TE Lvwg Erkenntnis 2017/8/21 LVwG-460-4/2016-R11

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Veröffentlicht am 21.08.2017
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Entscheidungsdatum

21.08.2017

Norm

RAO §50 Abs1
RAO §50 Abs2
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA RAK Vlbg 2014 §6 Abs5

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Pathy über die Beschwerde des Dr. I S, B, gegen den Bescheid des Gesamtausschusses der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer vom 08.07.2016, betreffend Ruhen einer Altersrente, zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruchpunkt I. der Ausdruck „September 2014“ ersetzt wird durch den Ausdruck „Oktober 2014“.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

Angefochtener Bescheid

1.   Im angefochtenen Bescheid wurde Folgendes ausgesprochen:

„I. Der Rechtsanspruch des Herrn em. RA Dr. … auf Bezug einer Altersrente aus der Versorgungseinrichtung der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer ruhte gemäß § 6 Abs 5 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A in den Kalendermonaten (jeweils einschließlich) von September 2014 bis Dezember 2015.

II. Herr em RA Dr. … ist verpflichtet, die für die in Punkt I. des Spruches angeführten Zeiträume zu seinen Gunsten ausbezahlten Altersrentenbeträge im Gesamtbetrag von brutto € XXX an die Vorarlberger Rechtsanwaltskammer zurückzubezahlen.“

Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer von September 2014 bis Dezember 2015 dauernd gegen Entgelt Tätigkeiten ausgeübt hat, die in den beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten gemäß § 8 RAO fallen. In einem solchen Fall ruhe der Rechtsanspruch auf Bezug einer Altersrente.

Beschwerde

2.   Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. Sie lautet auszugsweise wie folgt (ohne Hervorhebungen):

„… Das im Bescheid angeführte Ermittlungsverfahren war völlig unzureichend und entsprach nicht den Grundsätzen der amtswegigen vollständigen Wahrheitsermittlung, was auf Grund meiner Darlegungen dieses außergewöhnlichen Rechtsfalles in meiner Stellungnahme vom 17.5.16 unbedingt erforderlich gewesen wäre und zu einer anderen Entscheidung geführt hätte. …

2. Unrichtige rechtliche Beurteilung:

2.1.

… Mein Einschreiten für die Legatarin war aber eine rein singuläre Tätigkeit. Eine Feststellung, dass ich eine berufsmäßige, also regelmäßige Vertretungstätigkeit über diesen Fall hinaus getätigt hätte, wurde nicht getroffen. Demnach fehlt es aber einer Rechtsgrundlage für die Anwendung dieser Ruhensbestimmung.

2.2.) Eine weitere Voraussetzung für die Anwendung dieser Ruhensbestimmung ist die Entgeltlichkeit. Die belangte Kammer sieht das Vorliegen dieser Entgeltlichkeit bereits in der bloßen Honorarvereinbarung. … Es kann daher nicht auf die bloße Vereinbarung eines Entgelts ankommen, sondern nur darauf, ob ein Entgelt auch tatsächlich bezogen wurde. Alles andere würde dem ausdrücklich normierten Zweck der Versorgungseinrichtung zuwiderlaufen, mit der Rente zur Versorgung eines alten Anwalts beizutragen. Denn bei der Auslegung der Kammer … würde billligend in Kauf genommen, dass der betroffene Anwalt bei Nichterhalt des Entgelts nicht nur nicht dieses Entgelt, sondern dazu auch noch keine Rente erhält und somit dessen Versorgung in Gefahr ist. …

Ich habe tatsächlich kein Entgelt erhalten und jetzt zusätzlich auch noch auf den Entgeltanspruch verzichtet. Dem Bescheid fehlt sohin auch diese Rechtsgrundlage.

