TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/17 LVwG-S-2367/001-2017

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Veröffentlicht am 17.01.2018
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Entscheidungsdatum

17.01.2018

Norm

GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §81 Abs1
GewO 1994 §366 Abs1 Z3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch den Richter Mag. Gindl über die Beschwerde des WP, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 7. September 2017, Zl. WBS2-V-16 5404/5, betreffend Bestrafung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

2.   Das Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG eingestellt.

3.   Die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (in der Folge: belangte Behörde) vom 7. September 2017, Zl. WBS2-V-16 5404/5, wurde Herrn WP (in der Folge: Beschwerdeführer) Nachstehendes zur Last gelegt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:             14.03.2016, in der Zeit von 08.10 Uhr bis 17.05 Uhr

Ort:              Standort der Betriebsanlage: ***, ***,
Grundstück Nr. ***, KG ***

Tatbeschreibung:

Sie sind (wie im Zuge eines Lokalaugenscheines am 14.03.2016, um 10.40 Uhr sowie um 17.05 Uhr, durch eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt – Fachgebiet Anlagenrecht festgestellt wurde) als gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen Berufener (gewerberechtlicher Geschäftsführer) der Firma S Handelsgesellschaft m.b.H. mit Sitz in ***, ***, dafür verantwortlich, dass diese Betriebsanlage zur angeführten Zeit am oa. Standort betrieben wurde, obwohl die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 03.07.2014, Kennzeichen: WBW2-BA-04383/003, genehmigte Änderung der Betriebsanlage (durch Abänderung der Parkplätze auf dem Grundstück Nr. ***, Baufläche .***, EZ ***, KG ***) nicht konsensgemäß durchgeführt wurde (entgegen der Genehmigung bestand weder eine zentrale, schleppkurvengerechte mittige Parkplatzzufahrt, noch eine zur Fahrbahnachse parallele Anordnung der sechs Pkw-Abstellplätze zu je 2 Blöcken. Die Kraftfahrzeuge waren aufgrund der fehlenden Parkplatzmarkierungen im rechten Winkel zur Fahrbahnachse abgestellt, sodass eine wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf der LB *** gegeben war).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 74 Abs.2 Z.1 und 2 i.V.m. § 81 Abs.1 und § 366 Abs.1 Z.3 Gewerbeordnung 1994

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von             falls diese uneinbringlich ist,      Gemäß

                              Ersatzfreiheitsstrafe von

          600,00            60 Stunden § 366 Abs.1 Einleitungssatz

                                                                          Gewerbeordnung 1994

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der

Strafe, mindestens jedoch 10 Euro                                                         60,00

                                                    Gesamtbetrag:                             660,00“

Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht, mit E-Mail vom 4. Oktober 2017, Beschwerde erhoben. In dieser führte er im Wesentlichen Folgendes aus:

„BESCHWERDE-und Antrag auf eine öffentliche mündliche Verhandlung.

Es wird auf denn bis dato geführten Schriftverkehr, diverse Einsprüche und Beschwerden hingewiesen!

Als Ergänzung kommt dazu –in der Tatbeschreibung steht unteranderem-„bestand weder eine zentrale, schleppkurvengerechte mittige Parkplatzzufahrt“ verzeihen Sie bitte diese wurde durch die Straßenmeisterei errichtet!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Weiters schreiben Sie auf Seite 4 erster Absatz-Ich hätte auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2.3. 2017 nicht geantwortet-das ist eine grobe Unterstellung-in der Anlage übersende ich Ihnen mein Mail vom 12.3.2017 !!!!!!!!!!!!!!!!!!

Generell möchte ich sagen das ich mehr oder weniger genötigt wurde die alte Parkplatzordnung eben auf diese neue umzutauschen-dies hat für uns als Geschäftsbetreiber erhebliche Nachteile-dies wurde in mehreren Schreiben und Verhandlungen von mir vorgebracht!

Nunmehr musste ich feststellen das im derzeitigen Umbau der *** vis a vis der *** Tankstelle die gleiche Verkehrssituation mit noch zusätzlicher Kreuzung besteht –auch hier wurde der Gehsteig neu gemacht –und offensichtlich bleiben dort die Parkplätze bestehen-das wiederspricht komplett denn Argumenten auf Grund deren wir unsere Parkplätze völlig umgestalten mussten-wie kann das sein??????????? Gibt es vielleicht verschieden Zonen in ***??Ich erwarte daher diesbezüglich Ihre Antwort ansonsten werde

Aus dem Akt der belangten Behörde ergibt sich, dass mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juli 2014, Zl. WBW2-BA-04383/003, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage im Standort ***, ***, GstNr. ***, Bfl. .***, EZ ***, KG ***, durch Änderung der Parkplätze erteilt wurde.

Diese genehmigte Änderung war am 14. März 2016 nicht durchgeführt. Dies ergibt sich aus dem Aktenvermerk vom 16.03.2016. Ebenso wurde dies seitens der belangten Beschwerde auf Anfrage des erkennenden Gerichts bestätigt. Die belangte Behörde teilte weiter mit, dass auf Grund des Betriebsanlagenaktes der belangten Behörde sich ergebe, dass mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.03.1992, 12-B-8956/14, 12 Parkplätze auf Eigengrund genehmigt wurden (vgl. auch Baubeschreibung vom 25.07.1989). Ein bezughabender Lageplan, aus welchem die Situierung der 12 Parkplätze erkennbar wäre, ist im Akt nicht vorhanden.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. Es hat den angefochtenen Bescheid dabei – sofern es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet – auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu prüfen.

Auf Grund einer vom Beschuldigten oder bloß zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde darf im Erkenntnis keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid (§ 42 VwGVG).

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 € zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81f).

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Ziffern 1 bis 5 dieser Gesetzesstelle genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

Die Bestimmung des § 366 Abs. 1 Z 3 GewO enthält zwei Tatbestände. Zum einen ist strafbar, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert und zum anderen ist ebenso strafbar, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung nach (erfolgter) Änderung betreibt.

Nach dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, sondern nur eine solche, die geeignet ist, die im § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen. Ein Schuldspruch nach § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 muss daher, um das Erfordernis des § 44a Z 1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (vgl. VwGH 3.9.1996, 96/04/0093; 16.12.1986, 86/04/0091 etc).

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe die Änderung nicht konsensgemäß (entgegen der Genehmigung bestand weder eine zentrale, schleppkurvengerechte mittige Parkplatzzufahrt, noch eine zur Fahrbahnachse parallele Anordnung der sechs Pkw-Abstellplätze zu je 2 Blöcken. Die Kraftfahrzeuge waren aufgrund der fehlenden Parkplatzmarkierungen im rechten Winkel zur Fahrbahnachse abgestellt, sodass eine wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf der LB *** gegeben war) durchgeführt. Eine derartig abgeänderte Änderung (auch entsprechend der näheren Tatumschreibung) ist zweifelsfrei geeignet die Interessen des § 74 Abs. 2 Z. 4 GewO zu beeinträchtigen.

Auf Grund der Aktenlage ergibt sich jedoch auch zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer lediglich die genehmigte Änderung (mit Bescheid der belangten Behörde vom 03. Juli 2014, WBW2-BA-04383/003) nicht verwirklicht hatte. Dies bedeutet, dass der Aktenlage nach kein Gebrauch aus dieser Änderung gemacht wurde. Die genehmigte Änderung wurde nicht realisiert (weder begonnen noch umgesetzt). Dass eine Änderung vom ursprünglichen (ohne der Änderung vom 03. Juli 2014, WBW2-BA-04383/003) Konsens erfolgte, ergibt sich aus der Aktenlage nicht und wurde seitens der belangten Behörde mitgeteilt, dass mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.03.1992, 12-B-8956/14, 12 Parkplätze auf Eigengrund genehmigt wurden (vgl. auch Baubeschreibung vom 25.07.1989). Ein bezughabender Lageplan, aus welchem die Situierung der 12 Parkplätze erkennbar wäre, ist im Akt nicht vorhanden. Im Zweifel sei daher vom Bestand auszugehen.

Die (Änderungs-)Genehmigung stellt in der Sprache der Verwaltungsrechtwissenschaft eine Erlaubniserteilung dar. Der Träger dieser Genehmigung wird durch sie ermächtigt, den genehmigten Bau (die genehmigte Änderung) durchzuführen. Eine Verpflichtung hierzu besteht jedoch nicht. Daher sind auch die mit dem Bescheid verbundenen Auflagen nur "bedingte Polizeibefehle", die erst dann wirksam werden, wenn der Genehmigungswerber von der ihm erteilten Genehmigung Gebrauch macht.

Gegenständlich ergab sich aus der zweifelsfreien Aktenlage, dass der Beschwerdeführer bis zur Tatzeit nicht vom Änderungsgenehmigungsbescheid (vom 03. Juli 2014, WBW2-BA-04383/003) Gebrauch gemacht hatte. Eine Änderung dieses Konsenses erfolgte seitens des Beschwerdeführers nicht. Nach Mitteilung der belangten Behörde war – jedenfalls auch zu Gunsten des Beschwerdeführers – davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den ursprünglichen Genehmigungskonsens (Bescheid der belangten Behörde vom 18.03.1992, 12-B-8956/14) bis zum angelasteten Tatzeit belassen habe.

Es war daher gegenständlich spruchgemäß zu entscheiden.

Ergänzend wird ausgeführt, dass nach Mitteilung der belangten Behörde zwischenzeitlich von der Änderungsgenehmigung (Bescheid vom 03. Juli 2014, WBW2-BA-04383/003) Gebrauch gemacht und dieser Kosens umgesetzt wurde.

Zur Nichtzulassung der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG, welcher grundsätzliche Bedeutung zukommt, war gegenständlich nicht zu lösen, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Schlagworte

Gewerberecht; Verwaltungsstrafe; Änderung; Genehmigung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.2367.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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