TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/12 VGW-151/070/4503/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.01.2018
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Entscheidungsdatum

12.01.2018

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

NAG §11 Abs1
NAG §11 Abs2
NAG §11 Abs4
NAG §11 Abs5
NAG §64 Abs1
NAG-DV §7
NAG-DV §8 Z7 lita
ASVG §292 Abs3
ASVG §293

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. KLOPCIC über die Beschwerde der, geb. am ... 1994, Staatsangehörigkeit Ukraine, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien, Magistratsabteilung 35 vom 13.02.2017, Zl. MA35-9/3137381-01, mit welchem der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ gem. § 64 Abs. 1 iVm § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG abgewiesen wurde, nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.09.2017 zu Recht erkannt:

I. In Erledigung der Beschwerde wird J. S. gemäß § 64 Abs. 1 iVm § 20 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 84/2017 eine Aufenthaltsbewilligung „Studierende“ für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Beschwerdeführerin, eine ukrainische Staatsangehörige, stellte am 18.07.2016 im Wege der ÖB Kiew vom Ausland aus, eingelangt am 26.07.2016, beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35 einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gem. § 64 Abs. 1 NAG zum Zwecke der Absolvierung des Bachelorstudiums „Internationale Betriebswirtschaft“ an der Universität Wien.

Diesem Antrag wurden diverse Unterlagen zum Nachweis der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen im Sinne des § 7 Abs. 1 und § 8 Z 7 lit. a NAG-DV für die beantragte Aufenthaltsbewilligung in Kopie beigefügt.

I.2. Daraufhin wurde die Beschwerdeführerin von der Verwaltungsbehörde mit Schreiben vom 09.01.2017 gem. § 45 Abs. 3 AVG vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.

Die belangte Behörde gelangte darin zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin zwar einen ausreichenden Lebensunterhalt in Höhe des anzuwendenden Richtsatzes des ASVG vorgelegt, jedoch keinen Nachweis über die Herkunft des Geldes erbracht habe. Ihr Lebensunterhalt sei daher nicht als gesichert anzusehen, weshalb nicht ausgeschlossen werden können, dass ihr Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Zumal eine Interessenabwägung im Sinne des § 11 Abs. 3 NAG nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausfalle, sei geplant den gegenständlichen Antrag abzuweisen.

Dieses Schreiben wurde an die Hauptwohnsitzadresse des bevollmächtigten Vertreters der Beschwerdeführerin in Österreich mittels Hinterlegung beim zuständigen Zustellpostamt übermittelt, und wurde vom Zustelldienst nach Ablauf der Zustellfrist mit dem Vermerk „retour nicht behoben“ an die Verwaltungsbehörde rückgemittelt.

I.3. Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 13.02.2017, Zl. MA35-9/3137381-01, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 18.07.2016 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Studierende“ nach dem Bundesgesetz über die Niederlassung und Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-NAG) gem. § 64 Abs. 1 iVm § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 und § 11 Abs. 3 NAG mit der bereits im Schreiben vom 09.01.2017 dargestellten Begründung abgewiesen.

I.4. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin wiederum an die Hauptwohnsitzadresse des bevollmächtigten Vertreters der Beschwerdeführerin in Österreich mittels Hinterlegung beim Zustellpostamt ... am 21.02.2017 zugestellt. In der Folge langte am 13.03.2017 ein E-Mail einer im bisherigen Verfahren noch nicht aufgetretenen Person bei der Verwaltungsbehörde ein, in dem vorgebracht wurde, dass die Beschwerdeführerin die Pauschalgebühr für die Beschwerde bezahlt habe und höflichst um Durchsicht der beigefügten Unterlagen ersuche. Ihr Lebensunterhalt solle durch finanzielle Unterstützungen einer in London lebenden Cousine gesichert werden.

I.5. Die Verwaltungsbehörde nahm von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung gem. § 14 VwGVG Abstand und legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien mit Schreiben vom 24.03.2017 vor. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG verzichtet. Die gegenständliche Rechtssache wurde bei dieser Gerichtsabteilung am 28.03.2017 anhängig.

I.6. In der Folge richtete das Verwaltungsgericht Wien sowohl an die Beschwerdeführerin als auch an die Absenderin mit E-Mail vom 10.04.2017 einen Auftrag zur Behebung eines Mangels gemäß § 13 Abs. 4 AVG bzw. § 10 Abs. 2 iVm. § 13 Abs. 3 AVG und forderte sie gleichzeitig gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG auf, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides stützt, sowie ein Beschwerdebegehren nachzureichen.

I.7. Nach Antrag auf Erstreckung der hiezu vom Verwaltungsgericht Wien eingeräumten Frist langte mit Schriftsatz ihres nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreters am 03.05.2017 die Verbesserung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein.

Entscheidungsrelevant wurde vorgebracht, dass der bevollmächtigte Vertreter die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme der Beschwerdeführerin nicht übermittelt habe und sie daher erst nach Zugang des angefochtenen Bescheids von der Existenz dieses Schreibens erfahren habe. Dies sei auch der Grund warum sie sich im verwaltungsbehördlichen Verfahren dazu nicht geäußert habe.

Die Beschwerdeführerin habe im Juli 2016 und im April 2017 einen Betrag von EUR 8.000,00 bzw. EUR 4.000,00 zur Absicherung ihres Lebensunterhaltes während des beabsichtigten Studiums in Österreich von einer in London lebenden Cousine erhalten. Zudem habe sie selbst Ersparnisse iHv. EUR 320,00 auf ihr österreichisches Konto eingezahlt. Diese namentlich genannte Cousine sei in Großbritannien daueraufenthaltsberechtigt und verfüge mittels einer seit Oktober 2015 ununterbrochenen unselbstständigen Beschäftigung bei einem namentlich genannten Unternehmen über ein Jahresgehalt von brutto GBP 40.000,00 zuzüglich Bonuszahlungen. Dies würde einem monatlichen Nettogehalt von GBP 2.455,00, umgerechnet rund EUR 2.900,00 entsprechen. Die Beschwerdeführerin verfüge zudem über einen am 01.01.2016 abgeschlossenen Mietvertrag über eine möblierte Eigentumswohnung im Ausmaß von 44 m² zu einer Bruttogesamtmiete von monatlich EUR 650,00. Sie plane nach erfolgter Einreise den Abschluss einer studentischen Selbstversicherung gemäß § 16 ASVG.

Die Beschwerdeführerin verfüge daher nunmehr über ein Sparvermögen von rund EUR 12.000, dessen legale Herkunft aus dem Arbeitseinkommen der Cousine durch die der Beschwerde beigefügten Unterlagen nachgewiesen sei. Zumal die Beschwerdeführerin erst 22 Jahre alt sei, sei im Beschwerdefall der halbe Einzelpersonen-Richtsätze des ASVG in Höhe von derzeit monatlich EUR 491,43 anzuwenden. Unter Berücksichtigung der regelmäßigen Aufwendungen für die Miete verfüge die unverheiratete Beschwerdeführerin somit über ausreichende Unterhaltsmittel für die Dauer der Gültigkeit der beantragten Aufenthaltsbewilligung.

Letztlich wurden nach vorherigem ausdrücklichem Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Studierende“ stattzugeben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

I.8. Aufgrund dieser Unterlagen forderte das Verwaltungsgericht Wien von der Beschwerdeführerin nachfolgend mehrfach weitere Nachweise insbesondere zu den Einkommensverhältnissen der in London lebenden Cousine und deren Familie an und forderte sie zur besseren Klarstellung auf, zu den jeweils bis zu diesem Zeitpunkt eingelangten Unterlagen ein ergänzendes Vorbringen zu erstatten. Auf diese Weise langten bis 28.08.2017 vereinbarungsgemäß mehrere umfangreiche Konvolute an aktuellen Unterlagen und Nachweisen in Bezug auf die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Aufenthaltsbewilligung beim Verwaltungsgericht Wien ein.

I.9. In der Folge führte das Verwaltungsgericht Wien umgehend am 18.09.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Diese Beschwerdeverhandlung nahm folgenden Verlauf:

„Der Verhandlungsleiter prüft die Stellung der Anwesenden sowie die etwaigen Vertretungsbefugnisse.

Der Verhandlungsleiter bezeichnet den Gegenstand der Verhandlung und fasst den bisherigen Gang des Verfahrens zusammen.

Eröffnung des Beweisverfahrens:

Auf die Verlesung des gesamten Akteninhaltes wird verzichtet; dieser gilt somit als verlesen.

Der Verhandlungsleiter gibt den Parteien Gelegenheit sich zum Gegenstand der Verhandlung zu äußern.

Vorgelegt wird der aktuelle Reisepass, eine vom 27.7.2017 bis 26.7.2018 gültige ukrainische Krankenversicherung, die Anmeldebestätigung für einen Deutschkurs im Wintersemester 2017 und drei Einzahlungsbelege (zwei mit dem exakt gleichem Datum und Uhrzeit) vom 07.06.2017 und 04.09.2017 über die Einzahlung der Prüfungstaxe für die Ergänzungsprüfungen aus Deutsch, Englisch und Mathematik.

Die Beschwerdeführerin gibt zu Protokoll:

Ich habe am 14.06.2017 die Ergänzungsprüfung aus Englisch bereits bestanden. Am 12.09.2017 legte sie den schriftlichen Teil der Prüfung aus Deutsch und am 14.09.2017 den schriftlichen Teil aus Mathematik ab. Ergebnisse habe ich noch keine erhalten. Nachgefragt, eine Bestätigung über die Ergänzungsprüfung aus Englisch habe ich nicht.

Von Mai bis September 2017 habe ich mich bei meiner Schwester in Polen aufgehalten bzw. bin ich auch in andere Mitgliedsstaaten gereist. Im Juli bis 10. August 2017 war ich in der Ukraine.

In Österreich habe ich mich in diesem Zeitraum von 24.08.2017 bis 28.8.2017 und wieder ab 11.09.2017 aufgehalten.

Ich bin derzeit in Österreich nicht gemeldet und verfüge auch nicht über einen alle Risken abdeckenden in Österreich leistungspflichtigen Krankenversicherungsschutz. Ich plane bei der WGKK einen Antrag auf studentische Selbstversicherung zu stellen.

Meinen Lebensunterhalt werde ich durch finanzielle Unterstützungen seitens meiner in England Lebenden Cousine decken. Ich verfüge derzeit über ein Guthaben auf meinem Girokonto in der Höhe von rund 12.000,00 Euro. Dieses Geld stammt von meiner Cousine, die mir es unter der Bedingung geschenkt hat, dass ich meine Zeit in Österreich ausschließlich meinem Studium widme und möchte neben dem Bachelorstudium auch eine weitere Sprache (Französisch) sowie ein Erweiterungs-Curriculum in internationales Recht und Privatrecht belegen.

Befragt, meine Cousine arbeitet in einer Recruiting-Firma, ebenso wie ihr Ehemann, beide verdienen ca. 31.000,00 Pfund pro Jahr netto (umgerechnet 35.000,00 Euro).

Die in der Stellungnahme von 28.7.2017 dargelegte Aufstellung der Lebensunterhaltskosten bezieht sich auf die Ausgaben meiner Cousine. Wie viel Ihr Mann verdient, hat sie nicht gesagt.

Ich lege nunmehr einen Auszug vom 10.3.2017 betreffend dem Sparkonto meiner Cousine vor, aus welchem hervorgeht, dass sie in den letzten Jahren sich regelmäßig Geld ersparen konnte. Nachgefragt, ob dieses Geld mir zur Verfügung gestellt wurde, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass diese Sparkonto nicht mehr besteht und jetzt ein neues eröffnet wurde. Meine Cousine hat mir im Juli 2016 einmal 8.000,00 und ein zweites Mal 4.000,00 Euro übergeben. Ich habe dieses Geld auf ein Konto bei der „Winter Bank“ eingezahlt, jedoch dieses Konto nach Abweisung meines Antrages auf das jetzige Konto bei der Erste Bank in bar einbezahlt.

Auf Vorhalt des vorgelegten Kontoauszuges, die Einzahlung von Ma. M. ist eine finanzielle Unterstützung meiner Mutter, die ich zwischenzeitlich bar rückbezahlt habe, dies mit Geld das ich von meinem in Bar in der Ukraine erhalten habe.

Mein Vater lebt mit einer anderen Familie und habe ich kaum Kontakt zu ihm. Ich weiß, dass er ein internationales Unternehmen in der Ukraine hat, im Bereich der Arbeitskräfteüberlassung. Er unterstützt mich regelmäßig bedarfsorientiert. Im Schnitt erhalte ich zwischen 500,00 und 1.000,00 Euro pro Monat. Dieses Geld verwende ich zur Abdeckung des Lebensunterhaltes in der Ukraine und in Österreich. Er weigert sich, mein Studium zu finanzieren und deshalb wird dies von meiner Cousine zur Gänze finanziert.

Nachgefragt, ich werde nach Erteilung des beantragten Titels in Österreich leben, damit ich meinem Studium nachkommen kann.

Meine aktuelle Miete beträgt 660,00 Euro.

Ich befinde mich seit SS 2017 im Vorstudienlehrgang und würde bei Bestehen der beiden letzten Ergänzungsprüfungen mit WS 2017/18 bereits als ordentliche Studierende an der Uni Wien aufgenommen werden. Ich plane eine Krankenversicherung bei der WGKK im Wege der Selbstversicherung abzuschließen. Nachgefragt, diese kann ich derzeit deshalb noch nicht vorlegen, weil ich mich noch nicht amtlich gemeldet habe und ich daher noch keinen offiziellen Wohnsitz in Österreich habe.

Schluss des Beweisverfahrens

Der BFV verzichtet auf Schlussausführungen.

Auf die Verlesung der Verhandlungsschrift wird verzichtet.

Eine unkorrigierte Kopie der Verhandlungsschrift wird der Partei ausgehändigt.

Ende der Verhandlung: 16.02 Uhr“

Am Ende der Verhandlung verkündete der erkennende Richter die vorliegende Entscheidung.

I.10. Schließlich übermittelte der Rechtsvertreter vereinbarungsgemäß am folgenden Tag per E-Mail eine Kopie der Bestätigung über die Anmeldung zur Krankenversicherung gem. § 16 ASVG.

I.11. In der Folge übermittelte das Verwaltungsgericht Wien den nicht anwesenden Verfahrensparteien gem. § 29 Abs. 5 VwGVG das Verhandlungsprotokoll mit Schreiben vom 18.09.2017. Mit Eingabe vom 26.09.2017 wurde seitens des Bundesministers für Inneres fristgerecht ein Antrag auf schriftliche Ausfertigung gem. § 29 Abs. 2a iVm 4 VwGVG gestellt.

I.12. Auf schriftliche Anfrage vom 18.09.2017 teilte die Direktion des Vorstudienlehrgangs am 19.09.2017 mit, dass die Beschwerdeführerin die Ergänzungsprüfung „Englisch“ im Juni 2017 erfolgreich abgelegt habe, die beiden schriftlichen Prüfungen hinsichtlich Mathematik und Deutsch jedoch nicht bestanden worden seien. Für das Wintersemester 2017/18 sei sie bei einem Kooperationspartner für einen Deutschkurs eingeschrieben.

II. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen

II.1. Folgender für die Entscheidung maßgeblicher Sachverhalt wird festgestellt:

Die Beschwerdeführerin wurde am ... 1994 in Kiev geboren und ist ukrainische Staatsangehörige; ihr (nicht biometrischer) Reisepass weist eine Gültigkeit bis 21.11.2022 auf.

Sie stellte vom Ausland aus persönlich am 18.07.2016 im Wege der ÖB Kiev, eingelangt am 26.07.2016, beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35 den gegenständlichen Erstantrag gem. § 64 Abs. 1 NAG auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Studierende“ zum Zwecke der Absolvierung eines Studiums an der Universität Wien.

Die Beschwerdeführerin absolvierte in der Zeit von 2000 bis 2012 die Grund- und Hauptschule in ihrem Heimatort Z. und schloss die Reifeprüfung mit „ausgezeichnetem Erfolg“ ab. In dieser Zeit erweiterte sie ihre Fremdsprachenkenntnisse unter anderem durch die Teilnahme an Austauschprogrammen.

Nach Beendigung ihrer Schulausbildung begann sie im Oktober 2012 an einer Universität in Kiew das Studium „Bankwesen“, das sie jedoch mangels ausreichenden Interesses nach einem Jahr abbrach. In der Folge lebte sie wieder bei ihrer Mutter in ihrem Heimatort und hielt sich in dieser Zeit zu zahlreichen Auslandsaufenthalten in diversen europäischen Staaten auf. Sie nützte die Zeit von 2013 bis 2016 zur beruflichen Neuorientierung und Persönlichkeitsfindung und Intensivierung ihrer familiären Kontakte im europäischen Ausland für eine Neuorientierung und eine Planung ihrer weiteren persönlichen und beruflichen Lebensplanung. Im Zuge eines Aufenthaltes in Österreich bei Bekannten erkundigte sie sich über interessante Studienmöglichkeiten in Österreich und entschloss sich zu einem Studium an der Universität Wien.

Die Beschwerdeführerin wurde in der Folge mit Bescheid der Universität Wien vom 28.06.2016 gemäß §§ 63 Abs. 3 und 11, § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 unter der Bedingung der vorherigen Ablegung der Ergänzungsprüfungen „Deutsch (Niveau B2/2)“, „Englisch“ und „Mathematik“ und des nachfolgenden positiven Abschlusses des Aufnahmeverfahrens zum Bachelorstudium „Internationale Betriebswirtschaft“ zugelassen. Sie hat sich ab dem Sommersemester 2017 im Rahmen des Universitätslehrgangs der Wiener Universitäten (kurz: VWU) als außerordentliche Studierende an der Universität Wien gemeldet und bereitete sich von Beginn an zielstrebig auf die drei Ergänzungsprüfungen vor. Zwischenzeitich legte sie jene aus „Englisch“ bereits im Juni 2017 erfolgreich ab, bzw. trat Anfang September 2017 zu den schriftlichen Teilen aus den Ergänzungsprüfungen „Deutsch“ und Mathematik“ an. Sie verfügt über eine Bestätigung über die Reservierung eines Deutschkurses in der Zeit von 02.10.2017 bis 02.02.2018 im Rahmen des VWU. Sollte sie die schriftlichen Teile bestanden haben, wird sie noch im Herbst 2017 zu den mündlichen Teilen antreten; ihre Absicht ist, im Wintersemester 2017/18 als ordentliche Studierende mit dem beabsichtigten Studium beginnen zu können.

Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines entgeltlichen, bis 31.12.2019 abgeschlossenen Mietvertrags für eine 45m² große Wohnung und im Wege einer für Aufenthalte in der Europäische Union anerkannten von 27.07.2017 bis 26.07.2018 gültigen Reiseversicherung. Sie plant, am Tag nach der Erteilung der beantragten Aufenthaltsbewilligung einen Antrag auf Abschluss einer studentischen Selbstversicherung gem. § 16 ASVG bei der Wiener Gebietskrankasse zu stellen. Sie verfügt nunmehr neben ihrer Erstsprache und Russisch über Sprachkenntnisse in Italienisch auf Niveau A2, bzw. in Englisch, Polnisch und Deutsch auf Niveau B1.

Die Beschwerdeführerin plant, selbst im Bundesgebiet keiner Beschäftigung nachzugehen und sichert ihren Lebensunterhalt ausschließlich durch das derzeitige Sparvermögen bei einem österreichischen Kreditinstitut in Höhe von rund EUR 12.000,00, welches aus finanziellen Zuwendungen ihrer in London lebenden Cousine stammt.

Diese begann ihre berufliche Karriere im Jahre 2006 als Rechtsanwältin in der Ukraine und lebt seit 2011 in Großbritannien, wo sie eine Fortbildung absolvierte und seit Juni 2011 durchgehend beschäftigt war. Vom Jahr 2013 bis 2014 belief sich ihr Jahresnettoeinkommen auf jeweils rund GBP 42.000,00. Sie arbeitet aktuell seit Oktober 2015 im Bereich des Personalmanagements bzw. der Personalvermittlung und bringt aus dieser unselbständigen Erwerbstätigkeit ein monatliches Nettoeinkommen (ohne Bonuszahlungen) von zumindest rund GBP 2.450,00 (umgerechnet rund EUR 2.900,00) ins Verdienen. Die Cousine ist verheiratet und lebt im gemeinsamen Haushalt mit ihrem ebenfalls berufstätigen ukrainischen Ehemann und der gemeinsamen dreijährigen Tochter; alle sind daueraufenthaltsberechtigt. Die durchschnittlichen aktuellen Lebenshaltungskosten liegen in Großbritannien um rund 10% über dem Wert für Österreich. Der Familie stehen insgesamt monatlich netto zumindest EUR 5.000,00 zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zur Verfügung. Ihre durchschnittlichen eigenen monatlichen Lebenshaltungskosten belaufen sich auf umgerechnet rund EUR 3.000,00, davon die Kosten für den benutzten Wohnraum auf rund EUR 900,00. Ihr Konto weist aktuell ein Guthaben in Höhe von GBP 122.713,71 (umgerechnet rund EUR 140.000,00) auf.

Die Cousine der Beschwerdeführerin war in der Vergangenheit aufgrund dieses Einkommens in der Lage, sich ein Sparvermögen in Höhe der finanziellen Zuwendungen an die Beschwerdeführerin anzusparen. Eine finanzielle Unterstützung der Beschwerdeführerin in der Zukunft bei gleichbleibenden Einkommen ist weiterhin möglich.

Zudem verfügt die Beschwerdeführerin in der Ukraine über ein, von ihren Eltern zur Verfügung gestelltes Sparvermögen von aktuell EUR 900,00. Ihre Mutter ist Hausfrau, ihr von dieser getrennt lebender Vater betreibt ein Einzelunternehmen … mit Geschäftsbeziehungen in diverse Mitgliedsstaaten. Dieser unterstützt die Beschwerdeführerin regelmäßig bedarfsorientiert finanziell mit einem durchschnittlichen monatlichen Betrag von EUR 500,00 bis 1.000,00.

Die Herkunft der im Beschwerdeverfahren nachgewiesenen Gelder stammt nicht aus illegalen Quellen.

Die laufenden Aufwendungen für die Mietwohnung der Beschwerdeführerin belaufen sich auf rund EUR 660,00, jene für die Selbstversicherung auf EUR 57,00; Kreditzahlungen oder Unterhaltsverpflichtungen bestehen keine.

Im Ergebnis stehen der dreiundzwanzigjährigen Beschwerdeführerin somit zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt unter Berücksichtigung des Wertes der „vollen freien Station“ gem. § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG (dzt. EUR 284,32) und nach Abzug dieser regelmäßigen Aufwendungen monatlich feste und regelmäßige eigene Einkünfte iSd § 11 Abs. 5 NAG von hochgerechnet netto zumindest EUR 500,00 zur Verfügung.

Die Beschwerdeführerin verfügt in der Ukraine über familiäre Anknüpfungspunkte, insbesondere zu ihrem Vater und ihrer Mutter, bei der sie aktuell auch wohnt. Ihr Bruder lebt und arbeitet in Italien, ihre Schwester in Polen, eine Cousine mit Familie in London. Im Bundesgebiet verfügt die ledige Beschwerdeführerin über keine familiären Anknüpfungspunkte, jedoch über private Kontakte zu Bekannten.

Der Beschwerdeführerin wurden in der Vergangenheit zwischen November 2013 und Juli 2016 von unterschiedlichen Mitgliedstaaten diverse Schengen Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt im Gebiet der Europäischen Union erteilt. In dieser Zeit bereiste sie diverse europäische Länder innerhalb und außerhalb der Europäischen Union als Touristin.

Derzeit ist sie im Besitz eines am 28.03.2017 für eine Gültigkeit von 04.04.2017 bis 05.04.2018 ausgestellten polnischen Schengen Visum C und eines am 28.07.2017 für eine Gültigkeit von 10.08.2017 bis 26.07.2018 polnischen ausgestellten Schengen Visum D. Sie befand sich im Zeitraum 24.08. bis 28.08.2017 und seit 11.09.2017 im Bundesgebiet, wo sie den Abschluss des Verwaltungsverfahrens ihren Antrag auf Erteilung der beantragten Aufenthaltsbewilligung für das Bundesgebiet betreffend abwartet.

Sonstige Gründe im Sinne des § 11 Abs. 1 NAG, weshalb der Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet nicht erteilt werden dürfte, haben sich im Verlauf des gesamten Verfahrens nicht ergeben.

II.2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde bzw. durch die seitens der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren in Vorlage gebrachten Unterlagen sowie durch eigene Ermittlungen durch das Verwaltungsgericht Wien zur Frage, insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, ob sich aufgrund des Zeitablaufs zwischenzeitlich hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen zur Erteilung der beantragten Aufenthaltsbewilligung eine entscheidungserhebliche aktuelle neue Sachlage ergeben hat, und durch Anfragen in öffentlichen Registern.

Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem im Verfahren vorgelegten aktuellen Reisepass.

Die Feststellungen zum Aufenthaltszweck der Beschwerdeführerin und ihren bisher absolvierten Ausbildungen sowie ihren Sprachkenntnissen gründen auf den im Verlauf des Verfahrens seitens der Beschwerdeführerin in Vorlage gebrachten Unterlagen sowie auf dem insoweit glaubhaften und überzeugenden Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeverbesserung vom 03.05.2017 und in der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2017.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen iSd § 11 Abs. 1 und 2 NAG für die Erteilung der beantragten Aufenthaltsbewilligung gründen auf den vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren vorgelegten aktuellen Nachweise und Unterlagen sowie den ergänzenden Erläuterungen zu den persönlichen Lebensverhältnissen der Familie ihrer Cousine in Großbritannien.

