TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/9 LVwG-AV-1446/001-2017

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Veröffentlicht am 09.01.2018
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Entscheidungsdatum

09.01.2018

Norm

GewO 1994 §9 Abs1
GewO 1994 §9 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde der G Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Dr. Walter Schuhmeister, Mag. Franz Haydn Rechtanwälte, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 28. Oktober 2017, BLW1-G-173674/001, betreffend die Verkürzung der Frist für die weitere Ausübung des Gewerbes „Steinmetzmeister gemäß § 159 GewO 1973“ ohne Geschäftsführer zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Frist für die weitere Ausübung des Gewerbes „Steinmetzmeister gemäß § 159 GewO 1973“ ohne Geschäftsführer bis
19. Februar 2018 verkürzt wird.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die G Gesellschaft m.b.H. ist seit 11. April 1985 Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Steinmetzmeistergewerbe gemäß § 159 GewO 1973“. Vom 24.7.2006 bis 7.9.2017 war HR gewerberechtliche Geschäftsführerin, welche am *** verstorben ist.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft
Bruck an der Leitha wurde die Frist für die weitere Ausübung des Gewerbes „Steinmetzmeister Gewerbe gemäß § 159 GewO 1973“ ohne Geschäftsführer bis
7. Dezember 2017 gemäß § 9 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 verkürzt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Behörde gemäß § 9 Abs. 2 GewO 1994 die Frist zur Ausübung des Gewerbes bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers zu verkürzen habe, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden sei oder in den vorangegangenen 2 Jahren vor dem Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe insgesamt länger als 6 Monate ohne Geschäftsführer ausgeübt worden sei. In diesem Fall habe die Behörde keinen Ermessensspielraum und sei die Verkürzung der Frist zwingend vorzunehmen.

Die Arbeiten des Steinmetzmeisters bedürften umfangreicher spezifischer Kenntnisse über bautechnische und bauphysikalische Vorgänge. Diese Kenntnisse würden sich nicht nur auf die Eigenschaften des Natursteins beziehen, sondern insbesondere auch auf die Verhaltensweisen der Baukonstruktionen und der Verbindungsmittel. Ohne umfangreiche Kenntnisse über Schallschutz, Wärmeschutz, Wärmedehnungen, Verhalten des Werkstoffes Naturstein zum Beispiel im Brandfall oder bei Erdbeben und über das Verhalten von Befestigungsmaterialien und Klebestoffen könne kein Bau fachgemäß errichtet werden. All diese Kenntnisse seien nicht nur im Bereich des Fassadenbaues, sondern auch im Treppenbau und bei der Errichtung von Steinbelegen notwendig. Zahlreiche Bauschäden würden von Unkenntnis der Verarbeitung von Naturstein zeugen, wobei es in erster Linie um die körperliche Sicherheit der Benützer sowie dritter Personen gehe. Nur Fachleuten sei bekannt, dass das Verhalten von Naturstein bei Frost- und Tauwechseln, beim Einsatz von Tausalzen, beim Vernachlässigen der verschiedensten Wärmedehnungsparameter der Natursteine, bei der Verwendung von falschen Klebestoffen oder falschen Isolierungsmaterialien gefährliche Auswirkungen haben könne.

Ziehe man den Umfang der Berechtigungen des Steinmetzmeisters und der damit verbundenen besonderen Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen im Sinne des § 9 Abs. 2 GewO in Betracht, so sei es nicht ungerechtfertigt, von einem dringenden Allgemeininteresse davon auszugehen, dass entsprechende Tätigkeiten nur von Personen erbracht würden, die – nachweislich – auch eine dafür ausreichende Befähigung aufweisen würden.

Es sei weder relevant, ob nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers die durch die Gewerbeausübung in § 9 Abs. 2 GewO 1994 statuierten Gefahren auch faktisch verwirklicht würden, noch, ob die im Betrieb Beschäftigten die jeweiligen Aufgaben und Kompetenzen auch ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer kennen würden.

Da mit der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes offenkundig eine besondere Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen verbunden sei, sei im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung die Frist für die weitere Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer bis 7. Dezember 2017 zu verkürzen.

Dagegen hat die G Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Dr. Walter Schuhmeister, Mag. Franz Haydn Rechtanwälte, ***, ***, fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

Zur Begründung wurde inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht, da die Bezirkshauptmannschaft zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen verbunden sei. Zwar sei es richtig, dass die Arbeiten des Steinmetzes umfangreiche spezifische Kenntnisse über bautechnische und bauphysikalische Vorgänge bedürften, jedoch sei dies nicht ausreichend, um eine besondere Gefahr im Sinne des § 9 Abs. 2 GewO zu begründen, zumal eine solche besondere Gefahr einen absoluten Ausnahmefall darstelle. Dem Vorbringen der Behörde, wonach zahlreiche Bauschäden von Unkenntnis der Verarbeitung von Naturstein zeugen würden, wobei es in erster Linie um die körperliche Sicherheit der Benutzer sowie dritter Personen gehe, sei zu entgegnen, dass im Unternehmen der Beschwerdeführerin solche Bauschäden nicht aufgetreten seien. Die körperliche Sicherheit von Personen sei zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen. Es sei daher festzuhalten, dass die Voraussetzungen des
§ 9 Abs. 2 GewO nicht erfüllt seien.

Mit Schreiben vom 28. November 2017 hat die Bezirkshauptmannschaft
Bruck an der Leitha die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt. Zugleich wurde mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den unbedenklichen Verwaltungsakt zur Zahl BLW1-G-173674/001 sowie in das Gewerbeinformationssystem Austria zur GISA-Zahl ***.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:

Von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen ist auszugehen:

Die G Gesellschaft m.b.H. ist seit 11. April 1985 Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Steinmetzmeistergewerbe gemäß § 159 GewO 1973“. Vom 24.7.2006 bis 7.9.2017 war HR gewerberechtliche Geschäftsführerin, welche am *** verstorben ist.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom
15. September 2017, BLW1-G-173674/001, wurde die G GmbH darauf hingewiesen, dass ein Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während 6 Monate, weiter ausgebübt werden dürfe. Wenn jedoch mit der Ausübung des Gewerbes ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden sei, so habe die Behörde diese Frist gemäß
§ 9 Abs. 2 GewO 1994 zu verkürzen. Da dies bei der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes zu befürchten sei, sei beabsichtigt, diese Frist bis
7. Dezember 2017 zu verkürzen, wobei die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt wurde.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2017 hat sich die G GmbH gegen die Verkürzung der Frist zur Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers ausgesprochen.

Bis zum heutigen Tag wurde kein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt.

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen beruhen auf der Einsichtnahme in den vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsakt, insbesondere in das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 15. September 2017,
BLW1-G-173674/001, sowie auf der Einsichtnahme in das Gewerbeinformationssystem Austria zur GISA-Zahl ***. Im Übrigen sind diese Feststellungen nicht strittig.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß
Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:

§ 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet:

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.

der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 9 Abs. 1 und 2 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lauten:

(1) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) können Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer (§ 39) bestellt haben.

(2) Scheidet der Geschäftsführer aus, so darf das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden. Die Behörde hat diese Frist zu verkürzen, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist oder in den vorangegangenen zwei Jahren vor dem Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe insgesamt länger als sechs Monate ohne Geschäftsführer ausgeübt wurde.

§ 39 GewO 1994 lautet:

(1) Der Gewerbeinhaber kann für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde (§ 333) gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Der Gewerbeinhaber hat einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn er den Befähigungsnachweis nicht erbringen kann oder wenn er keinen Wohnsitz im Inland hat. Für Gewerbeinhaber, die keinen Wohnsitz im Inland haben, entfällt die Verpflichtung, einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn

1.

die Zustellung der Verhängung und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen durch Übereinkommen sichergestellt sind, oder

2.

es sich um Staatsangehörige eines Vertragsstaates des EWR handelt, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat des EWR haben, oder

3.

es sich um Staatsangehörige der Schweizerischen Eidgenossenschaft handelt, die ihren Wohnsitz in der Schweiz oder in einem Vertragsstaat des EWR haben.

(2) Der Geschäftsführer muss den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen, insbesondere dem Abs. 1 entsprechende, selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis besitzen. Er muß der Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben. Handelt es sich um ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, so muß der gemäß § 9 Abs. 1 zu bestellende Geschäftsführer einer juristischen Person außerdem

1.

dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehören oder

2.

ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein.

Diese Bestimmung gilt nicht für die im § 7 Abs. 5 angeführten Gewerbe, die in der Form eines Industriebetriebes ausgeübt werden. Innerhalb eines Konzerns kann eine Bestellung zum Geschäftsführer auch für mehrere Konzernunternehmen erfolgen, wenn der Geschäftsführer Arbeitnehmer im Sinne des dritten Satzes zumindest bei einem der Konzernunternehmen ist. Der gemäß Abs. 1 für die Ausübung eines Gewerbes, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, zu bestellende Geschäftsführer muß ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein. Die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 29/1993 geltenden Bestimmungen des § 39 Abs. 2 gelten für Personen, die am 1. Juli 1993 als Geschäftsführer bestellt waren, bis zum Ablauf des 31. Dezember 1998 weiter.

(2a) Der Geschäftsführer muss seinen Wohnsitz im Inland haben. Dies gilt nicht, sofern

1.

die Zustellung der Verhängung und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen durch Übereinkommen sichergestellt sind, oder

2.

es sich um Staatsangehörige eines Vertragsstaates des EWR oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft handelt, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat des EWR oder in der Schweiz haben, oder

3.

es sich um Drittstaatsangehörige handelt, denen ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder „Daueraufenthalt-Familienangehöriger“ erteilt wurde und die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat des EWR oder in der Schweiz haben.

(3) In den Fällen, in denen ein Geschäftsführer zu bestellen ist, muß der Gewerbeinhaber sich eines Geschäftsführers bedienen, der sich im Betrieb entsprechend betätigt.

(4) Der Gewerbeinhaber hat die Bestellung und das Ausscheiden des Geschäftsführers der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen (§ 345 Abs. 1). Die zuständige Behörde hat in jenen Fällen, in denen dieses Bundesgesetz die Bestellung eines Geschäftsführers vorschreibt und ein Arbeitnehmer als Geschäftsführer angezeigt oder genehmigt (§ 176) wird, die Bestellung oder das Ausscheiden mit Sozialversicherungs- und Dienstgeberkontonummer auf automationsunterstütztem Weg dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Weiterleitung an den Versicherungsträger (§ 321 ASVG) anzuzeigen. Der Versicherungsträger hat das Ende der Pflichtversicherung eines ihm angezeigten und nicht ausgeschiedenen Geschäftsführers möglichst auf automationsunterstütztem Weg der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen.

(5) Der Gewerbeinhaber ist von seiner Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften im Rahmen des § 370 nur befreit, wenn er die Bestellung eines dem Abs. 2 entsprechenden Geschäftsführers gemäß Abs. 4 angezeigt hat.

(Anm.: Abs. 6 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2002)

Gemäß § 94 Z. 66 GewO 1994 handelt es sich beim „Steinmetzmeister einschließlich Grundsteinerzeugung und Terrazzo Macher“ um ein reglementiertes Gewerbe.

§ 133 GewO 1994 lautet:

(1) Der Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeuger und Terrazzomacher (§ 94 Z 66) ist berechtigt:

1.

zur Planung, Berechnung und Ausführung von Bauarbeiten, bei denen Steine bearbeitet oder restauriert werden oder bei denen bearbeitete Steine und Steinplatten als Werkstoff verwendet werden (Herstellung von Steinportalen und Fassadenverkleidungen einschließlich der Montage der dazugehörigen Metallverankerungskonstruktionen, von Steinstufen, Stufenverkleidungen und Steinbelägen),

2.

zur Erzeugung, Bearbeitung, Aufstellung und Versetzung von Grabsteinen und Grabmonumenten und unbeschadet des Rechts der Baumeister zu den erforderlichen Ausmauerungsarbeiten für Grabmonumente und Grüfte sowie zum Gravieren von Grabinschriften und

3.

zur Herstellung und zum Verlegen von Kunststeinen und zum Herstellen von Terrazzobelägen.

(2) Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeuger und Terrazzomacher sind unbeschadet der Rechte der Platten- und Fliesenleger auch zur Verlegung von keramischen Platten und Bodenelementen aus Steingut und zur Verklebung von keramischen Platten und Wandbelägen aus Steingut berechtigt.

(3) Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeuger und Terrazzomacher sind zur Aufstellung von Gerüsten, für die statische Kenntnisse erforderlich sind, berechtigt.

(4) Das Aufsuchen von Hinterbliebenen zum Zweck der Erlangung von Bestellungen auf Leistungen des Steinmetzmeistergewerbes, die sich auf Grabsteine, Grabdenkmäler und deren Zubehör beziehen, ist nur auf ausdrückliche, an den zur Ausübung des Steinmetzmeistergewerbes berechtigten Gewerbetreibenden gerichtete Aufforderung gestattet. Die Entgegennahme von Bestellungen auf Leistungen des Steinmetzmeistergewerbes ist nur in den Betriebsstätten des Gewerbetreibenden oder anlässlich des gemäß dem ersten Satz zulässigen Aufsuchens gestattet.

(5) Wird das Gewerbe der Steinmetzmeister in einem Umfang angemeldet, der nicht das Recht zur Planung gemäß Abs. 1 Z 1 beinhaltet, hat der Gewerbeanmelder die Bezeichnung „Steinmetzgewerbetreibender“ unter Beifügung der entsprechenden Einschränkung zu verwenden. Nur Gewerbetreibende, deren Gewerbeberechtigung das Recht zur Planung gemäß Abs. 1 Z 1 beinhaltet, dürfen die Bezeichnung „Steinmetzmeister“ verwenden. Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Steinmetzmeistergewerbes eingeschränkt auf die Ausführung berechtigt sind, dürfen keine Bezeichnung verwenden, die den Eindruck erwecken könnte, dass sie zur Planung im Sinne des Abs. 1 Z 1 berechtigt sind.

Nach dem Gewerbewortlaut ist die nunmehrige Beschwerdeführerin Inhaberin des Gewerbes „Steinmetzmeistergewerbe gemäß § 159 GewO 1973“, wobei das Gewerbe nicht auf Teiltätigkeiten des Steinmetzmeistergewerbes eingeschränkt ist. Gemäß § 133 Abs. 1 GewO 1994 ist sie damit zur Planung, Berechnung und Ausführung von Bauarbeiten, bei denen Steine bearbeitet oder restauriert werden oder bei denen bearbeitete Steine und Steinplatten als Werkstoff verwendet werden (Herstellung von Steinportalen und Fassadenverkleidungen einschließlich der Montage der dazugehörigen Metallverankerungskonstruktionen, von Steinstufen, Stufenverkleidungen und Steinbelägen) berechtigt, weiters zur Erzeugung, Bearbeitung, Aufstellung und Versetzung von Grabsteinen und Grabmonumenten und unbeschadet des Rechts der Baumeister zu den erforderlichen Ausmauerungsarbeiten für Grabmonumente und Grüfte sowie zum Gravieren von Grabinschriften und zur Herstellung und zum Verlegen von Kunststeinen und zum Herstellen von Terrazzobelägen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. sind Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeuger und Terrazzomacher auch zur Aufstellung von Gerüsten, für die statische Kenntnisse erforderlich sind, berechtigt.

Abgesehen vom Erfordernis fachspezifischer Kenntnisse im Bezug auf die Eigenschaften des Natursteins sowie auf die Verhaltensweisen von Baukonstruktionen und Verbindungsmittel, deren Mangel die körperliche Sicherheit von Benützern sowie dritter Personen gefährden kann, worauf bereits die Behörde im angefochtenen Bescheid ausführlich eingegangen ist, liegt es auf der Hand, dass die nicht fachgerechte Aufstellung von Grabsteinen oder Herstellung etwa von Steinportalen oder Fassadenverkleidungen oder auch die nicht fachgerechte Aufstellung von Gerüsten, für die statische Kenntnisse erforderlich sind, jedenfalls mit Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist (zum Steinmetzmeistergewerbe als gefahrengeneigtes Gewerbe s. auch Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, 3. Auflage, 2011, § 94, Rz. 112). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gewerbeinhaberin tatsächlich derartige Tätigkeiten ausgeübt hat bzw. ausübt, zumal sie nach dem Gewerbewortlaut dazu jedenfalls berechtigt ist. Weiters ist es nicht relevant, ob eine solche besondere Gefahr einen absoluten Ausnahmefall darstellt oder ob tatsächlich bereits Bauschäden im Unternehmen der Beschwerdeführerin aufgetreten sind oder die körperliche Sicherheit von Personen zu einem früheren Zeitpunkt gefährdet war.

Durch die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers soll die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften sichergestellt werden (vgl. § 39 Abs. 1 GewO 1994), weshalb
§ 9 Abs. 2 GewO 1994 die weitere Ausübung des Gewerbes bei Ausscheiden des bisherigen gewerberechtlichen Geschäftsführers ausdrücklich von der rechtzeitigen Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers abhängig macht. Unabhängig davon sind juristische Personen zur Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers zur Ausübung des Gewerbes gemäß
§ 9 Abs. 1 GewO 1994 verpflichtet.

Den Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und 2 GewO 1994 liegt die Einsicht des Gesetzgebers zugrunde, es sei nicht vertretbar zu verlangen, dass ein Gewerbebetrieb einer juristischen Person oder eingetragenen Personengesellschaft von dem Zeitpunkt an nicht weitergeführt werden könne, zu dem der (erforderliche) gewerberechtliche Geschäftsführer – allenfalls überraschend – ausscheide (vgl. dazu RV 395 BlgNR 13. GP, S. 118). Aus diesem Grund sieht das Gesetz eine – seit der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399 – sechsmonatige Frist vor, innerhalb derer das Gewerbe nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers (ohne einen solchen) weiter ausgeübt werden darf. In Einzelfällen kann sich aber die Notwendigkeit ergeben, wegen besonderer Gefahren, „etwa aus Gründen der Volksgesundheit“, die für die weitere Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer vorgesehene Frist durch behördlichen Bescheid zu verkürzen (vgl. auch dazu die zuvor zitierten Gesetzesmaterialien). Nach § 9 Abs. 2 GewO 1994 liegt dieser Ausnahmetatbestand der Fristverkürzung (unter anderem) dann vor, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist (vgl. VwGH 2.2.2012, 2011/04/0219).

Da die Gewerbeinhaberin nach dem Gewerbewortlaut in Ausübung des Gewerbes zu Tätigkeiten berechtigt ist, mit denen eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist, hat die belangte Behörde daher gemäß
§ 9 Abs. 2 GewO 1994 die Frist zur Ausübung des Gewerbes nach Ausscheiden der bisherigen gewerberechtlichen Geschäftsführerin infolge ihres Todes zu Recht verkürzt. Im Übrigen ist auch auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid zu verweisen.

Die Frist für die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer wurde entsprechend der Dauer des Rechtmittelverfahrens angepasst.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß
§ 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) entfallen, zumal sie auch von keiner Partei des Verfahrens beantragt war und der festgestellte Sachverhalt unstrittig war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; gewerberechtlicher Geschäftsführer; Ausscheiden; Frist;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1446.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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