TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/18 LVwG-S-2962/001-2016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.01.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.01.2018

Norm

StVO 1960 §18 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch HR Mag. Janak-Schlager als Einzelrichter über die Beschwerde des RH in ***, vertreten durch die Nitsch Pajor Zöllner Rechtsanwälte OG in ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 05.10.2016, Zl. MDS2-V-15 95964/5, wegen Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) dahingehend Folge gegeben, als die von der Verwaltungsstrafbehörde festgesetzte Geldstrafe/Ersatzfreiheitsstrafe von 220 Euro/93 Stunden auf 150 Euro/69 Stunden herabgesetzt wird.

2.   Gleichzeitig werden die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) mit 15 Euro bestimmt.

3.   Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt somit 165 Euro und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG i.V.m. § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen. Beachten Sie dazu die beiliegende Zahlungsinformation.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 05.10.2016, Zl. MDS2-V-15 95964/5, wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 23.08.2015 um 11:20 Uhr im Gemeindegebiet von *** auf der Autobahn A*** nächst Strkm. ***, Richtung ***, mit dem Personenkraftwagen *** keinen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, da der zeitliche Sicherheitsabstand 0,39 Sekunden, somit 0,2 Sekunden oder mehr, aber weniger als 0,4 Sekunden betragen hätte.

Dem Beschwerdeführer wurde damit eine Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 2c Z 4 StVO angelastet und über ihn gemäß § 99 Abs. 2c StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 220 Euro verhängt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 93 Stunden festgesetzt. Der Kostenbeitrag zum Verfahren der Verwaltungsstrafbehörde wurde gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit 22 Euro bestimmt.

In seinem dagegen fristgerecht erhobenen Rechtsmittel beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 99 Abs. 2c Z 4 StVO.

Begründend führte er dazu im Wesentlichen aus, er bezweifle, dass der Abstand zu dem ihm voraus fahrenden Fahrzeug tatsächlich so gering gewesen sein. Als umsichtiger und erfahrener Autofahrer achte er grundsätzlich auf einen ausreichenden Sicherheitsabstand und sei seit Erlangung der Fahrerlaubnis gegen ihn noch nie ein Verwaltungsstrafverfahren im Sinne der StVO geführt worden. Er erachte sich in seinem subjektiven Recht auf Gleichbehandlung und Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt. Aus diesem Grund werde der Bescheid insoweit, als die Unterschreitung eines Sicherheitsabstandes von 0,4 Sekunden vorgeworfen werde und die sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen von Strafzahlungen in der Höhe von 242 Euro und die Eintragung einer Vormerkung in das Führerscheinregister angeordnet worden wären, angefochten. Es werde die Rechtswidrigkeit des Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Angesichts des im gegenständlichen Fall vom einschreitenden Beamten gemessenen Werts von 0,39 Sekunden hänge im vorliegenden Beschwerdefall die Strafbarkeit nach § 99 Abs. 2c Z 4 StVO davon ab, dass nachvollziehbar und schlüssig dargelegt werde, dass tatsächlich sämtliche Voraussetzungen für eine technisch einwandfreie – insbesondere auch für eine entsprechend der einschlägigen Gebrauchsanweisung für das verwendete Messgerät durchgeführte – Messung gegeben gewesen wären. Dies stelle jedoch eine Fachfrage dar, die, sofern die Behörde nicht selbst über das erforderliche Fachwissen verfügen sollte, von einem beizuziehenden Sachverständigen zu beantworten wäre. Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 11.09.2015, Zl. 2013/02/0273-6, ausgeführt habe, wäre die Behörde in einem solchen Fall daher verpflichtet gewesen, die Richtigkeit der Messergebnisse durch Einholung eines Gutachtens eines technischen Sachverständigen prüfen zu lassen. Gerade dann, wenn die Strafbarkeit davon abhänge, ob der Abstand tatsächlich um 0,01 Sekunden unterschritten worden sei, setzte die Strafbarkeit nach § 99 Abs. 2c Z 4 StVO zu allererst die zweifelsfreie, korrekte und nachvollziehbare Sachverhaltsermittlung seitens der Behörde voraus, andernfalls liege kein Vormerkdelikt vor. Die beschuldigte Behörde müsse beweisen, dass an der korrekten Sachverhaltsermittlung kein Zweifel bestehe.

Die Verlässlichkeit der vorgenommenen Abstandsmessung könne nur dann abschließend beurteilt werden, wenn festgestellt werden könne, dass die Messlinien an den in der Betriebsanleitung vorgesehenen Stellen gesetzt worden seien. In Grenzbereichen von Messergebnissen, wo minimale Verschiebungen der Pixelsetzung die Strafbarkeit ausschließen würden, müsse die Überschreitung ausführlich und nachvollziehbar begründet werden.

Hätte sich die Bezirkshauptmannschaft nach den Vorgaben des VwGH in der Ermittlung des Sachverhaltes gerichtet, hätte sie zu dem Schluss kommen müssen, dass eine Strafbarkeit gemäß § 99 Abs. 2c Z 4 StVO i.V.m. § 18 Abs. 1 StVO nicht gegeben sei.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 07.11.2016 wurde der Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht NÖ zur Entscheidung über diese Beschwerde vorgelegt.

Da diese Beschwerde nicht zurückzuweisen bzw. das Beschwerdeverfahren nicht einzustellen war, hatte das Landesverwaltungsgericht NÖ darüber gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

Im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde vom erkennenden Gericht am 16.10.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher anhand des verlesenen Aktes der belangten Behörde zur Geschäftszahl MDS2-V-15 95964 durch Befragung des Zeugen GL sowie durch die Einsichtnahme in die Videoaufzeichnung des Messvorganges, den Eichschein sowie den vom Zeugen zur Verhandlung vorgelegten Ausdruck des Auswertungsbogens der konkreten Abstandsmessung mit besserer Bildqualität Beweis erhoben wurde und der beigezogene Amtssachverständige für Kraftfahrtechnik zur verfahrensgegenständlichen Abstandsmessung Befund und Gutachten erstattete. Der Beschwerdeführer war bereits vor der Verhandlung telefonisch krankheitsbedingt entschuldigt worden und war bei der Verhandlung durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter vertreten.

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens legt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich seiner Entscheidung nachstehenden Sachverhalt als erwiesen zugrunde:

Basierend auf der Verantwortung des Beschwerdeführers ist zunächst unbestritten, dass dieser den PKW der Marke Seat mit dem behördlichen Kennzeichen *** am 23.04.2016, um 11:20 Uhr, auf der A*** bei Strkm. *** im Gemeindegebiet von *** auf dem vierten Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn *** lenkte.

Im gegenständlichen Bereich wurden zu dieser Zeit von der Landesverkehrsabteilung der Landespolizeidirektion Niederösterreich Abstandsmessungen unter Verwendung des geeichten Videomessgeräts VKS 3.1., A902A, durchgeführt. Die dabei verwendeten Kameras wurden dabei auf einer im Bereich der Tatörtlichkeit über die A*** führenden Brücke entsprechend den Bedienvorschriften der Firma V GmbH und den Vorgaben des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen aufgestellt und in Betrieb genommen.

Der Beschwerdeführer befuhr den auf der Fahrbahn gekennzeichneten 150 m langen Messbereich, nach Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz von 5 km/h, mit einer Fahrgeschwindigkeit von 132 km/h, wobei er zu dem vor ihm in gleichbleibendem Abstand fahrenden Fahrzeug einen zu seinen Gunsten aufgerundeten Sicherheitsabstand von 0,39 Sekunden einhielt. Ausgehend von der vorliegenden Videoaufzeichnung hat im Messbereich kein Spurwechsel der gemessenen Fahrzeuge stattgefunden und hätte das zum Einsatz gebrachte Abstandsmessgerät bei einer Abweichung der Geschwindigkeiten der Fahrzeuge zwischen dem 1. und dem 2. Messpunkt von mehr als 5 km/h bzw. des Sicherheitsabstandes von mehr als 5 % systembedingt keine verwertbare Messung ausgewiesen.

Noch vor Ort im Abstandsmessbus der Landespolizeidirektion NÖ erfolgte die Auswertung der Videoaufzeichnung, wobei vom Beamten an zwei Bildern am Bildschirm insgesamt vier Messlinien gesetzt wurden. Die beiden Bilder dokumentierten dabei den Beginn der Messtrecke beim 1. Messpunkt um 11:20 Uhr und 51 Sekunden und das Ende der Messtrecke beim 2. Messpunkt um 11:20 Uhr und 54 Sekunden. Die danach angegebenen Zahlen 23 bzw. 18 geben Hinweise auf die Halbbilder der Videoaufzeichnung.

Die Messlinien wurden jeweils beim vorderen Beginn der Radaufstandspunkte der Vorderachsen des voraus- und nachfahrenden Fahrzeuges gesetzt. Anhand dieser Messlinien wurden vom geeichten Gerät anhand der auf der Brücke eingerichteten Messinstrumente unter Berücksichtigung der vor Ort vorhandenen Gegebenheiten ein Weg-Zeit Diagramm und der Abstand der Fahrzeuge berechnet. Das Ergebnis wurde auf einem Auswertungsbogen laut Punkt 6.9.1. der Betriebsanleitung, wie er sich auch im Akt zur Zl. 496332/29/15 befindet, dokumentiert und sind die gesetzten Messlinien deutlich erkennbar.

Bei der Berechnung des Abstandes der beiden Fahrzeuge wurde der Achsabstand des vorausfahrenden Fahrzeuges von 2,6 m abgezogen. Vom dabei ermittelten Wert von 13,3 m wurden zu Gunsten des Beschwerdeführers die Überhänge des vorausfahrenden Fahrzeuges und des Fahrzeuges des Beschwerdeführers abgezogen, somit eine zusätzliche Toleranz von 0,70 cm gewährt, und im Ergebnis ein Abstand von 14 m ausgewiesen. Wird dieser Abstand der weiteren Berechnung zugrunde gelegt, ergibt dies einen effektiven Sekundenabstand von 0,381818. Dieser Wert wurde nochmals zu Gunsten des Beschwerdeführers auf 0,39 Sekunden aufgerundet.

Die Feststellungen in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt stützen sich auf die Verantwortung des Beschwerdeführers, den Auswertungsbogen der Landespolizeidirektion NÖ, die glaubwürdigen Ausführungen des Zeugen GL und das schlüssige und nachvollziehbare fachtechnische Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen.

Zumal der Beschwerdeführer die Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes eingestanden hatte und lediglich den ihm zur Last gelegten Messwert bestritt, war die wesentliche Frage des Verfahrens, inwieweit ein Sekundenabstand von unter 0,4 mit der für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden konnte.

Wie der Sachverständige ausführte, sei aufgrund des vorliegenden Auswertungsbogens und einer überschlagsmäßigen Prüfung des vorgeworfenen Wertes von 14 m mit Hilfe der Leitlinien und deren Unterbrechungen aus technischer Sicht nicht davon auszugehen, die Messlinien wären so deutlich falsch gesetzt worden, dass dies zu einem anderen Abstand bzw. Sekundenabstand führen würde. Die Messlinien müssten, um bei der gegebenen Geschwindigkeit auf einen Sekundenabstand von 0,4 Sekunden zu kommen - ausgehend vom errechneten Abstandswert - aus technischer Sicht nämlich um über einen Meter falsch gesetzt worden sein.

Im Verfahren sind jedoch keine Umstände hervorgekommen, die Zweifel an einer technisch einwandfreien Messung oder einem Bedienfehler aufkommen lassen könnten. Ein falsches Setzen der Messlinien um in Summe mehr als einen Meter kann aufgrund des vorliegenden Beweisergebnisses somit ausgeschlossen werden (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 11.09.2015, Zl. 2013/02/0273).

Im Hinblick auf das Ergebnis der vom Sachverständigen durchgeführten Berechnungen ist festzuhalten, dass der Sicherheitsabstand tatsächlich weniger als 0,39 Sekunden betrug und der Beschwerdeführer infolge der Einrechnung von Toleranzwerten sowie den hier vorgenommenen großzügigen Aufrundungen keinen Nachteil erlitten hat.

Rechtlich ist dazu Nachfolgendes auszuführen:

Gemäß § 18 Abs. 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Zufolge § 99 Abs. 2c Z 4 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges den erforderlichen Sicherheitsabstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug gemäß § 18 Abs. 1 nicht einhält, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr, aber weniger als 0,4 Sekunden beträgt.

Nach der Judikatur ist von einem Hintereinanderfahren im Sinne des § 18 Abs. 1 StVO dann zu sprechen, wenn sich zwei oder mehrere Fahrzeuge in gleicher oder annähernd gleicher Spur nacheinander fortbewegen, wobei der Abstand nicht so groß ist, dass das Verhalten des Vorausfahrenden unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände keinerlei Einfluss mehr auf das des Nachfahrenden haben kann.

Im Hinblick auf die Bestimmung des § 18 Abs. 1 StVO muss der nachfolgende Lenker damit rechnen, dass aus Gründen der Verkehrssicherheit das Vorderfahrzeug auch rasch abgebremst werden muss (Erkenntnis des VwGH vom 28.09.1982, Zl. 82/11/0100).

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist als Sicherheitsabstand mindestens der Reaktionsweg einzuhalten der – für eine als angemessen zu erachtende Reaktionszeit von einer Sekunde – in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h beträgt.

Aufgrund der getroffenen Feststellungen hat der tatsächliche Abstand 0,39 Sekunden betragen.

Der Beschwerdeführer hat sohin den Tatbestand des § 18 Abs. 1 StVO in der den Strafrahmen erhöhenden Begehungsform des § 99 Abs. 2c Z 4 StVO in objektiver Hinsicht verwirklicht.

Bei der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Gemäß dieser Bestimmung genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist dem Beschwerdeführer im Verfahren nicht nachvollziehbar gelungen. Somit ist ihm die verfahrensgegenständliche Übertretung auch in subjektiver Hinsicht anzulasten.

Zur verhängten Strafe wird Nachstehendes festgehalten:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer hat zu seinen persönlichen Verhältnissen angegebenen, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 3.000 Euro verfügt, kein nennenswertes Vermögen besitzt und für vier minderjährige Kinder sorgepflichtig ist.

Durch die Verkürzung des Abstandes zum Vorderfahrzeug im oben beschriebenen Ausmaß hat der Beschwerdeführer den mit der zitierten Norm verfolgten Zweck, die Gefahren von Auffahrunfällen, die insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten regelmäßig schwere Sach- und Personenschäden nach sich ziehen, zu minimieren, erheblich beeinträchtigt. Der objektive Unrechtsgehalt kann daher nicht als bloß geringfügig beurteilt werden.

Strafmildernd war – entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde – die im Verwaltungsstrafakt dokumentierte verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu werten. Besondere Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehalts der Tat und der dargelegten Strafzumessungsgründe konnte die verhängte Geldstrafe auch aufgrund der erstmals in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht bekannt gegebenen allseitigen Verhältnisse herabgesetzt werden. Eine weitere Reduzierung der Geldstrafe war insbesondere aus general- und spezialpräventiven Erwägungen nicht möglich, sollen doch durch die Strafe auch andere Normadressaten von der Begehung gleich gelagerter Verwaltungsstraftaten nach Möglichkeit abgehalten und der Beschwerdeführer selbst zu mehr Sorgfalt im Straßenverkehr veranlasst werden.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Straßenverkehr; Hintereinanderfahren; Abstandsmessung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.2962.001.2016

Zuletzt aktualisiert am

05.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten