TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/13 99/07/0167

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Veröffentlicht am 13.04.2000
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
81/01 Wasserrechtsgesetz;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §1;
AVG §56;
AWG 1990 §2 Abs1 Z2;
B-VG Art131;
GewO 1994 §356b Abs6 Z3 idF 1997/I/063;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §31b Abs1;
WRG 1959 §31b;
WRG 1959 §32;
WRG 1959 §99 Abs1 litl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde 1) des HG,

2) der TR und 3) des SR, alle in Gnadenwald und alle vertreten durch Dr. Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, Salurnerstraße 15, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 30. August 1999, Zl. 680.102/01-I 6/99, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen,

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstücks Nr. 665/1, KG G., an welches das im Eigentum der Zweit- und Drittbeschwerdeführer stehende Grundstück Nr. 1386/1, KG T., angrenzt. Auf diesen Grundstücken wurde nach einer Melioration eine Rekultivierung vorgenommen, wobei ein beiderseits der Grenze verlaufender Graben von den Beschwerdeführern im gemeinsamen Zusammenwirken in der Weise aufgefüllt wurde, dass über eine Schotterlage unverrotteter Pferdemist mit hohem Einstreuanteil an Sägemehl geschüttet und darüber Erdmaterial aufgebracht wurde.

In einer vom Landeshauptmann von Tirol (LH) am 30. Jänner 1997 durchgeführten Verhandlung, deren Gegenstand neben der Berufungsangelegenheit des mit dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, 97/07/0144, entschiedenen Beschwerdefalles auch die angezeigte Mistablagerung bildete, wurden Auskunftspersonen gehört und von Amtssachverständigen aus den Fachgebieten der Geologie, des Pflanzenbaus, der Wasserwirtschaft und der Medizin gutachterliche Äußerungen erstattet.

Mit Bescheid vom 4. Juni 1997 trug der LH, gestützt auf die Bestimmungen der §§ 99 Abs. 1 lit. d, 138 Abs. 1 lit. b, 32 Abs. 2 lit. c und f WRG 1959 den Beschwerdeführern auf, die auf ihren jeweiligen Grundstücken "eigenmächtig vorgenommene Neuerung der mittelbaren Einwirkung auf die Beschaffenheit des Grundwassers durch Einbringung von Pferdemist vermischt mit Einstreu in den Unterboden" bis 31. März 2007 durch näher bezeichnete Maßnahmen zu sichern. Als solche Sicherungsmaßnahmen wurde vorgeschrieben, dass im Abstandsbereich von 20 m zur Grenze die Grundstücke der Beschwerdeführer nicht umgebrochen oder sonst in Ackerfläche umgewandelt und dass Eingriffe in den Boden unterlassen würden, die eine Entfernung der Grasnarbe zur Folge hätten; die Grasnarbe müsse pflegeleicht erhalten, dürfe nicht beweidet werden und müsse frei von jeder Düngung bleiben. Ebenso wurde als Sicherungsmaßnahme aufgetragen, näher genannte Quellen regelmäßig zu untersuchen.

Begründet wurde dieser Bescheid damit, dass die Einbringung von Pferdemist, vermischt mit Einstreu, in den Unterboden den Interessen des Grundwasserschutzes ebenso widerspreche wie den Schutzinteressen genutzter Quellen. Die betroffene Fläche liege in einem Gebiet, das als wasserrechtlich geschützt nach § 34 Abs. 2 WRG 1959 ausgewiesen werden solle. Eine Entfernung der Einbringungen berge durch die Erdarbeiten Gefahrenmomente in sich, weshalb eine entsprechende Sicherung der Ablagerungen durch Düngeverbote, Erhaltungspflicht, Verpflichtung zur Beibehaltung der Grasnarbe und laufender Überwachung der Quellen über einen längeren Zeitraum erforderlich sei. Die Gefährdung genutzter Quellen und der Umwelt erfordere es, Teile des Bescheides der aufschiebenden Wirkung einer Berufung zu entziehen.

In ihren gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen trugen die Beschwerdeführer vor, dass die Misteinbringung schon mehr als zwei Jahre zurückliege und mit Wissen der Behörde erfolgt sei. Von Organen der Landesregierung sei lediglich verlangt worden, dass zur Vermeidung einer Vermischung von Oberflächenwässern mit dem Mist eine Absicherung vorgenommen werde. Es liege keinerlei Gefährdung durch den eingebrachten Mist vor. Das ins Spiel gebrachte Quellschutzgebiet bestehe in Wahrheit nicht. Die im Bescheid genannten Mengen würden ebenso bestritten wie die darin getroffenen Ausführungen über den Gehalt der Einbringung an chemischen Substanzen.

Der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige führte aus, dass die Verfüllung des Grabens auf den Grundstücken mit einer untersten Schicht Schotter in einer Mächtigkeit von etwa 0,5 bis 1 m erfolgt, darauf frischer, nicht verrotteter Pferdemist in einer Mächtigkeit von 0,15 bis 0,4 m und als abschließende Schicht humose Erde in einer Mächtigkeit von 0,3 bis 0,6 m aufgebracht worden sei. Auf eine Fläche von etwa 600 m2 seien mindestens 120 m3 Pferdemist eingebaut worden, welche Menge mindestens 700 kg Reinstickstoff, große Mengen Phosphor (350 kg, wenn als P2O5 angegeben) und Kalium (mindestens 700 kg, wenn als K2O angegeben) enthalte. Die Ausbringungsfläche betrage etwa 0,06 ha, sodass die zulässigen Düngermengen pro Flächeneinheiten um ein Vielfaches überschritten worden seien. Es könne der eingebaute Pferdemist auch nur zu einem geringen Teil als Dünger wirksam werden, da sich die Hauptmasse der Pflanzenwurzeln oberhalb des Einbauhorizontes befinde. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge werde der Pferdemist biologisch abgebaut. Durch die Überschüttung mit humoser Erde werde die Sauerstoffversorgung für einen aeroben Abbau zu gering sein und dieser Abbau daher weitgehend anaerob ablaufen. In jedem Fall würden die im Pferdemist enthaltenen Nährstoffe mineralisiert und wasserlöslich. Sie würden mit einsickernden Niederschlagswässern ausgewaschen und in den Grundwasserkörper transportiert. Unter dem Pferdemist sei gut durchlässiger Schotter eingebracht worden, es seien am Standort des Weiteren gut durchlässige Sedimente vorhanden, die den lokalen Aquifer aufbauten, sodass eine Filterung der belasteten Sickerwässer nicht zu erwarten sei. Es würden beim Abbau des Pferdemistes auch Mikroorganismen freigesetzt, die in den Grundwasserkörper gelangten, wobei im Pferdemist auch pathogene Mikroorganismen oder Verbreitungseinheiten anderer pathogener Organismen enthalten seien und so ins Grundwasser gelangen könnten. Es sei damit von einer mehr als geringfügigen Beeinflussung des lokalen Grundwasserabstromes unter den Ablagerungen auszugehen, wobei sich die Dauer dieser Abbauvorgänge über Jahre erstrecken könne, da durch die Überschüttung mit humoser Erde der Abbau nur verzögert ablaufe. Die vom Landeshauptmann vorgesehenen Maßnahmen könnten nicht als ausreichend angesehen werden. Eine Beweissicherung der Quellen sei zwar unerlässlich, könne jedoch nicht die Beseitigung der Ursache ersetzen. Aus fachlicher Sicht seien die Ablagerungen von Pferdemist und der darüber geschüttete und nicht verunreinigungsfreie abtrennbare humose Boden zu entfernen. Dies sei wegen der relativ oberflächennahen Lagerung und der beschränkten Menge mit keinen Schwierigkeiten verbunden, während eine Sicherung schon aufgrund des hiefür erforderlichen Untersuchungsaufwandes zur Klärung der Möglichkeit der Sicherung jedenfalls mit größerem Aufwand verbunden sei. Da der Pferdemist unter einer Erdschicht begraben worden sei und langfristig Stoffe ins Grundwasser abgebe, seien er und die überlagernde Erdschicht aufgrund des Vorsorgegrundsatzes zu entfernen, wobei zum Schutz des Grundwassers der ursprüngliche Zustand dahin herzustellen sei, dass eine mindestens 1 m mächtige Bodenschicht frei von Humus auf den freigelegten Schotter aufzubringen sei, welcher näher genannten Anforderungen entsprechen müsse; darauf sei ein mindestens 0,3 m mächtiger humoser Bodenhorizont aufzubringen. Die von der Unterbehörde aufgetragenen Maßnahmen seien weder ausreichend noch einer zureichenden Überwachung und Vollstreckung zugänglich. Der Einbau von Pferdemist in den Graben sei auch nicht unter Auflagen bewilligungsfähig, weil er nicht dem Stand der Technik entspreche. Dass eine Beseitigung des eingebauten Pferdemistes mit einer Gewässergefährdung verbunden wäre, sei ein Argument des Landeshauptmannes, welches nicht nachvollzogen werden könne.

Die Beschwerdeführer rügten in einer zu diesem Gutachten erstatteten Stellungnahme, dass keine Befundaufnahme an Ort und Stelle unter ihrer Beiziehung stattgefunden habe, was umso mehr erforderlich gewesen sei, als sämtliche Annahmen der ersten Instanz über Grundflächenausmaß, Mistmengen, Stichproben und Zusammensetzung des Mistes nicht zuträfen. Es sei bislang kein Schaden eingetreten; Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel seien nicht hervorgekommen. Es habe die Behörde dem Einbau des Pferdemistes im Übrigen auch zugestimmt, weshalb eine Bewilligung vorliege, welche der Erteilung von Vorschriften an die Beschwerdeführer entgegenstehe. Es sei der diesbezügliche Aktenlauf der Gemeinde T. einzuholen. Auch die Berechnung der chemischen Zusammensetzung des Mistes sei unrichtig, weil nicht berücksichtigt worden sei, dass Mist, der frisch vom Stall auf ein Feld aufgetragen werde, in der chemischen Zusammensetzung anders sei als ein bereits unter freiem Himmel gelagerter Mist. Auch sei die Vermischung des Mistes mit anderen Materialien nicht berücksichtigt worden.

Hiezu nahm der Amtssachverständige der belangten Behörde dahin Stellung, dass zur Frage der Richtigkeit der Angaben über Mistmenge, Mistzusammensetzung und betroffene Fläche im erstinstanzlichen Akt ausreichende Angaben vorlägen, denen auf fachlicher Ebene nicht entgegengetreten werde. Die Menge an abgelagertem Pferdemist, vermischt mit Sägemehl, sei anhand von 20 Bohrprofilen ebenso festgestellt worden wie die flächenhafte Erstreckung der Ablagerung. Die vom Amtssachverständigen des LH zu diesen Fragen getroffenen Ausführungen seien fachlich nachvollziehbar. Gleiches gelte für die daraus abgeleiteten Nährstoffmengen; unter der Annahme, dass ein Kubikmeter Mist 0,85 t entspreche, ergebe sich daraus ein Gesamtstickstoffgehalt von 612 kg, ein Phosphatgehalt von 306 kg und ein Kaliumgehalt von 612 kg. Werde eine Tonne Mist einem Kubikmeter Mist gleichgesetzt (nach Verdichtung durch Einbau und Überschüttung mit Humus) würden sich die von den Sachverständigen der Erstinstanz genannten Zahlen hieraus ergeben. Eine neuerliche Untersuchung der betroffenen Ablagerungen könne keinen wesentlichen Wissenszuwachs erbringen, weil sich allenfalls der Rottezustand des Pferdemistes geändert habe, was jedoch nichts an der exorbitant hohen Nährstoffeinbringung pro Flächeneinheit ändere. Durch Rottevorgänge werde die Grenze zwischen humoser Deckschichte und Pferdemistablagerung mit der Zeit immer schwerer festzulegen sein, sodass sich eine Verifizierung der Mengenangaben der Erstinstanz mit hinreichender Genauigkeit nicht mehr bewerkstelligen lassen würde.

Nachdem zu diesem Gutachten eine weitere Stellungnahme der Beschwerdeführer nicht mehr einlangte, änderte die belangte Behörde aufgrund der Berufungen der Beschwerdeführer mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 4. Juni 1997 im hier interessierenden Umfang dahin ab, dass den Beschwerdeführern gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 aufgetragen wurde, den auf ihren jeweiligen Grundstücken eingebrachten Pferdemist, vermischt mit Einstreu, bis 31. August 2000 zu beseitigen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, dass die eigenmächtige Neuerung der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall in der konsenslosen Verfüllung eines Grabens mit verrottetem Pferdemist, vermischt mit Einstreumaterial, bestehe. Unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 32 Abs. 2 lit. c und f WRG 1959 führte die belangte Behörde aus, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Bewilligungspflicht nach der genannten Gesetzesstelle immer dann bestehe, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen sei, ohne dass es auf den Eintritt einer tatsächlichen Grundwasserverunreinigung ankomme. Aus den übereinstimmenden Ausführungen der Amtssachverständigen beider Instanzen ergebe sich nachvollziehbar, dass durch die Einbringung von Mist in der vorliegenden Art, Weise und Menge eine mehr als geringfügige Beeinflussung des Grundwassers zu befürchten sei. Eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung liege nicht vor, weil die gesetzlichen Grenzen für eine Stickstoffdüngung nicht eingehalten worden seien. Von Geringfügigkeit könne bei der Gefahr des Einbringens von Stickstoff in das Grundwasser keine Rede sein. Die Beschwerdeführer seien den Ausführungen der Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegnet und hätten diesen Ausführungen auch nichts Stichhaltiges erwidert, sondern sich auf laienhafte Bemerkungen der Art beschränkt, dass Mist nicht gleich Mist sei, mit welchen die Ausführungen der Amtssachverständigen aber nicht erfolgreich hätten entkräftet werden können. Dem Argument, die Gemeinde T. oder die Tiroler Landesregierung hätten die gegenständlichen Ablagerungen zugelassen, müsse entgegengehalten werden, dass eine für die gesetzte Maßnahme jedenfalls erforderliche wasserrechtliche Bewilligung tatsächlich nie erteilt worden sei. Eine Beseitigung der eigenmächtigen Neuerung sei nach den Ausführungen des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen möglich und gegenüber einer Sicherung auch nicht unverhältnismäßig. Es sei im Gegenteil eine Sicherung aufgrund des hiefür erforderlichen Untersuchungsaufwandes zur Klärung ihrer Möglichkeit mit größerem Aufwand verbunden; die von der ersten Instanz vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers reichten nicht aus und seien auch nicht vollstreckbar. Es seien die Beschwerdeführer auch den Vorschlägen des Amtssachverständigen zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nicht begegnet. Die Frist zur Durchführung der aufgetragenen Beseitigung sei mit einem Jahr bemessen worden, weil selbst medienbekannte Großdeponien in kurzer Zeit geräumt hätten werden können, sodass die Zeitstrecke eines Jahres für 300 m3 Pferdemist als ausreichend bemessen anzusehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführer die Bescheidaufhebung mit der aus dem Gesamtzusammenhang ihres Vorbringens erschließbaren Erklärung begehren, sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Unterbleiben eines an sie erlassenen wasserpolizeilichen Auftrages mangels Vorliegens der dafür bestehenden gesetzlichen Voraussetzungen als verletzt zu erachten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahren vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b) Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist.

Unter einer eigenmächtigen Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung - sofern sie dieser überhaupt zugänglich sind - einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1999, 99/07/0007, mit weiterem Nachweis).

Ob Organwalter welcher Behörden auch immer von den Maßnahmen der Beschwerdeführer Kenntnis hatten, wie die Beschwerdeführer vortragen, und sich zu diesen Maßnahmen in welcher Weise auch immer äußerten, ist für die Frage des Vorliegens einer eigenmächtigen Neuerung irrelevant, weil eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 Abs 1 WRG 1959 mit der Setzung einer wasserrechtlich bewilligungspflichtigen Maßnahme ohne Vorliegen der wasserrechtlichen Bewilligung verwirklicht wird. Das Vorliegen eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides für die von ihnen gesetzte Maßnahme aber wird auch von den Beschwerdeführern nicht behauptet.

Die Beschwerdeführer bestreiten die Zuständigkeit des LH zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides.

Die Zuständigkeit für die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages richtet sich nach der Zuständigkeit zur Bewilligung der vorgefundenen konsenslosen Neuerung zum Zeitpunkt der Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, 96/07/0216). Mit Rücksicht auf die Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides durch Zustellung an die Beschwerdeführer am 9. Juni 1997 hängt die von den Beschwerdeführern bestrittene Zuständigkeit des LH zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides im Beschwerdefall davon ab, ob der LH zu diesem Zeitpunkt zur Entscheidung über eine wasserrechtliche Bewilligung der von den Beschwerdeführern gesetzten Maßnahme zuständig gewesen wäre.

Nach der von den Behörden im Beschwerdefall als Bewilligungstatbestand gesehenen Bestimmung des § 32 Abs. 1 WRG 1959 in seiner durch die WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, gestalteten (und unverändert gebliebenen) Fassung sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Nach § 32 Abs. 2 lit. c leg. cit. bedürfen nach Maßgabe des Abs. 1 einer Bewilligung insbesondere Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Einbringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird.

Nach § 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 bedarf einer Bewilligung im Sinne des Abs. 1 jedenfalls das Ausbringen von Düngemitteln, ausgenommen auf Gartenbauflächen, soweit die Düngergabe (Wirtschaftsdünger wie Mist, Jauche und Gülle; Handelsdünger; Klärschlamm, Müllkompost und andere zur Düngung ausgebrachte Abfälle) auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Gründeckung 175 kg Reinstickstoff je Hektar und Jahr, auf landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Gründeckung einschließlich Dauergrünland oder mit stickstoffzehrenden Fruchtfolgen 210 kg Reinstickstoff je Hektar und Jahr übersteigt.

Nach § 99 Abs. 1 lit. d WRG 1959 in seiner zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides geltenden Fassung vor der WRG-Novelle 1997, BGBl. I 1997/74, war der Landeshauptmann, sofern nicht § 100 Anwendung findet, in erster Instanz zuständig für Einwirkungen auf die Beschaffenheit von Gewässern, die nicht allein aus Haushaltungen, kleingewerblichen Betrieben oder aus der Land- und Forstwirtschaft stammen, sowie für die Beseitigung von Abwässern von mehr als 1.000 Einwohnern.

Wäre die Bestimmung des § 32 WRG 1959 zum maßgebenden Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides tatsächlich der Sitz der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht der von den Beschwerdeführern gesetzten Maßnahme gewesen, dann käme es für die Beurteilung der Zuständigkeit des LH zur Bescheiderlassung darauf an, ob eine aus der gesetzten Maßnahme nach dem natürlichen Verlauf der Dinge zu erwartende (vgl. hiezu für viele das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1999, 99/07/0007, mit weiterem Nachweis) Gewässereinwirkung nicht etwa aus einem kleingewerblichen Betrieb oder aber aus der Land- und Forstwirtschaft stammend anzusehen gewesen wäre. Die von den Beschwerdeführern gesetzte Maßnahme unterlag zum maßgebenden Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides entgegen der behördlichen Beurteilung aber nicht der Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959, sondern jener nach § 31b WRG 1959.

Nach § 31b Abs 1 WRG 1959 in seiner damals geltenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 1997/59 bedurfte die Ablagerung von Abfällen - ausgenommen solcher, bei deren ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer einschließlich des Grundwassers nicht zu besorgen ist - sowie die Errichtung und der Betrieb der hiezu dienenden Anlagen einer wasserrechtlichen Bewilligung durch den Landeshauptmann; § 32 Abs 2 lit c fand keine Anwendung. Keiner Bewilligung bedurfte das ein Jahr nicht überschreitende ordnungsgemäße Bereithalten von Abfällen zur Verwertung oder zur sonstigen Behandlung.

§ 99 Abs. 1 lit. l leg. cit. normierte (und normiert unverändert) die Zuständigkeit des Landeshauptmannes für Anlagen zur Ablagerung von Abfällen. Die diese Zuständigkeit des Landeshauptmannes für gewerbliche Betriebsanlagen verdrängende, durch die BGBl I 1997/63 geschaffene Bestimmung des § 356b Abs 6 GewO 1994 (vgl. hiezu erneut das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1999, 99/07/0007) gehörte zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides dem Rechtsbestand noch nicht an, was eine Untersuchung der Betriebsanlagen der Beschwerdeführer auf ihre Eigenschaft als gewerbliche Betriebsanlagen und des Konnexes der von ihnen gesetzten Maßnahme zu einer solchen Betriebsanlage im Beschwerdefall erübrigt.

Die Bestimmung des § 31b WRG 1959 stellte jedenfalls in ihrer damals geltenden Fassung einen Spezialtatbestand dar, dessen Anwendbarkeit die Heranziehung der Vorschrift des § 32 Abs 2 lit c WRG 1959 ausdrücklich ausschloss (siehe etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1995, 93/07/0192).

Die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 31b Abs 1 WRG 1959 in ihrer damals geltenden Fassung auf die von den Beschwerdeführern gesetzte Maßnahme ergibt sich daraus, dass sie etwas abgelagert haben, was dem bei Anwendung dieser Norm heranzuziehenden Abfallbegriff des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (AWG) (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1995, 91/07/0105, mit weiterem Nachweis) zu subsumieren war, ohne dass einer der in § 31b Abs 1 WRG 1959 normierten Ausnahmefälle vorgelegen wäre.

§ 2 Abs. 1 Z 2 AWG definiert als Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes (auch) solche bewegliche Sachen, deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs 3) geboten ist; die im Klammerausdruck verwiesene Norm des § 1 Abs 3 AWG zählt zu den geschützten öffentlichen Interessen u.a. die menschliche Gesundheit (Z 1), die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen (Z 2) und die Hintanhaltung einer Umweltverunreinigung über das unvermeidliche Ausmaß hinaus (Z 3).

Nach § 2 Abs. 2 letzter Satz AWG ist die Erfassung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material (nur) dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs 3) geboten, wenn diese im Rahmen eines inländischen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.

Der im Beschwerdefall vorgenommene Einbau von Pferdemist in einen verfüllten Graben entsprach schon angesichts der von den Amtssachverständigen beurteilten Überschreitung zulässiger "Düngermengen" pro Flächeneinheit um ein Vielfaches jedenfalls keiner zulässigen Verwendung im Sinne der vorstehenden Gesetzesstelle, sodass nicht mehr geprüft werden musste, ob es in rechtlicher Hinsicht überhaupt ein land- und forstwirschaftlicher Betrieb war, in dem der Pferdemist anfiel, und ob die Verwendung auch im unmittelbaren Bereich des Betriebes erfolgte.

Soweit der Beschwerde der Vorwurf einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Umfang seiner Sachgrundlagenermittlung über Beschaffenheit, Zusammensetzung und Auswirkungen des in den Graben eingebauten Materials zu entnehmen ist, ist dieser Vorwurf unbegründet. Dem Gutachten des Amtssachverständigen der belangten Behörde, in welchem zuletzt auf die Durchführung von 20 Bohrprofilen durch die erstinstanzliche Behörde verwiesen und die Nachvollziehbarkeit der erstinstanzlich errechneten Materialmengen und der sich daraus ergebenden Nährstoffmengen dargestellt wurde, wussten die Beschwerdeführer nichts mehr entgegenzusetzen. Eine Gutachtenserwiderung auf gleicher fachlicher Ebene haben die Beschwerdeführer zu keiner Zeit unternommen; eine Unschlüssigkeit der Bekundungen des Amtssachverständigen wird von ihnen auch vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht aufgezeigt.

War das von den Beschwerdeführern in den Graben eingebaute Material damit als Abfall im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 zu beurteilen, dann unterlag die Ablagerung dieses Materials zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen wasserpolizeilichen Auftrages der Bewilligungspflicht des § 31b Abs 1 WRG 1959 in dessen zu diesem Zeitpunkt geltender Fassung. Das Vorliegen der Ausnahmebestimmung des letzten Satzes dieser Vorschrift wurde von den Beschwerdeführern nie behauptet und ist sachbezogen u.a. auch deswegen schon auszuschließen, weil es an der Ordnungsgemäßheit eines (ohnehin nicht vorgelegenen) Bereithaltens gefehlt hätte (vgl. hiezu das hg.Erkenntnis vom 21. September 1995, Slg. NF. Nr. 14.324/A). Auch die - in ihrer Verwirklichung von den Beschwerdeführern darzulegende - Ausnahmebestimmung der Parenthese des ersten Satzes des § 31b Abs 1 WRG 1959 (vgl. hiezu ebenso das soeben zitierte Erkenntnis) lag nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens über die Beeinflussung des lokalen Grundwasserstroms durch die Ablagerung nicht vor.

War der LH somit zum Zeitpunkt der Erlassung seines wasserpolizeilichen Auftrages auch die zuständige Bewilligungsbehörde für den der Bewilligungspflicht nach § 31b Abs 1 WRG 1959 in der damals geltenden Fassung unterliegenden vorgefundenen Zustand, dann war er deshalb auch zur Erlassung des von den Beschwerdeführern bekämpften wasserpolizeilichen Auftrages zuständig. Ob der LH zur Bescheiderlassung auch auf der Basis des von den Behörden beiden Instanzen angenommenen Bewilligungstatbestandes nach § 32 Abs 2 lit c WRG 1959 zuständig gewesen wäre, bedarf demnach keiner Prüfung.

Es verletzt auch keine Rechte der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde der Konsenslosigkeit der zum Anlass des wasserpolizeilichen Auftrages genommenen Maßnahme der Beschwerdeführer eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht nach einer anderen Vorschrift des Wasserrechtsgesetzes zugrunde gelegt hat als jener, auf Grund welcher die Bewilligungspflicht nach der vom Verwaltungsgerichtshof oben dargelegten Auffassung bestand. Tatbestandsvoraussetzung der Bestimmung des § 138 Abs 1 WRG 1959 im Umfang des Begriffes der "Eigenmacht" ist die Übertretung des Wasserrechtsgesetzes durch Setzung einer bewilligungspflichtigen Maßnahme ohne Bewilligung; welche Vorschrift des Wasserrechtsgesetzes durch konsensloses und deswegen eben als "eigenmächtig" im Sinne des § 138 WRG 1959 zu beurteilendes Vorgehen übertreten worden ist, hat für die Rechtmäßigkeit eines wasserpolizeilichen Auftrages keine Bedeutung (vgl. hiezu die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1997, 95/07/0014, ebenso wie die noch weiter gehenden Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1998, Slg.NF.Nr. 14.997/A, mit weiterem Nachweis).

Dass die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages - ohne Vorliegen des Antrages eines Betroffenen - ein öffentliches Interesse an der Beseitigung der eigenmächtigen Neuerung voraussetzt, wie die Beschwerdeführer geltend machen, trifft zu. Dieses öffentliche Interesse lag im Beschwerdefall aber auf der Hand in Form des in § 105 Abs. 1 lit e WRG 1959 festgeschriebenen Interesses an der Vermeidung einer nachteiligen Beeinflussung der Beschaffenheit des Wassers, die nach den unwiderlegt gebliebenen Bekundungen des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen im Falle eines Verbleibens der Ablagerungen auf Jahre hinaus drohte. Dass die belangte Behörde sich bei dieser Sachlage dafür entschied, in Wahrnehmung ihrer aus § 66 Abs 4 AVG erfließenden, von den Beschwerdeführern mit ihrem Vorbringen über die verfahrensrechtliche Unzulässigkeit eines solchen Vorgehens offensichtlich verkannten Befugnis zur umfassenden Abänderung des wirksam bekämpften Bescheides (vgl. die Nachweise im hg.Erkenntnis vom heutigen Tage, 97/07/0144) an Stelle der erstinstanzlich verhängten Rechtsfolge nach § 138 Abs 1 lit b WRG 1959 einen Entfernungsauftrag im Sinne des § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 zu erlassen, war nicht rechtswidrig. Welche im Verhältnis zu einer wirksamen Sicherung unverhältnismäßigen Schwierigkeiten die Beseitigung der Ablagerungen mit sich bringen sollte (vgl. hiezu nochmals das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1998, Slg.NF.Nr.14.997/A, ebenso wie das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, Slg.NF.Nr.13.980/A), zeigen die Beschwerdeführer nicht auf und ist auch sachbezogen nicht zu erkennen.

Gegen die Angemessenheit der von der belangten Behörde gesetzten Leistungsfrist tragen die Beschwerdeführer nichts vor; dass das Ende der - für die Entfernung von 300m3 Pferdemist mit einem Jahr gewiss nicht zu knapp bemessenen - Frist in die "Bewirtschaftungszeit zwischen zweitem und drittem Schnitt" fällt, wie die Beschwerdeführer rügen, ist kein Umstand, aus dem eine Unangemessenheit der in ihrer Gesamtlänge nicht als unangemessen zu beurteilenden und insoweit auch nicht bekämpften Leistungsfrist abgeleitet werden kann.

Die Beschwerde erwies sich damit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. April 2000

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Maßgebender Zeitpunkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999070167.X00

Im RIS seit

17.01.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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