TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/28 LVwG-2017/24/0884-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.02.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §121

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Dr.in Voppichler-Thöni über die Beschwerde des Herrn AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 10.03.2017, Zl ****, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.   Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:

Mit Eingabe vom 31.03.2016 meldete AA (im Folgenden: „Beschwerdeführer“) das Gewerbe „Rauchfangkehrer (Handwerk) unter Ausschluss der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten gemäß § 120 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 an (siehe GISA Zl ****).

Am 15.11.2016 suchte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Z um Gewerbeerweiterung für das Handwerk „Rauchfangkehrer“ eingeschränkt auf die Kehrgebiete *1, *2 und *3 an.

In dem von der Erstbehörde eingeholten Gutachten von der Wirtschaftskammer Tirol – Landesinnung der Rauchfangkehrer - vom 24.11.2016 wurde ausgeführt:

1.   Allgemeines

Mit Inkrafttreten der GewO-Nov 2015 (BGBl I 2015/48) wurde der Tätigkeitsbereich der Rauchfangkehrer im Lichte der Rechtsprechung des EuGH (EuGH 23.12.2015, C-293/14) „aufgespalten“. Nunmehr ist zwischen „sicherheitsrelevanten Aufgaben“ und „sonstigen Tätigkeiten“ der Rauchfangkehrer zu unterscheiden.

Während die erste Gruppe jene sicherheitsrelevanten Aufgaben umfasst, die den Rauchfangkehrern durch landesgesetzliche Vorschriften (auch) im Interesse des Umweltschutzes übertragen, beinhaltet die zweite Gruppe alle sonstigen Aufgaben der Rauchfangkehrer, die nicht landesgesetzlich vorgegeben sind. Die bisher in der GewO ausnahmslos enthaltenen Berufsantrittsschranken Bedarfsprüfung, zwingendes Kehrgebiet und zwingende Niederlassung im Inland gelten ab Inkrafttreten der Novelle nur mehr für sicherheitsrelevante Tätigkeiten (Überprüfungen und die damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr) der Rauchfangkehrer.

Für alle sonstigen, nicht landesgesetzlich determinierten Aufgaben gelten diese Berufsantrittsschranken (wegen eines Verstoßes gegen die Dienstleistungs-RL 2006/123/EG) nicht mehr (vgl dazu auch OGH 20.5.2014, 4 Ob 31/14h; RdU 2015/100).

2.   Kehrgebietsbeschränkungen nach der geltenden Rechtslage

Während für „sonstige Tätigkeiten“ also keine Beschränkung auf ein bestimmtes Gebiet mehr erfolgen darf, hat der Landeshauptmann weiterhin durch Verordnung eine gebietsweise Abgrenzung für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs 1 zweiter Satz zu verfügen. In dieser Verordnung sind die Grenzen der Kehrgebiete so fest zu legen, dass die sicherheitsrelevanten Aufgaben entsprechend wahrgenommen werden können und dass innerhalb eines Kehrgebietes die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von mindestens 2 Rauchfangkehrerbetrieben mit sicherheitsrelevanten Aufgaben mit mindestens je 2 hauptberuflich beschäftigten Arbeitnehmern gewährleistet ist. Erfordert der im 2. Satz festgelegte Grundsatz infolge der topographischen Verhältnisse und der Siedlungsdichte in einem Gebiet die Festlegung eines Kehrgebietes in einer Größe, die die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes durch unverhältnismäßig lange Anfahrtswege erschweren würde, kann der Landeshauptmann jedoch ein Kehrgebiet auch nur für einen Rauchfangkehrerbetrieb einrichten.

§ 123 Abs. 2 GewO, wonach die Gewerbeanmeldungen für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs. 1 2. Satz GewO die Ausführung dieser Tätigkeiten auf das betreffende Kehrgebiet einzuschränken haben, ist zu entnehmen, dass das Gebiet eines Rauchfangkehrers zur Ausübung von „sicherheitsrelevanten Tätigkeiten“ auf ein Kehrgebiet zu beschränken ist. Lediglich bei Gefahr im Verzug, im Fall eines Auftrages gemäß § 122 Abs. 2 oder im Fall des Wechsels in ein anderes Kehrgebiet gemäß § 124 ist die Verrichtung dieser Tätigkeiten auch außerhalb des Kehrgebietes zulässig.

Während § 123 GewO aufgrund der gewählten Formulierungen im Singular („betreffende Kehrgebiet“, „außerhalb des Kehrgebietes“) den Schluss nahegelegt, dass Rauchfangkehrer immer nur auf einem Gebiet „sicherheitsrelevanten Tätigkeiten“ ausüben dürfen, kann den Materialien zu § 121 Abs. 1a GewO (481 der Beilagen XXV GP) entnommen werden, dass auch eine Ausübung eines Gewerbes auf 2 Kehrgebieten zulässig ist. Denn der neu eingefügten § 121 Absatz 1a GewO normiert (nur) hinsichtlich sonstiger Tätigkeiten die Voraussetzung, dass der Anmelder nicht schon im selben oder im 2 verschiedenen Kehrgebieten bis Rauchfangkehrergewerbe als Gewerbeinhaber ausübt oder als (Filialen-) Geschäftsführer im Rauchfangkehrergewerbe tätig ist. Die Voraussetzungen, dass der Anmelder nicht schon im selben oder in 2 verschiedenen Kehrgebieten dass Rauchfangkehrergewerbe ausgeübt, soll nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers auch nach der GewO-Nov 2015 bestehen bleiben.

Insgesamt ist also festzuhalten, dass ein gewerbeberechtigter Rauchfangkehrer gemäß § 121 GewO maximal innerhalb zweier Kehrgebiete wirtschaftlich tätig werden darf, sofern hierzu ein entsprechender Bedarf besteht (§ 121 Abs 1a Z 2 GewO). Kehrgebiete sind gemäß § 123 GewO grundsätzlich so abzugrenzen, dass in diesen 2 Rauchfangkehrer kostendeckend in einem marktkonformen Ausmaß gewinnbringend wirtschaftlich tätig werden können.

Somit steht der Erteilung der Erlaubnis der Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes in 2 Kehrgebieten grundsätzlich nichts entgegen ein Rauchfangkehrer muss aber bereits in einem Kellergebiet tätig sein, bevor er in einem 2. Verfahren die Erlaubnis erteilt bekommt, auch in einem 2. Kehrgebiet tätig zu werden. Ein Indiz für diesen Schluss bietet die Formulierung des § 121 Abs. 1a GewO („nicht schon im selben“). Im Regelfall hat die Behörde so vorzugehen, dass sie einem Rauchfangkehrer auf Antrag einen Kehrbezirk und erst auf nachfolgenden Antrag des Rauchfangkehrers-bei entsprechendem Bedarf-eines 2. Kehrbezirkes zuweist.

Herr A hat um die Erweiterung des bereits bestehenden reglementierten Gewerbes „Rauchfangkehrer gemäß § 94 Zi 55 iVm § 120 GewO eingeschränkt auf die Kehrgebiete *1,*2 und *3“ angesucht. Die Gewerbeordnung sieht jedoch in § 123 Abs 2 der GewO folgendes vor:

(2) die Gewerbeanmeldungen für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes haben hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs. 1 2. Satz die Ausführung dieser Tätigkeiten auf das betreffende Kehrgebiet einzuschränken.

Das bedeutet klar und eindeutig, dass der Antragsteller seinen Antrag auf ein Kehrgebiet einzuschränken hat, da er mit einer Gewerbeberechtigung auch nur einen Kehrgebiet tätig sein darf.

Den Ausübungsschranken Gebietsschutz und Bedarfsprüfung steht auch das Unionsrecht nicht grundsätzlich entgegen, wie der EuGH EuGH 23.12.2105, C-293/14 in seiner Rechtsprechung zu den nach Art. 10 und 15 RL 2006/123/EG aufgestellten Regeln über die Niederlassungsfreiheit von Dienstleistern judiziert hat.

3.   Zum Antrag des Antragstellers


Den gegenständlichen Antrag des Antragstellers kann von der entsprechenden Behörde demnach schon aufgrund des eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht vollinhaltlich entsprochen.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass für die genannte Bezirke des Weiteren nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein entsprechender Bedarf nach einem zusätzlichen Rauchfangkehrer besteht. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass aufgrund der technischen Entwicklung der Feuerungsanlagen sowie diverser europäischer und nationaler gesetzlicher Vorgaben in Zukunft von einer deutlichen Reduktion des Verbrauches an Heizenergie ausgegangen werden muss. Damit einher geht eine deutliche Verbesserung des Gebäudebestandes an Energiesektor. Aus stetig verbesserten Verbrennungstechniken sowie der Reduktion des Heizbedarfs ergibt sich jedoch, dass der Bedarf an Rauchfangkehrern kontinuierlich zurückgeht.

Hinzu, dass durch die mit der GewO-Nov 2015 eingetretene Öffnung auf dem Bereich der „sonstigen Tätigkeiten“ und der damit zusammenhängenden Novellierung der Tiroler Feuerpolizeiordnung 2015 eine zusätzliche Reduktion der zwingend von Rauchfangkehrern mit einer Gewerbeberechtigung zur Vornahme von „sicherheitsrelevanten Tätigkeiten“ auszuführenden Tätigkeiten eingetreten ist. So sind etwa Feuerungsanlagen hinsichtlich ihrer Gefährdung nur noch zu überprüfen und bei unmittelbarer Gefahr zu kehren sind.

Da in den betreffenden drei Kehrgebieten nun aber bereits 7 Betriebe bestehen und durch die Ausweitung der Kompetenzen nicht öffentlicher Rauchfangkehrer in den Betrieben der öffentlichen Rauchfangkehrer zusätzliche Arbeitskapazitäten frei werden, liegt der gemäß § 121 Abs 1a Z 2 zwingend notwendige Bedarf an einem Rauchfangkehrer nicht vor, weshalb das Begehren des Antragstellers von der Behörde abzuweisen wäre.“

Das Gutachten der Wirtschaftskammer Tirol -Innung der Rauchfangkehrer- wurde dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme und Wahrung des Parteiengehörs übermitteilt.

Mit Eingabe des Beschwerdeführers vom 13.12.2016 erstattete der Beschwerdeführer Vorbringen und schränkte den eingebrachten Antrag auf die Kehrgebiete *1 und *3 ein. Der Beschwerdeführer brachte in dieser Eingabe vor, dass es sich hinsichtlich des gegenständlichen Antrages so verhalte, dass in den vom Antragsteller beantragten Kehrgebieten bereits mehrere Rauchfangkehrerbetriebe ihre Tätigkeit ausüben würden, die durchschnittlich mit einer Mitarbeiterzahl mehr als 6 Personen je Betrieb tätig seien. Dadurch ergebe sich, dass in Bezug auf die wirtschaftliche Lebensfähigkeit innerhalb eines Kehrgebietes jedenfalls davon ausgegangen werden müsse, dass ohne weiteres ein weiterer Rauchfangkehrer Betrieb mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betraut werden könne, ohne dass dadurch die bereits bestehenden Rauchfangkehrerbetriebe in ihrer Existenzfähigkeit nachteilig beeinträchtigt wären.

