TE Bvwg Beschluss 2018/4/11 W123 2190452-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.04.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.04.2018

Norm

BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §316 Abs1 Z2
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §321 Abs1
BVergG 2006 §321 Abs2
BVergG 2006 §56
B-VG Art.133 Abs4
BVwG-EVV §1
BVwGG §21 Abs7
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W123 2190452-2/11E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich RÖDLER als Mitglied der Auftraggeberseite und Mag. Hagen PLEILE als Mitglied der Auftragnehmerseite über den Antrag der XXXX GMBH, XXXX , XXXX , vertreten durch Advokatur Dr. Herbert SCHÖPF, LL.M., Rechtsanwalt-GmbH, Arkadenhof, Maria-Theresien-Straße 34, 6020 Innsbruck, betreffend das Vergabeverfahren "Neubau Lehr- und Bürogebäude - Generalplanerleistungen" des Auftraggebers Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Trabrennstraße 2c, 1020 Wien, vom 26.03.2018, beschlossen:

A)

Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die "Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen sowie die Entscheidung über die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren vom 16.03.2018" für nichtig erklären, wird gemäß § § 321 Abs. 1 BVergG 2006 iVm § 20 Abs. 6 GO BVwG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 26.03.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 27.03.2018, stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren in Verbindung mit Anträgen auf Nichtigerklärungen. Der Antrag wurde im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs am 26.03.2018 um 15:30:48 Uhr beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht.

Angefochten wurde die "Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen sowie die Entscheidung über die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren". Zur Rechtzeitigkeit wurde vorgebracht, dass aufgrund der elektronischen Übermittlung der anfechtungsgegenständlichen "Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen sowie die Entscheidung über die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren" am 16.03.2018 die Frist zur Einbringung des Nachprüfungsantrages gemäß § 321 Abs. 1 BVergG 2006 10 Tage betrage, sodass der gegenständliche Nachprüfungsantrag binnen offener Frist erfolge. Zur Rechtswidrigkeit wurde insbesondere auf die intransparente und willkürliche (Nicht-) Bewertung der Wettbewerbsprojekte verwiesen.

2. Die Auftraggeberin erstattete am 29.03.2018 zunächst allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Zum Nachprüfungsantrag wurde vorgebracht, dass der Antrag verfristet sei. Gemäß den übermittelten Unterlagen sei der Nachprüfungsantrag am 27.03.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. Die angefochtene Entscheidung sei der Antragstellerin am 16.03.2018 übermittelt worden; die Anfechtungsfrist habe daher bereits am 26.03.2018 geendet. Der Antrag sei somit ab- bzw. zurückzuweisen.

3. Am 04.04.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der Antragstellerin die Stellungnahme der Auftraggeberin vom 29.03.2018 und wies ferner darauf hin, dass der gegenständliche Nachprüfungsantrag nach Ablauf der in § 20 Abs. 1 GO BVwG festgesetzten Amtsstunden beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht worden ist und daher nach der Rechtsprechung des VwGH als verspätet zu qualifizieren ist (vgl. VwGH 17.11.2015, Ra 2014/01/0198). Der Antragstellerin wurde daher die Möglichkeit eingeräumt, zu diesem Vorhalt bis längstens 10.04.2018, 09.00 Uhr beim Bundesverwaltungsgericht einlangend, Stellung zu nehmen.

