TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/26 96/05/0048

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Veröffentlicht am 26.04.2000
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
58/02 Energierecht;

Norm

AVG §68 Abs3;
AVG §8;
StarkstromwegeG 1968 §7;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Peter Masser in Schwanberg, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr: für Wirtschaft und Arbeit) vom 4. Jänner 1996, Zl. 556.650/42-VIII/6/95, betreffend eine elektrizitätsrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Österreichische Elektrizitätswirtschafts AG in Wien I, Am Hof 6a), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Mitbeteiligten in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. Februar 1978 erteilte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der Mitbeteiligten die energiewirtschaftsrechtliche Baubewilligung gemäß § 7 Starkstromwegegesetz 1968 (StWG) für eine 220/380-kV-Doppelhochspannungsfreileitung "Obersielach-Koralpe-Kainachtal". Gleichzeitig wurde der Mitbeteiligten das Recht eingeräumt, unmittelbar nach Fertigstellung der Leitungsanlage gegen Erstattung einer Fertigstellungsmeldung mit dem provisorischen Betrieb dieser Leitungsanlage zu beginnen. Die Bewilligung für den dauernden Betrieb wurde dem Ergebnis des Kollaudierungsverfahrens gemäß § 7 Abs. 2 StWG vorbehalten.

Mit Schriftsatz vom 26. November 1987 zeigte die Mitbeteiligte an, dass sie den Betrieb von 220 kV auf 380 kV umgestellt habe; gleichzeitig suchte sie um Kollaudierung und Erteilung der Bewilligung für den dauernden Betrieb der Leitungsanlage als 380 kV Leitungsanlage des gesamtösterreichischen 380 kV Verbundnetzes an.

Die belangte Behörde führte mündliche Verhandlungen in den von der Leitung berührten Gemeinden durch. Bei einer am 12. Jänner 1989 abgehaltenen Verhandlung in der Gemeinde des Beschwerdeführers erklärte der Beschwerdeführer, dass es seit der Erhöhung der Betriebsspannung auf 380 kV immer wieder zu starken Lärmbeeinträchtigungen komme, die infolge des niedrigen Dauergeräuschpegels in der von ihm bewohnten Landschaft äußerst störend wirkten. Er fühle sich auch auf Grund der verstärkt ausgehenden elektrischen und magnetischen Felder in seiner Gesundheit gefährdet. Er beantragte, durch geeignete technische Abhilfemaßnahmen die störenden Emissionen aus dem Betrieb der Leitung entscheidend zu verringern bzw. zu beseitigen oder, falls dies nicht möglich sei, die Trasse in den Goßlitzgraben zu verlegen.

Der dieser Verhandlung beigezogene elektrotechnische Amtssachverständige führte aus, dass die verwendeten Leiterseile tatsächlich einen zu hohen Fettanteil enthalten hätten, weshalb Tropfen ausgetreten seien, was zu einer wesentlichen Geräuschbildung geführt habe. Nach abschnittsweiser Reinigung mit Heißdampf habe diese Überfettung dauerhaft entfernt werden können. Daher seien beim Lokalaugenschein am Tage der Verhandlung keine störenden Entladungsgeräusche festgestellt worden. Eingeräumt wurde, dass bei hoher Luftfeuchte und Regen auf Grund der physikalischen Bedingungen erheblich höhere Geräusche auftreten könnten. Hinsichtlich der elektrischen und magnetischen Felder führte der Sachverständige aus, dass in der Nähe des Anwesens des Beschwerdeführers nur ein Zehntel der zulässigen elektrischen Feldstärke und unter ein Hundertstel der zulässigen magnetischen Flussdichte erreicht werde.

In der Folge ließ die belangte Behörde zunächst durch die Bundesversuchs- und Forschungsanstalt Arsenal umfangreiche Messungen hinsichtlich der Lärmemissionen durchführen. Auch beim Anwesen des Beschwerdeführers wurden zwei Mikrofone aufgestellt.

Die Auswertung der Messergebnisse erfolgte durch die eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) im Gutachten vom 15. Dezember 1993 bzw. 25. Mai 1994. Dabei ging man von Messungen an rund 110 Tagen an einer Messstelle (Haus Hirschmugel in Klein Preding) sowie von Einzelmessungen kurzer Dauer u.a. beim Beschwerdeführer aus. Die Auswertung gestattete Aussagen über die mittleren Pegel in Abhängigkeit von der Tageszeit, getrennt für die Gruppen der Intervalle mit und ohne Leitungsgeräusch, verbunden mit der Wahrscheinlichkeit des Auftretens. Diese Angaben lieferten die Basis für die Beurteilung der Lärmsituation auf Grund der schweizerischen Lärmschutzverordnung, wobei das Ergebnis mit jenem verglichen wurde, welche man nach der Richtlinie Nr. 3 des Österreichischen Arbeitsringes für Lärmbekämpfung (ÖAL) und der ÖNORM S 5004 erhält. Nach dem schweizerischen Verfahren lag der Beurteilungspegel für eine Ganzjahresperiode deutlich unter dem Immissionsgrenzwert; nach der ÖAL-Richtlinie lag die Geräuschentwicklung am Messort Hirschmugel im Bereich der Belästigung, wobei aber ausgeführt wurde, dass das österreichische Verfahren eine Interpretationslücke aufweise, weil es den Kennzeichnungszeitraum nicht eindeutig definiere. Die messtechnische Erfassung der Geräuschsituation in Klein Preding hat ergeben, dass der Koronalärm der 380 kV-Leitung schon bei sehr tiefen Pegeln wahrnehmbar sei und öfters auftrete, als gemeinhin angenommen werde. Das Geräusch könne infolge seines Reintonanteiles auch bei tiefen Pegeln auffällig wirken und werde daher besonders nachts als Belästigung empfunden. Die Pegel blieben mäßig hoch, häufig im Bereich zwischen 30 bis 40 dB (A) selten bis 45 dB(A). Daraus folgte, dass das Koronageräusch ausschließlich ein Nachtlärmproblem darstellt. Nach schweizerischem Umweltrecht wurde der Grenzwert um mindestens 5 dB unterschritten; nach den österreichischen Richtlinien wird der Grenzwert aber überschritten. Im Gutachten wurde darauf hingewiesen, dass die Schweizer Methode von absoluten, zahlenmässig festgelegten Grenzwerten ausgeht (50 dB für reine Wohnzonen, 55 dB für Landwirtschaftszonen), während der österreichische Grenzwert von 40 dB von idealen Verhältnissen ausgeht und relativ dazu (nicht mehr als 10 dB über dem Grundgeräuschpegel) definiert ist.

Anlässlich der Verhandlung vom 27. Juli 1995 in der Gemeinde des Beschwerdeführers wurde zunächst ein Lokalaugenschein durchgeführt und sodann vom Verhandlungsleiter das soeben genannte Gutachten über die Lärmbelästigung dargelegt. Dazu äußerte sich der Beschwerdeführer dahin gehend, dass sich aus der Leitung in exponierter Lage besondere Belastungen für ihn und seine Familie ergäben. Die Probleme seien erst durch die Erhöhung der Spannung entstanden, weshalb er beantragte, dass die Bewilligung zum Betrieb der Leitung nicht erteilt werde. Dass die Lärmbelästigung auf Grund Schweizer Vorschriften duldbar seien, werde von ihm nicht akzeptiert, da er in einer ursprünglich ruhigen Höhenlage situiert sei und die Lärmbelästigung eine wesentlich andere Ausgangssituation erfahre. Nach § 68 Abs. 3 und 69 AVG beantragte er die Behebung des Baubewilligungsbescheides und Verlegung der Leitung, wobei er sich bereit zeigte, seinen übrigen Grundbesitz für die Verlegung zur Verfügung zu stellen. Durch den fast 8-jährigen Betrieb der Leitung mit 380 kV hätten sich neben der Lärmbelästigung auch gesundheitliche Probleme in seiner Familie eingestellt, die durch das Magnetfeld bzw. die Lärmausstrahlung entstanden seien. Der widmungsgemäße Gebrauch seines Grundstückes, insbesondere die Wohnnutzung, sei überstark beeinträchtigt. Er verwies auch auf die §§ 12 und 14 des Starkstromwegegesetzes.

Der beigezogene elektrotechnische Amtssachverständige erklärte, dass in Österreich zur Beurteilung der Lärmbelästigung von Hochspannungsleitungen keine gesetzlichen Grundlagen bestünden und auch auf europäischer Ebene keine anwendbaren Bestimmungen vorlägen. Auf Grund der Erfahrungen mit ca. 750 km 380-kV-Freileitungen in Österreich könne jedoch festgestellt werden, dass durch die Anwendung eines Seiltypes mit stärkerer Fettung und niederem Tropfpunkt eine häufigere und stärkere Lärmentwicklung auftrete, als bei anderen Seiltypen mit niedriger Fettung. Durch Auflegung einer neuen Seiltype ohne Fettung sei es zu erwarten, dass die Lärmentwicklung in ihrem zeitlichen Auftreten abgesenkt werde. Speziell im Bereich des Anwesens des Beschwerdeführers auf einer Seehöhe von 1000 m und der starken Annäherung an das Wohngebäude könnte durch einen Seiltausch eine gravierende Abminderung der Lärmentwicklung erreicht werden. Hinsichtlich der gesundheitlichen Beeinträchtigung durch elektromagnetische Felder verwies der elektrotechnische Amtssachverständige darauf, dass die von der Leitung herrührenden Feldstärken im Bereich dieses Anwesens weit unter den empfohlenen, den Werten der WHO entsprechenden Grenzwerten lägen, die so erstellt worden seien, dass weder Gesundheitsbeeinträchtigungen noch Störungen des Wohlbefindens auftreten könnten.

Die Mitbeteiligte behielt sich bei dieser Verhandlung eine Stellungnahme nach Vorlage des medizinischen Sachverständigengutachtens vor.

Anlässlich der Verhandlung am 30. August 1995 in der Gemeinde Preding führte der beigezogene Facharzt für innere Medizin, Universitätsprofessor Dr. O. J., in seinem als "Resümeeprotokoll" bezeichneten Gutachten aus:

"Die Lärmpegel die im Gutachten (EMPA) vorliegen lassen eine objektive Schädigung oder Beeinträchtigung der Gesundheit ausschließen. Im Gutachten werden das Schweizer Gesetz (Lärmschutzverordnung) und die Deutsche Richtlinie VDI 2058 als Kriterium der Beurteilung herangezogen, nach medizinischen Standpunkt ist gegen dieses Vorgehen kein Einwand zu erheben. Hingegen sind die Richtlinien der ÖAL bei Geräuschen der hier vorliegenden Art (wie Koronageräuschen), aus medizinischer Sicht nicht anwendbar.

Es ist unbestritten, dass subjektive Eindrücke der betroffenen Personen als störend empfunden werden. Diese Empfindung kann nach den vorliegenden Pegeln jedoch nicht als objektive Ursache einer gesundheitlichen Schädigung angesehen werden. Als weitere Besonderheit dieses Geräusches ist eine geringe Schwankung des Lärmpegels zu beachten, der akute Änderungen vermissen lässt und daher einen Störeffekt, der z.B. zu Schlafunterbrechung Anlass geben kann, ausschließt."

Der beigezogene medizinische Sachverständige für den HNO-Bereich, Primarius Dr. B. W., erklärte in seinem Resümeeprotokoll Folgendes:

"Auch bei vielstündiger täglicher Exposition kann bei Schallpegeln von < 85 dB (A) keine Hörstörung entstehen. Diese Erkenntnis fusst auf einer ungewöhnlich großen Zahl von Untersuchungen (auch international) insbesonders aus dem Bereich der Lärmexposition in der Arbeitswelt."

Der anwesende Sachverständige der EMPA legte schriftliche Unterlagen vor, in denen wiederholt wurde, dass bei einem Jahresmittelwert bei den Stunden von 19.00 bis 07.00 Uhr unter Berücksichtigung eines Zuschlages von 5 dB für die höhere Störwirkung von Industrielärm gegenüber Straßenlärm und von 6 dB für starke Tonhaltigkeit des Geräusches bei einer Auftretenswahrscheinlichkeit von 40 % ein Beurteilungspegel von 44 dB erreicht wird; dem stellte er den in der Schweiz geltenden Grenzwert für reine Wohngebiete von 50 dB, von Landwirtschaftsgebieten von 55 dB gegenüber. Der anwesende Vertreter der Mitbeteiligten erklärte, dass die Mitbeteiligte auf freiwilliger Basis mit jenen Grundeigentümern, welche durch die Leitung unmittelbar betroffen seien, Möglichkeiten über die technische Lösung dieser Betroffenheit erörtern werde.

Bei dieser Verhandlung war auch der Beschwerdeführer anwesend; ein weiteres Vorbringen wurde von ihm jedoch nicht erstattet.

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 7 Abs. 2 StWG fest (Spruchpunkt I), dass die gegenständliche Leitung gemäß dem dem Baubewilligungsbescheid vom 8. Februar 1978 zu Grunde liegenden Projekt errichtet wurde, dass Bedingungen und Auflagen dieses Bescheides erfüllt wurden und dass ordnungsgemäß die Fertigstellung und die Aufnahme des provisorischen Betriebes zuletzt mit 380-kV angezeigt wurden. Weiters erteilte die belangte Behörde auf Grund der Erfahrungen mit dem bisherigen provisorischen Betrieb der gegenständlichen Leitungsanlage in der Regelspannung 380- (400-)kV die Bewilligung (Spruchpunkt II) für den dauernden Betrieb gemäß § 7 Abs. 2 StWG. Schliesslich wurde festgestellt (Spruchpunkt III), dass im Einflussbereich der gegenständlichen Leitungsanlage hinsichtlich Störung und Gefährdung (insbesondere in akustischer Hinsicht) im Sinne des § 3 Abs. 2 Elektrotechnikgesetz zur Wahrung der elektrotechnischen Sicherheit und des störungsfreien Betriebes für alle aufeinander einwirkenden elektrischen Leitungsanlagen und sonstigen Betriebsmittel keine weiter gehenden Maßnahmen erforderlich seien und dass auf Grund der als schlüssig anerkannten akustischen und medizinischen Gutachten der im Verfahren gehörten Gutachter die im Ermittlungsverfahren vorgefundenen Betriebsverhältnisse auch in Bezug auf Einwirkung und Belästigung durch elektrische Entladungsvorgänge (Korona) nicht den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Nachbarschaft und der Umwelt, soweit sie im gegenständlichen Verwaltungsverfahren wahrgenommen werden können, widersprächen, soferne die im Bescheid aufgezählten Bedingungen und Auflagen erfüllt würden.

In der Begründung wird zunächst auf die Erforderlichkeit dieser Leitungsanlage eingegangen und darauf hingewiesen, dass die Leitung, durch zwangsläufige geografische Punkte bedingt, relativ nahe an einzelne Gehöfte und Siedlungsbereiche heranrücke. Auf Grund der eingeholten Gutachten wären alle Forderungen und Einwände hinsichtlich einer Außerbetriebsetzung der Leitung wegen unerträglicher Lärmemission, des behaupteten konsenswidrigen Gebrauches der errichteten Leitungsanlage, der Rücknahme der Betriebsspannung auf 220-kV zur Limitierung der Koronaerscheinungen, der Außerbetriebsetzung wegen nachhaltiger Gefährdung der Gesundheit der Anrainer durch Lärmentwicklung, in eventu auf eine Leitungsverlegung aus dem Bereich der lärmgestörten Anwesen u.a. des Beschwerdeführers, auf Auferlegung spezieller technischer Zusatzmaßnahmen zur nachhaltigen Verringerung des Koronalärms, als sachlich und rechtlich unbegründet abzuweisen gewesen, weil umfassende Messergebnisse den Lärmpegel mit 40 bis 45 dB, in Einzelfällen mit 47 dB (A) definiert hätten und damit nach den schlüssigen Gutachten weder zur Nachtzeit und schon gar nicht zur Tagzeit jene Grenzwerte überschritten würden, die eine unzumutbare Belästigung der Anrainer oder eine nachhaltige dauernde gesundheitliche Beeinträchtigung zur Folge haben könnten. Ein Rechtsanspruch oder ein rechtlich erzwingbares Abhilfeansinnen der sich belästigt fühlenden Anrainer bestünde nach den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens nicht; hinsichtlich der Belästigungen wurde der Mitbeteiligten anheim gestellt, freiwillig und ohne rechtliche Verbindlichkeit technisch mögliche Abhilfemaßnahmen mit dem Ziel zumindest einer Verringerung der Dauer und Intensität der Lärmemissionen durchzuführen.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Nachbarrecht auf Schutz vor unzumutbaren Immissionen verletzt. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides "infolge Mangelhaftigkeit und Rechtswidrigkeit".

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die Mitbeteiligte, eine Gegenschrift.

Der Beschwerdeführer gab dazu eine Stellungnahme ab; in einem als "Beweisvorlage" bezeichneten Schriftsatz legte er ein Schreiben der Mitbeteiligten vom 18. Juli 1996 vor, in welchem sich die Mitbeteiligte bereit erklärte, durch Auswechslung der Leiterseile und Verwendung eines neuen Seiltyps eine Absenkung der Geräuschemissionen auf das technisch möglichste Mindestmaß zu erreichen, wobei aber der Beschwerdeführer dieses Angebot abgelehnt hätte und auch einen Alternativvorschlag eines finanziellen Ausgleiches in Höhe von ca. S 3,500.000,-- nicht näher getreten sei, vielmehr eine Forderung von S 18,000.000,-- erhoben hätte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 7 des Starkstromwegegesetzes 1968, BGBl. Nr. 70 (StWG),

lautet:

"Bau- und Betriebsbewilligung

§ 7

(1) Die Behörde hat die Bau- und Betriebsbewilligung zu erteilen, wenn die elektrische Leitungsanlage dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung oder eines Teiles derselben mit elektrischer Energie nicht widerspricht. In dieser Bewilligung hat die Behörde durch Auflagen zu bewirken, dass die elektrischen Leitungsanlagen diesen Voraussetzungen entsprechen. Dabei hat eine Abstimmung mit den bereits vorhandenen oder bewilligten anderen Energieversorgungseinrichtungen und mit den Erfordernissen der Landeskultur, des Forstwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumplanung, des Natur- und Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft und des Wasserrechtes, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung, der Sicherheit des Luftraumes und des Dienstnehmerschutzes zu erfolgen. Die zur Wahrung dieser Interessen berufenen Behörden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind im Ermittlungsverfahren zu hören.

(2) Die Behörde kann bei Auflagen, deren Einhaltung aus Sicherheitsgründen vor Inbetriebnahme einer Überprüfung bedarf, zunächst nur die Baubewilligung erteilen und sich die Erteilung der Betriebsbewilligung vorbehalten."

Der durch eine elektrische Leitungsanlage im Sinne des § 7 Abs. 1 StWG betroffene Grundeigentümer hat im Bewilligungsverfahren zur Wahrung seiner Rechte Parteistellung. In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof hiezu ausgeführt, dass der Grundeigentümer dabei geltend machen kann, es bestehe kein öffentliches Interesse daran, die geplante Leitung in einer seine Grundstücke berührenden Art oder wenigstens in der vorgesehenen Weise auszuführen. Diese trotz des Fehlens einer ausdrücklichen diesbezüglichen Regelung im Gesetz den Grundeigentümern bereits im starkstromwegerechtlichen Baubewilligungsverfahren zuerkannte Parteistellung (vgl. hiezu insbesondere auch das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1990, Slg.Nr. 13.237/A) räumt den Parteien in einem solchen Verfahren auch ein Mitspracherecht darüber ein, ob durch die Leitungsanlage für sie und ihr Eigentum eine Gesundheitsgefährdung droht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 90/05/0234). Die von einer geplanten elektrischen Leitungsanlage berührten Grundeigentümer werden daher durch ihr Mitspracherecht in die Lage versetzt, allfällige tatsächliche konkrete Gesundheitsgefährdungen geltend zu machen, was bei Zutreffen derartiger Bedrohungen zu einer Abänderung oder Ergänzung der Anlage oder doch zur Vorschreibung von Auflagen führen muss (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1996, Zl. 95/05/0137 mwN.).

Im Erkenntnis vom 14. März 1989, Zl. 88/05/0174, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit § 7 Abs. 2 Tiroler StarkstromwegeG befasst, wonach die durch die geplante elektrische Leitungsanlage berührten Grundeigentümer Abänderungen und Ergänzungen der geplanten elektrischen Leitungsanlage verlangen können. Unter Hinweis auf § 68 Abs. 3 AVG, wonach sogar in den rechtlichen Bestand selbst rechtskräftiger Bescheide dann eingegriffen werden kann, wenn ein das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdender Missstand gegeben ist, wurde ausgeführt, dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, ein Mitspracherecht einzuräumen, ohne dass es den Parteien möglich sein soll, eine Gesundheitsgefährdung geltend zu machen.

Während somit die Bedachtnahme auf das im § 68 Abs. 3 AVG genannte Rechtsgut "Leben oder Gesundheit von Menschen" nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch in einem Verfahren nach § 7 StarkstromwegeG gefordert wird, lassen sich darüber hinausgehende sonstige subjektiv-öffentliche Rechte dahingehend, dass etwa auch andere Beeinträchtigungen oder unzumutbare Belästigungen hintangehalten werden, den von der Behörde anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen nicht entnehmen.

Im vorliegenden Verfahren war somit allein zu klären, ob die unbestrittenermaßen auftretenden Koronageräusche eine gesundheitsgefährdende Wirkung entfalten. Nach den durchgeführten umfangreichen Messungen wird bei besonderen meteorologischen Situationen ein Pegel von 47 dB erreicht. Es kommt nun nicht darauf an, ob dieses Messergebnis, auf das sich auch der Beschwerdeführer beruft, Schweizer Grenzwerte unter- bzw. österreichische Grenzwerte überschreitet. Entscheidend ist allein, ob damit eine Gesundheitsgefährdung herbei geführt werden kann; dies haben die beigezogenen medizinischen Sachverständigen - im Verwaltungsverfahren vom Beschwerdeführer unwidersprochen - in Abrede gestellt. Ausgehend von den Messergebnissen haben die Sachverständigen die vorhandenen Pegel wohl als subjektive Störung, nicht aber als objektive Ursache einer gesundheitlichen Schädigung angesehen.

Da der Beschwerdeführer auch dem elektrotechnischen Sachverständigengutachten, wonach die elektromagnetischen Felder weit unter den Grenzwerten der WHO lägen, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist, konnte die belangte Behörde als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens davon ausgehen, dass eine Gesundheitsgefährdung des Beschwerdeführers durch das Vorhaben nicht eintreten werde. Damit erwies sich die Beschwerde aber zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. April 2000

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996050048.X00

Im RIS seit

28.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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