In Bezug auf die Ausführungen Wirtschaftskammer wonach festgehalten werde, dass ein gewerbeberechtigte Rauchfangkehrer maximal innerhalb zweier Kehrgebiete wirtschaftlich tätig werden dürfe, sei festzuhalten, dass dies nur im Hinblick auf die sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs. 1 2. Satz GewO. Für alle sonstigen Tätigkeiten könne der gewerbeberechtigte Rauchfangkehrer in allen Kehrgebieten tätig werden, zumal ansonsten ein Verstoß gegen die Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG und die dazu bestehende Judikatur des EuGH vorliegen würde. Es sei auch nicht mit der geltenden Rechtslage in Einklang zu bringen, denn im Gutachten der WK O ausgeführt werde, dass dementsprechend der Antragsteller seinen Antrag auf lediglich ein Kerngebiet einzuschränken habe und er nur mit einer Gewerbeberechtigung auch nur in einem Kerngebiet tätig werden dürfe.

Entgegen der Auffassung der WKO würden einer derartigen Beschränkung hinsichtlich der Ausübung der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten durch einen Gebietsschutz und einer Bedarfsprüfung sehr wohl unionsrechtliche Bestimmungen entgegenstehen, insbesondere die Richtlinie 2006/123/EG über die Niederlassungsfreiheit. Entsprechend den in der Entscheidung zu C-293/14 des EuGH aufgestellten Rechtssätzen komme insbesondere Randzahl 79, sei daher bei einer beabsichtigten Beschränkung beispielsweise durch Gebietsschutz bzw. Bedarfsprüfung jedenfalls von der Behörde zu prüfen, ob die beschränkende Regelung in kohärenter und systematischer Weise das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit verfolge. Sei dies nicht der Fall, so wäre eine derartige Regelung jedenfalls sachlich nicht gerechtfertigt und würde der Dienstleistungsrichtlinie widersprechen. Weiters sei von der erkennenden Behörde zu prüfen, ob eine allenfalls vorgesehene territoriale Beschränkung für die Erfüllung von sicherheitsrelevanten Aufgaben und der Bedingungen eines wirtschaftlichen Gleichgewichts erforderlich und verhältnismäßig wäre.

Es sei daher von Seiten der Behörde zu prüfen, ob die entsprechenden Voraussetzungen für die beantragten Kerngebiete bestehen oder nicht. Betreffend des gegenständlichen Antrages sei daher festzuhalten, dass diese aus Sicht des Antragstellers jedenfalls zu genehmigen sei, weil durch das hinzukommen eines weiteren Betriebes geradezu eine qualitative Verbesserung der sicherheitsrelevanten Aufgabenstellungen in den beantragten Kehrgebieten zu erwarten sei. Der Antragsteller verfügte nicht nur über die entsprechenden persönlichen Voraussetzungen zur Ausübung dieser Tätigkeiten, sondern sei darüber hinaus auch als Fachlehrer für die Ausbildung von Rauchfangkehrern tätig, sodass dieser mit dem aktuellen Stand der Technik in diesem Gewerbe bestens vertraut sei. Auch sei seine schlichtweg unzulässige Vermutung WK O dass für die angeführten Kehrbezirke *1,*2 und *3 kein weiterer Bedarf nach einem zusätzlichen Rauchfangkehrer bestehe. Gerade die vom Antragsteller benannten Kerngebiete seien dadurch gekennzeichnet, dass dort die Bautätigkeit seit Jahren stark anhalte und entsprechende Feuerungsanlagen für die einzelnen Bauobjekte eingebaut werden müssen. Dementsprechend sei zwangsläufig damit ein erhöhter Bedarf auch der sicherheitsrelevanten Aufgaben gegeben. Auch könne von einer deutlichen Reduktion des Verbrauches an Heizenergie nicht ausgegangen werden, zumal die anhaltenden Steigerungszahlen in dieser Hinsicht gerade gegenteiliges nahe legen würden.

Seitens der belangten Behörde wurden Erhebungen in den Gemeinden Y, X, W, L, V, U, T, S, R, Q, P, O, N, M, L und K bezüglich des Bedarfes eines weiteren Rauchfangkehrers in den Gemeinden getätigt. Die Gemeinden teilten überwiegend mit, dass der bestehende Bedarf durch die vorhandenen Rauchfangkehrerbetriebe gedeckt wird.

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 10.03.2017, Zl ****, wurde sodann ausgesprochen:

„Die Bezirkshauptmannschaft Z als Gewerbebehörde I. Instanz gemäß §§ 333 Abs. 1 und 339 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) stellt gemäß § 340 Abs. 1 und 2a GewO 1994 fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung der durch Herrn AA, geb. am XX.XX.XXXX, vertreten durch Herrn RA BB, Adresse 1, **** Z, angemeldeten Gewerbeerweiterung „Rauchfangkehrer, eingeschränkt auf die Kehrgebiete *1 und *2“ im Standort **** Y, Adresse 2

nicht vorliegen.