2.6.) § 6 Abs. 5 der Satzung der Versorgungseinrichtung ist in mehrfacher Hinsicht gesetz- und verfassungswidrig: …“

Der Beschwerdeführer hat daher beantragt, den Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Weiters hat er angeregt, beim VfGH die Aufhebung des § 6 Abs. 5 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A wegen Verfassungs- und Gesetzwidrigkeit zu beantragen.

Sachverhalt

3.   Der Beschwerdeführer ist (emeritierter) Rechtsanwalt. Er bezieht eine Altersrente aus der Versorgungseinrichtung Teil A der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer. Die Altersrente beträgt monatlich brutto XX Euro (14mal jährlich).

Eine Bekannte des Beschwerdeführers hat als Legatarin in einer Erbschaftssache rechtlichen Beistand benötigt. Der Beschwerdeführer hat sich bereit erklärt, seine Bekannte rechtlich zu beraten und die erforderlichen Schriftsätze und sonstigen gerichtlichen Eingaben zu verfassen.

Da die Sache einen größeren Umfang angenommen hat, hat der Beschwerdeführer am 22.09.2014 mit seiner Bekannten eine Honorarvereinbarung abgeschlossen. Sie lautet auszugsweise wie folgt:

„4. In weiterer Folge konnte Dr. I… S… die Rechtsanwaltskanzlei Dr. G… B… in S… für sämtliche weiteren Vertretungshandlungen gewinnen, hinsichtlich derer Dr. I… S… als emeritierter Anwalt nicht mehr vertretungsberechtigt gewesen wäre. Bedingung hierfür war, dass Dr. I… S… zur Entlastung von Dr. B… sämtliche Schriftsätze verfasst, da die Legatarin als Mindestrentnerin keine Kostenvorschüsse zu leisten imstande war und ist.

5. Inzwischen haben beide Verfahren einen außergewöhnlichen Umfang angenommen …; so mussten insgesamt 7 Beschwerden und eine Disziplinaranzeige verfasst werden (Siehe Prozessspiegel).

6. Zufolge dieser unvorhergesehenen erheblichen Mühewaltung, deren zeitliche Begrenzung bei weitem noch nicht absehbar ist, wird zwischen Frau H… R… und Dr. I… S… unter Berücksichtigung bereits erfolgter Teilzahlungen von € 2.500,00 ein Honorar vereinbart, welches hälftig nach den Bestimmungen des RATG und der autonomen Honorarrichtlinien der österreichischen Rechtsanwälte netto zu ermitteln ist.

7. Im Hinblick auf die berufliche Verbundenheit und jahrelange Freundschaft …wird die netto Honorarforderung auch noch der Höhe nach gedeckelt, indem sie 20% … des Prozessergebnisses … nicht übersteigen soll.

8. Das Honorar ist nach rechtskräftigem Abschluss des … anhängigen Verfahrens zur Zahlung fällig.“

Der Beschwerdeführer war in dieser Sache nach Abschluss der Honorarvereinbarung bis Dezember 2015 tätig. Er hat „Konzipiententätigkeiten“ ausgeführt, das heißt den gesamten Schriftverkehr verfasst und Rechtsanwalt Dr. B… Konzepte vorgelegt. Der Beschwerdeführer hat z.B. eine Erbverzichtsvereinbarung, die Neufassung einer Erbverzichtserklärung oder eine Berufungsbeantwortung verfasst.

Der Beschwerdeführer hat in dieser Zeit keine anderen anwaltlichen Tätigkeiten ausgeübt.

In weiterer Folge hat er für seine anwaltlichen Tätigkeiten die Honorarnote vom 23.03.2016 an seine Bekannte gestellt. Darin bittet er um Überweisung von 69.782 Euro (63.985,76 Euro zuzüglich 20 % MWSt).

Die Bekannte hat sich daraufhin an die Rechtsanwaltskammer gewandt.

In weiterer Folge hat der Beschwerdeführer auf seine Honorarforderung gegenüber seiner Bekannten verzichtet, um seine Pension zu retten.

Der Beschwerdeführer hat in dieser Sache von seiner Bekannten bereits 7.000 Euro jeweils in Kleinbeträgen erhalten. Die Bekannte hat folgende Teilzahlungen geleistet: 1.500 Euro und 1.000 Euro in den ersten drei Jahren; im April 2013 500 Euro; am 16.12.2014 2.000 Euro; im April 2015 1.000 Euro und am 16.02.2016 1.000 Euro.

Erwägungen zur Feststellung des Sachverhalts

4.   Das Landesverwaltungsgericht hat eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig.

Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass er

?    „Konzipiententätigkeiten“, die zum beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten gehören, erbracht hat, sowie

?    eine Honorarvereinbarung abgeschlossen und eine Honorarnote gestellt hat.

Die Honorarvereinbarung, die Honorarnote und eine Honorarabrechnung, in der die einzelnen Leistungen aufgelistet sind, befinden sich im Akt der belangten Behörde.

Der Beschwerdeführer hat auch eingeräumt, dass er von seiner Bekannten in dieser Sache in Kleinbeträgen 7.000 Euro erhalten hat. Im E-Mail vom 25.04.2016, das die Bekannte an die Rechtsanwaltskammer gesendet hat und das sich im Akt der belangten Behörde befindet, sind die einzelnen Beträge ebenfalls angeführt.

Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe auf seine Honorarforderung verzichtet, was von der belangten Behörde nicht bestritten wurde. Dasselbe gilt für die Feststellung, dass er keine anderen anwaltlichen Tätigkeiten ausgeübt hat.

Die Feststellungen zur Höhe der Pension, die der Beschwerdeführer bezogen hat, stützen sich auf eine Berechnung, die sich im Akt der belangten Behörde befindet. Der Beschwerdeführer hat dieser Berechnung nicht widersprochen.

Maßgebliche Rechtsvorschriften

5.   Der § 8 Abs 1 und 2 Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl. Nr. 96/1868 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2008, lautet:

„(1) Das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts erstreckt sich auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis.

(2) Die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinn des Abs. 1 ist den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Berufsbefugnisse, die sich aus den österreichischen Berufsordnungen für Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker ergeben, werden hiedurch nicht berührt.“

Der § 49 Abs 1 erster Satz RAO, RGBl. Nr. 96/1868 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2017, lautet:

„(1) Die Rechtsanwaltskammern haben Einrichtungen zur Versorgung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter für den Fall des Alters und der Berufsunfähigkeit sowie zur Versorgung der Hinterbliebenen für den Fall des Todes des Rechtsanwalts oder des Rechtsanwaltsanwärters mit einer zu beschließenden Satzung zu schaffen und aufrechtzuerhalten.“

Der § 50 RAO, RGBl. Nr. 96/1868 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2017, lautet auszugsweise:

„(1) Jeder Rechtsanwalt und Rechtsanwaltsanwärter sowie deren Hinterbliebene haben bei Vorliegen der Voraussetzungen und bei Eintritt des Versorgungsfalls Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung.

(2) Dieser Anspruch ist in der Satzung der Versorgungseinrichtungen nach festen Regeln festzusetzen. Hierbei sind folgende Grundsätze zu beachten:

     

     2. Voraussetzungen für den Anspruch sind

     a) und b) …

     c) im Fall der Alters- und Berufsunfähigkeitsversorgung

     aa) der Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft im In- und Ausland;

     

(3) bis (5) …“

Der § 6 Abs 4 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer in der Fassung des Beschlusses der Vollversammlung vom 15.10.2014 lautet auszugsweise:

„(4) Der Rechtsanspruch auf Bezug einer Altersrente endet

a) …

b) durch Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte, der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte oder der Rechtsanwaltsanwärter einer Rechtsanwaltskammer oder Ausübung der Rechtsanwaltschaft, wo auch immer;

c) …

Der Anspruch auf Gewährung der Altersrente endet mit dem Ende jenes Monates, in welchem die Bedingungen für den Wegfall des Anspruches eingetreten sind.“

Der § 6 Abs 5 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer in der Fassung des Beschlusses der Vollversammlung vom 15.10.2014 lautet:

„(5) Der Rechtsanspruch auf Bezug einer Altersrente ruht bei Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit, die in den beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten (§ 8 RAO) fällt, ab dem der Ausübung der Tätigkeit folgenden Kalendermonat für die Dauer der Tätigkeit, mindestens aber für die Dauer von 3 Monaten. Kein Ruhen wird bewirkt durch die Ausübung von Hilfstätigkeiten in einer Rechtsanwaltskanzlei, der der Rechtsanwalt vor seinem Verzicht angehört hat, wobei als Hilfstätigkeit nur administrative Tätigkeiten gelten.“

Der § 16 Abs 7 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer in der Fassung des Beschlusses der Vollversammlung vom 15.10.2014 lautet:

„(7) Der Leistungsempfänger hat zu Unrecht bezogene Leistungen zurückzuzahlen, insbesondere, wenn die Leistungen durch unrichtige Angaben oder Nichtmeldung maßgeblicher Tatsachen zu Unrecht bezogen oder irrtümlich unrichtig berechnet wurden.“

Rechtliche Beurteilung

6.   Der Beschwerdeführer hat „Konzipiententätigkeiten“ erbracht, die auch nach seiner Meinung zum beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten gehören. Für diese Tätigkeiten wurde ein Honorar vereinbart. Der Beschwerdeführer hat diese Tätigkeiten erbracht, um eine Gegenleistung (das Honorar) zu erhalten. Die Tätigkeiten wurden daher – zumindest ab dem Zeitpunkt der Honorarvereinbarung – entgeltlich ausgeübt.

Der Beschwerdeführer hat somit eine entgeltliche Tätigkeit ausgeübt, die in den beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten fällt.

In diesem Fall ruht der Rechtsanspruch auf Bezug einer Altersrente ab dem der Ausübung der Tätigkeit folgenden Kalendermonat für die Dauer der Tätigkeit, mindestens aber für die Dauer von 3 Monaten (vgl § 6 Abs 5 erster Satz der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A).

7.   Der Beschwerdeführer hat die Tätigkeiten von September 2014 bis Dezember 2015 ausgeübt. Sein Rechtsanspruch auf Bezug der Altersrente ruhte daher ab dem der Ausübung folgenden Kalendermonat, somit ab Oktober 2014.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht ausgesprochen, dass der Rechtsanspruch auf Bezug der Altersrente von Oktober 2014 bis Dezember 2015 geruht hat. Da im Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides auch im September 2014 ein Ruhen festgestellt wurde, war dieser Spruchpunkt zu berichtigen.

Der Beschwerdeführer hat in dieser Zeit eine Rente (einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld) von insgesamt XX Euro (brutto) bezogen. Der Beschwerdeführer war daher verpflichtet, den bereits erhaltenen Altersbezug zurückzuzahlen.

Außergewöhnlicher Rechtsfall

8.   Der Beschwerdeführer hat die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides damit bestritten, es habe sich um einen außergewöhnlichen Rechtsfall gehandelt. Seine Bekannte hätte sonst keinen Anwalt gefunden und habe sich in einer rechtlichen Notsituation befunden.

Dem ist der Wortlaut des § 6 Abs 5 der Satzung entgegen zu halten. Danach ruht der Anspruch „bei Ausübung“ der entgeltlichen Tätigkeit. Aus welchen Gründen die entgeltliche Tätigkeit ausgeübt wird, lässt die Bestimmung offen. Es wird auch nicht auf die persönliche oder wirtschaftliche Situation des Empfängers der anwaltlichen Tätigkeit abgestellt.

