TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/21 W238 2168253-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.03.2018
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Entscheidungsdatum

21.03.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2168253-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 27.07.2017, OB XXXX , betreffend Einziehung des Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer verfügte ab 06.07.1993 über einen unbefristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v. H.

2. Am 02.05.2017 beantragte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), die Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass. Seinem Antrag legte er medizinische Beweismittel bei.

3. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 19.06.2017 erstatteten - Gutachten vom 20.06.2017 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Pos.Nr.

GdB %

1

Diabetes mellitus, nicht insulinpflichtig Oberer Rahmensatz, da metabolisches Syndrom und Spätschäden mit Polyneuropathie dokumentiert.

09.02.01

30

2

Hüfttotalendoprothese rechts, beginnende Hüftgelenksarthrose links Unterer Rahmensatz, da kein Hinweis für Lockerung und guter Bewegungsumfang, kein Insuffizienzhinken.

02.05.08

20

3

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Unterer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden, jedoch guter Bewegungsumfang und kein neurologisches Defizit.

02.01.01

10

4

Tendinose rechte Achillessehne Unterer Rahmensatz, da zwar Umfangsvermehrung und Beschwerden, jedoch keine Einschränkung des Bewegungsumfangs des Sprunggelenks, nahezu unauffälliges Gangbild.

02.05.32

10

5

Bluthochdruck.

05.01.01

10

6

Aktinische Keratose Wahl dieser Position, da kleinfleckige Ausbreitung im Gesicht.

01.01.01

10

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden nicht erhöht werde, da kein relevantes ungünstiges Zusammenwirken vorliege. Die diagnostizierte cerebrale arterielle Verschlusskrankheit (CAVK) erreiche keinen Behinderungsgrad, da kein Hinweis auf eine hämodynamisch wirksame Gefäßerkrankung vorliege.

Hinsichtlich der Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten (Anm.: vom 19.11.1992) wurde festgehalten, dass der Zustand nach Bandscheibenoperation und Wirbelsäulenleiden entsprechend den geringgradigen Funktionsstörungen ohne neurologisches Defizit neu eingestuft worden sei. Die restriktive Ventilationsstörung (Leiden 4 des Vorgutachtens) habe nicht mehr durch aktuelle Befunde belegt werden können und erreiche keinen Grad der Behinderung mehr. Leiden 1, 4, 5 und 6 seien neu hinzugekommen.

Zusammenfassend wurde ausgeführt, dass der Gesamtgrad der Behinderung um zwei Stufen herabgesetzt werde, da vor allem eine Besserung des Wirbelsäulenleidens objektivierbar sei. Es handle sich um einen Dauerzustand.

Dieses Gutachten wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 21.06.2017 dem Parteiengehör unterzogen.

4. Mit Eingabe vom 03.07.2017 erhob der Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens. Er brachte im Wesentlichen vor, dass sich seine Leiden seit der Bescheidausstellung am 19.05.1993 verschlechtert hätten. Seine Lungenfunktionsstörung sei weder untersucht noch berücksichtigt worden. Die Beschwerden seien nach wie vor vorhanden. Auch die Polyneuropathie beeinträchtige ihn sehr. Zu den orthopädischen Leiden führte der Beschwerdeführer aus, dass er am linken Fuß keinen Zehenstand und am rechten Fuß einen sehr verminderten Zehenstand aufweise. Auch das Bücken bereite ihm Schwierigkeiten. Seine Gehleistung betrage in langsamem Tempo ca. eine Stunde. Derzeit habe er geringe Schmerzen an der Achillessehne rechts. Der Beschwerdeführer ersuchte um neuerliche Begutachtung unter Berücksichtigung seiner Stellungnahme.

5. Dazu erstattete die mit der Erstellung des Gutachtens befasste Sachverständige am 14.07.2017 eine Stellungnahme, in der festgehalten wurde, dass vom Beschwerdeführer keine neuen Befunde zur Untermauerung seines Vorbringens vorgelegt worden seien. Die angegebene Lungenfunktionsstörung sei nicht durch entsprechende Befunde belegt worden und könne daher keiner Einstufung unterzogen werden. Die Polyneuropathie und damit in Zusammenhang stehende Beschwerden seien in Leiden 1 berücksichtigt worden. Eine höhere Einstufung sei nicht möglich, da kein motorisches Defizit objektivierbar sei. Eine relevante Einschränkung des Stütz- und Bewegungsapparats und der Mobilität liege bei nahezu unauffälligem Gangbild nicht vor.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27.07.2017 wurde gemäß §§ 41, 43 und 45 BBG ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für den Besitz eines Behindertenpasses nicht mehr erfülle. Begründend stützte sich die belangte Behörde auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. In rechtlicher Hinsicht zog die belangte Behörde § 43 Abs. 1 BBG heran, wonach der Behindertenpass bei Wegfall der Voraussetzungen einzuziehen ist.

Als Beilagen zum Bescheid wurden dem Beschwerdeführer das Sachverständigengutachten vom 20.06.2017 und die gutachterliche Stellungnahme vom 14.07.2017 übermittelt.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin wurde begründend ausgeführt, dass die Polyneuropathie Beschwerden beim Gehen und Schmerzen im Bereich der Großzehen verursache. Die Lungenfunktionsstörung (restriktive Ventilationsstörung) sei nach wie vor vorhanden. Diesbezüglich liege derzeit kein aktueller Befund vor. Leiden im Bereich des Bewegungsapparats würden sich nach allgemeiner Lebenserfahrung im Lauf der Zeit nicht verbessern, sondern verschlechtern. Insbesondere nach Kuraufenthalten trete kurzzeitig eine Verringerung der Beschwerden auf. Derzeit würden Beschwerden beim Bücken, beim Tragen von Lasten und beim Zehenstand bestehen. Der Beschwerde wurden Röntgenbefunde beigelegt.

8. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 22.08.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

9. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurden Begutachtungen des Beschwerdeführers durch einen Facharzt für Unfallchirurgie und einen Facharzt für Innere Medizin veranlasst.

9.1. In dem auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erstatteten unfallchirurgischen Gutachten vom 21.11.2017 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt:

"Objektiver Untersuchungsbefund

Größe 169 cm, Gewicht ca. 82 kg

Allgemeinzustand: altersentsprechend Ernährungszustand: gering adipös

Kommt in Halbschuhen zur Untersuchung, das Gangbild ist symmetrisch, hinkfrei, flott. Das Aus- und Ankleiden wird teils im Sitzen, teils im Stehen durchgeführt.

Caput/Collum: unauffällig

Thorax: symmetrisch, elastisch

Abdomen: kein Druckschmerz, gering Rektusdiastase ohne Hinweis auf Bruch

Obere Extremitäten:

Schreibt rechts, sonst Linkshänder. Symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Benützungszeichen sind seitengleich.

Sämtliche Gelenke sind klinisch unauffällig und frei beweglich.

Beweglichkeit:

Schultern, Ellbogen, Vorderarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger sind seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Nacken- und Kreuzgriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Untere Extremitäten:

Der Barfußgang ist symmetrisch und hinkfrei, wird verlangsamt und bedächtig ausgeführt. Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand sind möglich, Anhocken ist durchführbar. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge links -1,5 cm. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird an beiden Vorfüßen als etwas bamstig, sonst als ungestört angegeben. Die Fußsohlenbeschwielung ist seitengleich ausgebildet, das Fußgewölbe ist erhalten.

An der rechten Hüfte unauffällige Narbe nach Totalendoprothese.

An den Hüften besteht kein wesentlicher Endlagenschmerz.

Übrige Gelenke sind bandfest und unauffällig.

Beweglichkeit:

Hüften S rechts 0-0-105, links 0-0-110, R (S 90°) rechts 0-0-30, links 5-0-30,

Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Wirbelsäule:

Der Schultergürtel steht horizontal, der linke Beckenkamm steht etwa 1 cm tiefer.

Ganz zarte Ausgleichsskoliose an der Lendenwirbelsäule. Regelreche Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Kein Hartspann, kein Klopf- oder Druckschmerz. ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei. Über der unteren Lendenwirbelsäule besteht eine blasse, etwa 6cm lange alte Narbe. Lasegue Test beidseits negativ.

Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen seitengleich endlagig gering eingeschränkt.

BWS/LWS: FBA 30 cm, Seitwärtsneigen und Rotation seitengleich endlagig eingeschränkt.

Beantwortung der Fragen:

1. Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung für jede festgestellte Gesundheitsschädigung:

1) Hüfttotalendoprothese rechts, mäßige Hüftgelenksarthrose links 02.05.08 20 %

Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da gutes operatives Ergebnis rechts, gute Beweglichkeit beidseits, ohne Gangbildstörung oder Gangleistungsminderung.

2) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 02.01.01 10 %

Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da nur geringe Beweglichkeitseinschränkung ohne neurologisches Defizit.

3) Tendinose der Achillessehne 02.05.32 10 %

Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da Beschwerdesymptomatik ohne Beweglichkeitseinschränkung bei unauffälligem Gangbild.

2. Stellungnahme, ab wann der Grad der Behinderung anzunehmen ist:

Ab Antrag.

3. Ausführliche Stellungnahme zu den fachspezifischen Befunden:

Orthop. Befundbericht vom 04/2015 Herz-Jesu-Krankenhaus über Hüfttotalendoprothese rechts beschreibt unauffälligen Verlauf nach

OP.

Röntgenbefund von 10/2014 Lendenwirbelsäule beschreibt degenerative Veränderungen, ein im Wesentlichen altersentsprechender Befund.

Röntgenbefund Becken beschreibt eine mäßige Hüftgelenksarthrose rechts mehr als links.

Der Röntgenbefund von 2009 der Lendenwirbelsäule und des Beckens ist durch den Befund von 2014 überholt und somit bedeutungslos.

Ein EMG und NLG Befund von 09/2016 diagnostiziert eine fraglich beginnende Polyneuropathie. Ein Befund, der kein einschätzungswürdiges Leiden begründet.

4. Stellungnahme zu den Einwendungen in der Beschwerde:

Dass Leiden im Laufe des Lebens zunehmen, ist unbestritten. Allerdings kommt derzeit die Einschätzungsverordnung zur Anwendung, die sich in der Einschätzung der Leiden gegenüber der Richtsatzverordnung unterscheidet. Dadurch ist eine geringere Einschätzung eines Leidens trotz Verschlimmerung im Laufe des Lebens möglich.

5. Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis abweichenden Beurteilung.

Die Leiden wurden im Vorgutachten entsprechend der funktionellen Einschränkungen korrekt eingeschätzt. Daher wird auch heute keine abweichende Beurteilung vorgenommen.

6. Feststellung, ob, bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.

Dauerzustand."

9.2. In dem ebenfalls auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erstatteten internistischen Gutachten vom 05.12.2017 wurde insbesondere Folgendes ausgeführt (Wiedergabe ergänzt um die zugehörigen Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

"Untersuchungsbefund (klinisch-physikalischer Status):

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand mäßige Adipositas, 169 cm,

82 - 84 kg, leicht schwankend in der letzten Zeit, in der

Vergangenheit bis 95 kg

Knochenbau: normal, Haut und Schleimhäute: unauffällig

Lymphknoten nicht tastbar

Augen: isokor, prompte Lichtreaktion

Zunge: normal, Zähne: eigene, Teilersatz

Hals: unauffällig, Schilddrüse nicht tastbar, Pulse vorhanden, keine Gefäßgeräusche, Venen nicht gestaut

Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch

Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch derzeit auch ohne Behandlung

Herz: reine rhythmische Herztöne RR 130/80, Frequenz 80/Min. rhythmisch

Abdomen: adipös, Leber und Milz nicht abgrenzbar, leichte Bauchwandschwäche

Rektal nicht untersucht, Nierenlager frei

Extremitäten: Arme normal, an den Beinen Pulse gut tastbar, keine trophischen Störungen der Haut Gangbild, Gelenksstatus und Wirbelsäule: siehe orthopädisches Gutachten.

a) Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung für jede festgestellte Gesundheitsschädigung:

Diagnosen:

1) Diabetes mellitus, nicht insulinpflichtig 09.02.01 30 %

Oberer Rahmensatz, da metabolisches Syndrom mit beginnenden Spätschäden (fraglich Polyneuropathie-Syndrom, derzeit ohne medikamentöse Behandlung).

2) Restriktive Ventilationsstörung 06.07.01 20 %

Auswahl dieser Position, da kein wesentlicher abnormaler klinischer Befund zu erheben ist. Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da jahrelanges Leiden und bereits im Vorgutachten auf eine herabgesetzte Lungenfunktion hingewiesen wurde.

3) Bluthochdruck 05.01.01 10 %

4) Aktinische Keratose 01.01.01 10 %

Wahl dieser Position, da kleinfleckige Ausbreitung im Gesicht.

5) Hüfttotalendoprothese rechts, mäßige Hüftgelenksarthrose links 02.05.08 20 %

Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da gutes operatives Ergebnis rechts, gute Beweglichkeit beidseits, ohne Gangbildstörung oder Gangleistungsminderung.

6) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 02.01.01 10 %

Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da nur geringe Beweglichkeitseinschränkung ohne neurologisches Defizit.

7. Tendinose der Achillessehne 02.05.32 10 %

Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da Beschwerdesymptomatik ohne Beweglichkeitseinschränkung bei unauffälligem Gangbild.

b) Einschätzung und Begründung des Gesamtgrades der Behinderung, wobei auch auf eine allfällige Erhöhung durch wechselseitige Leidensbeeinflussung eingegangen werden möge:

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 %. Es liegt keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vor. Polyneuropathie ohne derzeitige medikamentöse Behandlung ist ausreichend in Position 1 erfasst.

c) Stellungnahme, ab wann der Gesamtgrad der Behinderung anzunehmen ist:

Der Gesamtgrad der Behinderung ist seit Antragstellung anzunehmen.

d) Stellungnahme zu den im Verwaltungsverfahren und anlässlich der Beschwerdeerhebung vorgelegten Unterlagen:

Sämtliche genannten Unterlagen wurden erneut berücksichtigt, relevant sind im internistischen Fachbereich der nicht nummerierte Befund aus dem neurodiagnostischen Labor, welcher ein fraglich inzipientes Polyneuropathie-Syndrom, jedoch keine höhergradige Einschränkung beschreibt, außerdem der ebenfalls nicht nummerierte Befund von der Wiener Gebietskrankenkasse, welcher keinen Hinweis auf hämodynamisch wirksame Makroangiopathie beschreibt.

Der ebenfalls nicht nummerierte Laborbefund zeigt den zufriedenstellenden HbA1c-Wert von 6,1 % und steht mit der Einschätzung in Einklang.

e) Stellungnahme zu den Einwendungen im Zuge der Beschwerde, insbesondere zu Pkt. 1 und 2 der Beschwerde:

Das in einem Vorbefund genannte Lungenleiden wurde nun wieder in die Diagnoseliste aufgenommen, bedingt aber keinen höheren Gesamtgrad der Behinderung.

f) Begründung zu einer allfälligen zum angefochtenen Sachverständigengutachten vom 20.06.2017 inkl. Stellungnahme vom 14.07.2017 abweichenden Beurteilung:

Keine wesentliche Abweichung, lediglich das geltend gemachte Lungenleiden wurde erneut der Diagnoseliste beigefügt, da bereits im Vorgutachten erwähnt, jedoch ohne den Gesamtgrad der Behinderung zu erhöhen.

g) Stellungnahme, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."

10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.12.2017 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.

Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Dem Beschwerdeführer wurde am 06.07.1993 ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt.

Am 02.05.2017 beantragte er die Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für den Besitz eines Behindertenpasses nicht mehr erfülle. Der Behindertenpass wurde eingezogen.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Diabetes mellitus, nicht insulinpflichtig: metabolisches Syndrom mit beginnenden Spätschäden (fraglich Polyneuropathie-Syndrom, derzeit ohne medikamentöse Behandlung);

2) Restriktive Ventilationsstörung: kein wesentlicher abnormaler klinischer Befund bei jahrelangem Leiden und herabgesetzter Lungenfunktion;

3) Bluthochdruck;

4) Aktinische Keratose: kleinfleckige Ausbreitung im Gesicht;

5) Hüfttotalendoprothese rechts, mäßige Hüftgelenksarthrose links:

gutes operatives Ergebnis rechts, gute Beweglichkeit beidseits, ohne Gangbildstörung oder Gangleistungsminderung;

6) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule: geringe Beweglichkeitseinschränkung ohne neurologisches Defizit;

7) Tendinose der Achillessehne: Beschwerdesymptomatik ohne Beweglichkeitseinschränkung bei unauffälligem Gangbild.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in den Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie vom 21.11.2017 und eines Facharztes für Innere Medizin vom 05.12.2017 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 30 v.H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses, zur Antragstellung sowie zum Gegenstand des angefochtenen Bescheides basieren auf dem Akteninhalt.

2.2. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf die im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie vom 21.11.2017 und eines Facharztes für Innere Medizin vom 05.12.2017. Darin wurde auf die Leiden des Beschwerdeführers, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.

Einbezogen wurden von den befassten Sachverständigen die im Verfahren vorgelegten Befunde, die nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als bei den Begutachtungen festgestellt werden konnte.

Der vorliegende Sachverständigenbeweis vom 21.11.2017 und vom 05.12.2017 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes für schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen von persönlichen Untersuchungen und aufgrund der Aktenlage erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in den Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.

Diesbezüglich ist im Lichte der - in der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung teilweise wiedergegebenen - Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass die beim Beschwerdeführer bestehende Diabeteserkrankung im internistischen Sachverständigengutachten korrekt der Positionsnummer 09.02.01 unter Heranziehung des oberen Rahmensatzes von 30 v.H. zugeordnet wurde. Begründet wurde diese Einschätzung insbesondere damit, dass beim Beschwerdeführer ein metabolisches Syndrom mit beginnenden Spätschäden (fraglich Polyneuropathie-Syndrom, derzeit ohne medikamentöse Behandlung) besteht.

Die bereits im Gutachten vom 19.11.1992 eingeschätzte restriktive Ventilationsstörung wurde unter Heranziehung der Positionsnummer 06.07.01 und des unteren Rahmensatzes von 20 v.H. erneut in die Diagnoseliste aufgenommen. Im Gutachten des befassten Facharztes für Innere Medizin wurde diesbezüglich auf das jahrelang bestehende Leiden und die bereits im Vorgutachten herabgesetzte Lungenfunktion verwiesen. Ein wesentlicher abnormaler klinischer Befund war hingegen nicht zu erheben.

Weiters wurde eine leichte Hypertonie erfasst und zutreffend mit der Positionsnummer 05.01.01 und dem dort vorgesehenen fixen Rahmensatz von 10 v.H. eingeschätzt.

Die beim Beschwerdeführer bestehende aktinische Keratose wurde unter Verweis auf die kleinfleckige Ausbreitung im Gesicht korrekt der Positionsnummer 01.01.01 mit einem fixen Rahmensatz von 10 v.H. zugeordnet.

Betreffend die Hüfttotalendoprothese rechts und die mäßige Hüftgelenksarthrose links wurde im unfallchirurgischen Sachverständigengutachten zutreffend die Positionsnummer 02.05.08 mit dem unteren Rahmensatz von 20 v.H. gewählt. Berücksichtigt wurden dabei das gute operative Ergebnis rechts, die gute Beweglichkeit beidseits sowie das Fehlen einer Gangbildstörung bzw. Gangleistungsminderung.

Für die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule wurde im unfallchirurgischen Gutachten die Positionsnummer 02.01.01 unter Heranziehung des unteren Rahmensatzes von 10 v.H. gewählt.

Bei Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule sind allgemeine einschätzungsrelevante Kriterien etwa die Beweglichkeit und Belastbarkeit, Gelenksfunktionen, Funktionen der Muskel, Sehnen, Bänder und Gelenkskapsel, Messungen des Bewegungsradius, Entzündungsaktivität (Schmerzen, Schwellung) sowie Ausmaß der beteiligten Gelenke, Körperregionen und organische Folgebeteiligung. Bei radiologischen Befunden ist die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Einschätzung relevant. Die konkrete Differenzierung zwischen Funktionseinschränkungen geringen, mittleren und schweren Grades wird insbesondere auch anhand der Häufigkeit und Dauer akuter Episoden, des Ausmaßes radiologischer und/oder morphologischer Veränderungen, des Vorliegens klinischer Defizite, des jeweiligen Therapie- und Medikationsbedarfs sowie des Ausmaßes der Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben vorgenommen.

Die konkret vorgenommene Einschätzung wurde vom befassten Facharzt für Unfallchirurgie schlüssig mit der - bei der Untersuchung festgestellten - nur geringen Beweglichkeitseinschränkung ohne neurologisches Defizit begründet.

Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mittleren oder schweren Grades, die u.a. mit maßgeblichen Einschränkungen im Alltag einhergehen und daher auch einen höheren Grad der Behinderung begründen als im Fall des Beschwerdeführers, konnten im Rahmen der persönlichen Untersuchung hingegen nicht festgestellt werden.

Bei der Einschätzung der Tendinose der Achillessehne wurde im Sachverständigengutachten die Positionsnummer 02.05.32 mit dem unteren Rahmensatz von 10 v.H. herangezogen. Diesbezüglich wurde im Gutachten insbesondere auf die Beschwerdesymptomatik ohne Beweglichkeitseinschränkung bei unauffälligem Gangbild verwiesen.

Hinsichtlich des festgestellten Gesamtgrades der Behinderung im Ausmaß von 30 v.H. wurde im zusammenfassenden Sachverständigengutachten des befassten Facharztes für Innere Medizin schlüssig ausgeführt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H. beträgt, weil keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.

Die Einwendungen im Rahmen der Beschwerde waren nicht geeignet, eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Diese wurden von den befassten Sachverständigen in ihren Gutachten (jeweils) gehörig gewürdigt und mittels einer schlüssigen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet. Auch wurden keine Befunde vorgelegt, die das Ergebnis der vorliegenden Gutachten widerlegen könnten.

Der Beschwerdeführer, dem es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl die getroffenen Einschätzungen der Sachverständigen zu entkräften, ist den Sachverständigengutachten vom 21.11.2017 und vom 05.12.2017 nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

Er hat zu diesen Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs auch nicht mehr Stellung genommen.

Es wurde somit weder durch entsprechend aussagekräftige Befunde noch durch ein substantiiertes Vorbringen des Beschwerdeführers aufgezeigt, dass eine höhere Einschätzung seiner Leiden hätte erfolgen müssen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes besteht kein Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten vom 21.11.2017 und vom 05.12.2017. Sie werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

(...)"

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 43. (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

(...)"

3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

3.4. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sieht - soweit für den Beschwerdefall relevant - auszugsweise Folgendes vor (geringfügige Formatierungsänderungen durch das Bundesverwaltungsgericht):

"09.02 Diabetes mellitus

Eine Unterscheidung in insulinpflichtigen und nicht insulinpflichtigen Diabetes mellitus ist wegen der unterschiedlichen Handhabung notwendig. Die Insulinapplikation beeinträchtigt den Tagesablauf (insbesondere im Erwerbsleben) mehr als eine rein orale Einstellung mit Antidiabetika.

09.02.01 Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus 10 - 30 %

10 %: Bei Kostbeschränkung ohne Medikation

20 - 30 %: Je nach Ausmaß der medikamentösen Therapie und des HbA1c

Wertes."

"06.07 Interstitielle Lungenerkrankung, Alveolitis und Fibrosen

Lungengerüsterkrankungen, Alveolitis und Lungenfibrosen ungeachtet der Genese. Liegen andere Grundkrankheiten mit Beteiligung des Lungengerüstes wie z.B. Malignome, kreislaufbedingte interstitielle Lungenerkrankungen, Folgezustände nach Tuberkulose CPOD, Emphysem vor, erfolgt die Einstufung des Schweregrades der funktionellen Einschätzung gemäß den Positionen und Rahmensätzen der Grundkrankheit.

Beurteilungskriterien sind Art und Umfang im Allgemeinen und die resultierenden allgemeinen und speziellen funktionellen Einschränkungen.

06.07.01 Leichte Form der interstitiellen Lungenerkrankung 10 - 40 %

Die Prognose der Erkrankung ist nach geltender Lehrmeinung günstig, verläuft im Wesentlichen stabil bis nur langsam progredient, akute Schübe treten in der Regel nicht auf.

Keine oder ganz geringe Sauerstoffdiffusionsstörung"

"05.01 Hypertonie

Liegt eine schwerere (über mäßig hinausgehende) Hypertonie vor, stehen die Folgeerkrankungen weit im Vordergrund. Es sind folglich diese Funktionseinschränkungen einzuschätzen.

Die ursächliche Hypertonie ist bei dieser Einschätzung dann mit umfasst.

05.01.01 Leichte Hypertonie 10 %"

"01 Haut

01.01 Entzündliche, exanthematische, toxische, allergische, infektiöse, immunologische bzw. autoimmunologische, nicht entzündliche Erkrankungen und gutartige Neubildungen der Haut, sichtbarer Schleimhäute und der Hautanhangsgebilde; Narben, Fehlbildungen und Pigmentstörungen.

01.01.01 Leichte Formen 10 %

Weitgehend begrenzt, bis zu zweimal im Jahr für wenige Wochen auftretend, therapeutisch gut beherrschbar"

"02.05 Untere Extremitäten

Hüftgelenke

02.05.08 Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig 20 - 40 %

Streckung/Beugung bis zu 0-10-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit"

"02.01 Wirbelsäule

02.01.01 Funktionseinschränkungen geringen Grades 10 - 20 %

Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage)

Mäßige radiologische Veränderungen

Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben

Keine Dauertherapie erforderlich."

"Sprunggelenk

Funktionseinschränkung bis Versteifung der Sprunggelenke je nach Funktion und Stellung - günstige oder ungünstige Stellung.

02.05.32 Funktionseinschränkung bis Versteifung einseitig 10 - 40 %"

3.5. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - (erstmals) nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023; 20.05.2015, 2013/11/0200).

Gegenständlich wurden seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zwecks Beurteilung des Beschwerdevorbringens Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten Unfallchirurgie und Innere Medizin eingeholt, die auf Basis von persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers erstattet wurden und - sowohl hinsichtlich der Einschätzung der einzelnen Funktionseinschränkungen als auch hinsichtlich der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung - den von der Judikatur (sowie von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen entsprechen.

3.6. Wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt wurde, konnten die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten - als schlüssig erkannten - Gutachten den Feststellungen zugrunde gelegt werden. Beim Beschwerdeführer wurde ein Grad der Behinderung von 30 v.H. objektiviert. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die Einwendungen in der Beschwerde nicht geeignet, den Sachverständigenbeweis zu entkräften, zumal die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Gutachten vom Beschwerdeführer letztlich unwidersprochen blieben.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für den Besitz eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht (mehr) erfüllt.

Da der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 BBG bei Wegfall der Voraussetzungen einzuziehen ist, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

3.7. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

3.7.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

3.7.2. Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und den im Beschwerdeverfahren eingeholten - vom erkennenden Gericht als schlüssig erachteten - Gutachten medizinischer Sachverständiger, denen der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist. Die über Veranlassung des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Gutachten, die auf die Einwendungen in der Beschwerde in fachlicher Hinsicht eingehen, wurden im Rahmen des Parteiengehörs seitens des Beschwerdeführers unwidersprochen zur Kenntnis genommen. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt - gerade auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass eine Verhandlung nicht beantragt wurde - die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

3.7.3. Ergänzend ist im Beschwerdefall aus dem Blickwinkel von Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) auf den Umstand hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht bei Einräumung des Parteiengehörs auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen, indem ihm seitens des Verwaltungsgerichtes mitg

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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