Die Ausübung des angemeldeten Gewerbes wird daher gemäß § 340 Abs. 3 der Gewerbeordnung 1994 untersagt.“

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte wie folgt aus:

„ln umseits bezeichneter Rechtssache Verwaltungssache erhebt der Beschwerdeführer durch den beauftragten und bevollmächtigten Rechtsvertreter RA BB gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 10.03.2017, GZ: ****, zugestellt am 16.03.2017, innerhalb offener Frist

BESCHWERDE

an das Verwaltungsgericht Tirol.

Der angefochtene Bescheid wird voll umfänglich wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten.

1. Rechtzeitigkeit:

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 10.03.2017, GZ: ****, wurde dem Beschwerdeführer zu Händen des ausgewiesenen Rechtsvertreters am 16.03.2017 zugestellt. Die am 06.04.2017 per Mail eingebrachte Beschwerde ist daher rechtzeitig innerhalb der vierwöchigen Rechtsmittelfrist.

2. Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat am 15.11.2016 die Gewerbeerweiterung für das Gewerbe „Rauchfangkehrer, eingeschränkt auf die Kehrgebiete *1, *2 und *3“ beantragt. Mit Schreiben vom 13.12.2016 wurde die beantragte Gewerbeerweiterung dahingehend abgeändert, als das Gewerbe eingeschränkt auf die Kehrgebiete *1 und *3 beantragt worden ist.

Die Wirtschaftskammer Tirol, Innung der Rauchfangkehrer, gab am 24.11.2016 ein Gutachten ab.

Hierauf wurde in weiterer Folge eine Stellungnahme von Seiten des Beschwerdeführers am 13.12.2016 abgegeben.

Im Bescheid auf Seite 7 5. Absatz, wurde von der Erstbehörde festgehalten, dass anschließend eine Bedarfsprüfung in den betroffenen Gemeinden durchgeführt worden wäre.

Ob und inwieweit in weiterer Folge Stellungnahmen der betreffenden Gemeinden vorliegen, entzieht sich der Kenntnis des Beschwerdeführers, zumal ihm diese Rückäußerungen seitens der Gemeinden - falls es solche tatsächlich gibt - von der belangten Behörde nicht zur Kenntnis gebracht worden sind.

a) Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens / Verletzung des Parteiengehörs:

Von Seiten der belangten Behörde wurde auf Seite 7 festgehalten, dass eine Bedarfsprüfung in den betroffenen Gemeinden der Kehrgebiete *1 und *3 durchgeführt worden wäre. Wie bereits angeführt, ist dem Beschwerdeführer eine allfällige Rückäußerung der betroffenen Gemeinden zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens mitgeteilt worden, noch konnte er gegen die allfälligen Stellungnahmen der betroffenen Gemeinden eine eigene Stellungnahme abgeben. Ebenso wenig wurde dem Beschwerdeführer das entsprechende Aufforderungsschreiben der belangten Behörde an die betroffenen Gemeinden hinsichtlich der Bedarfsprüfung übermittelt, sodass der belangten Behörde jedenfalls eine Verletzung des Parteiengehörs anzulasten ist.

Bei ordnungsgemäßer Abführung des Verfahrens hätte die belangte Behörde jedenfalls die Pflicht getroffen, das entsprechende Aufforderungsschreiben samt den darin gestellten Fragen an die betreffenden Gemeinden hinsichtlich der Bedarfsprüfung dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zu bringen, ebenso wie diese die Pflicht getroffen hätte, die Rückäußerungen der Gemeinden dem Beschwerdeführer zu einer eigenen Stellungnahme zur Kenntnis zu bringen. Dies ist nicht erfolgt, sodass die Verletzung des Parteiengehörs und sohin die Mangelhaftigkeit des Verfahrens offenkundig ist.

Im Hinblick darauf, dass hinsichtlich der Bedarfsprüfung, für welche ohnehin nach geltendem Recht nur die sicherheitsrelevanten Aufgaben entsprechend der geltenden Rechtslage als auch der Judikatur zulässig sind, war es daher dem Beschwerdeführer unmöglich, zu den Ergebnissen der Bedarfsprüfung Stellung zu nehmen, zumal ihm - wie bereits dargelegt - weder die entsprechende Aufforderung der belangten Behörde, noch die Rückäußerungen der betreffenden Gemeinden zur Kenntnis gebracht worden sind.

Entsprechend der Judikatur des EuGH (EuGH 23.12.2015, C-293/14) gelten hinsichtlich der Bedarfsprüfung auch für sicherheitsrelevante Aufgaben strenge Maßstäbe und ist jedenfalls nicht ersichtlich, in welcher Form die entsprechenden Bedarfsprüfungen von Seiten der Gemeinden als auch aufgrund welcher Fragestellung der belangten Behörde Rückäußerungen der betreffenden Gemeinden in den Kehrgebieten erfolgten.

Beweis:         Akt BH Z zu GZ ****, welcher amtswegig eingeholt werden möge.

b) Zur Rechtswidrigkeit des Inhalts und zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass infolge des mangelhaft gebliebenen Ermittlungsverfahrens eine den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechende rechtlich zutreffende Bescheidbegründung und rechtlich richtige Beurteilung durch die belangte Behörde gar nicht möglich war.

Abgesehen davon zitiert die belangte Behörde Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes, die veraltet sind und zudem noch eine völlig andere Rechtsgrundlage hatten. Die von der belangten Behörde zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes stellten einzig und allein auf die Rechtslage vor der Gewerbeordnungsnovelle 2015 ab und beinhalteten die seinerzeit noch zulässigen Bedarfsprüfungen und zwar unabhängig davon, ob diese wie entsprechend der aktuellen Rechtslage auf sicherheitsrelevante Aufgaben abstellte, oder eben alle Tätigkeiten des Rauchfangkehrergewerbes beinhalteten.

Im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bedarfsprüfung durch die belangte Behörde hätte diese die Aufgabe gehabt festzustellen, ob ein (zusätzlicher) Bedarf vorliegt. Im Sinne der Bestimmungen des § 121 Abs 2 GewO 1994 hätte daher die belangte Behörde die Pflicht getroffen, den gegenwärtigen und zukünftigen Bedarf zu ermitteln. Einerseits hätte dabei die Nachfrageseite beurteilt werden müssen, insbesondere wäre hier die aktuelle Marktlage zu eruieren gewesen um den gegenwärtigen Bedarf überhaupt feststellen zu können. Hinsichtlich des künftigen Bedarfes wäre eine entsprechende Prognose der künftigen Marktlage abzugeben gewesen. Nachdem diese Beurteilungen von Seiten der belangten Behörde durchzuführen gewesen wären, hätte in weiterer Folge dieselbe auch die Angebotsseite zu beurteilen gehabt. Zur Prüfung des Bedarfes wäre jedenfalls ein objektives Verhältnis von Angebot und Nachfrage seitens der belangten Behörde zu ermitteln gewesen (siehe dazu LVwG-Tirol - 2015/24/2349-2).

Aufgrund der Verletzung des Parteiengehörs sind dem Beschwerdeführer mit Ausnahme des Gutachtens der Wirtschaftskammer Tirol, Innung der Rauchfangkehrer keine weiteren Ermittlungsergebnisse bekannt. Selbst das Gutachten der WKO Tirol, Innung der Rauchfangkehrer ist nicht ausreichend um die abweisliche Bescheidbegründung zu stützen bzw. ein vollständiges Ermittlungsverfahren zu ersetzen.

Im Gutachten ist zusammengefasst zum Antrag des Antragstellers zu Punkt 3 lediglich enthalten, das ein entsprechender Bedarf nach einem zusätzlichen Rauchfangkehrer nicht bestehe.

Insbesondere ergibt sich jedoch aus dem Gutachten nicht, ob ein objektiv gegebenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage besteht bzw. ob die vorhandenen Betriebe zur Zufriedenheit der Kunden tätig werden oder nicht.

Soweit seitens der belangten Behörde unter Verweis auf die Bestimmungen des § 123 GewO 1994 dem Antragsteller bzw. Beschwerdeführer die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes hinsichtlich der Kehrgebiete *1 und *3 verwehrt wird, ist dazu festzuhalten, dass aus dieser Bestimmung entgegen der Darstellung der belangten Behörde keineswegs sprachlich abgeleitet werden kann, dass ein Rauchfangkehrerbetrieb lediglich nur in einem Kehrgebiet tätig sein dürfe um feuerpolizeiliche Agenden wahrzunehmen.

Hier wird auf die gegenteilige Judikatur, insbesondere des EuGH zu C-293/14 vom 23.12.2015 verwiesen, welcher Entscheidung ein entsprechendes Vorabentscheidungs-ersuchen des OGH voranging, in welchem eben genau diese Fragestellung beim Obersten Gerichtshof strittig war.

Selbst wenn man wie die belangte Behörde davon ausgehen müsste - was bestritten bleibt – dass lediglich ein Rauchfangkehrerbetrieb in einem Kehrgebiet tätig sein darf, so hätte die belangte Behörde jedenfalls die Pflicht getroffen, dem Beschwerdeführer zumindest in einem der beiden Kehrgebiete die Ausübung des Gewerbes zu erteilen.

Beweis: PV, wie vor.

Entsprechend den obigen Ausführungen werden daher nachfolgende

ANTRÄGE

gestellt:

1. eine mündliche Verhandlung anzuberaumen

2. den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 10.03.2017 zu GZ: **** zu beheben und dem Beschwerdeführer die Ausübung des Gewerbes Rauchfangkehrer, eingeschränkt auf die Kehrgebiete *1 und *3 im Standort **** Y, Adresse 2, zu erteilen.

3. In eventu den Bescheid der belangten Behörde wie oben zitiert beschlussmäßig aufzuheben und an die Erstbehörde zur Verfahrensergänzung und Erlassung eines neuen Bescheides zurück zu verweisen.“

II.  Beweisaufnahme:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Akt, insbesondere in den Antrag des Beschwerdeführers vom 31.03.2016 samt beigelegten Urkunden, Auszug aus dem GISA, den Aktenvermerk vom 15.11.2016 betreffend Antrag auf „Gewerbeerweiterung auf „Rauchfangkehrer, eingeschränkt auf die Kehrgebiete *1, *2 und *3, das Gutachten der Wirtschaftskammer Tirol, Innung der Rauchfangkehrer, vom 24.11.2016, die Eingabe des Beschwerdeführers vom 13.12.2016, die Erhebungen der Erstbehörde bei den oben angeführten Gemeinden und deren Äußerungen und in das Beschwerdevorbringen.

Weiters fand am 12.12.2017 eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht statt, anlässlich derer dem Beschwerdeführer die Erhebungen der Erstbehörde betreffend der Bedarfsprüfung in den einzelnen Gemeinden ausgehändigt wurden und ihm Gelegenheit gegeben wurde, binnen einer Frist von 4 Wochen eine Stellungnahme hierzu einzubringen.