4. In der am 10.04.2018 fristgerecht eingelangten Stellungnahme der Antragstellerin wurde ausgeführt, dass gegenständlich die fristauslösende Entscheidung der Auftraggeberin am 16.03.2018 erfolgt sei. Der erste Tag der im § 321 Abs. 1 BVergG normierten 10 Tages-Frist sei somit der 17.03.2018 gewesen, der letzte Tag der zitierten 10 Tages-Frist der 26.03.2018. Gemäß der gesetzlichen Festlegung in § 56 Abs. 3 BVergG ende der letzte Tag der 10 Tages-Frist somit mit Ablauf der letzten Stunde des 26.03.2018. Das Vorbringen der Auftraggeberin sei rechtsirrig und stehe im Widerspruch mit der Festlegung im § 56 Abs. 3 BVergG. Die letzte Stunde des 26.03.2018 - somit des letzten Tages der Frist gemäß § 321 Abs. 1 BVergG - sei 24.00 Uhr gewesen. Die in den §§ 321 und 56 BVergG geregelten Fristen seien Schutznormen zugunsten der Teilnehmer an Vergabeverfahren. Würde man die Amtsstunden gemäß § 20 GO BVwG auf den letzten Tag einer Nachprüfungsfrist nach § 321 BVergG anwenden, würde der letzte Tag der Frist nicht entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des § 56 BVergG um 24:00 Uhr, sondern um 15:00 Uhr ablaufen. Bei dieser Lesart würde die Mindestfrist nach der Rechtsmittelrichtlinie 2007/66/EG für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages verkürzt werden. Es läge in der Willkür des Bundesverwaltungsgerichtes durch eine Geschäftsordnung die im Bundesvergabegesetz normierte Mindestfrist für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages zu verkürzen. Verwiesen wurde auf eine Entscheidung des Vergabekontrollsenates Wien vom 18.11.2010, VKS-11629/10, in der es um die Berechnung der 7 Tage-Frist nach § 24 Abs. 4 WVRG 2007 (die weitgehend der Bestimmung des § 321 Abs. 2 BVergG in der damaligen Geltung entsprochen habe) gegangen sei. Dieser Entscheidung liege der Grundsatz zugrunde, dass die im Bundesvergabegesetz genannten Fristen für die Einbringung von Nachprüfungsanträgen in "vollen Tagen" zu berechnen seien bzw. die "vollen Tage" zur Verfügung stehen müssten. Dieser Grundsatz sei auch auf den gegenständlichen Anlassfall übertragbar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Diesbezüglich wird auf den obigen Verfahrensgang verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Verfahrensakt bzw. den Stellungnahmen der Parteien. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der Vergabeunterlagen des Auftraggebers keine Bedenken ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Beschluss vom 05.04.2018, W123 2190452-1/2E, den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mangels "Erfolgsaussichten" für das Hauptverfahren abgewiesen und dabei folgende Ausführungen getroffen:

2. Gemäß § 321 Abs. 1 BVergG sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax sowie bei einer Bekanntmachung der Entscheidung binnen zehn Tagen einzubringen, bei einer Übermittlung auf brieflichem Weg binnen 15 Tagen.

Die Geschäftsordnung des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: GO BVwG) lautet auszugsweise:

"§ 20. Amtsstunden

(1) Die Amtsstunden des Bundesverwaltungsgerichtes sind an jedem Arbeitstag, mit Ausnahme des Karfreitages, des 24. und des 31. Dezember, von 08:00 Uhr bis 15:00 Uhr.

(2) Schriftliche Anbringen (Schriftsätze) können nur innerhalb der Amtsstunden physisch (postalisch, persönlich oder mit Boten) oder elektronisch am Sitz des Bundesverwaltungsgerichtes in Wien eingebracht werden.

(6) Schriftliche Anbringen (Schriftsätze), die nach Ablauf der Amtsstunden eingebracht werden, gelten erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages als eingebracht."

3. Unstrittig steht fest, dass die Bekanntgabe der Entscheidung des Preisgerichtes (Wettbewerbsjury) an die Antragstellerin (per Telefax) am 16.03.2018 erfolgt ist. Ferner steht unstrittig fest, dass der Nachprüfungsantrag am 26.03.2018 um 15:30:48 Uhr beim Bundesverwaltungsgericht (nach Ablauf der Amtsstunden) eingebracht (siehe Protokoll zu OZ 1) und der Antrag demzufolge erst mit 27.03.2018 protokolliert wurde.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis vom 17.11.2015, Ra 2014/01/0108, mit den rechtlichen Folgen eines nach Ablauf der in § 20 Abs. 1 GO BVwG festgesetzten Amtsstunden einlangenden Schriftsatzes auseinandergesetzt. Das Erkenntnis lautet auszugsweise:

2.2. [...]

