TE Vwgh Beschluss 2018/3/8 Ro 2015/12/0014

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Veröffentlicht am 08.03.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
64/03 Landeslehrer;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
LDG 1984 §43 Abs1 Z1;
LDG 1984 §50 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Landesschulrats für Steiermark in 8015 Graz, Körblergasse 23, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 19. Mai 2015, GZ LVwG 49.35-4320/2014-18, betreffend Vergütung von Mehrdienstleistungen gemäß § 50 LDG 1984 (mitbeteiligte Partei: MS-L in B bei H, vertreten durch Berchtold & Kollerics, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Raubergasse 16/I), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Land Steiermark hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid der revisionswerbenden Amtspartei (Landesschulrat für Steiermark) vom 25. Jänner 2014 wurde festgestellt, dass der Mitbeteiligten ab dem Zeitpunkt der Antragstellung rückwirkend keine Vergütung von Dauermehrdienstleistungen mehr gebühre. Begründend wurde ausgeführt, für die Beurteilung der Zuordnung der Mitbeteiligten zu den in § 43 Abs. 1 Z 1 Landelehrerdienstrechtsgesetz 1984 (LDG 1984) vorgesehenen Kategorien von Landeslehrerpersonen sei jene Schule maßgebend, an der die Mitbeteiligte verwendet werde. Das sei ihre Stammschule, da sie dieser Schule zur ständigen Dienstleistung zugewiesen gewesen sei. Es sei daher unerheblich, dass die Mitbeteiligte im Rahmen dieser Verwendung als mobile verhaltenspädagogische Stützlehrerin auch an Hauptschulen/Neuen Mittelschulen tätig gewesen sei. Der Sachverhalt wäre im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anders zu sehen, wenn die Stammschule der Mitbeteiligten eine Hauptschule/Neue Mittelschule gewesen wäre.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark der dagegen von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde mit der Maßgabe statt, dass festgestellt wurde, dass der Mitbeteiligten die Vergütung von Mehrdienstleistungen in Form einer dauerhaft zusätzlich geleisteten wöchentlichen Unterrichtsstunde für die Schuljahre 2010/2011, 2011/2012, 2012/2013 und 2013/2014 gemäß § 50 Abs. 1 iVm Abs. 6 LDG 1984 gebühre.

3 Das Landesverwaltungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.

4 Das Landesverwaltungsgericht führte begründend aus, die Mitbeteiligte sei gemäß § 19 Abs. 1 LDG 1984 der Allgemeinen Sonderschule (ASO) H. als Stammschule zugewiesen. Sie sei aufgrund einer Diensteinteilung des Leiters der ASO H. an diversen Schulen des Bezirkes als verhaltenspädagogische Stützlehrerin tätig. Sie sei in den Schuljahren 2010/2011 bis 2013/2014 im Ausmaß von 20 bzw. 18 Wochenstunden ausschließlich an Hauptschulen, Polytechnischen Schulen oder Neuen Mittelschulen eingesetzt gewesen. An ihrer Stammschule sei sie in den letzten Jahren nicht unterrichtend tätig gewesen.

5 Der Arbeitsort, jener Ort, an dem der Lehrer tätig werde, sei der Mittelpunkt seines tatsächlichen Tätigwerdens. Dieser müsse nicht mit der Stammschule, welcher der Lehrer tatsächlich zugewiesen worden sei, zusammenfallen. Liege die tatsächliche ständige Einsatzstelle - wie im vorliegenden Fall - außerhalb der Stammschule, dann sei jener Ort, an dem der Lehrer tatsächlich tätig sei, beachtlich.

6 Zum hier vorliegenden Fall sei festzuhalten, dass für das spezielle System verhaltenspädagogischer Stützlehrer, die einer Stammschule zugewiesen seien und ihre Tätigkeit ausschließlich "mobil" an diversen Schulen ausübten, eine exakte eigene gesetzliche Regelung fehle und bisher dazu auch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere. Ausgehend von den oben dargestellten Grundsätzen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu ähnlich gelagerten Fällen sei für das hier vorliegende Verfahren festzuhalten, dass die Mitbeteiligte durch ihre ständige und ausschließliche Unterrichtstätigkeit an anderen Schulen als an ihrer Stammschule nicht an einer Sonderschule, sondern an Hauptschulen, Neuen Mittelschulen und Polytechnischen Schulen faktisch tätig gewesen sei. Die Nominierung einer Sonderschule als Stammschule, die allein auf die rechtliche Anordnung zurückzuführen sei, und die damit verbundenen durch die Dienstbehörde vorgegebenen organisatorischen Regelungen könnten dabei in Analogie zur Irrelevanz einer Ernennung als Religionslehrerin (Hinweis auf VwGH vom 19.12.2012, 2012/12/0080) nicht den Ausschlag zulasten der Mitbeteiligten geben.

7 Wenn der Landesschulrat vorbringe, dass der Einsatz der Mitbeteiligten nicht auf diese Schultypen eingeschränkt sei und sie beispielsweise auch in Volksschulen eingesetzt werden könnte, sei dem entgegen zu halten, dass es nicht um die fiktive Möglichkeit des Einsatzes, sondern um die tatsächliche Tätigkeit und den tatsächlichen Ort des Tätigwerdens der Lehrperson gehe.

8 Da die Mitbeteiligte in den Schuljahren 2010/2011 bis 2013/2014 nie an einer Sonderschule, sondern ausschließlich an Hauptschulen, Neuen Mittelschulen und Polytechnischen Schulen tätig gewesen sei, sei sie daher als Lehrerin an diesen Schulen anzusehen und habe daher grundsätzlich eine Unterrichtsverpflichtung von maximal 756 Jahresstunden (bzw. 21 Wochenstunden). Aufgrund der genehmigten Herabsetzung der Jahresnorm habe sie konkret in den Schuljahren 2010/2011 und 2011/2012 eine Unterrichtsverpflichtung von 19 Wochenstunden, in den Schuljahren 2012/2013 und 2013/2014 von 17 Wochenstunden gehabt. Die Einteilung der Mitbeteiligten zum Unterricht für die Schuljahre 2010/2011 und 2011/2012 sei im Ausmaß von 20 Wochenstunden (720 Jahresstunden) und für die Schuljahre 2012/2013 und 2013/2014 im Ausmaß von 18 Wochenstunden (648 Jahresstunden) erfolgt. Die der Mitbeteiligten nach der Diensteinteilung aufgetragenen 20 bzw. 18 Wochenstunden überstiegen das Ausmaß der für sie geltenden Lehrverpflichtung um jeweils 1 Wochenstunde, weshalb für diese Jahre jeweils eine Vergütung für eine Mehrleistungsstunde pro Woche gebühre.

9 Anders sei dies für das Schuljahr 2014/2015 zu beurteilen:

Die Mitbeteiligte sei seit September 2014 in einer "gemischten Verwendung" tätig, nämlich als verhaltenspädagogische Stützlehrerin (sieben Stunden), als Religionslehrerin (elf Stunden) und im Rahmen einer Herabsetzung gemäß § 44 LDG 1984 um vier Stunden am LehrerInnenberatungszentrum. Die deutlich überwiegende Tätigkeit der Mitbeteiligten - sie betrage mit 11 von 18 Stunden immerhin rund 61% ihrer gesamten Lehrtätigkeit - sei nunmehr also jene als Religionslehrerin. Aus diesem Grund sei sie seit dem Schuljahr 2014/2015 als Lehrerin für einzelne Unterrichtsgegenstände anzusehen, die gemäß § 43 Abs. 1 vorletzter Satz LDG 1984 eine Lehrverpflichtung im Höchstausmaß von 792 Jahresstunden, also 22 Wochenstunden habe. Aufgrund der Herabsetzung ihrer Jahresnorm gemäß § 44 LDG 1984 um vier Stunden wöchentlich sei für sie eine Wochennorm von 18 Stunden in Geltung. Sie erfülle ihre Lehrverpflichtung mit 11 Stunden als Religionslehrerin und sieben Stunden als verhaltenspädagogische Stützlehrerin exakt in diesem Ausmaß. Eine Mehrleistung erbringe sie nicht.

10 Die ordentliche Revision sei zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren eine Frage zu lösen gewesen sei, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme. Dies sei insbesondere deshalb der Fall, da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, an welcher Schule eine verhaltenspädagogische Stützlehrerin -  die teilweise in einer gemischten Verwendung auch als Religionslehrerin - tätig werde, fehle.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision des Landesschulrates für Steiermark mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis aufheben oder gegebenenfalls nach Beauftragung der Ergänzung des Ermittlungsverfahrens abändern und die beantragte Vergütung von Mehrdienstleistungen in Form einer dauerhaft zusätzlich geleisteten Überstunde abweisen.

12 Die Mitbeteiligte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, allenfalls abzuweisen und die revisionswerbende Partei zum Ersatz des Schriftsatzaufwandes zu verpflichten.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen

15 Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

16 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. z.B. VwGH 21.12.2017, Ro 2017/03/0015 und 19.2.2018, Ro 2015/12/0010, jeweils mwN).

17 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit lediglich die Zulässigkeitsbegründung des Landesverwaltungsgerichtes wiedergegeben. Dazu ist festzuhalten, dass soweit sich die Begründung der Zulässigkeit auf die gemischte Verwendung auch als Religionslehrerin stützt, diese für die Entscheidung über die vorliegende Revision der Amtspartei - welche der vom Landesverwaltungsgericht getroffenen Beurteilung dieser Frage nicht entgegentrat - nicht entscheidungswesentlich ist, weil eine gemischte Verwendung der Mitbeteiligten in jenen Schuljahren, für die im angefochtenen Erkenntnis eine Vergütung von Mehrdienstleistungen als gebührlich festgestellt wurde, nicht vorlag.

18 Soweit das Verwaltungsgericht allerdings davon ausging, es liege eine Rechtsprechung zur Frage, an welcher Schule eine verhaltenspädagogische Stützlehrerin tätig werde, nicht vor, ist Folgendes auszuführen:

19 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes richtet sich die Einordnung der Landeslehrer in die verschiedenen in § 43 Abs. 1 Z 1 LDG 1984 genannten Kategorien nach jener Schule, an der sie als Lehrkräfte tätig sind. Für diese Zuordnung der Landeslehrer ist deren konkrete Verwendung an einer bestimmten Schule maßgeblich (vgl. VwGH 19.12.2012, 2012/12/0079, VwGH 19.12.2012, 2012/12/0080, und VwGH 17.4.2013, 2012/12/0160). Im hg. Beschluss vom 9. November 2017, Ro 2015/12/0002, wurde diese Rechtsansicht betreffend eine Landeslehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark, die an die ASO H. versetzt worden und verschiedenen Hauptschulen, Neuen Mittelschulen und Polytechnischen Schulen zur Unterrichtsleistung zugewiesen worden war, ausgesprochen und dargelegt, dass die nach der Diensteinteilung aufgetragenen 22 Wochenstunden das Höchstmaß von 21 Wochenstunden überstiegen hätten.

20 Das Landesverwaltungsgericht Steiermark ist daher von der bereits bestehenden, auf den vorliegenden Revisionsfall anzuwendenden, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt.

21 Auch in der ordentlichen Revision hat die revisionswerbende Partei von sich aus die Gründe für die Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern sie der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder sie andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. wiederum VwGH 9.11.2017, Ro 2015/12/0002). Solche Gründe wurden in der Revision allerdings nicht gesondert dargelegt.

22 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

23 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 8. März 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RO2015120014.J00

Im RIS seit

06.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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