TE Vwgh Beschluss 2000/3/30 99/16/0192

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Veröffentlicht am 30.03.2000
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Index

E1E;
E3L E09303000;
E6J;
yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen
sind;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/06 Verkehrsteuern;
59/04 EU - EWR;

Norm

11997E234 EG Art234;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art4 Abs1 litc;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art4 Abs1 litd;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art5 Abs1 lita;
61997CJ0004 Nonwoven VORAB;
KVG 1934 §2 Z1;
KVG 1934 §5 Abs1 Z2;
KVG 1934 §5 Abs2;
KVG 1934 §7 Abs1 Z1 lita;
VwGG §38a;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:* EU-Register: EU 2000/0035 17. Oktober 2002 * EuGH-Zahl: C-138/00 Solida Raiffeisen Immobilien Leasing GmbH * Führender Vorabentscheidungsantrag:98/16/0324 B 1. September 1999 siehe EuGH C-339/00;97/16/0358 B 17. Februar 2000 siehe EuGH C-71/00;* Ausgesetzte Beschwerde gemäß §38 AVG iVm §62 VwGG:99/16/0193 B 9. November 2000 * EuGH-Entscheidung:EuGH 62000CJ0138 17. Oktober 2002 * Enderledigung des gegenständlichen Ausgangsverfahrens im fortgesetzten Verfahren: 2002/16/0241 E 6. November 2002 VwSlg 7762 F/2002 Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):EU 2000/0036 99/16/0392

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, in den zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerdesachen 1) der S GmbH in W, vertreten durch die Dr. Arnold,Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. Mai 1999, GZ. RV 0481-09/97, betreffend Gesellschaftsteuer und

2) der T GmbH in W, vertreten durch Baier, Böhm, Orator & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Rotenturmstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. September 1999, GZ. AO 720/21-09/99, betreffend die Aufhebung eines Bescheides im Aufsichtsweg in einer Gesellschaftsteuerangelegenheit, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß Artikel 234 EG wird dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Nachhang zu den mit den hg. Beschlüssen vom 1. September 1999, Zl. 98/16/0324 und vom 17. Februar 2000, Zl. 97/16/0358 (do Rechtssachen C-339/99 und C-71/00), vorgelegten Fragen folgende weitere Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"Stellen Leistungen, die ein Nichtgesellschafter an eine Kapitalgesellschaft für den Erwerb von Genussrechten erbringt, 'von den Gesellschaftern geleistete oder zu leistende Einlagen jeder Art iS des Artikels 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (69/335/EWG) dar?"

Begründung

1) Sachverhalt:

a) Die Erstbeschwerdeführerin hat am 10. März 1995 Genussscheine im Gesamtnennbetrag von S 465.000,-- begeben, die von der Pelias Raiffeisen Immobilien Leasing GmbH erworben wurden.

Die §§ 3 und 5 der Genussscheinbedingungen dazu lauten auszugsweise:

"§ 3

Gegenstand des Genussrechts

(1) Gegenstand des Genussrechts ist eine Gewinnbeteiligung gemäß den nachfolgenden Bestimmungen dieser Bedingungen. Die Genussscheine gewähren den Inhabern darüber hinaus eine anteilsmäßige Beteiligung am Unternehmenswert einschließlich aller stillen Reserven und dem Firmenwert sowie am Liquidationsgewinn der Gesellschaft.

(2) Die Genussscheine gewähren den Inhabern jedenfalls einen Anspruch auf Rückzahlung des Nennbetrages zuzüglich allfällig geleisteter Aufzahlungen.

Dieser Anspruch ist gleichrangig mit den Forderungen der sonstigen Gesellschaftsgläubiger und vorrangig gegenüber den Ansprüchen der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis auf Rückzahlung ihrer Einlage. ...

...

§ 5

Auseinandersetzung

Im Falle der Auflösung des Genussrechtsverhältnisses durch Kündigung steht den Inhabern der Genussscheine ein Auseinandersetzungsbeitrag in Höhe des anteiligen Unternehmenswertes bezogen auf den Auflösungszeitpunkt, mindestens jedoch das Genussscheinnominale zuzüglich allfällig geleisteter Aufzahlungen zu. ..."

Am 24. März 1995 leistete die Raiffeisen Landesbank Tirol reg.Gen.m.b.H. ("als Großmutter") an die Beschwerdeführerin einen so genannten Großmutterzuschuss von S 92,565.000,--.

Die Beschwerdeführerin anerkannte in der Folge mit Anfragebeantwortung vom 16. Dezember 1996 diesen Zuschuss als Aufzahlung iS des § 3 der Genussscheinbedingungen, vermeinte jedoch, es liege mangels Gesellschafterstellung keine Gesellschaftsteuerpflicht vor.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (im Folgenden kurz: Finanzamt) setzte jedoch mit Bescheid vom 29. Jänner 1997 Gesellschaftsteuer ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 93,030.000,-- fest, wogegen die Beschwerdeführerin unter anderem mit dem Argument berief, es sei keine Gesellschafterstellung gegeben. § 5 Abs. 2 KVG sei durch die Gesellschaftsteuerrichtlinie nicht gedeckt.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und vertrat die Auffassung, sowohl der Erwerb der Genussrechte als auch der Großmutterzuschuss seien gesellschaftsteuerpflichtig. Einerseits sei bei Genussrechten nicht die Leistung eines Gesellschafters steuerpflichtig, sondern der Erwerb von Gesellschaftsrechten; andererseits stünde der Genussscheinerwerberin im vorliegenden Fall auch die von der "Großmutter" geleistete Aufzahlung zu.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird abgesehen von den Behauptungen, "Großmutterzuschüsse seien gesellschaftsteuerfrei" und "die Gesellschaftsteuer sei von der Steuerbemessungsgrundlage in Abzug zu bringen" der Standpunkt vertreten, es bestünde für den Erwerb von Genussrechten gänzliche Steuerfreiheit, weil die Besteuerung derjenigen Leistungen, die ein Nichtgesellschafter für den Erwerb von Genussrechten erbringe, der Bestimmung des Artikels 5 Abs. 1 Buchstabe a der Kapitalverkehrsteuerrichtlinie widerspreche.

Zu den beiden ersten Argumenten wird die Erstbeschwerdeführerin vorweg auf die mit den hg. Beschlüssen vom 1. September 1999, Zl. 98/16/0324, und vom 17. Februar 2000, Zl. 97/16/0358, an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gestellten Anfragen folgenden Inhaltes verwiesen:

Anfrage vom 1. September 1999:

"1) Stellen Leistungen, die ein im Rahmen einer Kapitalerhöhung (unter Ausschluss des Vorbezugsrechtes der bisherigen Gesellschafter) zur Übernahme der neuen Anteile zugelassener neuer Gesellschafter nicht selbst, sondern im Wege seiner Muttergesellschaft erbringt, 'Einlagen jeder Art' iS des Artikel 4 (1) lit. c) der Richtlinie des Rates vom 17. Juli 1969, betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital, 69/335/EWG, dar?

2) Stellen Leistungen, die ein im Rahmen einer Kapitalerhöhung (unter Ausschluss des Vorbezugsrechtes der bisherigen Gesellschafter) zur Übernahme der neuen Anteile zugelassener neuer Gesellschafter nicht an die ihr Kapital erhöhende Gesellschaft, sondern an deren Tochtergesellschaften erbringt, 'Einlagen jeder Art' iS des Artikel 4 (1) lit. c) der Richtlinie des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital, 69/335/EWG, dar?

3) Stellen Leistungen, die noch nicht erbracht wurden 'Einlagen jeder Art' iS des Artikel 4 (1) lit. c) der Richtlinie des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital, 69/335/EWG, dar?

4) Ist die von der Gesellschaft zu entrichtende Gesellschaftsteuer eine 'Last' bzw. 'Verbindlichkeit', die gem. Artikel 5 (1) lit. a) der Richtlinie des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital, 69/335/EWG, von der Bemessungsgrundlage abzuziehen ist?"

Anfrage vom 17. Februar 2000:

"Stellen Leistungen, die der Erwerber von Genussrechten an einer Kapitalgesellschaft nicht selbst, sondern im Wege seiner Muttergesellschaft erbringt, 'Einlagen jeder Art' iS des Artikels 4 Abs. 1 Buchstabe d) der Richtlinie des Rates vom 17. Juli 1969, betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital, 69/335/EWG, dar?"

b) Die Zweitbeschwerdeführerin zeigte dem Finanzamt an, dass am 30. Juni 1998 ein Erwerb von Genussrechten mit einer Gegenleistung von S 2 Mio durch die Wirtschaftsparkentwicklungs GmbH (im Folgenden kurz: WEG) erfolgte.

Die diesem Erwerb zu Grunde gelegten Genussscheinbedingungen lauten auszugsweise:

"§ 3

Ausmaß der Beteiligung des Genussrechtsinhabers

1. Gegenstand des Genussrechts ist eine Gewinnbeteiligung und eine Beteiligung am Unternehmenswert und am Liquidationsgewinn der Gesellschaft gemäß den nachfolgenden Bestimmungen sowie den Bestimmungen des § 5.

2. Die Beteiligung des Inhabers dieser Genussrechte am laufenden Gewinn bestimmt sich nach dem Verhältnis des Gesamtnennbetrages dieser Genussrechte zuzüglich allfällig darauf von wem immer geleisteter Zuschüsse zur Summe aus dem gesamten einbezahlten Stammkapital der Gesellschaft zuzüglich allfällig darauf von wem immer geleisteter Zuschüsse und dem Gesamtnennbetrag sonstiger Genussrechte zuzüglich allfälliger darauf von wem immer geleisteter Zuschüsse, bezogen auf den dem Emissionszeitpunkt der Genussrechte folgenden Bilanzstichtag.

...

§ 5

Auseinandersetzung und Anteil am Liquidationsgeweinn

1.

...

2.

Der Anteil der Beteiligung des Inhabers dieser Genussrechte am Unternehmenswert und am Liquidationserlös bestimmt sich nach folgendem Berechnungsschema:

Aus dem Liquidationserlös wird zuerst ein Betrag im Ausmaß des Nominales der begebenen Genussrechte zuzüglich darauf geleisteter Zuschüsse an die Genussrechtsinhaber ausbezahlt.

..."

Dafür wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom 15. Oktober 1998 auf Basis einer Bemessungsgrundlage von S 2 Mio Gesellschaftsteuer angefordert.

In weiterer Folge teilte die Zweitbeschwerdeführerin dem Finanzamt mit, dass die Wiener Hafen GmbH (im Folgenden kurz: Wr. Hafen) am 12. Oktober 1998 Genussscheine in Höhe von S 1 Mio zu den identen Genussrechtsbedingungen wie oben erworben habe.

Dafür wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom 11. Dezember 1998 Gesellschaftsteuer ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 1 Mio festgesetzt.

Am 18. Juni 1999 teilte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt mit, dass zu den Genussrechten der WEG seitens der "Gesellschaft des Bundes für industriepolitische Maßnahmen GmbH" am 6. August 1998 eine Zuzahlung von S 68 Mio und zu den Genussrechten der Wr. Hafen am 12. Oktober 1998 seitens der Stadt Wien eine Zuzahlung von S 69 Mio erfolgt sei.

Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, die beiden Zuzahlungen seien jeweils als Teile der Gegenleistung für den Erwerb der Genussrechte anzusehen, machte, weil die Gesellschaftsteuer vom Finanzamt jeweils ohne Berücksichtigung der Zuschüsse festgesetzt wurde, von ihrem Aufsichtsrecht gemäß § 299 Abs. 2 BAO Gebrauch und hob die beiden obgenannten Bescheide des Finanzamtes auf.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vertritt die Zweitbeschwerdeführerin gestützt auf die Bestimmungen der Artikel 4 und 5 der Gesellschaftsteuerrichtlinie insbesondere den Standpunkt, gesellschaftsteuerpflichtige Einlagen könnten nur von Gesellschaftern im handelsrechtlichen Sinn, nicht aber von fiktiven Gesellschaftern erbracht werden. Der Erwerb von Genussrechten durch einen Nichtgesellschafter sei daher nicht steuerbar.

              2.)              Die maßgeblichen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtes lauten (auszugsweise):

Richtlinie des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (69/335/EWG):

Artikel 4

(1) Der Gesellschaftsteuer unterliegen die nachstehenden Vorgänge:

...

d) die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art, für die nicht Gesellschaftsrechte gewährt werden, die einen Anteil am Kapital oder am Gesellschaftsvermögen verkörpern, sondern Rechte, wie sie Gesellschaftern gewährt werden, wie z.B. Stimmrecht, Recht auf Gewinnbeteiligung oder auf Liquidationserlöse;

...

Artikel 5

(1) Die Steuer wird erhoben:

a) bei Gründung einer Kapitalgesellschaft, Erhöhung des Kapitals oder Erhöhung des Gesellschaftsvermögens gemäß Artikel 1 Abs. 1 Buchstaben a), c) und d): Auf den tatsächlichen Wert der von den Gesellschaftern geleisteten oder zu leistenden Einlagen jeder Art abzüglich der Lasten und Verbindlichkeiten, die der Gesellschaft jeweils aus der Einlage erwachsen; den Mitgliedstaaten steht es frei, die Gesellschaftsteuer erst dann zu erheben, wenn die Einlagen tatsächlich geleistet werden;

..."

3. Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des österreichischen Rechtes lauten:

Kapitalverkehrsteuergesetz vom 16. Oktober 1934, DRGBl I, S 1058 idF BGBl Nr 21/1995:

§ 2 Gegenstand der Steuer

Der Gesellschaftsteuer unterliegen

1. der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber;

...

§ 5 Gesellschaftsrechte

(1) Als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften gelten:

...

2. Genussrechte,

...

(2) Als Gesellschafter gelten die Personen, denen die im Abs 1 bezeichneten Gesellschaftsrechte zustehen.

...

§ 7 Bemessungsgrundlage

(1) Die Steuer wird berechnet

1. beim Erwerb von Gesellschaftsrechten (§ 2 Z 1)

a) wenn eine Gegenleistung zu bewirken ist: vom Wert der Gegenleistung. Zur Gegenleistung gehören auch die von den Gesellschaftern übernommenen Kosten der Gesellschaftsgründung oder Kapitalerhöhung, dagegen nicht die Gesellschaftsteuer, die für den Erwerb der Gesellschaftsrechte zu entrichten ist,

..."

4.) Voraussetzungen der Vorlage:

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass die Organisation der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit infolge zahlreicher Vorlagen während der letzten Jahre als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden kann, sodass es keiner weiteren Erörterung bedarf, dass der Verwaltungsgerichtshof ein vorlagepflichtiges und -berechtigtes Gericht im Sinne des Artikels 234 EG (vorm. Artikel 177 EGV)ist.

5.) Erläuterungen zu den Vorlagefragen:

In den Streitfällen liegt der Erwerb von Genussrechten zu Grunde. Im Gesellschaftsrecht versteht man unter Genussrechten solche Rechte, die ihrem Inhalt nach typische Vermögensrechte eines Gesellschafters sein können; die gewährten Rechte entspringen jedoch nicht einem Gesellschaftsverhältnis, sondern sind Gläubigerrechte schuldrechtlicher Artikel Genussrechte können dabei auch von einer GmbH ausgegeben (vgl das hg Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl 92/16/0025, Slg. Nr. 6847/F, mit zahlreichen weiteren Hinweisen) und von Nichtgesellschaftern erworben werden, die dann nach der Fiktion des § 5 Abs. 2 KVG als Gesellschafter gelten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Anfragebeschluss vom 17. Februar 2000, Zl. 97/16/0358, die Auffassung vertreten, dass unter den in Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe a der RL 69/335/EWG genannten "von den Gesellschaftern geleisteten oder zu leistenden Einlagen jeder Art" auch "Einlagen jeder Art" iS des Artikels 4 Abs. 1 Buchstabe d der zitierten RL erfasst werden (die regelmäßig von Nichtgesellschaftern erbracht werden, wie z.B. den Erwerbern von Genussrechten), weil sonst

Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe d der zitierten Richtlinie seines Inhaltes entleert wäre. Auch der Erwerb von Genussrechten durch Nichtgesellschafter wurde daher vom Verwaltungsgerichtshof bisher als im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stehend angesehen. In der deutschen Literatur zum Genussrechtserwerb findet sich ebenfalls nichts Gegenteiliges (vgl. z.B. Kinnebrock/Meulenberg, KVG5 Rz 4ff zu § 6d KVG sowie Brönner/Kamprad, Komm. z. KVG4 Rz 8 zu § 6d KVG und Egly/Klenk,

Gesellschaftsteuerkommentar4 Rz 327, 328).

Mit Rücksicht auf den von den beiden Beschwerden in den Vordergrund ihrer Argumentation gestellten Wortlaut des Artikels 5 Abs. 1 Buchstabe a der zitierten RL ("von den Gesellschaftern geleisteten oder zu leistenden Einlagen ...") scheint dem Verwaltungsgerichtshof aber immerhin ein Zweifelsfall vorzuliegen, der zum Zwecke der Abrundung der ohnehin schon den Gegenstand einer Anfrage bildenden Genussrechtsproblematik die ergänzende Fragestellung rechtfertigt, ob auch Einlagen zum Erwerb von Genussrechten durch Dritte, also durch Nichtgesellschafter, unter den von Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe a der zitierten Richtlinie erwähnten Einlagen "von Gesellschaftern" zu verstehen sind, zumal Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft zu dieser Frage noch fehlt.

Gemäß Artikel 234 EG war daher die im Spruch formulierte Frage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Wien, am 30. März 2000

Gerichtsentscheidung

EuGH 61997CJ0004 Nonwoven VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999160192.X00

Im RIS seit

08.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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