Mit Eingabe vom 27.12.2017 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass von den einzelnen Gemeinden keinerlei konkrete Bedarfsprüfung vorgenommen worden sein, sondern lediglich eine grobe Einschätzung aus örtlicher Sicht erfolgt sei.

III. Rechtslage:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung zuletzt geändert durch , lauten:

Rauchfangkehrer

§ 120.

(1) Einer Gewerbeberechtigung für das Rauchfangkehrergewerbe (§ 94 Z 55) bedarf es für das Reinigen, Kehren und Überprüfen von Rauch- und Abgasfängen, von Rauch- und Abgasleitungen sowie von den dazugehörigen Feuerstätten. Insoweit Rauchfangkehrer durch landesrechtliche Vorschriften zu sicherheitsrelevanten Tätigkeiten, insbesondere Tätigkeiten der Feuerpolizei, Baupolizei oder vergleichbaren Tätigkeiten, wie Überprüfungen und damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr, verpflichtet werden, bedürfen sie dafür der Niederlassung in Österreich. Im Übrigen bedarf es für das Reinigen und das wartungsbedingte Kehren sowie für Tätigkeiten gemäß Abs 2 bis 5 keiner Niederlassung in Österreich und sind diese nicht als sicherheitsrelevante Tätigkeiten im Sinne des zweiten Satzes anzusehen.

(2) Kein reglementiertes Gewerbe gemäß § 94 Z 55 ist jedoch das Reinigen von Rauchgasabzügen durch Hafner, wenn diese Arbeit im Zusammenhang mit der Innenreinigung von Kachelöfen oder im Zuge von Ausbesserungsarbeiten durchgeführt wird.

(3) Rauchfangkehrer sind unbeschadet der Rechte anderer Gewerbetreibender auch berechtigt, in Rauch- und Abgasfängen sowie in Rauch- und Abgasleitungen Abgasmessungen durchzuführen und - mit Ausnahme von Klimaanlagen - Luft- und Dunstleitungen sowie Luft- und Dunstfänge im Hinblick auf sich darin sammelnde brennbare Rückstände zu überprüfen und zu reinigen.

(4) Rauchfangkehrer sind unbeschadet der Rechte anderer Gewerbetreibender auch berechtigt, Rauch- und Abgasfänge auszuschleifen und zu dichten.

(5) Rauchfangkehrer sind unbeschadet der Rechte anderer Gewerbetreibender berechtigt, anlässlich des Reinigens, Kehrens und Überprüfens von Feuerstätten Öl- und Gasbrenner ab- und aufzumontieren sowie die Verbrennungseinrichtungen von Feuerstätten zu warten. Diese Arbeiten dürfen nur von Personen durchgeführt werden, die zur Ausführung dieser Arbeiten fachlich befähigt sind. Durch Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit ist festzulegen, wie diese fachliche Befähigung nachzuweisen ist. Hiebei ist auf den Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen sowie auf eine fachgemäße Ausführung der Arbeiten auch im Interesse des Umweltschutzes und die Einsparung von Energie Bedacht zu nehmen.

Besondere Voraussetzungen

§ 121.

(1) Das Rauchfangkehrergewerbe darf nur von natürlichen Personen oder eingetragenen Personengesellschaften, deren persönlich haftende Gesellschafter natürliche Personen sind, ausgeübt werden. Die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes erfordert weiters

1. bei natürlichen Personen die Staatsangehörigkeit einer EWR-Vertragspartei und ihren Wohnsitz in einem EWR-Vertragsstaat,

2. bei eingetragenen Personengesellschaften die Staatsangehörigkeit einer EWR-Vertragspartei der Mitglieder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe oder der geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafter und deren Wohnsitz in einem EWR-Vertragsstaat.

(1a) Die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes erfordert hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs 1 zweiter Satz weiters

1.dass der Anmelder nicht schon im selben oder in zwei verschiedenen Kehrgebieten das Rauchfangkehrergewerbe als Gewerbeinhaber ausübt oder als Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer im Rauchfangkehrergewerbe tätig ist, und

2. das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten Gewerbeausübung.

(2) Bei der Feststellung des Bedarfes ist vom gegenwärtigen und dem zu erwartenden Bedarf auszugehen.

(3) Den im Abs. 1 und Abs 1a Z 1 bezeichneten Voraussetzungen haben die Gewerbetreibenden auch während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung zu entsprechen. Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361 Abs 1) zu entziehen, wenn diese Voraussetzungen nicht mehr zur Gänze erfüllt werden.

(4) Eine Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes im Sinne des Abs 1 Z 1 liegt vor, wenn der Anmelder persönlich haftender Gesellschafter einer eingetragenen Personengesellschaft ist, die zur Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes berechtigt ist, oder wenn dem Anmelder sonst ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte einer zur Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes berechtigten Personengesellschaft des Handelsrechtes zusteht.

§ 340

(1) Auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs 1) hat die Behörde zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor und hat die Anmeldung nicht ein in Abs 2 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das GISA einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem GISA von der Eintragung zu verständigen. Ist im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung ein Verfahren über eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e anhängig, so hat die Behörde die innerhalb der im zweiten Satz festgelegten dreimonatigen Frist rechtskräftig erteilte Nachsicht, Anerkennung oder Gleichhaltung zu berücksichtigen. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs 3) bei der Behörde eingelangt sind und die allenfalls erforderliche Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19, eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e rechtswirksam erfolgt ist. Als Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen gilt auch, wenn der Firmenwortlaut im Hinblick auf den Inhalt des Gewerbes eine erhebliche Irreführung bedeuten würde.