Es spielt daher keine Rolle, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer für seine Bekannte tätig geworden ist, und in welcher außergewöhnlichen Situation sich die Bekannte befunden hat.

Singuläre, nicht berufsmäßige Tätigkeit

9.   Der Beschwerdeführer hat vorgebracht, die Satzungsbestimmung beziehe sich ausdrücklich auf § 8 RAO. Der dort normierte Vertretungsvorbehalt umfasse nur die „berufsmäßige“, also regelmäßige und auf Gewinn gerichtete Parteienvertretung. Sein Einschreiten sei eine rein singuläre Tätigkeit gewesen. Es sei keine Feststellung getroffen worden, dass er eine berufsmäßige, also regelmäßige Vertretungstätigkeit über diesen Fall hinaus getätigt hätte.

Dem ist Folgendes entgegen zu halten:

10. Der Klammerausdruck „(§ 8 RAO)“ im ersten Satz des § 6 Abs 5 der Satzung bringt lediglich zum Ausdruck, dass es sich bei einer „Tätigkeit, die in den beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten fällt“, um eine Tätigkeit handelt, die zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung zählt.

Der Verweis auf den § 8 RAO bedeutet aber nicht, dass die Bereitschaft bestehen muss, alle oder mehrere Tätigkeiten auszuüben, die zur umfassenden Parteienvertretung zählen. Das ergibt sich auch aus dem Zusammenhang mit dem § 6 Abs 4 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A: Wenn die ständige Bereitschaft zur berufsmäßigen Ausübung einer anwaltlichen Tätigkeit besteht, dann muss die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte erwirkt werden. In diesem Fall endet der Anspruch auf Bezug einer Altersrente.

Die Anwendung des § 6 Abs 5 der Satzung, der nur ein vorübergehendes Ruhen des Bezuges vorsieht, verlangt daher nicht, dass eine regelmäßige Vertretungstätigkeit ausgeübt wird, die über einen Einzelfall hinausgeht.

11. Im Übrigen ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer nur insoweit eine „singuläre“ Tätigkeit ausgeübt hat, als er ein und dieselbe Rechtssache bearbeitet hat. In dieser Sache hat er aber über einen längeren Zeitraum eine Vielzahl von Einzelleistungen erbracht (vgl die Auflistung in der Honorarabrechnung). Selbst in der Honorarvereinbarung wird darauf hingewiesen, dass die Verfahren einen außergewöhnlichen Umfang angenommen hätten. In dieser Hinsicht war seine Tätigkeit durchaus regelmäßig, da sie über einen längeren Zeitraum ausgeübt wurde.

Keine Entgeltzahlung

12. Der Beschwerdeführer hat darauf hingewiesen, es könne nicht auf die bloße Vereinbarung eines Entgelts ankommen, sondern nur darauf, ob ein Entgelt auch tatsächlich bezogen wurde. Alles andere würde dem ausdrücklich normierten Zweck der Versorgungseinrichtung zuwiderlaufen, mit der Rente zur Versorgung eines alten Anwalts beizutragen. Wenn es nur auf die Entgeltvereinbarung ankäme, würde billigend in Kauf genommen, dass der betroffene Anwalt bei Nichterhalt des Entgelts nicht nur nicht dieses Entgelt, sondern dazu auch noch keine Rente erhält und somit dessen Versorgung in Gefahr wäre.

Dagegen ist Folgendes einzuwenden:

13. Der Rechtsanspruch auf Bezug der Altersrente ruht bei Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit. Eine Tätigkeit ist dann entgeltlich, wenn sie für eine Gegenleistung erbracht wird. Der Beschwerdeführer hat seine „Konzipiententätigkeiten“ erbracht, um dafür eine Gegenleistung – das vereinbarte Honorar – zu erhalten.

Der Beschwerdeführer hat selbst eingeräumt, dass er aufgrund der Honorarvereinbarung einen Entgeltanspruch erworben hat. Einen Entgeltanspruch konnte er nur deshalb erwerben, weil er seine Tätigkeit entgeltlich ausgeübt hat. Dass er nachträglich auf seinen Honoraranspruch verzichtet hat, ändert nichts an der entgeltlichen Ausübung der Tätigkeit. Es macht keinen Unterschied, ob der Beschwerdeführer auf seinen Entgeltanspruch nachträglich verzichtet, oder ob er ein bereits erhaltenes Entgelt nachträglich verschenkt oder rückerstattet.

Außerdem hat der Beschwerdeführer – nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung – bereits ein Entgelt von 7.000 Euro in Kleinbeträgen für seine Tätigkeit erhalten.

14. Im Übrigen ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung Folgendes angegeben hat: „Der Prozess in Innsbruck wurde mittlerweile zu 100 % gewonnen. Die Gegenseite hat an Dr. B… die zugesprochenen Kosten von rund 37.000 Euro bezahlt hat. Ich habe dann Dr. B… angeschrieben und ihn um die Hälfte dieser Kosten gebeten, für die Schriftsätze, die ich verfasst habe. Er hat nicht einmal geantwortet.“

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch einen Entgeltanspruch gegen Rechtsanwalt Dr. B… hat.

Verfassungs- oder Gesetzwidrigkeit

15. Der Beschwerdeführer hält den § 6 Abs 5 der Satzung der Versorgungseinrichtung für verfassungs- und gesetzwidrig, und zwar im Wesentlichen aus folgenden Gründen:

?    Es handle sich um eine ergänzende Strafbestimmung; jeder der gegen den § 8 RAO verstoße, habe bloß mit den sich aus RAO und UWG ergebenden Konsequenzen, nicht aber mit einem Rentenverlust zu rechnen. Verstoße aber ein pensionierter Rechtsanwalt dagegen, dann verliere er zusätzlich seinen Rentenanspruch. Dies verstoße gegen den Gleichheitssatz.

?    Es würde jede noch so geringfügige entgeltliche, unter § 8 RAO fallenden Tätigkeit zum Verlust der Rente für mindestens 3 Monate führen. Dies sein ein gravierender Eingriff in den Rechtsbestand wohlerworbener Rechte, der unverhältnismäßig sei.

?    Der § 6 Abs 5 der Satzung sei eine die Erwerbsausübungsfreiheit pensionierter Rechtsanwälte massiv einschränkende Regelung. Solche Regelungen seien nur zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet und adäquat sind und auch sachlich sonst gerechtfertigt werden können.

Diese Bedenken werden nicht geteilt:

16. Es ist nicht unsachlich, den Bezug einer Rente ruhend zu stellen, solange ein Rentenbezieher eine entgeltliche Tätigkeit ausübt. Dass der Rentenbezug – unabhängig von der Dauer der Tätigkeit und von der Höhe des Entgelts – für die Dauer von drei Monaten entfällt, spielt im vorliegenden Fall keine Rolle, weil der Beschwerdeführer seine Tätigkeit länger als drei Monate ausgeübt hat und einen Honoraranspruch von insgesamt 69.782 Euro (brutto) erworben hat.

Durch die Regelung wird die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht generell verboten. Der Rentenbezieher kann sich vor Ausübung einer Tätigkeit darauf einstellen, ob er ein Ruhen seines Rentenbezuges in Kauf nimmt oder nicht. Ein unverhältnismäßiger Eingriff kann in der Regelung daher nicht gesehen werden. (Im Übrigen wird auf VfSlg 18.625/2008 zur Rechtslage in OÖ verwiesen.)

Revision

17. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Rechtsanwalt, Altersrente, Ruhen bei entgeltlicher Tätigkeit

Anmerkung

Behandlung der Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof (11.10.2017, E 3131/2017) abgelehnt.

Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof (20.03.2018, Ra 2018/03/0001) als unbegründet abgewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2017:LVwG.460.4.2016.R11

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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