TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/29 97/08/0399

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.03.2000
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §37 idF 1996/201;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der F in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 18. April 1997, Zl. LGS-W Abt. 12/1218/56/1997, betreffend Arbeitslosengeld als Pensionsvorschuss, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

     Der Antrag, die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof

abzutreten, wird zurückgewiesen.

     Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für

Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von

S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1945 geborene Beschwerdeführerin war bis zum 31. Dezember 1988 unselbständig erwerbstätig, wobei sie 1978 einige Monate lang Arbeitslosengeld bezog. Vom Dezember 1988 bis zur Zerstörung ihrer Trafik durch einen Brand am 2. September 1996 war die Beschwerdeführerin selbständig erwerbstätig. Am 22. Oktober 1996 beantragte sie Arbeitslosengeld als Pensionsvorschuss. Diesen Antrag wies die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice mit der Begründung ab, der Beschwerdeführerin fehlten für die Erfüllung der Anwartschaft 182 Tage arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung.

In ihrer Berufung und in einer am 3. April 1997 vor der belangten Behörde mit ihr aufgenommenen Niederschrift machte die Beschwerdeführerin nicht geltend, sie habe nach dem Dezember 1988 (oder, wie es in der Berufung und in der Beschwerde offenbar irrtümlich heißt, Dezember 1989) noch Anwartschaftszeiten erworben. Die Beschwerdeführerin berief sich darauf, dass sie vor dem Beginn ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit in arbeitslosenversicherungspflichtigen Angestelltenverhältnissen beschäftigt gewesen sei und seit der Zerstörung ihrer Trafik keine Arbeit mehr habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Die belangte Behörde stützte diese Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass auch bei maximaler Erstreckung der Rahmenfrist um die in § 15 Abs. 1 AlVG hiefür vorgesehenen drei Jahre - in Verbindung mit dem Vorliegen des rahmenfristerstreckenden Umstandes der selbständigen Erwerbstätigkeit - innerhalb der erstreckten Rahmenfrist kein einziger Tag arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung liege und die Anwartschaft somit nicht erfüllt sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin macht unrichtige rechtliche Beurteilung geltend, zeigt in der Beschwerde aber keinen Gesichtspunkt auf, unter dem ihr die beantragte Leistung trotz des unstrittigen Umstandes, dass die Beschwerdeführerin in den letzten fünf Jahren vor der Geltendmachung des Anspruches nicht arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war, nach den §§ 7, 14, 15 und 23 AlVG in der zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 zustehen könnte. Näher ausgeführt werden nur verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass die rahmenfristerstreckende Wirkung der selbständigen Erwerbstätigkeit mit der erwähnten Novelle auf drei Jahre beschränkt wurde, wodurch wohlerworbene Rechte der Beschwerdeführerin "überfallsartig beseitigt" worden seien.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom 10. März 1998, Zl. 97/08/0515, näher dargelegt hat, warum die Begrenzung der rahmenfristerstreckenden Wirkung einer selbständigen Erwerbstätigkeit auf drei Jahre im Besonderen auch unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in einen geschaffenen Vertrauenstatbestand keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Auch im Erkenntnis vom 21. September 1999, Zl. 98/08/0170, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem ähnlichen Zusammenhang hervorgehoben, gegen eine Bestimmung, die auf einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Leistungen der Arbeitslosenversicherung und dem Verlust des Arbeitsplatzes abstelle, bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dem Gesetzgeber stehe es von verfassungswegen insbesondere auch frei, eine selbständige Erwerbstätigkeit als Fristerstreckungstatbestand (im Fall dieses zweiten Vorerkenntnisses: für den Fortbezug der Notstandshilfe) vorzusehen oder dies zu unterlassen. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf diese beiden Erkenntnisse verwiesen.

Da die im vorliegenden Fall angefochtene Entscheidung auch nicht aus einem vom Verwaltungsgerichtshof aus Eigenem wahrzunehmenden Grund rechtswidrig ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Antrag, die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof abzutreten, war wegen des Fehlens einer dem Art. 144 Abs. 3 B-VG und dem § 87 Abs. 3 VerfGG entsprechenden Regelung für die Abtretung einer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997080399.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten