TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/27 99/10/0261

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Veröffentlicht am 27.03.2000
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Index

L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

NatSchG Tir 1997 §16 Abs1 litb;
NatSchG Tir 1997 §27;
VVG §1;
VVG §10;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des L in 6344 Walchsee, vertreten durch Dr. Axel Fuith, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 38, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. Oktober 1999, Zl. U-13-192/24, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Darstellung des Sachverhaltes auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juli 1999, Zl. 98/10/0382, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde eine Beschwerde gegen den mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. September 1998 verfügten Entfernungsauftrag nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 1997 als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer stellte daraufhin am 19. Juli 1999 einen Antrag um (nachträgliche) naturschutzrechtliche Bewilligung der bereits bestehenden Golfanlage.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Kufstein (BH) vom 3. August 1999 erfolgte gegenüber dem Beschwerdeführer die Androhung der Ersatzvornahme. Für die Entfernung der streitgegenständlichen Anlage, wie Pflöcke, Holes, Fahnen, Sicherheitsnetze und Abschlagtafeln wurde eine Frist von einer Woche, gerechnet ab Zustellung dieses Schreibens, eingeräumt.

Mit Bescheid vom 12. August 1999 ordnete die BH unter Berufung auf § 4 Abs. 1 VVG die Ersatzvornahme (Vollstreckungsverfügung) an, da der Beschwerdeführer die ihn treffende Verpflichtung nicht erfüllt habe.

In der dagegen erhobenen Berufung lehnte der Beschwerdeführer zunächst den Leiter der Umweltschutzabteilung der belangten Behörde, Hofrat Dr. L., wegen Befangenheit ab. Hofrat Dr. L. habe die in der Beschwerdesache zuständige Landesrätin im Zusammenhang mit deren Äußerungen in der Öffentlichkeit als "naiv und unerfahren" bezeichnet, da sie die Auffassung vertreten habe, dass eine naturschutzrechtliche Genehmigung erteilt werden würde. Hofrat Dr. L. habe auch gegenüber den Medien erklärt, es werde keine naturschutzrechtliche Genehmigung erteilt werden, es müsse ihm diesbezüglich eine Weisung erteilt werden. Obwohl Hofrat Dr. L. gegenüber der Presse erklärt habe, ein Vollzug des Entfernungsauftrages komme vor Entscheidung über das (nachträgliche) naturschutzrechtliche Ansuchen nicht in Frage, habe er nunmehr offensichtlich der BH mitgeteilt, dass dennoch der Entfernungsauftrag zu vollziehen sei. Da zu besorgen sei, dass auch andere Mitarbeiter der Umweltschutzabteilung infolge Befangenheit von Hofrat Dr. L. ebenfalls befangen seien, werde ferner beantragt, die Angelegenheit einem Beamten einer anderen Abteilung als der Umweltschutzabteilung der belangten Behörde zuzuweisen.