(2) Hat die Anmeldung ein im § 95 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde über das Ergebnis ihrer Feststellungen längstens binnen drei Monaten einen Bescheid zu erlassen. Erwächst der Bescheid, mit dem festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen gemäß Abs 1 vorliegen, in Rechtskraft, so hat die Behörde den Anmelder umgehend in das GISA einzutragen.

(2a) Hat die Anmeldung die im Rahmen des Rauchfangkehrergewerbes (§ 94 Z 55) ausgeübten sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs 1 zweiter Satz zum Gegenstand, so hat die Behörde über das Ergebnis ihrer Feststellungen über die Voraussetzungen gemäß § 120 Abs 1 zweiter Satz und § 121 Abs 1a längstens binnen drei Monaten einen Bescheid zu erlassen, sofern betreffend die Anmeldung nicht ein rechtkräftiger Bescheid gemäß Abs 3 erlassen worden ist. Erwächst der Bescheid, mit dem festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen gemäß § 120 Abs 1 zweiter Satz und § 121 Abs 1a vorliegen, in Rechtskraft, so hat die Behörde die Berechtigung, dass dem Gewerbetreibenden die Ausübung der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten gemäß § 120 Abs 1 zweiter Satz zusteht, und das für diese Berechtigung geltende Kehrgebiet unverzüglich im GISA einzutragen; § 365e Abs 1 erster Satz und Abs 2 bis 4 sind auf diese Daten sinngemäß anzuwenden.

(3) Liegen die im Abs 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs 1 Z 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

Gebietsweise Abgrenzung

§ 123. (1) Der Landeshauptmann hat durch Verordnung eine gebietsweise Abgrenzung für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs 1 zweiter Satz zu verfügen. In dieser Verordnung sind die Grenzen der Kehrgebiete so festzulegen, dass die sicherheitsrelevanten Aufgaben entsprechend wahrgenommen werden können und dass innerhalb eines Kehrgebietes die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von mindestens zwei Rauchfangkehrerbetrieben mit sicherheitsrelevanten Aufgaben mit mindestens je zwei hauptberuflich beschäftigten Arbeitnehmern gewährleistet ist. Erfordert der im zweiten Satz festgelegte Grundsatz infolge der topographischen Verhältnisse und der Siedlungsdichte in einem Gebiet die Festlegung eines Kehrgebietes in einer Größe, die die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes durch unverhältnismäßig lange Anfahrtswege erschweren würde, kann der Landeshauptmann ein Kehrgebiet nur für einen Rauchfangkehrerbetrieb einrichten.

(2) Die Gewerbeanmeldungen für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes haben hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs 1 zweiter Satz die Ausführung dieser Tätigkeiten auf das betreffende Kehrgebiet einzuschränken. Bei Gefahr im Verzug, im Fall eines Auftrages gemäß § 122 Abs 2 oder im Fall des Wechsels in ein anderes Kehrgebiet gemäß § 124 ist jedoch die Verrichtung dieser Tätigkeiten auch außerhalb des Kehrgebietes zulässig. Wird die Abgrenzung des Kehrgebietes nach Erlangung der Gewerbeberechtigung geändert, dann gilt die Gewerbeberechtigung hinsichtlich dieser Tätigkeiten als auf das Kehrgebiet, für das der Standort der Gewerbeberechtigung begründet wurde, in seiner gebietsweisen Abgrenzung eingeschränkt.

(3) Die zur Ausübung von sicherheitsrelevanten Tätigkeiten iSd § 120 Abs 1 zweiter Satz berechtigten Rauchfangkehrer sind verpflichtet, diese Tätigkeiten innerhalb ihres Kehrgebietes auszuführen. Die Rauchfangkehrer sind außerdem verpflichtet, den jeweils geltenden Höchsttarif für die im § 120 Abs 1 erster Satz angeführten Tätigkeiten einzuhalten.

(4) Vor der Verfügung der gebietsweisen Abgrenzung sind die zuständige Landesinnung der Rauchfangkehrer und die berührten Gemeinden zu hören. Die Anhörung der berührten Gemeinden kann entfallen, wenn vor der Verfügung der gebietsweisen Abgrenzung eine Anhörung der bestehenden Interessenvertretungen der Gemeinden erfolgt ist und jede der berührten Gemeinden Mitglied einer der angehörten Interessenvertretungen ist.

Der Verordnung des Landeshauptmannes vom 10.02.1994 über die Festlegung der gebietsweisen Abgrenzung für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes (Kehrgebietsverordnung 1994) sind folgende Kehrgebiete zu entnehmen:

§ 2

Für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes in Tirol wurde (bezugnehmend auf die vom Beschwerdeführer beantragten) Kehrgebiete festgelegt:

Kehrgebiet *1:

Y, X, W der nördliche Teil (Lstraße entlang dem Weißenbach ohne Haus dann die Nordseite, E-Gasse beidseitig, D-Gasse nur Nr *4, C-Platz, B-Straße, ZZ-Gasse beidseitig, YY-Straße, XX-Straße, WW-Gassl, VV-Gteinstraße, Schwimmbadzufahrt, von der Nordostecke des Schwimmbadareals in gerader Linie zu dem Punkt, an dem der UU-Weg das Stadtgebiet verläßt), L, V (der Teil nördlich der DD), K.

