TE Vwgh Erkenntnis 2018/2/19 Ra 2015/07/0074

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Veröffentlicht am 19.02.2018
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E1P;
E3D E11306000;
E3D E15104000;
E3D E15202000;
E3L E15102030;
E6J;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/04 EU - EWR;
83 Naturschutz Umweltschutz;
89/07 Umweltschutz;

Norm

12010E288 AEUV Art288;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
32005D0370 AarhusKonvention Art2 Abs5;
32005D0370 AarhusKonvention Art9 Abs3;
32008L0050 Luftqualitäts-RL Europa Anh11;
32008L0050 Luftqualitäts-RL Europa Art13 Abs1;
32008L0050 Luftqualitäts-RL Europa Art22;
32008L0050 Luftqualitäts-RL Europa Art23 Abs1;
32008L0050 Luftqualitäts-RL Europa Art23;
32008L0050 Luftqualitäts-RL Europa;
62009CJ0240 Lesoochranarske zoskupenie VORAB;
62013CJ0404 ClientEarth VORAB;
62015CJ0664 Protect Natur-, Arten- und Landschaftschutz Umweltorganisation VORAB;
AVG §1;
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
B-VG Art10 Abs1 Z12;
B-VG Art102;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
EURallg;
IG-L 1997 §10;
IG-L 1997 §9a;
IG-L 1997;
UVPG 2000 §19 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §59;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Ö in Wien, vertreten durch die Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 30. März 2015, Zl. LVwG- 4/1228/5-2015, betreffend Zurückweisung eines Antrages in einer Angelegenheit des Immissionsschutzgesetzes-Luft (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landeshauptmann von Salzburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Kostenersatz wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Antrag vom 8. April 2014 stellte die Revisionswerberin, eine anerkannte Umweltorganisation nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000, an den Landeshauptmann von Salzburg (LH) den "Antrag auf Erlassung geeigneter Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 im Bundesland Salzburg" (Formulierung in der Einleitung des Schriftsatzes) bzw. den Antrag, "geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 an den Messstellen Salzburg Rudolfsplatz, Hallein B159 und Hallein Autobahn zu erlassen" (Formulierung des Antrages an späterer Stelle des Schriftsatzes).

2 Die Revisionswerberin bezog sich dabei auf die Erlassung geeigneter Maßnahmen im Sinne der Luftqualitäts-RL 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa und des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L). Die bisher im Luftreinhalteprogramm des LH vom 22. September 2008 und in der Fortschreibung des Luftreinhalteprogrammes 2013 nach § 9a IG-L angekündigten Maßnahmen sowie die nach §§ 10 ff. IG-L tatsächlich erlassenen Maßnahmen seien unzureichend.

3 Zu seinem Antragsrecht hielt die Revisionswerberin fest, sie sei eine anerkannte Umweltorganisation im Sinne des § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 und im gesamten Bundesgebiet tätig. Das Antragsrecht gründe auf Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention (Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten) und dem Prinzip des effektiven Rechtschutzes in den vom Umweltrecht der Europäischen Union erfassten Bereichen und sie berufe sich auf die zwingenden Vorschriften des Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG.

4 Begründend führte die Revisionswerberin im Wesentlichen aus, Österreich sei ebenso wie die Europäische Union Vertragspartei der Aarhus-Konvention. Umweltorganisationen seien jedenfalls von dem Begriff "Mitglieder der Öffentlichkeit" in Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention erfasst. Anerkannte Umweltorganisationen im Sinne des § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 müssten daher jedenfalls Zugang zu einem verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, wenn Handlungen oder Unterlassungen gegen innerstaatliches Umweltrecht verstießen. Österreich habe Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention allerdings bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Das Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) habe daher am 6. März 2012 in einem gegen Österreich geführten Verfahren entschieden, dass diese Rechtslage einen Verstoß gegen die Aarhus-Konvention darstelle. Die für die Umsetzung notwendigen Maßnahmen seien nach Ansicht des ACCC auch durch die zuständigen Verwaltungsbehörden zu ergreifen. Dies könne etwa durch rechtskonforme Auslegung der einschlägigen Bestimmungen oder durch unmittelbare Anwendung der Aarhus-Konvention erfolgen. Darüber hinaus bilde die Aarhus-Konvention auch einen integralen Bestandteil der Unionsrechtsordnung.

5 Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung der Konvention fielen nach der Judikatur des EuGH (Verweis auf EuGH 8.3.2011, Lesoochranarske zoskupenie VLK ("Slowakischer Braunbär"), C- 240/09), in die Zuständigkeit des EuGH, wenn sie Vorschriften beträfen, die von der Union erlassen worden seien und in von Art. 9 Abs. 3 der Konvention erfassten Bereichen lägen.

6 Der EuGH habe in dem genannten Urteil VLK festgestellt, dass Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention für eine unmittelbare Anwendung nicht hinreichend präzisiert sei. Er habe allerdings weiters festgestellt, dass diese Bestimmung darauf abziele, die Gewährleistung eines effektiven Umweltschutzes zu ermöglichen. Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention dürfe nach der Judikatur des EuGH nicht so ausgelegt werden, dass die Ausübung der durch das Unionsrecht gewährleisteten Rechte praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden würde. Das nationale Recht sei vielmehr so auszulegen, dass es so weit wie möglich im Einklang mit den Zielen des Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention stehe.

7 Ferner habe der EuGH in seinem Urteil vom 25.7.2008, Janecek, C-237/07, zu Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27. September 1996 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität festgestellt, dass Betroffene (nämlich natürliche und juristische Personen) in der Lage sein müssten, sich auf die zwingenden Vorschriften der Richtlinie über die Qualität der Luft zu berufen. Er habe dies mit dem von der Richtlinie bezweckten Schutz der öffentlichen Gesundheit begründet.

8 In weiterer Folge habe sich der EuGH auch mit der Frage des Inhaltes des Aktionsplanes auseinander zu setzen gehabt. Er habe sich am Wortlaut der Bestimmung des Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 96/62/EG orientiert und gefolgert, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, Maßnahmen dahingehend zu ergreifen, dass die Gefahr einer Überschreitung und ihre Dauer unter Berücksichtigung aller zur gegebenen Zeit vorliegenden Umstände und der betroffenen Interessen auf ein Minimum reduziert würden. Zusammenfassend habe der EuGH somit festgestellt, dass natürliche und juristische Personen, die unmittelbar von der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen betroffen seien, bereits bei drohender Überschreitung der Grenzwerte oder Alarmschwellen den durchsetzbaren Anspruch hätten, bei den zuständigen Behörden die Erstellung eines Aktionsplanes zu erwirken. Hinsichtlich der Ausrichtung der Maßnahme hätten die Staaten einen Ermessensspielraum, der vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden könne.

9 Infolge der Rechtsprechung des EuGH zu Janecek und VLK sei das deutsche Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Urteil vom 5.9.2013, 7 C 21.12, zu dem Ergebnis gekommen, dass Umweltverbände die Erlassung eines Luftreinhalteplanes gerichtlich geltend machen könnten (wird näher ausgeführt).

10 Nach weiteren Ausführungen zur Anwendbarkeit des zur Richtlinie 96/62/EG ergangenen Urteils Janecek auf die RL 2008/50/EG führte die Revisionswerberin ferner aus, die Luftreinhalteplanung nach §§ 9a ff IG-L diene der Umsetzung der RL 2008/50/EG. Nach § 10 IG-L seien Maßnahmen zu ergreifen, um die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte in einem Ausmaß zu reduzieren, dass die Einhaltung der Grenzwerte gewährleistet werde. Somit stehe auch in Österreich natürlichen und juristischen Personen, die unmittelbar von der Gefahr einer Grenzwertüberschreitung betroffen seien, das Recht zu, die Ergreifung geeigneter Maßnahmen zu erwirken.

11 Da der EuGH im Urteil Janecek entschieden habe, dass unmittelbar Betroffene das Recht hätten, die Erstellung eines Aktionsplanes erwirken zu können, müsse die Ausübung dieses durch das Unionsrecht gewährleisteten Rechtes im Sinne eines effektiven Rechtschutzes und der Ziele des Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention auch Umweltorganisationen zukommen. Im genannten Urteil habe sich der EuGH daher explizit auch auf juristische Personen bezogen.

12 Die RL 2008/50/EG bezwecke nicht nur den Schutz der öffentlichen Gesundheit, sondern auch den Schutz der Umwelt. Im Urteil VLK habe der EuGH die Klagslegitimation von Umweltorganisationen mit dem Schutzziel der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie begründet. Denn Umweltorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzten, hätten ein Interesse an der Einhaltung umweltrechtlicher Vorschriften. Umweltverbände müssten daher die Möglichkeit haben, die Beachtung der aus dem Unionsrecht hervorgegangenen Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen, die in den meisten Fällen auf das allgemeine Interesse und nicht nur auf den alleinigen Schutz der Rechtsgüter Einzelner gerichtet seien. Allein deshalb sei das nationale Recht bereits im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen so auszulegen, dass es so weit wie möglich im Einklang mit den Zielen des Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention stehe.

13 Während sich das Urteil des EuGH in der Rs Janecek auf eine "drohende" Grenzwertüberschreitung bezogen habe, sei im vorliegenden Fall, ebenso wie in dem dem genannten Urteil des deutschen BVerwG zugrunde liegenden Fall, die Grenzwertüberschreitung bereits eingetreten. Für diesen Fall enthalte die Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 RL 2008/50/EG die zeitliche Vorgabe, dass der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden solle.

14 Ein Plan gelte erst dann als Luftqualitätsplan im Sinne des Art. 22 (gemeint wohl: Art. 23) RL 2008/50/EG, wenn er von den zuständigen Behörden formal angenommen worden sei und damit eine offizielle Zusage darstelle, die erforderlichen Maßnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung und zur Einhaltung der NO2- Grenzwerte zu ergreifen (Verweis auf einen Beschluss der Europäischen Kommission vom 12. Juli 2012). Es reiche demnach nicht aus, geplante Maßnahmen in das Luftreinhalteprogramm aufzunehmen, diese müssten vielmehr auch rechtsverbindlich erlassen werden.

15 Zusammenfassend bestehe daher ein Antragsrecht auf Erlassung geeigneter Maßnahmen, welche die schnellstmögliche Einhaltung der Grenzwerte erwarten ließen. Die Maßnahmen müssten geeignet sein, den Zeitraum der Überschreitung so kurz wie möglich zu halten. Maßnahmen, die schrittweise dazu führten, dass die Grenzwerte eingehalten würden, seien nicht ausreichend. Im Fall der Grenzwertüberschreitung müssten daher im Sinne des Art. 23 der RL 2008/50/EG Maßnahmen dahingehend ergriffen werden, dass keine weitere Grenzwertüberschreitung eintrete.

16 Im Land Salzburg seien in den letzten Jahren die Grenzwerte für NO2 sowohl des IG-L als auch der RL 2008/50/EG an mehreren Messstellen überschritten worden. Die Jahresmittelwerte lägen seit Jahren auf einem relativ hohen Niveau und überschritten an den Messstellen "Rudolfsplatz", "Hallein B 159" und "Hallein Autobahn" sowohl den zulässigen Jahresgrenzwert des IG-L (2005 bis 2009: 40 µg/m3, ab 2010: 35 µg/m3) als auch den Grenzwert der Luftqualitätsrichtlinie der EU (40 µg/m3). Der Evaluierungsbericht des Luftreinhalteprogrammes 2008 des Landes Salzburg zeige, dass auch im Jahr 2015 der Jahresgrenzwert für Stickstoffoxide nicht eingehalten werden würde, und stelle fest, dass kein eindeutiger Trend erkennbar sei.

17 Gemäß Art. 13 der RL 2008/50/EG hätten die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, dass ab dem 1. Jänner 2010 die Grenzwerte gemäß der Richtlinie 1999/30/EG des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft rechtsverbindlich seien und die festgelegten Grenzwerte für Stickstoffdioxid von 40 µg/m3 nicht überschritten.

18 Mit dem erwähnten Beschluss vom 12. Juli 2012 habe die Europäische Kommission das Ansuchen Österreichs, die Frist in Bezug auf das Luftqualitätsgebiet Salzburg zu verlängern, abgelehnt. Unter Hinweis auf die Ausführungen der Kommission hielt die Revisionswerberin fest, es reiche nicht aus, die geplanten Maßnahmen im Luftreinhalteplan festzuschreiben. Es sei vielmehr geboten, diese schnellstmöglich rechtlich verbindlich zu erlassen, sodass die Grenzwerte eingehalten würden. Die Nichteinhaltung der Grenzwerte verletze daher Unionsrecht und lasse ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich befürchten.

19 Die Hauptquelle der österreichischen NOx-Immissionen sei die Verbrennung von Brenn- und Kraftstoffen mit einem Anteil von mehr als 96%, wobei der größte Anteil an den NOx-Gesamtimmissionen im Jahr 2001 auf den Straßenverkehr mit 59,3 % entfalle. Auch nach den Angaben der Statuserhebung des Landes Salzburg stammten die Ursachen zum überwiegenden Teil aus dem Straßenverkehr, gefolgt von Industrie und Gewerbe und dem Off-Road-Bereich (wird näher ausgeführt).

20 Die bisher im Luftreinhalteprogramm des LH vom 22. September 2008 und in der Fortschreibung des Luftreinhalteprogramms 2013 nach § 9a IG-L angekündigten Maßnahmen als auch jene nach §§ 10 ff IG-L tatsächlich erlassenen Maßnahmen seien grundsätzlich begrüßenswert. Die Verordnung des LH vom 12. Februar 2014, mit der aufgrund der §§ 10 und 14 IG-L im dreimonatigen Testbetrieb eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der Westautobahn angeordnet werde, lasse eine deutliche Immissionsreduktion von 13 % im straßennahen Bereich erwarten. Das Land Salzburg zeige mit diesem Testbetrieb den Willen, Maßnahmen gegen die Grenzwertüberschreitungen zu setzen. Diese Maßnahme solle auch nach dem Testbetrieb aufrechterhalten bleiben. Ebenso sei auch die Verordnung der Landeshauptfrau von Salzburg vom 17. Oktober 2008, mit der eine immissionsabhängige Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der Tauernautobahn angeordnet werde, aufrecht zu erhalten.

21 Nach Ansicht der Revisionswerberin seien jedoch weitere Maßnahmen erforderlich, um die Jahresgrenzwerte für Stickstoffdioxid an den Messstellen "Rudolfsplatz", "Hallein B 159" und "Hallein Autobahn" einzuhalten. Einerseits sei selbst bei voller Wirksamkeit der Westautobahn-Geschwindigkeitsbeschränkung keine Grenzwertunterschreitung an den genannten Messstellen zu erwarten, andererseits habe die Geschwindigkeitsreduktion lediglich Auswirkungen auf den Nahebereich der Westautobahn.

22 Selbst im Evaluierungsbericht des Luftreinhalteprogrammes 2008 sowie in der Fortschreibung des Luftreinhalteprogrammes nach § 9a IG-L 2013 werde davon ausgegangen, dass die Jahresgrenzwerte für Stickstoffdioxid 2014 und 2015 nicht eingehalten werden könnten. Der Erlass weiterer geeigneter Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte sei daher unbedingt erforderlich.

23 Grundsätzlich seien Maßnahmen zu ergreifen, mit denen mit geringsten Kosten eine möglichst große Verringerung der Immissionsbelastung erzielt werde. Die Maßnahmen sollten verhältnismäßig sein. Es seien also auch öffentliche Interessen zu berücksichtigen. Aus gesundheitlicher Sicht werde es daher als sinnvoll erachtet, die Belastung generell statt ausschließlich an den höchstbelasteten Standorten zu senken. So könne auch in Gebieten ohne Grenzwertüberschreitung eine Verminderung des Gesundheitsrisikos erzielt werden.

24 Im Sinne des Verursacherprinzips erscheine die Ergreifung spezifisch verkehrsbezogener Maßnahmen geboten. Mögliche Maßnahmen wären daher zum Beispiel Geschwindigkeitsreduktionen auf Autobahnen und Landstraßen, Anreize zur schnelleren Flottenerneuerung, die Reduktion der Verkehrsstärke oder Fahrbeschränkungen. die Revisionswerberin erläuterte in weiterer Folge ihrer Ansicht nach mögliche zur Verfügung stehende Maßnahmen, nämlich die Ausweisung von Umweltzonen, eine City Maut sowie sektorale Fahrverbote für Lkw und ein temporäres Fahrverbot für Pkw, ferner den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und weitere Temporeduktionen im Land Salzburg auf der A1, der A10 und auf Freilandstraßen sowie Tempo 30-Zonen in Gemeindegebieten, insbesondere in der Stadt Salzburg.

25 Mit Bescheid des LH vom 14. August 2014 wurde nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens einschließlich der Einholung gutachterlicher Stellungnahmen der Antrag der Revisionswerberin vom 8. April 2014 auf Erlassung geeigneter Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 im Land Salzburg - in Anerkennung seiner Antragslegitimation gemäß Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention - als unbegründet abgewiesen.

26 Nach Darlegungen zur Antragslegitimation die Revisionswerberin wurde zur Abweisung des Antrages unter anderem ausgeführt, es sei unbestritten, dass aktuell die Luftschadstoff-Grenzwerte für Stickstoffdioxid sowohl nach der Luftqualitäts-RL als auch nach dem IG-L im Salzburger Zentralraum nicht eingehalten werden könnten und dieser Zustand auch über die nächsten Jahre erwartbar bleiben werde. Das Land Salzburg sei allerdings der begründeten Meinung, dass sich die Luftschadstoffsituation bei Stickstoffdioxid mit der Einführung von Motoren der Schadstoffklasse EURO 6 für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab dem 1. September 2015 und mit der zunehmenden Flottendurchdringung im Bereich aller Fahrzeuge mit diesen Motoren spürbar verbessern, eventuell sogar bereinigen werde.

27 Mit ihrem Antrag vom 8. April 2014 habe die Revisionswerberin eine Unterlassung durch den LH als nach § 9a IG-L für die Erstellung eines Luftqualitätsplanes (bzw. Programmes) zuständige Behörde geltend gemacht. Der von der Revisionswerberin erwähnten Forderung der Europäischen Kommission nach Aufnahme strengerer Minderungsmaßnahmen in den für den Salzburger Zentralraum relevanten Luftqualitätsplan sei jedenfalls vom LH mit der "Fortschreibung des Luftreinhalteprogrammes nach § 9a IG-L - 2013" nachgekommen worden, die zusätzliche Maßnahmen zur Senkung der Luftschadstoffbelastung bei Stickstoffdioxid vorsehe. Ein Teil der Maßnahmen ziele auf die Verstärkung des öffentlichen Verkehrs ab. Die Wirksamkeit eines großen Teils der vorgesehenen Maßnahmen sei davon abhängig, inwieweit diese von den "Betroffenen" angenommen würden. Die Judikatur des EuGH begegne Verboten und Beschränkungen extrem zurückhaltend und fordere strikt die vorherige Ausschöpfung der Möglichkeiten von gelinderen Maßnahmen.

28 Die Frage, ob in Bezug auf die Setzung von Maßnahmen zur Sicherung der Luftqualität eine Unterlassung vorliege, sei auch anhand der Bestimmungen des § 9a Abs. 1 und Abs. 6 IG-L zu beurteilen. Dadurch, dass das IG-L eine periodische Verpflichtung zur Überprüfung der Luftqualitätsziele und die Verpflichtung zur Setzung weiterer Maßnahmen bei deren Nichterreichung unter Einbindung der Öffentlichkeit statuiere, lege es auch einen Rahmen fest, in dem sich die Öffentlichkeit einbringen könne. Die "Fortschreibung des Luftreinhalteprogrammes nach § 9a IG-L - 2013" und der Entwurf der Westautobahn-Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung, die eine auf drei Monate befristete Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h im Bereich der Stadt Salzburg vorgesehen habe, seien den in § 9a Abs. 1 IG-L angegebenen Stellen übermittelt und auf der Internetseite des Landes Salzburg veröffentlicht worden. Seitens der Revisionswerberin sei dazu keine Stellungnahme abgegeben worden.

29 Ungeachtet des § 9a Abs. 6 IG-L würden im Land Salzburg auch weiterhin Maßnahmen zur Luftreinhaltung fortentwickelt und implementiert (unter anderem Hinweis auf die auf drei Monate befristete Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h auf der Westautobahn im Bereich des Stadtgebietes von Salzburg; weitere Maßnahmen zur Verstetigung des Verkehrsflusses in Planung;

Einführung einer Jahreskarte für den öffentlichen Verkehr im Stadtgebiet von Salzburg um einen näher genannten Preis;

Ausarbeitung eines neues Landesmobilitätskonzeptes "Salzburg mobil 2025"). Dem Antrag der Revisionswerberin werde also insofern Folge geleistet, als das Land Salzburg über die bisherigen Luftqualitätspläne 2008 und 2013 hinausgehende Maßnahmen umsetze und dadurch das geforderte Verhalten setze.

30 Die im Antrag der Revisionswerberin vom 8. April 2014 aufgelisteten Maßnahmen seien im Sinne eines Vorschlages zu verstehen. Es obliege der Verantwortung der Behörden, entsprechend den Grundsätzen der europäischen und österreichischen Rechtsordnung die zu ergreifenden Maßnahmen auszuwählen, ohne dass die Parteien einen Rechtsanspruch auf die Umsetzung bestimmter von ihnen konkret vorgeschlagener Maßnahmen hätten. Der EuGH sehe die Luftqualitätsziele nicht isoliert, sondern er wolle sie in Bezug auf die gesamten Rahmenumstände einer Gesellschaft verstanden wissen. Die Mitgliedstaaten seien nicht verpflichtet, Maßnahmen dahingehend zu ergreifen, dass es zu keinerlei Überschreitung komme, sondern solche Maßnahmen, die Überschreitungen auf ein Minimum reduzierten. Der LH verwies in diesem Zusammenhang auf das vom Land Tirol als Maßnahme zur Erreichung der Luftqualitätsziele zweimal verordnete "sektorale Fahrverbot", das jeweils vor dem EuGH gescheitert sei. Der EuGH habe klar zum Ausdruck gebracht, dass die Mitgliedstaaten vor der Festlegung von Verboten sorgfältig zu prüfen hätten, ob nicht auf Maßnahmen zurückgegriffen werden könnten, die den freien Verkehr weniger beschränkten.

31 In weiterer Folge ging der LH in seiner Begründung im Einzelnen auf von der Revisionswerberin vorgeschlagene Maßnahmen ein und hielt dazu abschließend fest, praktisch keine der vorgeschlagenen Maßnahmen sei zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte geeignet. Umweltzonen, Citymauten, Regionalstadtbahnen und sektorale Fahrverbote benötigten lange Zeiträume zur Umsetzung, wobei (wie näher begründet wurde) sogar von mehreren Jahren auszugehen sei. Jede Maßnahme bzw. Verordnung sei sachverständig im Hinblick auf die in § 9c IG-L angeführten Erwägungen, vor allem auf ihr Einsparungspotenzial, zu begründen. Auch diese Gutachten benötigten Zeit.

32 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (LVwG) vom 30. März 2015 wurde der von der Revisionswerberin gegen den Bescheid des LH vom 14. August 2014 erhobenen Beschwerde keine Folge gegeben und diese mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend zu lauten habe, dass der Antrag vom 8. April 2014 als unzulässig zurückgewiesen werde. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

33 In seinen Erwägungen hielt das LVwG fest, um im Sinne der Aarhus-Konvention Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren zu erlangen, sei es notwendig, konkret darzulegen, dass innerstaatlich Zuwiderhandlungen und Unterlassungen des nationalen Rechts gegen umweltbezogene Bestimmungen stattgefunden hätten und um welche derartigen Zuwiderhandlungen und/oder Unterlassungen es sich dabei handle. Darüber hinaus werde wohl nur jenen Mitgliedern der Öffentlichkeit eine Anfechtungsmöglichkeit zugestanden werden können, die unmittelbar betroffen seien, wie dies in Analogie zum Urteil Janecek des EuGH zu sehen sei.

34 Der verfahrenseinleitende Antrag der Revisionswerberin entspreche somit nicht den Möglichkeiten, welche die Aarhus-Konvention der Öffentlichkeit einräume. Diese gewähre in Art. 9 Abs. 3 kein Antragsrecht auf Erlassung von (geeigneten) Maßnahmen, sondern eben ein Anfechtungsrecht bezüglich Verletzungen und Unterlassungen. Dass trotz entsprechender gesetzlicher Vorgaben nicht immer alle Maßnahmen griffen (also etwa zur Einhaltung spezieller Immissionsgrenzwerte), bedeute für sich noch nicht unbedingt eine Unterlassung oder ein Zuwiderhandeln.

35 die Revisionswerberin habe jedenfalls keine Anfechtung vorgenommen, mit welcher konkrete Handlungen oder Unterlassungen des Landes Salzburg dargestellt würden, die gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts verstießen und der Aarhus-Konvention zu subsumieren wären, sondern einen Antrag auf Erlassung geeigneter Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 an bestimmten Messstellen in Salzburg und Hallein gestellt. Ein derartiges Antragsrecht könne aber weder der Aarhus-Konvention noch den sonstigen (im Erkenntnis zitierten) Rechtsvorschriften oder dem Urteil Janecek des EuGH entnommen werden. Letztgenanntes Urteil sei dahingehend auszulegen, dass natürlichen oder juristischen Personen ein Anspruch auf die Erstellung eines Aktionsplanes bzw. eines Luftqualitätsplanes im Sinn des Art. 23 der Luftqualitätsrichtlinie zustehe, nicht jedoch auf die Setzung einzelner Maßnahmen. Schließlich werde judiziert, dass die Mitgliedstaaten nur verpflichtet seien, im Rahmen eines Aktionsplanes kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet seien, die Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte auf ein Minimum zu verringern und schrittweise zu einem Stand unterhalb dieser Werte zurückzukehren. In Bezug auf den Inhalt der Aktionspläne habe der EuGH ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet seien, Maßnahmen dahingehend zu ergreifen, dass es zu keinerlei Überschreitung komme.

36 Die innerstaatliche Anwendung der Aarhus-Konvention auf der Basis des Urteils des EuGH in der Rs VLK, C-240/09, sei grundsätzlich anzuerkennen. Die Aarhus-Konvention sei aber ein völkerrechtlicher Vertrag, der der Umsetzung bedürfe, die von Österreich aber noch nicht vorgenommen worden sei, sodass daraus noch keine Legitimation eines Begehrens wie jenes der Revisionswerberin abgeleitet werden könne.

37 In weiterer Folge begründete das LVwG, weshalb selbst bei inhaltlicher Beurteilung eine konkret begangene Unterlassung oder aktive Handlung, die gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts verstoße, nicht zu erkennen wäre. So sei das europäische Luftqualitätsrecht im IG-L in das nationale Recht umgesetzt worden. § 9a IG-L normiere eine Verpflichtung zur Erstellung eines umfassenden Luftqualitätsprogrammes. Das IG-L weise für den Luftschadstoff Stickstoffdioxid strengere Grenzwerte auf als die Luftqualitäts-Richtlinie. Im erstinstanzlichen Bescheid seien die vom LH auf Grundlage des IG-L bzw. der Luft-Rahmen-Richtlinie bzw. Luftqualitäts-Richtlinie gesetzten Maßnahmen umfassend angeführt worden. Aus all dem ergebe sich, dass dem LH keinesfalls Unterlassungen (es sei hier nochmals auf die Fortschreibung des Luftreinhalteprogrammes nach § 9a IG-L im Jahr 2013 verwiesen) oder gar ein Zuwiderhandeln gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts im Sinn des Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention angelastet werden könnten. In Entsprechung und als Ergänzung des IG-L habe der LH jüngst eine immissionsabhängige Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der Westautobahn durch die Westautobahn-Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung 2015 angeordnet, die mit 4. März 2015 in Kraft getreten sei und zum Ziel habe, die durch den Verkehr im Salzburger Zentralraum verursachte Immissionsbelastung durch den Luftschadstoff NO2 zu verringern, was wiederum auch in Einklang mit Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG stehe. Art. 23 dieser Richtlinie normiere, dass im Falle der Überschreitung der Grenzwerte, für die die Frist für die Erreichung bereits verstrichen sei, die Luftqualitätspläne geeignete Maßnahmen enthalten müssten, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden könne. Auch dieser Forderung werde mit der zitierten Westautobahn-Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung 2015 und den weiteren bereits vom LH gesetzten Maßnahmen des Programmes 2008 und der Fortschreibung 2013 entsprochen.

38 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

39 Der LH beantragte in seiner Revisionsbeantwortung für den Fall der Abweisung der Revision Kostenersatz.

40 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

41 Die vorliegende Revision erweist sich angesichts der von ihr geltend gemachten Frage, ob eine Umweltorganisation ein Recht bzw. einen durchsetzbaren Anspruch auf Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte nach IG-L bzw. der Luftqualitäts-Richtlinie habe und welche Bedeutung Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention bei derartigen Verfahren zuzumessen sei, als zulässig.

42 Ungeachtet der ergänzenden begründeten Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis des LVwG, wonach selbst bei inhaltlicher Beurteilung eine konkret begangene Unterlassung oder aktive Handlung, die gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts verstoße, nicht zu erkennen sei, wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis der verfahrenseinleitende Antrag der Revisionswerberin vom 8. April 2014 als unzulässig zurückgewiesen. Es wurde damit der Revisionswerberin die Legitimation zur Stellung eines Antrages auf Erlassung geeigneter Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 (an näher genannten Messstellen) im Land Salzburg nicht zuerkannt. Zu prüfen ist daher allein, ob diese Zurückweisung des Antrages rechtskonform war.

43 Die hier wesentlichen Bestimmungen der Richtlinie

2008/50/EG lauten auszugsweise:

"Artikel 23

Luftqualitätspläne

(1) Überschreiten in bestimmten Gebieten oder Ballungsräumen die Schadstoffwerte in der Luft einen Grenzwert oder Zielwert zuzüglich einer jeweils dafür geltenden Toleranzmarge, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass für diese Gebiete oder Ballungsräume Luftqualitätspläne erstellt werden, um die entsprechenden in den Anhängen XI und XIV festgelegten Grenzwerte oder Zielwerte einzuhalten.

Im Falle der Überschreitung dieser Grenzwerte, für die die Frist für die Erreichung bereits verstrichen ist, enthalten die Luftqualitätspläne geeignete Maßnahmen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden kann. Die genannten Pläne können zusätzlich gezielte Maßnahmen zum Schutz empfindlicher Bevölkerungsgruppen, einschließlich Maßnahmen zum Schutz von Kindern, vorsehen.

Diese Luftqualitätspläne müssen mindestens die in Anhang XV Abschnitt A aufgeführten Angaben umfassen und können Maßnahmen gemäß Artikel 24 umfassen. Diese Pläne sind der Kommission unverzüglich, spätestens jedoch zwei Jahre nach Ende des Jahres, in dem die erste Überschreitung festgestellt wurde, zu übermitteln.

Müssen für mehrere Schadstoffe Luftqualitätspläne ausgearbeitet oder durchgeführt werden, so arbeiten die Mitgliedstaaten gegebenenfalls für alle betreffenden Schadstoffe integrierte Luftqualitätspläne aus und führen sie durch.

(2) (...)

Artikel 24

Pläne für kurzfristige Maßnahmen

(1) Besteht in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum die Gefahr, dass die Schadstoffwerte eine oder mehrere der in Anhang XII festgelegten Alarmschwellen überschreiten, erstellen die Mitgliedstaaten Pläne mit den Maßnahmen, die kurzfristig zu ergreifen sind, um die Gefahr der Überschreitung zu verringern oder deren Dauer zu beschränken. Besteht diese Gefahr bei einem oder mehreren der in den Anhängen VII, XI und XIV genannten Grenzwerte oder Zielwerte, können die Mitgliedstaaten gegebenenfalls solche Pläne für kurzfristige Maßnahmen erstellen.

(...)"

44 Das IG-L in der Fassung BGBl. I Nr. 77/2010 lautet auszugsweise:

"Immissionsüberwachung Immissionsgrenzwerte und Vorgaben in Bezug auf PM2,5

§ 3. (1) Im gesamten Bundesgebiet gelten die unter Bedachtnahme auf die einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse in den Anlagen 1 und 2 festgelegten Immissionsgrenzwerte zum dauerhaften Schutz der menschlichen Gesundheit.

(2) Für die Luftschadstoffe Schwefeldioxid und Stickstoffdioxid gelten im gesamten Bundesgebiet die in Anlage 4 festgelegten Alarmwerte.

(3) Für Stickstoffdioxid und PM2,5 gelten zusätzlich im gesamten Bundesgebiet die in den Anlagen 5a und 5c festgelegten Zielwerte, für Arsen, Kadmium, Nickel und Benzo(a)pyren gelten die in der Anlage 5b festgelegten Zielwerte.

     (...)

     3a. Abschnitt

     Programme

     Erstellung von Programmen

     § 9a. (1) Zur Erreichung der Ziele dieses

Bundesgesetzes (§ 1) hat der Landeshauptmann unter Bedachtnahme

auf nationale Programme gemäß § 6 des

Emissionshöchstmengengesetzes-Luft, BGBl. I Nr. 34/2003, Pläne und

Programme gemäß § 13 des Ozongesetzes, BGBl. Nr. 210/1992 und die

österreichische Klimastrategie gemäß § 1 Abs. 2 des

Emissionszertifikategesetzes, BGBl. I Nr. 46/2004, sowie unter

Nutzung von Synergieeffekten mit lokalen, regionalen und

bundesweiten Energie- und Klimaschutzmaßnahmen

1.        auf Grundlage der Statuserhebung (§ 8) und eines

allenfalls erstellten Emissionskatasters (§ 9),

2.        unter Berücksichtigung der Stellungnahmen gemäß § 8

Abs. 5 und 6,

3.        unter Berücksichtigung der Grundsätze gemäß § 9b,

4.        unter Heranziehung der Zeitpunkte, bis zu denen die

Grenz- und Zielwerte gemäß der Richtlinie 2008/50/EG eingehalten

werden müssen und

5.        auf Grundlage des Programms für die Erreichung des

nationalen Ziels für die Reduzierung des AEI gemäß § 19

     ein Programm zu erstellen. Darin sind jene Maßnahmen

festzulegen, die ergriffen werden, um die Emissionen, die zur

Überschreitung des Immissionsgrenzwerts gemäß Anlage 1 oder 2 oder

des Immissionszielwerts gemäß Anlage 5b oder 5c, einer Verordnung

nach § 3 Abs. 5 oder des AEI geführt haben, in einem Ausmaß zu

reduzieren, dass die Einhaltung folgender Grenzwerte und die

soweit wie mögliche Einhaltung der folgenden Zielwerte,

     (...)

-        des um 10 µg/m3 erhöhten Jahresmittelwertes für

Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a,

     (...)

-        des Halbstundenmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß

Anlage 1a,

     (...)

     gewährleistet wird oder im Fall des § 8 Abs. 1a der

Verpflichtung in Bezug auf den AEI nachgekommen wird. Bei

Überschreitung des AEI hat der Landeshauptmann Maßnahmen

festzulegen, die in dem Programm gemäß § 19 enthalten sind. Im

Programm hat der Landeshauptmann das Sanierungsgebiet (§ 2 Abs. 8)

festzulegen. Ein Entwurf des Programms ist längstens 18 Monate

nach Ablauf des Jahres, in dem die Überschreitung eines

Immissionsgrenzwerts stattgefunden hat, auf der Internetseite des

Landes zu veröffentlichen. Falls der Entwurf vorsieht, Maßnahmen

gemäß dem 4. Abschnitt mit Verordnung gemäß § 10 vorzuschreiben,

ist der Entwurf für diese Verordnung zusammen mit dem Entwurf des

Programms auf der Internetseite des Landes zu veröffentlichen.

Jedermann kann zum Entwurf des Programms binnen sechs Wochen Stellung nehmen. Die in ihrem Wirkungsbereich berührten Bundesminister sowie die gesetzlich eingerichteten Interessenvertretungen sind von der Veröffentlichung des Entwurfs und der Möglichkeit zur Stellungnahme in Kenntnis zu setzen. Die Stellungnahmen sind bei der Erstellung des Programms in angemessener Weise zu berücksichtigen.

(...)

(3) Das Programm kann insbesondere folgende Maßnahmen umfassen:

1.        Maßnahmen gemäß Abschnitt 4,

2.        Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Beschaffung,

3.        Förderungsmaßnahmen im Bereich von Anlagen, Haushalten

und Verkehr für emissionsarme Technologien und Verhaltensweisen,

die Emissionen reduzieren,

4.        Maßnahmen hinsichtlich des Betriebs von mobilen Motoren,

5.        Maßnahmen zur Optimierung des Winterdienstes und

6.        sonstige Maßnahmen in der Zuständigkeit des Bundes.

Im Programm sind für jede Maßnahme das Gebiet, in dem sie gilt, sowie eine Umsetzungsfrist festzulegen. In das Programm sind Angaben gemäß Anhang XV Z 7 bis 9 der Richtlinie 2008/50/EG aufzunehmen. Im Programm ist die Auswahl der festgelegten Maßnahmen zu begründen. Weiters ist in einem Anhang zum Programm auf im selbständigen Wirkungsbereich der Länder und Gemeinden getroffene Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen jener Schadstoffe, für die das Programm erstellt wird, zu verweisen.

4. Abschnitt

Maßnahmen

Anordnung von Maßnahmen

§ 10. (1) Maßnahmen gemäß den §§ 13 bis 16 sind auf Grundlage des Programms gemäß § 9a vom Landeshauptmann oder Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, sofern dieser gemäß § 9a Abs. 7 zuständig ist, spätestens 24 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem die Grenzwertüberschreitung festgestellt oder die Überschreitung des AEI durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ausgewiesen wurde, mit Verordnung anzuordnen. In der Verordnung ist das Sanierungsgebiet, in dem die jeweilige Maßnahme gilt, festzulegen. Weiters ist anzugeben, ob die Maßnahmen direkt wirken oder von der Behörde (§ 17) mit Bescheid anzuordnen sind. Es können auch über das Programm hinausgehende Maßnahmen angeordnet werden, sofern diese nicht dem Inhalt des Programms widersprechen und nicht unverhältnismäßig in bestehende Rechte eingreifen."

In §§ 13 bis 16 IG-L werden unter anderem näher dargestellte Maßnahmen für Anlagen, für Kraftfahrzeuge, für Stoffe, Zubereitungen und Produkte sowie "zusätzliche Maßnahmen" beschrieben.

45 Art. 2 Z 5 und Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention lauten:

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Übereinkommens

(...)

5. bedeutet "betroffene Öffentlichkeit" die von

umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse.

(...)

Artikel 9

Zugang zu Gerichten

(...)

(3) Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen."

46 Die Revisionswerberin verweist zur Untermauerung ihrer Antragslegitimation unter anderem auf die Urteile vom 25. Juli 2008, Janecek, C-237/07, und vom 19. November 2014, Client Earth, C-404/13, in denen sich der EuGH mit der Frage der Zulässigkeit eines Antrages eines Einzelnen mit dem Ziel der Verbesserung der Luftqualität auf der Rechtsgrundlage unionsrechtlicher Normen befasste.

47 In dem noch im Zeitraum der Geltung der Vorgänger-Richtlinie 96/62/EG ergangenen Urteil Janecek führte der EuGH unter anderem aus:

"(36) Außerdem können sich Einzelne nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs gegenüber öffentlichen Stellen auf unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen einer Richtlinie berufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 1979, Ratti, 148/78, Slg. 1979, 1629, Randnr. 20). Die zuständigen nationalen Behörden und Gerichte haben die Bestimmungen des nationalen Rechts so weit wie möglich so auszulegen, dass sie mit dem Ziel der entsprechenden Richtlinie im Einklang stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. November 1990, Marleasing, C-106/89, Slg. 1990, I- 4135, Randnr. 8). Sofern eine solche Auslegung nicht möglich ist, haben sie die mit der Richtlinie unvereinbaren Regelungen des nationalen Rechts außer Anwendung zu lassen.

(37) Wie der Gerichtshof wiederholt ausgeführt hat, wäre es mit dem zwingenden Charakter, den Art. 249 EG der Richtlinie verleiht, unvereinbar, grundsätzlich auszuschließen, dass eine mit ihr auferlegte Verpflichtung von den betroffenen Personen geltend gemacht werden kann. Diese Überlegung gilt ganz besonders für eine Richtlinie, die eine Eindämmung und Reduzierung der Luftverschmutzung und damit den Schutz der öffentlichen Gesundheit bezweckt.

(38) So hat der Gerichtshof entschieden, dass die Betroffenen in allen Fällen, in denen die Nichtbeachtung der Maßnahmen, die in Richtlinien über die Qualität der Luft und des Trinkwassers zum Zweck des Schutzes der öffentlichen Gesundheit vorgegeben werden, die Gesundheit von Personen gefährden könnte, in der Lage sein müssen, sich auf die in diesen Richtlinien enthaltenen zwingenden Vorschriften zu berufen (vgl. Urteile vom 30. Mai 1991, Kommission/Deutschland, C-361/88, und Kommission/Deutschland, C- 59/89, sowie vom 17. Oktober 1991, Kommission/Deutschland).

(39) Daraus folgt, dass natürliche oder juristische Personen, die unmittelbar von der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen betroffen sind, bei den zuständigen Behörden - gegebenenfalls unter Anrufung der zuständigen Gerichte -

erwirken können müssen, dass beim Vorliegen einer solchen Gefahr ein Aktionsplan erstellt wird.

(40) Dass diese Personen über andere Handlungsmöglichkeiten verfügen und insbesondere von den zuständigen Behörden den Erlass konkreter Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung verlangen können, wie es das deutsche Recht nach den Angaben des vorlegenden Gerichts vorsieht, ist insoweit ohne Bedeutung.

(41) Zum einen enthält die Richtlinie 96/62 nämlich keinerlei Vorbehalt hinsichtlich Maßnahmen, die nach anderen Bestimmungen des nationalen Rechts getroffen werden können, und zum anderen sieht sie ein ganz spezielles Planungsinstrumentarium vor, um, wie es im zwölften Erwägungsgrund heißt, die Umwelt 'insgesamt' und unter Berücksichtigung aller einzubeziehenden Faktoren wie insbesondere der Anforderungen betreffend den Betrieb von Industrieanlagen oder den Verkehr zu schützen.

(42) Auf die erste Frage ist somit zu antworten, dass Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 96/62 dahin auszulegen ist, dass unmittelbar betroffene Einzelne im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen bei den zuständigen nationalen Behörden die Erstellung eines Aktionsplans erwirken können müssen, auch wenn sie nach nationalem Recht über andere Handlungsmöglichkeiten verfügen sollten, um diese Behörden dazu zu bringen, Maßnahmen zur Bekämpfung der Luftverschmutzung zu treffen."

48 In dem bereits vor dem rechtlichen Hintergrund der Richtlinie 2008/50/EG ergangenen Urteil Client Earth hielt der EuGH unter anderem fest:

"(50) Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 4 EUV und 19 EUV sowie Art. 30 der Richtlinie 2008/50 dahin auszulegen sind, dass es, wenn ein Mitgliedstaat die Anforderungen aus Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 nicht eingehalten und auch nicht um eine Fristverlängerung gemäß den in Art. 22 dieser Richtlinie vorgesehenen Bedingungen ersucht hat, dem gegebenenfalls angerufenen zuständigen nationalen Gericht obliegt, gegenüber der nationalen Behörde jede erforderliche Maßnahme, wie eine Anordnung, zu erlassen, damit diese Behörde den nach dieser Richtlinie erforderlichen Plan gemäß den in der Richtlinie vorgesehenen Bedingungen erstellt.

(51) Zunächst ist festzustellen, dass die Gründe, aus denen die Auslegung des Art. 30 der Richtlinie 2008/50 in Bezug auf die Sanktionsregelung, die von den Mitgliedstaaten eingeführt werden muss, für den Ausgangsrechtsstreit nützlich wäre, sich den dem Gerichtshof übermittelten Unterlagen nicht hinreichend klar entnehmen lassen.

(52) Was Art. 4 EUV betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Gerichte der Mitgliedstaaten gemäß dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nach Abs. 3 dieses Artikels den gerichtlichen Schutz der Rechte zu gewährleisten haben, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen (vgl. in diesem Sinne u.a. Urteil Unibet, C-432/05, EU:C:2007:163, Rn. 38). Mit Art. 19 Abs. 1 EUV wird den Mitgliedstaaten im Übrigen aufgegeben, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist.

(53) Werden die Grenzwerte für Stickstoffdioxid nach dem 1. Januar 2010 in einem Mitgliedstaat überschritten, der nicht um eine Fristverlängerung nach Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 ersucht hat, erlegt ihm Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie die klare Verpflichtung auf, einen Luftqualitätsplan im Einklang mit bestimmten Anforderungen zu erstellen (vgl. entsprechend Urteil Janecek, C-237/07, EU:C:2008:447, Rn. 35).

(54) Außerdem können sich Einzelne nach ständiger Rechtsprechung gegenüber öffentlichen Stellen auf unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen einer Richtlinie berufen. Auch haben die nationalen Behörden und Gerichte die Bestimmungen des nationalen Rechts so weit wie möglich so auszulegen, dass sie mit dem Ziel der entsprechenden Richtlinie im Einklang stehen. Sofern eine solche Auslegung nicht möglich ist, haben sie die mit der Richtlinie unvereinbaren Regelungen des nationalen Rechts außer Anwendung zu lassen (vgl. in diesem Sinne Urteil Janecek, EU:C:2008:447, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

(55) Wie der Gerichtshof wiederholt ausgeführt hat, wäre es schließlich mit dem zwingenden Charakter, den Art. 288 AEUV der Richtlinie 2008/50 verleiht, unvereinbar, es grundsätzlich auszuschließen, dass eine mit ihr auferlegte Verpflichtung von den betroffenen Personen geltend gemacht werden kann. Diese Überlegung gilt ganz besonders für eine Richtlinie, die eine Eindämmung und Reduzierung der Luftverschmutzung und damit den Schutz der öffentlichen Gesundheit bezweckt (vgl. in diesem Sinne Urteil Janecek, EU:C:2008:447, Rn. 37).

(56) Daraus folgt, dass natürliche oder juristische Personen, die unmittelbar von der Überschreitung der Grenzwerte nach dem 1. Januar 2010 betroffen sind, bei den nationalen Behörden - gegebenenfalls unter Anrufung der zuständigen Gerichte - erwirken können müssen, dass ein Luftqualitätsplan im Einklang mit Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 erstellt wird, wenn ein Mitgliedstaat die Einhaltung der sich aus Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie ergebenden Anforderungen nicht gewährleistet hat, ohne die Verlängerung der Frist gemäß den in Art. 22 vorgesehenen Bedingungen zu beantragen (vgl. entsprechend Urteil Janecek, EU:C:2008:447, Rn. 39).

(57) Was den Inhalt des Plans betrifft, folgt aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen zwar über einen gewissen Wertungsspielraum verfügen, es aber jedenfalls ermöglichen müssen, dass der Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten wird.

(58) Somit ist auf die vierte Frage zu antworten, dass es, wenn ein Mitgliedstaat die Anforderungen aus Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 nicht eingehalten und auch nicht um eine Fristverlängerung gemäß den in Art. 22 dieser Richtlinie vorgesehenen Bedingungen ersucht hat, dem gegebenenfalls angerufenen zuständigen nationalen Gericht obliegt, gegenüber der nationalen Behörde jede erforderliche Maßnahme, wie eine Anordnung, zu erlassen, damit diese Behörde den nach dieser Richtlinie erforderlichen Plan gemäß den in der Richtlinie vorgesehenen Bedingungen erstellt."

49 Vor dem Hintergrund der beiden zitierten Urteile des EuGH hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 28.5.2015, Ro 2014/07/0096, und vom 25.10.2017, Ro 2017/07/0020, 0021, mit einem mit dem in Rede stehenden Antrag der Revisionswerberin teilweise vergleichbaren - allerdings von natürlichen Personen gestellten - Antrag an den Landeshauptmann von Steiermark auf Erlassung von umfassenden verkehrsbezogenen Maßnahmen zur Einhaltung der Emissionsgrenzwerte für Feinstaub in Graz, welcher sich auf § 9a IG-L und die Steiermärkische Luftreinhalteverordnung 2011 sowie auf das Recht auf gesunde Luft im Sinne der Richtlinie 2008/50/EG gestützt hatte, befasst.

50 Wie der Verwaltungsgerichtshof darlegte, ist unter den in § 9a IG-L genannten Programmen ein Luftqualitätsplan im Sinne des Art. 23 der Luftqualitäts-RL zu verstehen. Der Antrag hatte sich auf die Erlassung oder Ergänzung zum einen eines Programmes nach § 9a IG-L, zum anderen der darauf aufbauenden Steiermärkischen Luftreinhalteverordnung 2011 bezogen. Er war inhaltlich auf langfristig wirksame Maßnahmen gerichtet und hatte damit auf die in Art. 23 der Luftqualitäts-RL genannten Luftqualitätspläne gezielt.

51 Der Verwaltungsgerichtshof hielt unter anderem fest, dass natürliche Personen wie die dortigen revisionswerbenden Parteien, wenn sie unmittelbar von der Überschreitung der Grenzwerte betroffen sind, bei den nationalen Behörden erwirken können müssen, dass ein Luftqualitätsplan im Einklang mit Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Luftqualitäts-RL erstellt wird, wenn durch die Behörde die Einhaltung der sich aus Art. 13 Abs. 1 Unterabsatz 1 in Verbindung mit Anhang XI der Luftqualitäts-RL ergebenden Anforderungen nicht gewährleistet wurde und es auch zu keiner Fristverlängerung nach Art. 22 der Luftqualitäts-RL gekommen ist.

Für die Zulässigkeit eines Antrags auf Erstellung oder Ergänzung eines Luftqualitätsplans war demnach Voraussetzung, dass keine Fristverlängerung nach Art. 22 der Luftqualitäts-RL vorliegt, weil diesfalls Grenzwerte (noch) nicht einzuhalten wären; liegt aber keine Fristverlängerung vor, ist es für die Zulässigkeit eines Antrags notwendig, dass die Grenzwerte überschritten werden und die antragstellenden Parteien unmittelbar von dieser Überschreitung betroffen sind (vgl. VwGH 28.5.2015, Ro 2014/07/0096, Pkt. 4.2.).

52 Auch im vorliegenden Fall ist der verfahrenseinleitende Antrag der Revisionswerberin, der auf (unstrittige) Grenzwertüberschreitungen hinsichtlich des Luftschadstoffes NO2 verweist, im Ergebnis auf die Erstellung bzw. Ergänzung eines Programmes nach § 9a IG-L und die Anordnung von Maßnahmen (durch Verordnung) nach §§ 10 ff. IG-L bzw. auf die Erstellung bzw. Änderung von Luftqualitätsplänen im Sinne des Art. 23 der RL 2008/50/EG gerichtet. Eine Fristverlängerung nach Art. 22 dieser Richtlinie liegt nicht vor.

53 Die Begründung des LVwG, natürlichen und juristischen Personen stehe ein Anspruch auf die Erstellung eines Aktionsplanes bzw. eines Luftqualitätsplanes im Sinne des Art. 23 der RL 2008/50/EG, nicht jedoch auf die Setzung einzelner Maßnahmen zu, ist im vorliegenden Zusammenhang bereits deshalb nicht zutreffend, weil die Anordnung von Maßnahmen nach § 10 IG-L auf der Grundlage eines Programmes gemäß § 9a IG-L erfolgt. Der Antrag auf Erlassung geeigneter Maßnahmen gemäß § 10 IG-L inkludiert daher bereits die Forderung nach einer Änderung bzw. Ergänzung eines Programmes gemäß § 9a IG-L.

54 Es ist nun die Frage zu beantworten, ob auch anerkannte Umweltorganisationen wie die Revisionswerberin legitimiert sind, einen derartigen Antrag zu stellen. Wie im zitierten Erkenntnis Ro 2014/07/0096 ist es auch im vorliegenden Fall unstrittig, dass das IG-L selbst keine unmittelbare Rechtsgrundlage für die Annahme eines subjektiven Rechts der Revisionswerberin auf Erstellung oder Ergänzung eines Programmes nach § 9a IG-L und auf die Anordnung von Maßnahmen nach §§ 10 IG-L bietet.

55 Zunächst ist festzuhalten, dass bei Überschreitung der maßgeblichen Grenzwerte die (bereits gegebene) Existenz eines Programmes nach § 9a IG-L bzw. eines Luftreinhalteplanes nach Art. 23 der RL 2008/50/EG für sich allein keinen Grund darstellt, der einer (hier noch zu prüfenden) Zulässigkeit des Antrages entgegenstünde. Der Antrag hat in diesem Fall die inhaltliche Überprüfung des Programmes bzw. des Planes auf seine allfällige Ergänzungsbedürftigkeit zur Folge (vgl. dazu bereits VwGH 28.5.2015, Ro 2014/07/0096, Pkt. 6.2.).

56 Auch die Ausführungen des LVwG im angefochtenen Erkenntnis, der Umstand, dass trotz entsprechender gesetzlicher Vorgaben "nicht immer alle Maßnahmen greifen", bedeute für sich noch nicht unbedingt eine Unterlassung oder ein Zuwiderhandeln, stehen - angesichts der nach der RL 2008/50/EG und dem IG-L aus Grenzwertüberschreitungen resultierenden behördlichen Verpflichtungen zur Festlegung und Anordnung entsprechender Maßnahmen - der Zulässigkeit des verfahrenseinleitenden Antrages vom 8. April 2014 nicht entgegen.

57 Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention regelt für "Mitglieder der Öffentlichkeit", sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, das Recht auf Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

58 Es ist davon auszugehen, dass die Revisionswerberin mit dem verfahrenseinleitenden Antrag, in dem sie entsprechende Maßnahme

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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