Die Verwaltungsbehörde wies den gegenständlichen Antrag der Beschwerdeführerin ab, weil diese im verwaltungsbehördlichen Verfahren die legale Herkunft des von ihr geltend gemachten Sparvermögens von EUR 12.000,00 nicht schlüssig habe dartun können. Dazu ist zunächst in Erinnerung zu rufen, dass der Verwaltungsbehörde im verwaltungsbehördlichen Verfahren aufgrund eines Kommunikationsproblems in der Sphäre der Beschwerdeführerin keine aussagekräftigen Unterlagen in Bezug auf die finanziellen Verhältnisse zur Verfügung standen. Dennoch ist sie von der Richtigkeit des vorgelegten Sparguthabens auf einem österreichischen Girokonto ausgegangen, konnte jedoch lediglich die (legale) Herkunft dieses Betrags nicht verifizieren.

Bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt ist im Beschwerdefall dahingehend jedoch insofern ein maßgeblich geänderter Beurteilungsmaßstab eingetreten, als es der Beschwerdeführerin mit den nachfolgend im Beschwerdeverfahren in Vorlage gebrachten umfangreichen Unterlagenkonvolut gelang, vor allem die (legale) Herkunft des von ihr gegenüber der Verwaltungsbehörde nachgewiesenen Sparvermögen in Höhe von EUR 12.000,00 aus finanziellen Unterstützungszahlungen durch ihre Cousine schlüssig nachzuweisen.

Zudem konnte die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung auch auf die ihr vom erkennenden Richter gestellten diesbezüglichen ergänzenden Fragen nachvollziehbar und überzeugend Erklärungen darbieten und auch die Schlüssigkeit der persönlichen finanziellen Leistungsfähigkeit der Cousine und die finanzielle Unterstützung durch ihren Vater glaubhaft darstellen.

Aus diesen ergibt sich vor allem, dass die Cousine in der Vergangenheit ausreichendes Einkommen bezog, um sich diesen Geldbetrag zu ersparen. Angesichts der notorisch bekannten ausgeprägten innerfamiliären Unterstützungsbereitschaft im Kulturkreis der Beschwerdeführerin haben sich auch keine nachvollziehbaren Hinweise ergeben, dass die Cousine dieses Geld der Beschwerdeführerin für die Sicherung deren Lebensunterhaltes während der ersten Monate ihres geplanten Aufenthaltes in Österreich nicht auch tatsächlich zur Verfügung stellt, sondern ihr dieses ausschließlich zum Zwecke des Nachweises ausreichender Geldmittel für die Dauer des gegenständlichen Verwaltungsverfahren überwiesen hat.

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK der Beschwerdeführerin in Österreich und in ihrem Herkunftsstaat ergeben sich aus den in Vorlage gebrachten Dokumenten und ihren eigenen Angaben im Beschwerdeverfahren.

Dass die Beschwerdeführerin sich weiterhin legal im Bundesgebiet aufhält, ergibt sich aus dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten Reisepass.

Die weiteren Feststellungen gründen auf den insoweit unstrittigen und unbedenklichen Inhalt des bezughabenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde.

Der festgestellte Sachverhalt wurde von der Beschwerdeführerin in diesem Beschwerdeverfahren nicht bestritten, auch die Verwaltungsbehörde ist dem Ermittlungsergebnis nicht entgegengetreten.

II.3. Rechtlich ergibt sich daraus:

II.3.1.1. Gemäß Artikel 130 Abs. 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1.   gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2.   gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3.   wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4.   gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte regelt das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF. des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 122/2013. Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger), soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen. Sofern die Rechtssache nicht zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes gehört, ist in Rechtssachen in den Angelegenheiten, in denen die Vollziehung Landessache ist, das Verwaltungsgericht im Land zuständig.

Soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 17 VwGVG auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht gem. Absatz 2 leg. cit. dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

      1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

      2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Das erkennende Gericht hat aufgrund der Sache- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erkenntnisses zu entscheiden (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076).

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 24 VwGVG auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Hat eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden, so hat gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden. Gemäß Absatz 1 sind die Erkenntnisse im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß Absatz 2a im Fall einer mündlichen Verkündung die Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen. Der Niederschrift ist eine Belehrung anzuschließen:

1.   über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß Abs. 4 zu verlangen;

2.   darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt.

Ist das Erkenntnis bereits einer Partei verkündet worden, kann gemäß Absatz 2b ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 bereits ab dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem der Antragsteller von dem Erkenntnis Kenntnis erlangt hat. Ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 ist den übrigen Antragsberechtigten zuzustellen.

Den Parteien ist gemäß Absatz 4 eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen. Eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses ist in den in Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Rechtssachen auch dem zuständigen Bundesminister zuzustellen.

Wird auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt, so kann gemäß Absatz 5 das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

II.3.1.2. Verfahren zur Erteilung, Versagung und Entziehung von Aufenthaltstiteln von Fremden, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten oder aufhalten wollen, sowie die Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind gemäß § 1 Abs. 1 nach den Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. Nr. I 100/2005 in der jeweils anzuwendenden Rechtslage zu führen.

Dieses Bundesgesetz gilt gemäß Absatz 2 nicht für Fremde, die

1.   nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, oder nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind oder faktischen Abschiebeschutz genießen oder sich nach Stellung eines Folgeantrages (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) im Zulassungsverfahren (§ 28 AsylG 2005) befinden, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt;

2.   nach § 95 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügen oder

3.   nach § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt sind.

Im gegenständlichen Fall erging der angefochtene Bescheid der Verwaltungsbehörde am 21.02.2017 und wurde die sich dagegen richtende gegenständliche Beschwerde fristgerecht am 13.03.2017 erhoben. Die Verwaltungsbehörde nahm von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung gem. § 14 VwGVG Abstand und legte die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 24.03.2017 direkt dem Verwaltungsgericht Wien als zuständiger (erstgerichtlicher) Überprüfungsinstanz von Bescheiden der Verwaltungsbehörden iSd Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vor. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren sind daher die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG 2005) idgF, BGBl. I Nr. 68/2017, anzuwenden.

Gemäß § 19 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder auf Ausstellung einer Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts persönlich bei der Behörde zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

Gemäß § 19 Abs. 2 NAG ist im Antrag der Grund des Aufenthalts bekannt zu geben; dieser ist genau zu bezeichnen. Nicht zulässig ist ein Antrag, aus dem sich verschiedene Aufenthaltszwecke ergeben, das gleichzeitige Stellen mehrerer Anträge und das Stellen weiterer Anträge während eines anhängigen Verfahrens nach diesem Bundesgesetz einschließlich jener bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts. Die für einen bestimmten Aufenthaltszweck erforderlichen Berechtigungen sind vor der Erteilung nachzuweisen. Besteht der Aufenthaltszweck in der Ausübung eines Gewerbes, so gilt die von der Gewerbebehörde ausgestellte Bescheinigung, dass die Voraussetzungen für die Gewerbeausübung mit Ausnahme des entsprechenden Aufenthaltstitels vorliegen, als Nachweis der erforderlichen Berechtigung. Der Fremde hat der Behörde die für die zweifelsfreie Feststellung seiner Identität und des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen.

Der Fremde hat gemäß Absatz 6 der Behörde eine Zustelladresse und im Fall ihrer Änderung während des Verfahrens die neue Zustelladresse unverzüglich bekannt zu geben. Bei Erstanträgen, die im Ausland gestellt wurden, ist die Zustelladresse auch der Berufsvertretungsbehörde bekannt zu geben. Ist die persönliche Zustellung einer Ladung oder einer Verfahrensanordnung zum wiederholten Mal nicht möglich, kann das Verfahren eingestellt werden, wenn der Fremde bei Antragstellung über diesen Umstand belehrt wurde.

Sofern nicht anderes bestimmt ist, sind befristete Aufenthaltstitel gem. § 20 Abs. 1 NAG für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen, es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer der Aufenthaltstitel beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf. Die Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels beginnt gemäß Absatz 3 leg. cit. mit dem Ausstellungsdatum.

Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 sind gemäß Absatz 1a für die Dauer von drei Jahren auszustellen, wenn der Fremde

1.  das Modul 1 der Integrationsvereinbarung (§ 14a) erfüllt hat und

2.  in den letzten zwei Jahren durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war,

es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

Die Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels beginnt gemäß Absatz 2 mit dem Ausstellungsdatum, die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen.

Erstanträge sind gemäß § 21 Abs. 1 NAG vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten. Abweichend von Absatz 1 sind unter anderem gemäß Absatz 2 Z 1 und 5 leg. cit. Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts sowie Fremde, die an sich zur visumfreien Einreise berechtigt sind, während ihres erlaubten visumfreien Aufenthalts zur Antragstellung im Inland berechtigt. Eine Inlandsantragstellung nach Abs. 2 Z 1 und Z 4 bis 8, Abs. 3 und 5 schafft kein über den erlaubten visumfreien oder visumspflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht. Ebenso steht sie der Erlassung und Durchführung von Maßnahmen nach dem FPG nicht entgegen und kann daher in Verfahren nach dem FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

Nach Ablauf des erlaubten visumfreien oder visumspflichtigen Aufenthalts ist somit die Ausreise erforderlich und das Verfahren im Ausland abzuwarten (in diesem Sinne etwa VwGH 16.12.2014, 2012/22/0206).

Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Fremde für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel oder eine andere Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts benötigt, so ist er gem. § 23 Abs. 1 NAG über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

Gemäß § 29 Abs. 1 NAG hat der Fremde am Verfahren mitzuwirken. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels erfüllt.

II.3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 10 NAG werden Aufenthaltstitel als „Aufenthaltsbewilligung” für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (§§ 58 bis 69) erteilt.

Gemäß § 64 Abs. 1 NAG kann Drittstaatsangehörigen eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie

1.  die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2.  ein ordentliches oder außerordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule, anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule oder einen anerkannten privaten Studiengang oder anerkannten privaten Hochschullehrgang absolvieren und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.

Eine Haftungserklärung ist zulässig.

Gemäß Absatz 2 richtet sich die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Diese Erwerbstätigkeit darf das Erfordernis des Studiums als ausschließlicher Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen.

Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck gemäß Absatz 3 nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule oder anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule erbringt. Gleiches gilt beim Besuch eines anerkannten privaten Studienganges oder anerkannten privaten Hochschullehrganges. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.

Gemäß § 8 Z 7 lit. a NAG-DV haben Studierende zusätzlich zu den in § 7 genannten Urkunden und Nachweisen dem Antrag eine Aufnahmebestätigung der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität, der Pädagogischen Hochschule, der anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule, des anerkannten privaten Studiengangs oder des anerkannten privaten Hochschullehrganges anzuschließen.

Im Fall eines Verlängerungsantrages ist gemäß Litera b leg. cit. zudem ein schriftlicher Nachweis der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität, der Pädagogischen Hochschule, der anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule, des anerkannten privaten Studienganges oder des anerkannten privaten Hochschullehrganges über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120 idF BGBl. I Nr. 13/2011 sowie ein aktuelles Studienblatt und eine Studienbestätigung gemäß § 62 Abs. 4 UG dem Antrag beizufügen.

Die Beurteilung der Prüfungen, wissenschaftlichen Arbeiten und künstlerischen Master- oder Diplomarbeiten ist gem. § 75 Universitätsgesetz 2002 (UG2002), BGBl. I Nr. 120/2002 idF des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 74/2006 jeweils durch ein Zeugnis zu beurkunden. Sammelzeugnisse sind zulässig. Dazu hat die Universität gemäß Absatz 6 einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) abgelegt hat.

Kann der Antragsteller im jeweils für die Beurteilung im Falle eines Verlängerungsantrags heranzuziehenden Studienjahr nicht einen ausreichenden Studienerfolg nachweisen, mangelt es an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung (in diesem Sinne VwGH 19.12.2012, 2012/22/0196; 26.01.2012, 2010/21/0383). Auf familiäre und private Interessen iSd § 11 Abs. 3 NAG ist daher bei Fehlen besonderer Erteilungsvoraussetzungen nicht Bedacht zu nehmen (VwGH 06.08.2009, 2009/22/0195; 22.09.2009, 2009/22/0169).

II.3.2.2. Die Voraussetzungen des 1. Teils dieses Gesetzes sind gem. § 11 Abs. 1 NAG erfüllt, wenn

1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

und der Antragsteller gemäß Absatz 2 nachweist, dass

1.  der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.  der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.  der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.  der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.  durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6.  der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet gemäß Absatz 4 dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.  sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.  der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

Der Aufenthalt eines Fremden führt gemäß §§ 11 Abs. 5 NAG in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, (dzt. EUR 882,78 bzw. bei Ehegatten EUR 1.323,58) entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe (dzt. EUR 282,06) unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, (dzt. EUR 882,78) übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage. Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 bis 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

Der Zweck des Verweises des § 11 Abs. 5 auf § 293 ASVG ist, einen ziffernmäßig bestimmten Betrag zu fixieren, bei dessen Erreichung von einer Deckung der üblicherweise notwendigen Kosten der Lebensführung ausgegangen werden kann. Heranzuziehen ist der je nach der zugrundeliegenden Familiensituation in Betracht kommende Richtsatz für Alleinstehende oder für Ehepaare, mit oder ohne Erhöhung des Satzes für Kinder etc. Dabei handelt es sich um einen Referenzwert, nicht jedoch müssen die Betreffenden bezugsberechtigt für den ASVG-Richtsatz sein. Bei der Festlegung des Betrages gem. § 293 ASVG sind die Kosten der tatsächlichen Lebensführung als relevanter Faktor in Abzug zu bringen, wobei einmalig ein Betrag bis zur der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt zu bleiben hat. Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass der Betrag des § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG die notwendigen Unterhaltsmittel in Höhe der in Betracht kommenden Richtsätze des § 293 ASVG dann schmälert, wenn diese regelmäßigen Aufwendungen diesen Betrag unterschreiten(vgl. RV zu BGBl. 122/2009).

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen sich Fremde weiters bei erstmaligem Zuzug nach Österreich nicht auf soziale Leistungen berufen dürfen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde. Für die Beurteilung, ob der Aufenthalt eines Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt, ist daher im Hinblick auf die Berücksichtigung öffentlicher Mittel in Verfahren bei Erstanträgen jene finanzielle Situation des Fremden maßgebend, wie sie sich vor Zuzug des Fremden nach Österreich darstellt. Ein Fremder muss daher bei Erstantragstellung nachweislich im Stande sein, seinen Lebensunterhalt in Österreich auch ohne Inanspruchnahme öffentlicher Gelder bestreiten zu können und darf sich somit nicht auf den zukünftigen Erhalt von Leistungen der öffentlichen Hand (wie zB. Ausgleichszulage, Kinderbetreuungsgeld oder Familienbeihilfe) berufen (vgl. RV BGBl. I 11/2010).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der gemäß § 11 Abs. 5 NAG 2005 geforderte Unterhalt grundsätzlich durch Einkommen aus selbstständiger oder unselbstständiger Arbeit nachzuweisen, kann aber auch durch Sparguthaben gedeckt werden (vgl. VwGH 09.09.20

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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