TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/19 W183 2168311-1

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Veröffentlicht am 19.02.2018
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Entscheidungsdatum

19.02.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GebAG §54 Abs1 Z3
GebAG §54 Abs1 Z4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W183 2168311-1/7E

W183 2172567-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerden von XXXX gegen die Bescheide der Landespolizeidirektion Wien vom 14.07.2017, Zl. P 7/198334/2017 (P 4815/2017), und vom 21.08.2017, Zl. P 7/243901/2017 (P 6347/2017), betreffend Dolmetschergebühren zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG i.V.m. § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG insofern Folge gegeben, als die Dolmetschergebühren gemäß den jeweiligen Gebührennoten wie folgt zu betragen haben:

Gebührennote Nr. 040317 vom 03.03.2017: EUR 185,10

Gebührennote Nr. 320317 vom 30.03.2017: EUR 129,30

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) dolmetschte für die belangte Behörde am 03.03.2017 sowie am 30.03.2017 und machte mit Gebührennoten Nr. 040317 sowie Nr. 320317 unter anderem jeweils eine Gebühr für die Übersetzung von Schriftstücken während der Vernehmung geltend. Die belangte Behörde gab den Gebührenanträgen im Wesentlichen statt, lediglich die Gebühr für die Übersetzung von Schriftstücken während der Vernehmung wurde jeweils mit EUR 20,00 gedeckelt. Gegen diese Bescheide erhob der BF Vorstellung.

2. Mit den angefochtenen Bescheiden (zugestellt am 20.07.2017 bzw. am 25.08.2017) wurden die Dolmetschergebühren mit EUR 128,30 (zu Gebührennote Nr. 040317) bzw. EUR 98,30 (zu Gebührennote Nr. 320317) bestimmt. Zur Frage, warum nur der Betrag von EUR 20,00 gewährt wurde, wurde begründend ausgeführt, dass Datenblatt, Belehrung und Niederschrift ein Schriftstück darstellen. Datenblatt und Belehrung seien Teil der Niederschrift und dürfen daher nicht extra verrechnet werden. Belehrung und Einvernahme haben am selben Tag und im Rahmen derselben Verhandlung stattgefunden.

3. Gegen diese Bescheide erhob der BF mit Schriftsätzen vom 03.08.2017 bzw. 20.09.2017 binnen offener Frist die Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass das GebAG nicht unterscheide, welcher Art die Schriftstücke seien und in welchem formellen Rahmen die Übersetzung stattfinde. Er habe zwei getrennte Schriftstücke übersetzt: Einerseits die vom Polizeibeamten ausgedruckten Personalien und die Rechtsbelehrung. Dieses Schriftstück sei als eigenständiges Schriftstück zum Polizeiakt genommen worden. Bei dem zweiten Schriftstück handle es sich um das Vernehmungsprotokoll, welches übersetzt wurde. Es sei zwar richtig, dass Schriftstück 1 in Schriftstück 2 durch computerunterstützte Textverarbeitung integriert wurde. Das Hineinkopieren stelle jedoch nicht den tatsächlichen Ablauf der Verhandlung dar. Die Rechtsbelehrungen seien nicht im Rahmen der Einvernahme angefertigt, sondern lediglich ausgedruckt worden. Entscheidend sei, ob der Dolmetscher beim Entstehen der Urkunde beiwohnt und diese im Zuge der Einvernahme auch übersetzt. Der Dolmetscher kennt dann bereits den Inhalt der Urkunde und soll er dann für deren Übersetzung nur einen reduzierten Anspruch haben. Durch das Ausdrucken eines Dokuments wird dem Dolmetscher aber der Inhalt dessen noch nicht bekannt. Diese Absicht geht auch aus den Gesetzesmaterialien hervor. Die Rechtsbelehrung wurde nicht im Rahmen der Einvernahme geschaffen. 4. Mit Schriftsätzen vom 14.08.2017 (eingelangt am 22.08.2017) bzw. 26.09.2017 (eingelangt 05.10.2017) legte die belangte Behörde die Beschwerden samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die von BF mit Gebührennoten vom 03.03.2017 und vom 30.03.2017 geltend gemachten Gebühren sind hinsichtlich der Punkte I. (Entschädigung für Zeitversäumnis), II. 1.) (Teilnahme an Verhandlungen/Vernehmungen) und V. (Reisekosten) für die Verfahrensparteien unstrittig.

1.2. BF dolmetschte für die belangte Behörde an zwei Tagen. Die Vernehmungen gestalteten sich jeweils derart, dass am Beginn ein bereits existierendes, von der Behörde ausgedrucktes Schriftstück mit den Daten des Einzuvernehmenden und einer Rechtsbelehrung zu übersetzen waren. Nach Abschluss der Einvernahme übersetzte der BF die Niederschrift. In der im Akt befindlichen Bestätigung der belangten Behörde ist jeweils das Schriftstück "Übersetzung der Niederschrift (ohne Rechtsbelehrung)" (idF Schriftstück 1) und "Übersetzung Rechtsbelehrung (und Datenblatt)" (idF Schriftstück 2) separat mit den Zeichen ausgewiesen.

Konkret handelte es sich in den einzelnen Fällen um folgende

Umfänge:

* Vernehmung am 03.03.2017: Schriftstück 1: 1.418 Zeichen;

Schriftstück 2: 7.434 Zeichen

* Vernehmung am 30.03.2017: Schriftstück 1: 5.807 Zeichen;

Schriftstück 2: 3.396 Zeichen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vollständig vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie dem Beschwerdeschriftsatz. 3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A)

3.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.1.2. Die gegenständlich relevante Rechtsgrundlage ist § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG und lautet diese wie folgt: Die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher beträgt für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr nach Z 3 die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks; wurde das zu übersetzende Schriftstück im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigt, so gebühren für die Übersetzung des gesamten Schriftstücks höchstens 20 Euro.

Die Materialien zu § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG, RV 53 BlgNR 25. GP, S 11, lauten wie folgt:

"Ein (weitergehender) Änderungsbedarf besteht ferner im Bereich des § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG. Hier ist aktuell vorgesehen, dass für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG die Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks zusteht. Diese Anordnung stellt insofern eine Abweichung von der sonstigen Systematik des GebAG dar, als hier gleichzeitig sowohl eine (volle) Zeitgebühr nach der Z 3 als auch die volle Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks verzeichnet werden kann, sodass es im Ergebnis zu einer doppelten Abgeltung desselben Aufwands kommt. Insofern erscheint es legitim, dass in solchen Konstellationen für die Übersetzung eines Schriftstücks im Rahmen einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung künftig nur mehr die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung des Schriftstücks zustehen soll.

Einen Sonderfall nehmen hier noch die Fälle ein, in denen das während der Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung zu übersetzende Schriftstück im Rahmen desselben Termins angefertigt wurde; damit sind etwa Fälle wie die Rückübersetzung einer vom Dolmetscher aus der fremden Sprache ins Deutsche übersetzten Aussage vor der Unterfertigung des Protokolls oder der Niederschrift durch den Vernommenen gemeint, in denen das vom Dolmetscher bereits Übersetzte (und diesem nach § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG Entlohnte) und zu Papier Gebrachte vom Dolmetscher neuerlich zu übersetzen ist. Hier soll dem Dolmetscher in Hinkunft zwar weiterhin die volle Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG zustehen.

Für die Rückübersetzung des Protokolls (bzw. die Übersetzung eines sonstigen im Rahmen der Vernehmung oder der gerichtlichen Verhandlung angefertigten Schriftstücks) soll dagegen nicht nur die Kürzung auf die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks zum Tragen kommen; vielmehr soll der Kostenersatz für solche Übersetzungen insgesamt mit dem Betrag von 20 Euro limitiert werden."

3.1.3. Im gegenständlichen Fall geht für das Bundesverwaltungsgericht aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG und vor dem Hintergrund der Gesetzesmaterialien eindeutig hervor, dass der gedeckelte Satz von EUR 20,00 nur dann zur Anwendung gelangt, wenn das betreffende Schriftstück tatsächlich während der Verhandlung und unter Beisein des Dolmetschers angefertigt wurde. Angefertigt bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der konkrete Inhalt des Schriftstückes erst in der Vernehmung entstanden ist (vgl. auch das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Wien vom 24.01.2017, VGW-101/042/14037/2016). Wie die Materialien deutlich zeigen, trifft dies insbesondere auf das Vernehmungsprotokoll, d.h. die Kommunikation zwischen Behörde und einzuvernehmender Person (das sind im Wesentlichen die Fragen und Antworten) zu.

Auch aus teleologischen Gründen ist diese Sichtweise zu vertreten:

So konnte der Dolmetscher der Erstellung des Schriftstückes beiwohnen und wurde im Zuge dessen auch als Dolmetscher tätig. Die (abermalige) Übersetzung bedeutet somit einen geringeren Aufwand, weshalb ein gedeckelter Betrag gerechtfertigt ist. Anders stellt sich naturgemäß die Lage dar, wenn ein Schriftstück seines Inhaltes nach schon vor der Vernehmung existent war (zB ein Rechtstext, eine von der Behörde erstellte/zusammengestellte Rechtsbelehrung oder ein vor der Vernehmung angefertigtes Datenblatt). Diese Schriftstücke erhält der Dolmetscher zwecks Übersetzung und soll seine Mühewaltung durch die (im Vergleich zum vorhin genannten Fall höhere) Hälftegebühr abgedeckt werden, weil es einen größeren Aufwand bedeutet, einen vorgelegten Text übersetzten, bei dessen Erstellung der Dolmetscher nicht anwesend war. Das Ausdrucken des Schriftstückes während der Vernehmung wie auch das computerunterstützte Einfügen des Inhaltes des Schriftstückes in ein anderes Schriftstück haben nicht zur Folge, dass das Schriftstück als während der Vernehmung angefertigt anzusehen ist.

Da gegenständlich vom Beschwerdeführer nachvollziehbar der Ablauf der Vernehmungen in den Beschwerden dargelegt wurde und auch die belangte Behörde in ihren Bestätigungen jeweils separat die Zeichen für die Niederschrift und die Rechtsbelehrung (samt Datenblatt) ausweist, ist deutlich, dass es sich um zwei getrennte Schriftstücke handelt, wobei die Niederschrift während der Vernehmung angefertigt wurde, Rechtsbelehrung und Datenblatt dem Inhalt nach jedoch schon vor der Vernehmung als Schriftstücke existierten.

Zu der Gebühr in Höhe von EUR 20,00 ist anzumerken, dass es sich hierbei um einen gedeckelten Betrag handelt, der dem Gesetzeswortlaut zufolge "höchstens" (lt. Materialien "limitiert") gebührt. Daraus folgt für Fälle, wo aufgrund der Zeichenanzahl eine Gebühr von unter EUR 20,00 errechnet wurde, auch nur die niedrigere Gebühr zusteht. Es handelt sich eben um eine Deckelung und nicht um eine Pauschalierung der Gebühr für die Übersetzung von Schriftstücken, die während der Vernehmung angefertigt wurden.

Konkret betragen die Gebühren für die Übersetzung von Schriftstücken während der Verhandlung sowie die Gebühren des BF insgesamt daher wie folgt:

* Gebührennote Nr. 040317: Rechtsbelehrung und Datenblatt (7.434 Zeichen): EUR 56,50 sowie Übersetzung der Niederschrift (1.418 Zeichen): EUR 10,78. Summe EUR 67,28. Endsumme: EUR 185,10

* Gebührennote Nr. 320317: Rechtsbelehrung (3.396 Zeichen): EUR 25,81 sowie Übersetzung der Niederschrift (5.807 Zeichen): gedeckelt EUR 20,00. Summe EUR 75,81. Endsumme: EUR 129,30

3.1.4. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im vorliegenden Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten.

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.1. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen ist die Rechtslage als eindeutig zu bezeichnen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053), weshalb auch aus diesem Grund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Dolmetscher, Dolmetschgebühren, Mühewaltung, Niederschrift,
Schriftstück - Übersetzungstätigkeit, Vernehmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W183.2168311.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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