RS Vfgh 2018/2/27 E2016/2017

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Veröffentlicht am 27.02.2018
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §3, §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz und Erlassung einer Rückkehrentscheidung betr einen der Volksgruppe der Tadschiken angehörenden afghanischen Staatsangehörigen mangels hinreichender Auseinandersetzung mit den für die Beweiswürdigung maßgeblichen Argumenten iZm seiner Tätigkeit für eine talibankritische Parlamentsabgeordnete

Rechtssatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz und Erlassung einer Rückkehrentscheidung betr einen der Volksgruppe der Tadschiken angehörenden afghanischen Staatsangehörigen mangels hinreichender Auseinandersetzung mit den für die Beweiswürdigung maßgeblichen Argumenten

Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Annahmen über die Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens im Wesentlichen auf scheinbare Widersprüche, die tatsächlich nur sprachliche Ungenauigkeiten darstellen, sowie bloße Mutmaßungen, die sich vorwiegend auf die "allgemeine" Lebenserfahrung stützen und nicht ausreichend auf ihre Übertragbarkeit auf die Gegebenheiten des Herkunftsstaates überprüft wurden.

Das Bundesverwaltungsgericht ignoriert in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer insgesamt ein gleichbleibendes, umfangreiches und detailliertes Vorbringen zu seinen Fluchtgründen erstattet hat, und unterlässt auch eine Auseinandersetzung mit wesentlichen Teilen des Vorbringens des Beschwerdeführers.

Das Bundesverwaltungsgericht hätte prüfen müssen, ob der Beschwerdeführer durch seine Tätigkeit für eine weibliche afghanische Parlamentsabgeordnete in besonderer Weise gefährdet ist, und zu dieser Frage entsprechende Ermittlungen vornehmen bzw Feststellungen treffen müssen.

Wenn das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer durch die Aufgabe der Tätigkeit für die Parlamentsabgeordnete den Forderungen der Taliban nachgekommen sei und ihm aus diesem Grund im Falle einer Rückkehr keine Verfolgung mehr drohe, lässt es völlig außer Acht, dass der Beschwerdeführer mehrfach angegeben hat, dass auch nach der Beendigung seiner Tätigkeit für die Abgeordnete eine Verfolgungshandlung gegen seine Person stattgefunden habe, indem sein Fahrzeug beschossen worden sei.

§3 AsylG 2005 erfordert (nur), dass die drohende Verfolgung im Herkunftsstaat "glaubhaft ist"; eine Pflicht, Fakten zu bescheinigen, kann daraus nicht abgeleitet werden.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Rückkehrentscheidung, Ermittlungsverfahren, Beweiswürdigung, Entscheidungsbegründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:E2016.2017

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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