Kehrgebiet *3:

Q, F, R, P, U, O, T (ausgenommen die Objekte beim Jwerk), S, M, N, G.

IV.  Erwägungen:

Angewendet auf den gegenständlichen Fall wurde seitens des Beschwerdeführers die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes hinsichtlich der Kehrgebiete *1 und *3 beantragt.

Die Frage der Vereinbarkeit der Regelung des nationalen Rechts, wonach die Gewerbeberechtigung eines Rauchfangkehrers grundsätzlich auf ein bestimmtes "Kehrgebiet" mit Art 10 Abs 4 und Art 15 Abs 1, Abs 2 lit a und Abs 3 der Richtlinie 2006/123/EG beschränkt ist, war bereits Gegenstand einer Vorfrage beim Gerichtshof der Europäischen (vgl OGH 20.05.2014, 4 Ob 31/14h).

Diese Frage wurde vom Europäischen Gerichtshof wie folgt beantwortet:

Art 15 Abs 4 der RL 2006/123 steht einer solchen Regelung nicht entgegen, wenn die Aufgaben der "Feuerpolizei" als mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse in Zusammenhang stehend einzustufen wären, sofern die vorgesehene territoriale Beschränkung für die Erfüllung dieser Aufgaben unter Bedingungen eines wirtschaftlichen Gleichgewichts erforderlich und verhältnismäßig ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, dies zu prüfen (vgl EuGH vom 23.12.2015, C-293/14).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs muss der Bedarf nach der Gewerbeausübung in dem objektiv gegebenen Verhältnis von Angebot und Nachfrage seinen Ausdruck finden; hiebei ist auf die bestehenden einschlägigen Betriebe Bedacht zu nehmen.

Ein Bedarf ist nicht gegeben, wenn die bestehenden einschlägigen Betriebe zur Zufriedenheit der Bevölkerung tätig werden, wobei der Wunsch der Kunden nach Leistungen eines bestimmten Betriebes für die Beurteilung des Bedarfes ohne Bedeutung ist. Entscheidend für das Vorliegen eines Bedarfes ist daher nicht ein bestimmtes Verhältnis zwischen den nachgefragten Leistungen eines Rauchfangkehrerbetriebes einerseits und den personellen Ressourcen der vorhandenen Rauchfangkehrerbetriebe andererseits, sondern allein die tatsächliche Deckung des Bedarfes durch die vorhandenen Betriebe (vgl VwGH vom 2. Juni 1999, Zl 99/04/0058, vom 02. Feber 2000, Zl 99/04/0030).

Von dieser Rechtslage ausgehend vermag das Landesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall im Gegensatz zum Vorbringen in der Beschwerde in der Vorgangsweise der belangten Behörde, den für die Beurteilung des Vorliegens des Bedarfes entscheidenden Sachverhalt (auch) im Wege einer Befragung der im jeweiligen Kehrgebiet liegenden Gemeinden und durch Einholung eines von der Landesinnung der Rauchfangkehrer auf Grund des § 109 Abs 3 GewO 1994 abzugebenden Gutachtens zu erheben, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken. Seitens der belangten Behörde wurde umfassend der Bedarf in den einzelnen hier in Rede stehenden Kehrgebieten und Gemeinden erhoben, insbesondere ob auch die Deckung des Bedarfes durch die vorhandenen Betriebe gegeben ist bzw ob all aus feuerpolizeilichen Gründen erforderlichen Arbeiten ordnungsgemäß vorgenommen werden und ob deren zufriedenstellende Entwicklung auch in Hinkunft angenommen werden kann. Dabei haben die Gemeinden der Kehrgebiete *1 und *3 im Wesentlichen allesamt bekannt gegeben, dass der Bedarf durch die vorhandenen Betrieben gegeben seien und sei auch nicht bekannt, dass die aus feuerpolizeilichen Gründen erforderlichen Arbeiten nicht ordnungsgemäß vorgenommen werden würden.

Dass entgegen den eingeholten Stellungnahmen eine durch die bestehenden Betriebe nicht oder nicht zufrieden stellend gedeckte Nachfrage nach Leistungen des Rauchfangkehrerhandwerks bestünde, wurde vom Beschwerdeführer weder vorgebracht noch war dies aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse anzunehmen.

Was das Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, wonach die Nachfrage nach Feuerungsanlage steige, ist entgegen zu halten, dass selbst der Landesinnungsmeister EE (Innung der Rauchfangkehrer – Wirtschaftskammer Tirol) in seinem Gutachten aus führt, dass ein Bedarf nicht festgestellt werden kann. Dies ergebe sich daraus, dass aufgrund der technischen Entwicklung der Feuerungsanalgen sowie diverser europäischer und nationaler gesetzlicher Vorgaben in Zukunft von einer deutlichen Reduktion des Verbrauches an Heizenergie ausgegangen werden müsse. Damit einher gehe eine deutliche Verbesserung des Gebäudebestandes am Energiesektor. Aus stetig verbesserten Verbrennungstechniken sowie der Reduktion des Heizbedarfes ergebe sich, dass der Bedarf an Rauchfangkehrern sogar kontinuierlich zurückgehe.

Insgesamt war aufgrund der Befragungen und des Gutachtens der Landesinnung festzustellen, dass ein Bedarf gemäß § 121 GewO nicht vorliegt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

VI.  Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und auf die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Voppichler-Thöni

(Richterin)

Schlagworte

Rauchfangkehrer; Bedarf liegt nicht vor

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.24.0884.3

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten