TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/5 LVwG-S-270/001-2017

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Veröffentlicht am 05.02.2018
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Entscheidungsdatum

05.02.2018

Norm

StVO 1960 §52 lita Z10a
KFG 1967 §103 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn FPMG, vertreten durch Dr. Josef Lagler, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 28. November 2016, Zl. BLS2-V-16 6534/5, betreffend Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) und dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG1967), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird betreffend Spruchpunkt 1. als unbegründet abgewiesen.

2.   Betreffend Spruchpunkt 2. wird das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG dahingehend abgeändert, dass von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschwerdeführer eine Ermahnung erteilt wird.

3.   Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens werden mit 17 Euro neu festgesetzt.

4.   Der Beschwerdeführer hat – aufgrund der Bestätigung des Spruchpunktes 1. – einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 34,-- Euro zu leisten.

5.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 221 Euro und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.

Entscheidungsgründe:

1.   Feststellungen

1.1.  Der Beschwerdeführer lenkte am 3. Februar 2016 gegen 10:11 Uhr sein Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen *** im Gemeindegebiet *** auf der Autobahn *** nächst Straßenkilometer *** mit einer Geschwindigkeit von 116 km/h, obwohl zu diesem Zeitpunkt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit mit 80 km/h verordnet war.

1.2.  Mit Strafverfügung vom 14. April 2016, Zl. PLS2-V-16 6534/3, wurde dem Beschwerdeführer aufgrund dessen eine Übertretung des § 52 lit. a Z. 10a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) zur Last gelegt und über ihn gemäß § 99 Abs. 2d StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von € 170,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 70 Stunden) verhängt.

1.3.  Mit Telefax vom 26. April 2016 erhob der Beschwerdeführer Einspruch, in welchem er auszugsweise wie folgt vorbrachte:

„Die mit der angefochtenen Strafverfügung mir vorgeworfene Überschreitung der

Geschwindigkeit betrifft nicht das von mir gelenkte Fahrzeug sondern ein anderes Fahrzeug.

Zu der in der Strafverfügung angegebenen Tatzeit und an dem angegebenen Tatort befand sich in unmittelbarer Nähe meines Fahrzeuges ein anderes Fahrzeug. welches eine höhere Geschwindigkeit eingehalten hat. Die in der Strafverfügung mit 116 km/h angegebene Geschwindigkeit betrifft daher dieses andere Fahrzeug.“

1.4.  Mit Schreiben der belangten Behörde vom 9. August 2016 ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer Auskunft darüber zu erteilen, wer das genannte Kraftfahrzeug am 3. Februar 2016 um 10:11 Uhr gelenkt habe. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführervertreter am 11. August 2016 persönlich zugestellt.

1.5.  Am 24. August 2016 richtete der Beschwerdeführervertreter einen Schriftsatz per Fax an die belangte Behörde, in welchem er angab, dass der Beschwerdeführer das KFZ mit dem Kennzeichen *** zum vorliegenden Tatzeitpunkt gelenkt habe; dabei wurde auch die Adresse des Beschwerdeführers angegeben.

Dieses Telefax verließ den elektronischen Verfügungsbereich des Beschwerdeführervertreters, langte jedoch nicht bei der belangten Behörde ein.

Eine Nachfrage seitens des Beschwerdeführers bzw. des Beschwerdeführervertreters, ob das Telefax bei der belangten Behörde eingelangt ist, erfolgte nicht.

1.6.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

Zeit:    1) 03.02.2016, 10:11 Uhr

2) 25.08.2016 siehe Tatbeschreibung

Ort:    1) Gemeindegebiet *** auf der Autobahn *** nächst Strkm. ***

Fahrtrichtung *** (Mobiles Radar, Freiland)

2) Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha, ***,

***

Fahrzeug: ***, Personenkraftwagen

Tatbeschreibung:

1. Die auf Grund des angebrachten Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten. 80 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit.

116 km/h gefahrene Geschwindigkeit nach Abzug von 7 km/h Messtoleranz.

2. Als Zulassungsbesitzer der BH Bruck an der Leitha über deren schriftliche Anfrage vom 09.08.2016 nicht innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung am 11.08.2016 darüber Auskunft erteilt, wer dieses Kraftfahrzeug am 03.02.2016 um 10:11 Uhr im Gemeindegebiet *** auf der Autobahn *** nächst Strkm. ***, Fahrtrichtung ***, gelenkt hat. Sie haben auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1. § 52 lit.a Z.10a StVO 1960, § 99 Abs.2d StVO 1960

zu 2. § 103 Abs.2, § 134 Abs.1 KFG 1967

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafen von                 falls diese uneinbringlich ist,    Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafen von

zu 1. € 170,00                        70 Stunden                              § 99 Abs.2d StVO 1960

zu 2. € 255,00                     51 Stunden                              § 134 Abs.1 KFG 1967

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2

Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der

Strafe, mindestens jedoch 10 Euro                                                        42,50

                                                               Gesamtbetrag:                   467,50

1.7.  Der Beschwerdeführer bringt monatlich ca. € 6.000,--- netto ins Verdienen. Er ist sorgepflichtig für eine Ehefrau und zwei Kinder.

2.   Beweiswürdigung:

2.1.  Die Feststellungen gründen auf der mündlichen Verhandlung am 31. Jänner 2018, in welcher Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt, Einvernahme des Beschwerdeführers, Erörterung des Umstandes hinsichtlich der Übersendung des Faxes am 24. August 2016 mit dem Beschwerdeführervertreter sowie Einvernahme des S als Sachverständiger.

2.2.  Zur Geschwindigkeitsübertretung:

Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung anhand der Vorlage des Messfotos sowie des Kontrollfotos (A-Foto und B-Foto) sowie einer Zeit-Weg-Berechnung klar und nachvollziehbar darlegen können, dass obwohl auf dem Messfoto nicht nur das Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers, sondern auch ein anderes Kraftfahrzeug zu sehen ist, mit Sicherheit das Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers für die Auslesung des Messfotos verantwortlich ist, sohin also der Beschwerdeführer die erlaubte Geschwindigkeit übertreten hat. Den eindeutigen Ausführungen des Sachverständigen wurde nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, weshalb das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Ausführungen des Sachverständigen folgt.

2.3.  Zur Nichterteilung der Lenkerauskunft:

Die Feststellungen betreffend die Übermittlung des Faxes am 24. August 2016 gründen auf dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführervertreters in der mündlichen Verhandlung. Aus dem von ihm vorgelegten Übermittlungsbericht ergibt sich, dass der Schriftsatz den elektronischen Verfügungsbereich des Beschwerdeführervertreters verlassen hat, jedoch offenkundig aufgrund eines technischen Problems nicht bei der belangten Behörde eingelangt ist.

3.   Rechtliche Erwägungen:

3.1.  Zur Geschwindigkeitsüberschreitung:

Der Beschwerdeführer bewegte sich auf einem Abschnitt der Autobahn, auf dem die erlaubte Höchstgeschwindigkeit mit 80 km/h verordnet wurde, mit einer Geschwindigkeit von 116 km/h. An zumindest fahrlässigem Verhalten des Beschwerdeführers besteht kein Zweifel, wobei für das Verschulden gegenständlich Fahrlässigkeit ausreicht (vgl. § 5 Abs. 1 VStG).

Er hat insofern eine Übertretung des § 52 lit. a Z. 10a iVm § 99 Abs. 2d StVO 1960 begangen und zu verantworten, weshalb er mit einer Geldstrafe von € 70,-- bis € 2.180,-- zu bestrafen ist.

Beim Einkommens des Beschwerdeführers kann auch vor dem Hintergrund des einzigen Milderungsgrundes der Unbescholtenheit und der dreier Sorgepflichten nicht gesagt werden, dass die verhängte Geldstrafe in der Höhe von € 170,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 70 Stunden) als überhöht anzusehen ist (vgl. § 19 VStG).

Die Beschwerde ist daher betreffend Spruchpunkt 1. als unbegründet abzuweisen.

3.2.  Zur Nichterteilung der Lenkerauskunft:

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt nach dem Kennzeichen ein bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu prüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnten, so sind diese Aufzeichnungen zu führen.

Gemäß § 134 Abs. 1 KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu € 5.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt.

Derjenige, der sich für fristgebundene Eingaben des Telefaxes bedient, hat sich zu vergewissern, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde. Wird eine solche Kontrolle nicht vorgenommen, kann im Rahmen eines Wiedereinsetzungsverfahrens nicht mehr von einem minderen Grad des Versehens die Rede sein (vgl. z.B. VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/12/0026, bzw. VwGH vom 08. Oktober 2014, 2012/10/0100).

Die Tatsache, dass eine Person bereits als Beschuldigter in einem Verwaltungsstrafverfahren darüber befragt worden ist, ob sie der Lenker gewesen sei oder ob sie ihr Fahrzeug jemanden anderen überlassen habe, hindert die Behörde jedenfalls bei begründeten Zweifeln an der Lenkereigenschaft nicht, diese Person als Zulassungsbesitzer nach § 103 Abs. 2 KFG aufzufordern, die dort genannten Auskünfte zu erstellen, und befreit umgekehrt die betreffende Person nicht von ihrer Verpflichtung zur Auskunftserteilung (vgl. VwGH vom 24. Jänner 1990, 89/02/0207).

Der Beschwerdeführer hat daher objektiv eine Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG begangen und ist ihm diese – durch das Verhalten seines Rechtsvertreters – auch zuzurechnen.

Der Beschwerdeführer hat vor dem Ersuchen um Lenkerauskunft niemals bestritten der Lenker des gegenständlichen Kraftfahrzeuges zum Tatzeitpunkt gewesen zu sein und ist die gewünschte Auskunft nur aufgrund eines technischen Fehlers nicht bei der belangten Behörde eingelangt. Das Landesverwaltungsgericht ist daher der Ansicht, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG erfüllt sind (vgl. zB VwGH vom 7. April 2017, Ra 2016/02/0245) und es ausreicht, dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung zu erteilen, damit er – bzw. sein Rechtsvertreter – in Zukunft größere Sorgfalt bei der Übermittlung von Schriftstücken im Wege elektronischer Hilfsmittel walten lässt.

3.3.  Zum Kostenausspruch:

Aufgrund des Absehens von der Bestrafung betreffend Spruchpunkt 2. sind die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens neu festzusetzen.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat; dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der (jeweils) verhängten Geldstrafe (hier demnach: 34 Euro) zu bemessen.

Der Umstand, dass in einem Erkenntnis über mehrere Verwaltungsübertretungen entschieden wird, bedeutet nicht, dass ein teilweiser Erfolg eines Rechtsmittels im Fall einer von mehreren Übertretungen zu einer Anwendung des § 52 Abs. 8 VwGVG auch in jeden Fällen führt, in welchen der Beschwerde hinsichtlich einer weiteren Verwaltungsübertretung keine Folge gegeben wird (vgl. die Rechtsprechung zu § 65 VStG z.B. VwGH vom 14.07.2006, 2005/02/0175, welche nach VwGH vom 29.06.2016, Ra 2016/09/0033, auf die Rechtslage nach dem VwGVG zu übertragen ist).

3.4.  Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil die Entscheidung einerseits nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH vom 15. Dezember 2016, Ra 2016/18/0343). Zur Überprüfung der Beweiswürdigung der Verwaltungsgerichte ist der VwGH im Allgemeinen nicht berufen, weshalb auch diesbezüglich keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (z.B. VwGH vom 26. Mai 2015, Ra 2014/01/0175, mit Hinweis auf VwGH vom 24. März 2014, Ro 2014/01/0011).

Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorgenommen wurde. Das Ermessen wurde im Sinn des Gesetzes geübt, sodass auch diesbezüglich keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, zumal der Verwaltungsgerichtshof (bloß) zu prüfen hat, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. zB VwGH vom 23. Februar 2017, Ra 2017/09/0004). Eine Entscheidung gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG liegt im Ermessen der Behörde („kann“) bzw. des Verwaltungsgerichtes (vgl. § 38 VwGVG), und hängt von einer auf den Einzelfall abzustellenden spezialpräventiven Prognose ab. Dahingehend liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur eine die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfrage vor (zB VwGH vom 10. Jänner 2017, Ra 2016/02/0269).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Verwaltungsstrafe; Auskunftspflicht; Verfahrensrecht; Anbringen;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.270.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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