Nach § 20 Abs. 7 GO BVwG gelten für die Einbringung von Eingaben (Schriftsätzen) im elektronischen Rechtsverkehr nach § 21 BVwGG die Bestimmungen der BVwG-EVV. Diese Verordnung enthält - worauf der Revisionswerber zu Recht hinweist - keine Regelungen zur Frage, wann Schriftsätze beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht werden können. Es kann dem Normsetzer der GO BVwG aber nicht unterstellt werden, dass er sämtliche Formen der elektronischen Einbringung von schriftlichen Anbringen an die Amtsstunden bindet (Abs. 2 iVm Abs. 6 des § 20 GO BVwG), um diese Bindung für Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr nach § 21 BVwGG durch bloßen Verweis auf die Bestimmungen der BVwG-EVV entfallen zu lassen (Abs. 7 des § 20 GO BVwG), ohne dies explizit zum Ausdruck zu bringen. Hätte der Normsetzer der GO BVwG Derartiges beabsichtigt, wäre zu erwarten gewesen, dass er dies unmissverständlich regelt. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass § 20 Abs. 7 GO BVwG nicht dahin zu verstehen ist, dass für Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr nach § 21 BVwGG die in § 20 Abs. 2 und 6 GO BVwG vorgesehenen Regelungen nicht gelten sollen.

[...]

2.4. Die vorliegende Revision gegen das am 16. Oktober 2014 zugestellte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurde unbestritten im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs unter Verwendung der Übermittlungsstelle "IMD" am 27. November 2014 (Donnerstag) um 16:41:31 Uhr beim Bundesverwaltungsgericht im Sinne des § 21 Abs. 7 BVwGG eingebracht. Damit wurde die Revision am letzten Tag der Frist nach Ablauf der in § 20 Abs. 1 GO BVwG festgesetzten Amtsstunden beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht, sodass diese gemäß § 20 Abs. 6 GO BVwG erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages (das ist Freitag, der 28. November 2014) als eingebracht gilt. Sie erweist sich demnach als verspätet.

5. Daraus folgt: Die fristauslösende Entscheidung der Auftraggeberin erfolgte am 16.03.2018 mittels Telefax. Der gegenständliche Nachprüfungsantrag wurde am letzten Tag der Frist (Montag, 26.03.2018) nach Ablauf der in § 20 Abs. 1 GO BVwG festgesetzten Amtsstunden beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht, sodass dieser gemäß § 20 Abs. 6 GO BVwG erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages (Dienstag, 27.03.2018) als eingebracht gilt. Entsprechend der Entscheidung des VwGH vom 17.11.2015 erweist sich der Nachprüfungsantrag demnach als verspätet.

2. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an. Zu dem im Schriftsatz der Antragstellerin vom 10.04.2018 zitierten Bescheid des VKS Wien vom 18.11.2010 genügt der Hinweis, dass dieser zeitlich vor dem zitierten Erkenntnis des VwGH vom 17.11.2015, Ra 2014/01/0108, ergangen ist und somit für den aktuell zu beurteilenden Sachverhalt keine Relevanz mehr aufweist.

Daher war der Antrag wegen Verfristung zurückzuweisen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 316 Abs. 1 Z 2 BVergG kann - soweit dem weder Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen - die Verhandlung ungeachtet eines Parteiantrages entfallen, wenn der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen ist.

Da diese Voraussetzungen gegenständlich vorliegen, konnte von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

Zu B Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu VwGH 17.11.2015, Ra 2014/01/0108,) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Amtsstunden, Einbringung, Einbringungsfrist, elektronischer
Rechtsverkehr, Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren,
Nicht-Zulassung zur 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens,
Rechtzeitigkeit, Verfristung, Vergabeverfahren, verspäteter Antrag,
Verspätung, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W123.2190452.2.00

Zuletzt aktualisiert am

23.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten