwerdeführer seitens des Zeugen festgehalten, dass er zwar im Rahmen des Strafverfahrens einen privat erstellten Bluttest erbringen könne, dies aber an der Verweigerung der Untersuchung dann nichts mehr ändern würde. Der Beschwerdeführer blieb dennoch bei seiner Verweigerung der klinischen Untersuchung.

Ein in der Folge ebenfalls noch durchgeführter „Alkovortest“ sowie ein Test am geeichten Alkomaten ergaben einen Wert von jeweils 0,0 mg/l.

1.2.  Mit dem einzig angefochtenen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

„1. Sie haben sich am 27.01.2017 um 20:46 in ***, *** ggü ONr. *** nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, sich zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Suchtgift zu einem bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt vorführen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass Sie zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt haben.“

Dem Beschwerdeführer wurde zu Spruchpunkt 1. eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 5 erster Satz und Abs. 9 StVO 1960 vorgeworfen und daher gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 800 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden) zuzüglich Kosten verhängt.

2.   Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen auf der mündlichen Verhandlung am 19. Februar 2018, in welcher Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt sowie Einvernahme des S als Zeuge. Trotz ordnungsgemäßer Ladung sind weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer zur Verhandlung erschienen.

In der Sache folgt das Landesverwaltungsgericht den in der Verhandlung gemachten Aussagen des Zeugen S, welche sich im Wesentlichen mit seinen Ausführungen schon in der Anzeige und auch in der im Rahmen des Verfahrens vor der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme vom 9. März 2017 decken. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf das vom Zeugen S ausgefüllte Formular „A.2. Beobachtung beim Anhalten oder Antreffen (Exekutivbeamter vor Ort)“ vom 28. Jänner 2018 zu verweisen, in welchem der Zeuge die beim Beschwerdeführer festgestellten Symptome vermerkt hat.

Die in der Beschwerde kursorisch angedeutete Verantwortung des Beschwerdeführers, wonach der Zeuge S dem Beschwerdeführer quasi freigestellt habe, sich dem Arzt vorführen zu lassen oder nur später einen Blutbefund „nachzubringen“, hält das Landesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund der diesbezüglich eindeutigen Aussagen des Zeugen S – einem geschulten Polizeibeamten – in der mündlichen Verhandlung und auch schon in der Anzeige und der schriftlichen Stellungnahme des Zeugen vom 13. März 2017, wonach der Beschwerdeführer mehrfach auf die Strafbarkeit der Verweigerung hingewiesen wurde, für nicht glaubwürdig.

3.   Rechtliche Erwägungen:

3.1.  Die maßgeblichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung vom 27. Jänner 2017 lauten (auszugsweise):

„§ 5. Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. […].

[…]

(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und – soweit es sich nicht um Organe der Bundespolizei handelt – von der Behörde hierzu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

1.

die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2.

bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

[…]

(5) Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Landespolizeidirektion tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs. 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hierzu ermächtigten Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2

1.

keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat oder

2.

aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen; die genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

[…]

(9) Die Bestimmungen des Abs. 5 gelten auch für Personen, von denen vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden; wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen. Die in Abs. 5 genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

[…]

§ 99. Strafbestimmungen.

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a)

[…],

b)

wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

[…]“

3.2.  In der Sache:

Hinsichtlich § 5 StVO 1960 ist es maßgeblich, ob der einschreitende Polizeibeamte im Zuge der Amtshandlung aufgrund der von ihm wahrgenommenen Umstände mit gutem Grund die Vermutung haben konnte, dass der Beschuldigte sich zum Zeitpunkt des Lenkens eines Fahrzeugs in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden hat (vgl. VwGH vom 25. Oktober 2013, 2013/02/0003).

Ob bei einer Person vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ist vom Straßenaufsichtsorgan aufgrund spezifischer Suchtgiftsymptome, der den Verdacht der Suchtgiftbeeinträchtigung begründen, festzustellen. Als Verhaltensweisen bzw. Auffälligkeiten, die auf eine mögliche Suchtgiftbeeinträchtigung hinweisen gelten zB gerötete Augenbindehäute und lichtstarre Pupillen (vgl. Pürstl, StVO-ON14.01 §§ 5 bis 5b StVO, Anmerkung 39 [Stand 1.2.2017, rdb.at]).

Vor dem Hintergrund der verzögerte Reaktion und Unruhe des Beschwerdeführers, seiner wässrig/glänzenden, unruhige Augen, der geröteten Augenbindehäute sowie seiner geweitete Pupillen (rechts und links jeweils etwa 6mm) mit sehr träger, beinahe fehlender Pupillenreaktion war der Zeuge S berechtigt den Beschwerdeführer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Suchtgift zu einem bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zu bringen.

Der Beschwerdeführer hat sich jedoch trotz der rechtmäßigen Aufforderung geweigert, sich zu einem Arzt vorführen zu lassen.

Es ist nichts hervorgekommen, das am Vorliegen zumindest fahrlässigen Verhaltens des Beschwerdeführers, was bei Ungehorsamsdelikten wie dem vorliegenden für die Strafbarkeit ausreicht, Zweifel aufkommen hätte lassen (vgl. § 5 Abs. 1 VStG).

Der Beschwerdeführer hat somit eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 5 erster Satz iVm Abs. 9 StVO 1960 begangen und auch zu verantworten.

Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass die belangte Behörde eine Geldstrafe in der Höhe von 800 Euro verhängt hat. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 beträgt der Strafrahmen bei Übertretungen dieser Bestimmung 1.600 bis 5.900 Euro. Die belangte Behörde hat, wenngleich ohne Begründung, in Anwendung des § 20 VStG die Mindeststrafe von 1 600 Euro um die Hälfte unterschritten und über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von 800 Euro verhängt. Eine weitere Herabsetzung ist nicht möglich.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen, wobei die angewendete Gesetzesbestimmung iSd § 44a Z 3 VStG zu präzisieren ist (vgl. VwGH vom 21. Februar 1990, 89/03/0141).

3.3.  Zum Kostenausspruch:

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat; dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Geldstrafe (hier demnach: 160 Euro) zu bemessen.

3.4.  Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Normenwortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH vom 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0095) und im Übrigen nur Fragen der Beweiswürdigung vorliegen, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht berufen ist (vgl. allgemein zur Beweiswürdigung zB VwGH vom 28. Juni 2017, Ra 2017/02/0038).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Straßenverkehr; Verwaltungsstrafe; Suchtgift; Verweigerung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.1024.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

24.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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