TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/9 LVwG-AV-1330/001-2017

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Veröffentlicht am 09.01.2018
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Entscheidungsdatum

09.01.2018

Norm

BAO §4 Abs1
BauO NÖ 2014 §10
BauO NÖ 2014 §38
BauO NÖ 2014 §39

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau GW, ***, ***, vom 25. Oktober 2017 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 27. September 2017, Zl. 303760/2017, mit welchem der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 1. Juni 2017 betreffend Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe nach der NÖ Bauordnung 2014 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt worden war, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) stattgegeben und der angefochtene Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** dahingehend abgeändert, dass in Stattgebung der gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** erhobenen Berufung dieser ersatzlos behoben wird.

2.   Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.1.1.

Frau GW (in der Folge: Beschwerdeführerin) war aufgrund des Einantwortungsbeschlusses vom 24. August 2016 grundbücherliche Alleineigentümerin des Grundstückes *** EZ *** Grundbuch *** mit einer Fläche von 3721 m² (topographische Anschrift ***, ***).

Mit Teilungsplan des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen, WT, vom 20. Mai 2016, GZ. ***, wurde das Grundstück Nr. *** KG *** in das neue Grundstück Nr. *** im vermessenen Ausmaß von 1000 m² und das Restgrundstück Nr. *** im Ausmaß von 2721 m² geteilt.

Mit Kaufvertrag vom 24. Februar 2017 wurde das Grundstück Nr. *** an Frau RR als Käuferin verkauft, in dem diese einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Eigentums am verfahrensgegenständlichen Grundstück Nr. *** EZ *** KG ***, erwarb.

1.1.2.

Mit Schreiben vom 1. Juni 2017 brachte die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen WT eine Anzeige über die Änderung von Grundstücksgrenzen in ***, ***, KG ***, betreffend der Grundstücke Nr. *** und *** unter Beilage des Teilungsplanes vom 20. Mai 2016, GZ. *** mit dem Ersuchen um Kenntnisnahme der Anzeige gemäß § 10 NÖ Bauordnung 2014 ein.

1.1.3.

Mit Vermerk vom 1. Juli 2017 bestätigte der Bürgemeister der Stadtgemeinde *** das Einlangen der Anzeige und des Planes betreffend die Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland. Gleichzeitig wurde die Bezugsklausel gemäß § 10 Abs. 5 NÖ Bauordnung 2014 am Teilungsplan angebracht und ausgeführt, dass die angezeigte Änderung vom 1. Juni 2017 nicht untersagt wird:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: Akt der belangten Behörde)

1.1.4.

Das Grundbuchsgesuch zur Begründung des Eigentums der Käuferin an der gegenständlichen Liegenschaft (TZ ***) wurde vom Vertragserrichter beim zuständigen Bezirksgericht *** eingebracht.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 16. Juni 2017, Zl. ***, wurde diesem Grundbuchsgesuch stattgegeben und die Einverleibung des Eigentums für die Käuferin bewilligt.

1.2. abgabenbehördliches Verfahren:

1.2.1.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 1. Juni 2017, Zl. 303783/2016/BA-EA, wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 39 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 für die neu geformten Bauplätze Grundstücke Nr. *** und *** eine Ergänzungsabgabe in der Höhe von € 14.241,24 vorgeschrieben. Begründend wird ausgeführt, dass bei der Änderung der Grenzen eines Bauplatzes gemäß § 10 NÖ Bauordnung 2014 dem Eigentümer eines Bauplatzes für den neugeformten Bauplatz eine Ergänzungsabgabe gemäß § 39 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 vorzuschreiben sei, wenn das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert werde. Die Berechnungslänge (BL) sei die Seite eines mit dem Bauplatz flächengleichen Quadrates. Der Bauklassenkoeffizient (BKK) zur Zeit der Änderung der Grenzen sei auf Grund der im Bebauungsplan festgelegten Bauklasse I/II mit 1,25 gegeben. Der Einheitssatz (ES) zur Zeit der Änderung der Grenzen sei gemäß der Verordnung des Gemeinderates, wirksam ab 1. Februar 2012, mit € 500,00 festgesetzt. Für die neugeformten Bauplätze errechne sich die neue Berechnungslänge wie folgt:

Grundstück           Flächenausmaß  neue BL

***                  2.721     52,1632

***                  1.000     31,6228

Summe           83,7860

Für den bisherigen Bauplatz errechne sich die damalige Berechnungslänge wie folgt:

Grundstück           Flächenausmaß  damalige BL

***                        3.721     61,0000

Die Summe der neuen Berechnungslänge, vermindert um die damalige Berechnungslänge ergebe einen Differenzbetrag von 16,4149 (gemeint wohl: 22,7860). Der Differenzbetrag, multipliziert mit dem Bauklassenkoeffizient von 1,25 und dem Einheitssatz von € 500,00 ergebe insgesamt € 14.241,24. Die Aufteilung dieses Betrages nach dem Verhältnis der neuen Berechnungslängen (EA/m = EA : Summe der neuen BL x jeweilige neue BL) ergeb für die einzelnen neugeformten Bauplätze folgende Ergänzungsabgabe:

Grundstück Nr. *** in der Höhe von  € 8.866,26

Grundstück Nr. *** in der Höhe von  € 5.374,97

Dieser Bescheid wurde am 7. Juni 2017 persönlich von der Beschwerdeführerin übernommen.

1.3.2.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2017 erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung und führte im Wesentlichen aus, dass sie im Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides nicht mehr Eigentümer der gegenständlichen Grundstücke gewesen sei. Die Käuferin RR habe mit 1. März 2017 alle Lasten übernommen.

1.2.3.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 27. September 2017, Zl. 303760/2017, wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften im Wesentlichen dargelegt, dass die Höhe der Abgaben außer Streit stände und diesbezüglich auch keine Fehler ersichtlich wären. Wie in der Berufung angeführt, sei die Liegenschaft zwar bereits am 1. März 2017 von der Käuferin übernommen worden. Jedoch sei die Eintragung der Käuferin in das Grundbuch jedoch erst mit Beschluss vom 16. Juni 2017 erfolgt. Da die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Vorschreibung der Ergänzungsabgabe am 1. Juni 2017 noch grundbücherliche Eigentümerin der Grundstücke gewesen wäre, sei somit auch Ihr die Ergänzungsabgabe vorzuschreiben gewesen.

1.3. Beschwerdevorbringen:

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2017 erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** und begründete diese im Wesentlichen damit, dass Stadtrat selbst festgestellt habe, dass seit 1. März 2017 die Käuferin die neu gebildete Liegenschaft mit sämtlichen Belastungen übernommen habe. Eine grundbücherliche Sicherstellung der Ergänzungsabgabe durch die jeweilige Gemeinde wäre ja ebenfalls nur am neu entstandenen Bauplatz möglich. Es sei daher üblich dem Käufer, der der Gemeinde bekannt gewesen sei, die Ergänzungsabgabe vorzuschreiben. Der Antrag auf Einverleibung des Eigentumes der Käuferin sei bereits vor dem 1. Juni 2017 erfolgt, die Rangordnung sei bereits im März 2017 beim Notar hinterlegt gewesen, sodass die Beschwerdeführerin ab diesem Zeitpunkt keinerlei Verfügungsmacht über den neu entstandenen Bauplatz gehabt habe. Allein aus diesen Gründen hätte die Vorschreibung an die Käuferin (außerbücherliche Eigentümerin seit März 2017) erfolgen müssen.

1.5. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2017 legte die Stadtgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Plänen, Gutachten sowie Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Stadtrates) vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt der Stadtgemeinde *** sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.

1.6. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführerin, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

2.2. NÖ Bauordnung 2014 idF LGBl. 1/2015:

Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland

§ 10. (1) Änderungen von Grundstücksgrenzen im Bauland sind vor ihrer Durchführung im Grundbuch der Baubehörde anzuzeigen. …

(2) Die Änderung von Grundstücksgrenzen muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Flächenwidmungsplans und des Bebauungsplans;

2. die Bebauung der neugeformten unbebauten Grundstücke im Bauland darf entsprechend den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans und der §§ 49 bis 54 (Anordnung von Bauwerken) nicht erschwert oder verhindert werden;

3. bei bebauten Grundstücken darf kein Widerspruch zu bautechnischen Ausführungsbestimmungen dieses Gesetzes oder einer Durchführungsverordnung (z. B. über die Beschaffenheit von Wänden an Grundstücksgrenzen) entstehen;

4. bei Grundstücken, die mit der öffentlichen Verkehrsfläche durch einen streifenförmigen Grundstücksteil verbunden werden (Fahnengrundstücke), muss dieser Grundstücksteil eine Mindestbreite von 3,5 m aufweisen.

(3) Der Anzeige nach Abs. 1 sind anzuschließen:

1. die Zustimmung der Eigentümer aller von der Änderung betroffenen Grundstücke;

2. ein von einem Vermessungsbefugten (§ 1 des Liegenschaftsteilungsgesetzes BGBl. Nr. 3/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 190/2013) verfasster Plan der Änderung der Grundstücksgrenzen, ausgenommen bei Vereinigungen von Grundstücken, von denen kein Straßengrund abzutreten ist (§ 12);

3. ein Antrag auf Bauplatzerklärung für wenigstens ein neugeformtes Grundstück, wenn noch keines der geänderten Grundstücke Bauplatz nach § 11 Abs. 1 ist. Dies gilt nicht für Grundstücke in Aufschließungszonen.

(5) Die Baubehörde hat innerhalb von 8 Wochen nach Einlangen der Anzeige auf der Anzeige und einem Duplikat, das dem Anzeigeleger zurückzustellen ist, zu bestätigen, dass die angezeigte Änderung nicht untersagt wird. Im Falle einer gleichzeitigen Bauplatzerklärung (§ 11), Grundabtretung (§ 12) oder Grenzverlegung (Abs. 8) ist anstelle der Bestätigung nach Rechtskraft der diesbezüglichen Entscheidung die Bezugsklausel anzubringen.

(6) Die Änderung der Grundstücksgrenzen im Bauland darf im Grundbuch durchgeführt werden, wenn auf der vorgelegten Anzeige

?    die Bestätigung der Nichtuntersagung (Abs. 5 erster Satz) oder

?    die Bezugsklausel (Abs. 5 zweiter Satz) angebracht ist und

?    das Grundbuchsgesuch vollinhaltlich der Anzeige nach Abs. 1 entspricht und

?    innerhalb von 2 Jahren ab dem Datum der Bestätigung oder der Bezugsklausel bei Gericht eingebracht wird.

(7) Jeder Beschluss des Grundbuchsgerichtes über die Durchführung einer Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland ist der Baubehörde zuzustellen. Gegen einen solchen Beschluss des Grundbuchsgerichtes steht der Gemeinde das Rechtsmittel des Rekurses zu.

Aufschließungsabgabe

§ 38. (1) Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2

         1.       ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt oder

         2.       eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z. 2, 3 und 5 erteilt wird.

Ergänzungsabgabe

§ 39. (1) Bei der Änderung der Grenzen von Bauplätzen (§ 10) ist für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert wird. Der Abgabentatbestand ist erfüllt, wenn auf der vorgelegten Anzeige und dem Duplikat die Bestätigung der Nichtuntersagung (§ 10 Abs. 5 erster Satz) oder die Bezugsklausel (§ 10 Abs. 5 zweiter Satz) angebracht wird (Datum der Bestätigung oder der Bezugsklausel). …

Die Höhe der Ergänzungsabgabe (EA) wird wie folgt berechnet:

Von der Summe der neuen Berechnungslängen wird die Summe der damaligen Berechnungslängen abgezogen. Der Differenzbetrag wird mit dem zur Zeit der Anzeige der Grenzänderung (§ 10) geltenden Bauklassenkoeffizienten und Einheitssatz multipliziert und das Produkt nach dem Verhältnis der neuen Berechnungslängen auf die neuen Bauplätze aufgeteilt;

z. B. 3 Bauplätze neu (1, 2, 3), 2 Bauplätze alt (a, b)

EA = [(BL1 + BL2 + BL3) – (BLa + BLb)] x BKK x ES

EA/m (Ergänzungsabgabe pro Meter) = EA : (BL1 + BL2 + BL3)

EA für Bauplatz 1 = EA/m x BL1

EA für Bauplatz 2 = EA/m x BL2

EA für Bauplatz 3 = EA/m x BL3

Erfolgt die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe für einen Bauplatz, der durch eine Teilfläche des Grundstücks vergrößert wurde, für das eine Vorauszahlung nach § 38 Abs. 2 vorgeschrieben wurde, sind die entrichteten Teilbeträge anteilsmäßig zu berücksichtigen. Der Anteil ergibt sich aus dem Verhältnis des Ausmaßes der Teilfläche zum Gesamtausmaß der Grundstücksfläche, für die die Vorauszahlung nach § 38 Abs. 2 entrichtet wurde. Bei der Berechnung der auf den Anteil entfallenden Vorauszahlung ist der Einheitssatz, der der Vorschreibung der Ergänzungsabgabe zu Grunde zu legen ist, heranzuziehen.

(4) Die Ergänzungsabgabe ist eine ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl.Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012. Für die Ergänzungsabgabe gelten die Bestimmungen des § 38 Abs. 4 bis 6 und 9 sinngemäß. Falls bisher kein Aufschließungsbeitrag und keine Aufschließungsabgabe eingehoben wurde, gilt auch § 38 Abs. 7 sinngemäß. Wenn eine Ergänzungsabgabe nach Abs. 1 für Bauplätze im Baulandbereich ohne Bebauungsplan vorzuschreiben ist, beträgt der Bauklassenkoeffizient mindestens 1,25, sofern auf den neugeformten Bauplätzen nicht Gebäude mit einer Höhe zulässig sind, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II. 

2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist begründet.

3.1.1.

In der Sache ist eingangs festzuhalten, dass sich das Beschwerdevorbringen im Wesentlichen auf die Frage reduzieren lässt, ob die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe durch die belangte Behörde überhaupt erfolgen durfte, da nach Ansicht der Beschwerdeführerin diese im Zeitpunkt der Vorschreibung der Abgabe nicht mehr Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstückes Nr. *** KG *** gewesen sei.

3.1.2.

Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH vom 25. Juni 2014, Zl. 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.

3.1.3.

Gemäß § 39 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 ist bei der Änderung der Grenzen von Bauplätzen (§ 10) für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert wird. Der Abgabentatbestand ist nach dieser Bestimmung erfüllt, wenn auf der vorgelegten Anzeige und dem Duplikat die Bestätigung der Nichtuntersagung (§ 10 Abs. 5 erster Satz) oder die Bezugsklausel (§ 10 Abs. 5 zweiter Satz) angebracht wird (Datum der Bestätigung oder der Bezugsklausel). § 39 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 wurde im Verhältnis zur Vorgängerbestimmung der NÖ Bauordnung 1996 zur Erleichterung für die Gemeinde neu formuliert, da diese die Akten nicht auf Frist legen muss, zumal bereits mit dem Abschluss des Verfahrens nach § 10 leg.cit. durch die Baubehörde der Abgabentatbestand erfüllt ist. Auch soll nicht an einen „zufälligen“ Zustellungszeitpunkt des Grundbuchsbeschlusses angeknüpft werden (vgl. Kienastberger/Stellner-Bichler, NÖ Baurecht, Anm. zu § 39, S. 199 f.).

Mit Vermerk vom 1. Juli 2017 bestätigte der Bürgermeister der Stadtgemeinde *** gemäß § 10 Abs. 5 NÖ Bauordnung 2014, dass die angezeigte Grenzänderung nicht untersagt werde.

Daraus folgt, dass der Abgabentatbestand gemäß § 39 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 erst am 1. Juli 2017 verwirklicht worden ist und der Abgabenanspruch zu diesem Zeitpunkt entstanden ist. In diesem Zusammenhang ist ferner darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Festsetzung von Abgaben nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat (vgl. VwGH vom 10. Dezember 2008, Zl. 2005/17/0055, und vom 7. Oktober 2005, Zl. 2005/17/0168).

Daraus folgt, dass die Erlassung des Abgabenbescheides des Bürgermeisters vom 1. Juni 2017 somit vor diesem Hintergrund zu beanstanden ist, da der Abgabenanspruch erst am 1. Juli 2017 entstanden ist. Der Abgabenbescheid ist somit - mangels entstandenem Abgabenanspruch - rechtswidrig erlassen worden.

3.1.4.

Abgabenschuldner gemäß § 38 Abs. 1 iVm § 39 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 ist der Grundstückseigentümer im Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches. Die Beantwortung der Frage, wer Eigentümer ist, richtet sich nach den einschlägigen Bestimmungen des Zivilrechtes unter Bedachtnahme auf den im § 431 ABGB verankerten Eintragungsgrundsatz. Nach der ständigen Rechtsprechung des OGH geht das Eigentum an einer veräußerten Liegenschaft grundsätzlich schon im Zeitpunkt des Einlangens des (vom Grundbuchsgericht erst später bewilligten und vollzogenen) Grundbuchsgesuches auf den Erwerber über (Urteil vom 22. September 1966, 5 Ob 256/66); daran ändert selbst eine nach Einlangen des Grundbuchsgesuches eingebrachte Löschungsklage nichts (Urteil vom 4. Juli 1985, 5 Ob 564/84). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat zur NÖ Bauordnung 1976 klargestellt, dass mit "Durchführung im Grundbuch" nicht der rechtskräftige Abschluss des Grundbuchsverfahrens zu versehen ist (vgl. VwGH vom 7. Oktober 1993, Zl. 91/05/0143). Vielmehr wurde unter Verweis auf § 102 Abs. 1 GBG dargelegt, dass der Vollzug des Bewilligungsbeschlusses im Grundbuch nach dem Inhalt des Beschlusses zu erfolgen hat und ein mehrstufiger Verfahrensablauf etwa in dem Sinne, dass der Vollzug erst nach Rechtskraft erfolgen dürfe, in jenem Gesetz nicht vorgesehen ist.

Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdeführerin seit 16. Juni 2017 nicht mehr Eigentümerin desverfahrensgegenständlichen Grundstückes, da zu diesem Zeitpunkt das Grundbuchsgesuch betreffend den Kaufvertrag vom 1. März 2017 eingebracht worden und mit Beschluss vom selben Tag entschieden worden ist.

Unabhängig davon, dass sich die Erlassung des Abgabenbescheides des Bürgermeisters vom 1. Juni 2017 vor dem Hintergrund, dass ein Abgabenanspruch zu diesem Zeitpunkt noch nicht entstanden war, als rechtswidrig erweist, ist hervorzuheben, dass im Zeitpunkt des (tatsächlichen) Entstehens der Abgabenanspruches am 1. Juli 2017 (i.e. Anbringung der Bezugsklausel) die Beschwerdeführerin nicht mehr Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstückes war. Daraus folgt, dass sie für dieses Grundstück auch nicht Abgabenschuldnerin der Ergänzungsabgabe nach der NÖ Bauordnung 2014 war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.6.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer wurde vom Beschwerdeführerin nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal im vorliegenden Fall ausschließlich Rechtsfragen zu erörtern waren (vgl. EGMR vom 5. September 2002, 42057/98, Speil/Austria).

3.2.    Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Ergänzungsabgabe; Abgabepflicht; Abgabenschuldner;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1330.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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