In der Sache selbst werde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer mit Antrag vom 19. Juli 1999 um die (nachträgliche) Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die bereits bestehende Golfanlage ersucht habe. Der dem Bescheid über die Anordnung der Ersatzvornahme (Vollstreckungsverfügung) zu Grunde liegende Entfernungsauftrag entspreche im Ergebnis einem Abtragungs- bzw. Beseitigungsauftrag nach der Tiroler Bauordnung. Wenn auch der Erlassung eines Abtragungs- bzw. Beseitigungsauftrages nach der Bauordnung der Umstand nicht entgegenstehe, dass ein Baubewilligungsansuchen anhängig sei, so dürfe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Auftrag jedoch erst nach rechtskräftiger Abweisung oder Zurückweisung des Bauansuchens vollstreckt werden (Hinweis auf das Erkenntnis vom 10. November 1990, Zl. 90/06/0147, und vom 13. März 1989, Zl. 87/05/0195). Da dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages vom 19. Juli 1999 die Vorlage verschiedener Unterlagen unter Setzung einer Frist von fünf Monaten aufgetragen worden sei, sei erwiesen, dass sein Antrag auf nachträgliche Bewilligung nicht schon von vornherein aussichtslos sei. Durch den Antrag des Beschwerdeführers vom 19. Juli 1999 habe analog zum nachträglichen Einbringen eines Bauansuchens die Wirkung einzutreten, dass der vorliegende Entfernungsauftrag vor rechtskräftiger Abweisung oder Zurückweisung des Antrages auf nachträgliche naturschutzrechtliche Bewilligung nicht vollstreckt werden dürfe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben. Nach der Begründung sei unstrittig, dass der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19. Juli 1999 bei der BH um die Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung der bereits bestehenden Golfanlage angesucht habe. Nach Auffassung der belangten Behörde sei die Anordnung einer Ersatzvornahme trotz eines anhängigen Verfahrens um nachträgliche Bewilligung zulässig. Dafür spreche die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein Antrag auf Erteilung der nachträglichen naturschutzrechtlichen Bewilligung die Erteilung eines Entfernungsauftrages nicht ausschließe. Erst eine nachträgliche Bewilligung würde der Vollstreckung des Entfernungsauftrages entgegen stehen. Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich der Befangenheit eines Verwaltungsorganes gehe ins Leere. In der Berufung sei der Umgang von Hofrat Dr. L. mit den Medien kritisiert worden. Eine Befangenheit des zuständigen Sachbearbeiters sei jedoch nicht vorgebracht worden. Lediglich eine solche wäre zu berücksichtigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird zunächst unter Hinweis auf das Berufungsvorbringen die Auffassung vertreten, dass der angefochtene Bescheid von einem befangenen Verwaltungsorgan erlassen worden sei.

Nach § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG (die übrigen Punkte dieser Bestimmung kommen im Beschwerdefall nicht in Frage) haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

Hat an einer Entscheidung ein befangenes Verwaltungsorgan mitgewirkt, so stellt dies nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen Verfahrensmangel dar, der vom Verwaltungsgerichtshof nur im Falle seiner Wesentlichkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufgegriffen werden kann, was jedoch im Falle der rechtlichen Unbedenklichkeit des angefochtenen Bescheides auzuschließen ist (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 17. Juni 1993, Zl. 92/06/0228, und vom 31. Jänner 1995, Zl. 93/05/0056).

Dem Befangenheitseinwand des Beschwerdeführers ist zunächst zu erwidern, dass der angefochtene Bescheid nicht von Hofrat Dr. L., sondern von Dr. K. gefertigt worden ist. Im Übrigen ist aus folgenden Erwägungen von der rechtlichen Unbedenklichkeit des angefochtenen Bescheides auszugehen:

Nach der von der belangten Behörde zutreffend zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Naturschutzangelegenheiten ist erst eine nachträgliche Bewilligung eines Antrages der Vollstreckung eines Entfernungsauftrages hinderlich (vgl. die Erkenntnisse vom 25. März 1996, Zl. 91/10/0020, und vom 9. September 1996, Zl. 94/10/0003). Die zu einzelnen Bauordnungen der Länder ergangene Rechtsprechung, dass während der Anhängigkeit eines Ansuchens um nachträgliche Baubewilligung ein Abtragungsauftrag nicht vollstreckt werden darf, findet im Tiroler Naturschutzgesetz 1997 keine Grundlage. Eine andere Betrachtungsweise wird etwa dort geboten sein, wo bereits der Landesgesetzgeber als Voraussetzung für die Erteilung eines Wiederherstellungsauftrages statuiert, dass eine beantragte Bewilligung verweigert worden ist (vgl. z.B. § 41 Abs. 3 des Vorarlberger Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung, LGBl. Nr. 22/1997, und das dazu ergangene Erkenntnis vom 31. Jänner 2000, Zl. 99/10/0244).

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999100261.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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