TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/27 W167 2184885-1

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Veröffentlicht am 27.03.2018
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Entscheidungsdatum

27.03.2018

Norm

AuslBG §12
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W167 2184885-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Benjamin NADLINGER und Mag. Johannes DENK als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , StA. Japan, XXXX , vertreten durch XXXX ., gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben. Das Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz hat dem Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, als der nach dem NAG zuständigen Behörde gemäß § 20d Abs. 1 Z 1 AuslBG unverzüglich schriftlich zu bestätigen, dass XXXX die Voraussetzungen für die Zulassung als besonders Hochqualifizierte gemäß § 12 AuslBG beim Arbeitgeber XXXX , erfüllt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer beantragte am XXXX die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als besonders Hochqualifizierte.

2. Mit Bescheid vom XXXX stellte das AMS fest, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerdeführerin als Schlüsselkraft gemäß §12 AuslBG nicht vorlägen. Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass die Mindestentlohnung für Studienabsolventen im Jahr 2017 Euro 2.241,- betrage und die angegebene Entlohnung für die Beschwerdeführerin unter diesem Betrag liege und nur eine fallweise Beschäftigung geplant sei.

3. In der zulässigen und rechtzeitig erhobenen Beschwerde führte die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin insbesondere aus, das vom AMS angenommene Mindesteinkommen sei rechtlich auch nicht vorgesehen.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom XXXX wies das AMS die Beschwerde ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, Zielsetzung des Zuwanderungssystems für Schlüsselkräfte, u.a. für besonders Hochqualifizierte gemäß § 12 AuslBG, liege in der Vollbeschäftigung von qualifizierten Arbeitskräften, mit der in Folge ein dauerhafter Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich ermöglicht werden solle, was sich im Regulativ für die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot Karte plus manifestiere. Die Tätigkeit der BF finde daher aus arbeitsmarktpolitischen Erwägungen keine Deckung in der Normierung des § 12 AuslBG.

5. Die Beschwerdeführerin stellte anwaltlich vertreten rechtzeitig den zulässigen Vorlageantrag. Sie führte zusammengefasst aus, dass weder ein Mindesteinkommen noch eine Vollbeschäftigung im Gesetz bzw. den Materialien gefordert werde.

6. Das AMS legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor. In der Beschwerdevorlage wiederholte das AMS im Wesentlichen die Begründung der Beschwerdevorentscheidung betreffend die Vollbeschäftigung von qualifizierten Arbeitskräften. Zudem könne der Beschwerdeführerin für ihre Anstellung als Pianistin bei der Arbeitgeberin erneut eine Aufenthaltsbewilligung als Künstlerin gemäß § 61 Abs. 1 NAG von der zuständigen Aufenthaltsbehörde ausgestellt werden, wodurch ihr Arbeitsmarktzugang weiterhin gewährleistet sei.

7. Im Rahmen des Parteiengehörs nahm die Beschwerdeführerin zusammengefasst neuerlich dahingehend Stellung, dass weder § 12 AuslBG noch die Beilage A noch § 4 AuslBG eine Vollbeschäftigung fordern.

8. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt. An dieser nahmen die Beschwerdeführerin, ihr Rechtsanwalt, eine Vertreterin der Arbeitgeberin und ein Vertreter der belangten Behörde teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin ist am XXXX geboren, hat zwei Masterstudien am XXXX abgeschlossen, Gewinn des " XXXX und wurde mehrfach als XXXX -Preisträgerin der XXXX gefördert.

Die Beschwerdeführerin ist seit der Saison 2014/15 bei der Arbeitgeberin XXXX als Pianistin (und für diverse Tasteninstrumente) mit einem Bruttostundenlohn von mindestens XXXX beschäftigt und soll auch künftig weiter beschäftigt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den gleichbleibenden Angaben der Parteien im Verwaltungsverfahren sowie im gerichtlichen Verfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung. Diese Angaben werden auch von den Parteien nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Stattgabe der Beschwerde

3.1.1. Maßgebliche Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG):

§ 12 AuslBG In der Fassung BGBl. I Nr. 72/2013

Besonders hochqualifizierte Ausländer, welche die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage A angeführten Kriterien erreichen, werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn die beabsichtigte Beschäftigung ihrer Qualifikation und den sonstigen für die Erreichung der Mindestpunkteanzahl maßgeblichen Kriterien entspricht und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.

Anlage A in der Fassung BGBl. I Nr. 25/2011, Zulassungskriterien für besonders Hochqualifizierte gemäß § 12

Kriterien

Punkte

Besondere Qualifikationen bzw. Fähigkeiten

maximal anrechenbare Punkte: 40

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit vierjähriger Mindestdauer

20

- im Fachgebiet Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik (MINT-Fächer).

30

- mit Habilitation oder gleichwertiger Qualifikation (z. B. PhD)

40

Letztjähriges Bruttojahresgehalt in einer Führungsposition eines börsennotierten Unternehmens oder eines Unternehmens, für dessen Aktivitäten bzw. Geschäftsfeld eine positive Stellungnahme der zuständigen Außenhandelsstelle vorliegt:

 

50 000 bis 60 000 Euro 60 000 bis 70 000 Euro über 70 000 Euro

20 25 30

Forschungs- oder Innovationstätigkeit (Patentanmeldungen, Publikationen)

20

Auszeichnungen (anerkannte Preisträgerschaft)

20

 

 

Berufserfahrung (ausbildungsadäquat oder in Führungsposition)

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr) sechsmonatige Berufserfahrung in Österreich

2 10

 

 

Sprachkenntnisse

maximal anrechenbare Punkte: 10

Deutsch- oder Englischkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau oder zur vertieften elementaren Sprachverwendung

5 10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 20

bis 35 Jahre bis 40 Jahre bis 45 Jahre

20 15 10

 

 

Studium in Österreich

maximal anrechenbare Punkte: 10

zweiter Studienabschnitt bzw. Hälfte der vorgeschriebenen ECTS-Anrechnungspunkte

5

gesamtes Diplom- oder Bachelor- und Masterstudium

10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

100

erforderliche Mindestpunkteanzahl

70

§ 4 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 66/2017

§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn [...] wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1. [...],

2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,

3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,

4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,

5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,

6. die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,

7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6 Abs. 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,

8. die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt,

9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung

a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder

b) die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,

es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist,

10. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß § 5 während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländern eine nicht ortsübliche Unterkunft zur Verfügung gestellt hat und

11. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß § 5 bestätigt, dass dem Ausländer für die beabsichtigte Dauer der Beschäftigung eine ortsübliche Unterkunft zur Verfügung stehen wird und, sofern die Unterkunft vom oder über den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird, die Miete nicht automatisch vom Lohn abgezogen wird.

3.1.2. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Die Beschwerdeführerin überschreitet aufgrund der Feststellungen die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 70 gemäß der Anlage A, was auch das AMS zugestanden hat. Die Beschäftigung entspricht der Ausbildung der Beschwerdeführerin. Aus Sicht des AMS sind auch die Voraussetzungen des § 4 Absatz 1 AuslBG sinngemäß erfüllt, gegenteilige Anhaltspunkte haben sich nicht ergeben. Nach dem Wortlaut des § 12 AuslbG ist weder ein Vollzeitbeschäftigung noch ein Mindesteinkommen vorgesehen. Daher erfüllt die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen unabhängig vom Ausmaß ihrer Beschäftigung bei der Arbeitgeberin.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Nach dem Wortlaut des § 12 AuslBG ist weder ein Vollzeitbeschäftigung noch ein Mindesteinkommen vorgesehen. Es sprechen aber verschiedene Gründe dafür, dass eine Teilzeitbeschäftigung im Hinblick auf die Zielsetzung nicht zuzulassen ist (vergleiche etwa Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäfitungsrecht, 2014, zu §12 AuslBG, RZ 316 "So sind etwa Hochqualifizierte, die lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausüben sollen, im Hinblick auf die Zielsetzung des neuen Zuwanderungssystems aus arbeitsmarktpolitischer Sicht generell nicht zuzulassen."). Diesbezüglich fehlt es an einer Rechtsprechung.

Schlagworte

Beschäftigung, Einkommen, Qualifikation, Revision zulässig,
Schlüsselkraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W167.2184885.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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