TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/6 VGW-101/073/13707/2017

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Veröffentlicht am 06.11.2017
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Entscheidungsdatum

06.11.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §42 Abs3
AVG §44a
AVG §44b

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Linkenhöller über die Beschwerde des Herrn Ing. Mag. K. S., …, gegen den Bescheid des Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft vom 04.07.2017, Zahl: BMWFW-556.050/0211-III/4a/2017, nach Beschwerdevorentscheidung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft vom 12.09.2017, Zl. BMWFW-556.050/0281-III/4a/2017

zu Recht e r k a n n t:

I Die Beschwerdevorentscheidung wird bestätigt und die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid vom 4.7.2017 erteilte die belangte Behörde der X. AG die starkstromwegerechtliche Bau- und Betriebsbewilligung gemäß §§ 3 und 7 Starkstromwegegesetz 1968 für das Vorhaben „Generalerneuerung der 220 kV-Leitung St. – E. (Systeme 203/204)“.

Die fristgerecht dagegen eingebrachte Beschwerde wies sie mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.9.2017 mangels Parteistellung als unzulässig zurück.

Mit Vorlageantrag vom 25.9.2017 brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, seine Parteistellung sei durch die gesetzliche Interessensvertretung der Landwirtschaftskammer … bzw. OÖ …, die als sein indirekter Stellvertreter aufgetreten sei, ohne dass sein Name aufgeschienen sei, gewahrt worden. Er habe darauf vertraut, in dem Verfahren von der Kammer vertreten zu werden, soweit er nicht auch selber Einwendungen aufgreife. Am Verhandlungstag habe er sich dann in direkter Stellvertretung den Einwendungen der Kammer angeschlossen, seine Einwendungen kurz formuliert und schriftlich dazu gegeben. Er erfahre jetzt zum ersten Mal, dass er präkludiert sein solle. Die Kundmachung sei nur knapp davor in Zeitungen gemacht worden, die er nicht lese. Edikt in Zeitungen kundzumachen sei alter Tobak, also nicht mehr zeitgemäß, der Gesetzgeber=Wahldiktator schlafe hier anscheinend. Die X. habe quasi die Arbeit und Vertretung der Behörde übernommen und dem Beschwerdeführer den Projektauflagentermin und Verhandlungstermin bekannt gegeben. Er habe daher der X. seine Einwendungen zukommen lassen und sei der Meinung gewesen, diese würde bzw. müßte sie an die Behörde weiterleiten, da ihm das Edikt nicht zugestellt worden sei und er Informationen nur über die X. erhalten habe, habe er diese als verlängerten Arm der Behörde angesehen. Der Hinweis auf die Rechtsfolgen des §44b AVG sei in den Projektsunterlagen nicht angegeben gewesen, ein Mangel, der nicht hätte passieren dürfen.

Weitere Ausführungen bezogen sich auf inhaltliches Vorbringen zum Verfahren.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die in diesem Verfahren wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen lauten:

§ 41. (1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies an der Amtstafel der Gemeinde, durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung oder durch Verlautbarung im elektronischen Amtsblatt der Behörde kundzumachen.

(2) Die Verhandlung ist so anzuberaumen, daß die Teilnehmer rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können. Die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung hat die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten. Falls für Zwecke der Verhandlung Pläne oder sonstige Behelfe zur Einsicht der Beteiligten aufzulegen sind, ist dies bei der Anberaumung der Verhandlung unter Angabe von Zeit und Ort der Einsichtnahme bekanntzugeben.

§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.

(1a) Die Kundmachung im Internet unter der Adresse der Behörde gilt als geeignet, wenn sich aus einer dauerhaften Kundmachung an der Amtstafel der Behörde ergibt, dass solche Kundmachungen im Internet erfolgen können und unter welcher Adresse sie erfolgen. Sonstige Formen der Kundmachung sind geeignet, wenn sie sicherstellen, dass ein Beteiligter von der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.

(3) Eine Person, die glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, rechtzeitig Einwendungen zu erheben, und die kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, kann binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses, jedoch spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache bei der Behörde Einwendungen erheben. Solche Einwendungen gelten als rechtzeitig erhoben und sind von jener Behörde zu berücksichtigen, bei der das Verfahren anhängig ist.

(4) Versäumt derjenige, über dessen Antrag das Verfahren eingeleitet wurde, die Verhandlung, so kann sie entweder in seiner Abwesenheit durchgeführt oder auf seine Kosten auf einen anderen Termin verlegt werden.

Großverfahren

§ 44a. (1) Sind an einer Verwaltungssache oder an verbundenen Verwaltungssachen voraussichtlich insgesamt mehr als 100 Personen beteiligt, so kann die Behörde den Antrag oder die Anträge durch Edikt kundmachen.

(2) Das Edikt hat zu enthalten:

1.den Gegenstand des Antrages und eine Beschreibung des Vorhabens;

2.eine Frist von mindestens sechs Wochen, innerhalb derer bei der Behörde schriftlich Einwendungen erhoben werden können;

3.den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 44b;

4.den Hinweis, dass die Kundmachungen und Zustellungen im Verfahren durch Edikt vorgenommen werden können.

(3) Das Edikt ist im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weitverbreiteter Tageszeitungen und im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ zu verlautbaren. Ist in den Verwaltungsvorschriften für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung eine besondere Form vorgesehen, so ist der Inhalt des Edikts darüber hinaus in dieser Form kundzumachen; im übrigen kann die Behörde jede geeignete Form der Kundmachung wählen. In der Zeit vom 15. Juli bis 25. August und vom 24. Dezember bis 6. Jänner ist die Kundmachung durch Edikt nicht zulässig.

§ 44b. (1) Wurde ein Antrag durch Edikt kundgemacht, so hat dies zur Folge, daß Personen ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht rechtzeitig bei der Behörde schriftlich Einwendungen erheben. § 42 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Der Antrag, die Antragsunterlagen und die vorliegenden Gutachten der Sachverständigen sind, soweit sie nicht von der Akteneinsicht ausgenommen sind, während der Einwendungsfrist bei der Behörde und bei der Gemeinde zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Die Beteiligten können sich hievon Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann den Beteiligten auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden. Erforderlichenfalls hat die Behörde der Gemeinde eine ausreichende Anzahl von Kopien oder Ausdrucken zur Verfügung zu stellen.

Die X. AG beantragte mit Schreiben vom 30.3.2016 die starkstromwegerechtliche Bau- und Betriebsbewilligung gemäß §§ 3 und 7 Starkstromwegegesetz 1968 für das Vorhaben „Generalerneuerung der 220 kV-Leitung St. – E. (Systeme 203/204)“. Die belangte Behörde machte dies mit Edikt kund, das am 12.7.2016 in der Wiener Zeitung sowie der Kronenzeitung und den Oberösterreichischen Nachrichten verlautbart wurde. Darin wurde auf die Rechtsfolgen des § 44b AVG hingewiesen, das Ende der Frist war der 8.9.2016.

Aufgrund einer am 20.12.2016 eingereichten Projektmodifikation wurde am 17.1.2017 in den oben angeführten Zeitungen darüber eine Verlautbarung per Edikt veranlasst, in dem unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 44b AVG das Fristende zur Erhebung von Einwendungen mit 2.3.2017 genannt wurde.

Die Voraussetzungen Anwendung der Sonderbestimmungen für Großverfahren gemäß §§ 44a ff AVG lagen gegenständlich vor. Aufgrund des Antrags konnte die Behörde davon ausgehen, dass mehr als 100 Personen an der Sache beteiligt sein würden.

Die Kundmachung des verfahrenseinleitenden Antrags und Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Großverfahren entsprach den Anforderungen des § 44a Abs. 2 AVG, insbesondere enthielten beide Edikte einen präzisen Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 44b AVG.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Verhandlung und somit außerhalb der in den Edikten gesetzten Fristen war verspätet und unterliegt somit aus diesem Grund der Präklusion.

In dem Umstand, dass der Beschwerdeführer die drei Zeitungen, in denen das Edikt verlautbart wurde, nicht liest und darüber hinaus eine Kundmachung per Edikt für veraltet hält, ist kein unvorhergesehenes, unabwendbares Ereignis im Sinne des § 42 Abs. 3 AVG zu erblicken. Nicht anderes hat für die irrigen Rechtsansichten von einer fristwahrenden indirekten Stellvertretung durch die Landwirtschaftskammer, einer Funktion der X. als verlängerter Arm der Behörde sowie die Annahme, auch in den Projektsunterlagen hätte auf die Rechtsfolgen des § 44b AVG hingewiesen werden müssen, zu gelten.

Im Übrigen wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen, wonach § 44b Abs 1 AVG die rechtzeitige schriftliche Erhebung von Einwendungen bei der Behörde fordert, um den Verlust der Parteistellung zu vermeiden. Unter "rechtzeitig" ist jedoch die Erhebung von Einwendungen ausschließlich während der im Edikt festgesetzten, mindestens sechswöchigen Frist zu verstehen. Die bereits vor Veröffentlichung des Ediktes über die Kundmachung des verfahrenseinleitenden Antrages und der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung erstattete Stellungnahme der Partei vermag somit ein Tätigwerden der Partei innerhalb der im Edikt angegebenen Frist nicht zu ersetzen (vgl. VwGH vom 21.10.2014, 2012/03/0112).

Infolge Präklusion war der Beschwerdeführer nicht zur Erhebung einer Beschwerde befugt.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerdevorentscheidung; Parteistellung; Präklusion; Präklusionsfolgen; Kundmachung; Großverfahren; Edikt; Einwendung; Quasi-Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.101.073.13707.2017

Zuletzt aktualisiert am

21.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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