TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/1 LVwG-2018/37/0056-1

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Veröffentlicht am 01.02.2018
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Entscheidungsdatum

01.02.2018

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WRG 1959 §21a
VwGVG 2014 §24
VwGVG 2014 §28

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des Mag. AA, Adresse 1, Z im Y, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 14.06.2017, Zl ****, betreffend eine Abänderung einer wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 21a Wasserrechtsgesetz 1959 (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft W),

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.         Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 28.04.2015, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft W Mag. AA, Adresse 1, Z im Y, die wasserrechtliche Bewilligung für die Entsorgung von im Grenzbereich der Gste Nrn **1 und **2, beide GB ***** Z, anfallenden Oberflächenwässern einschließlich deren Versickerung nach Maßgabe näher bezeichneter Projektunterlagen und unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Das mit 31.12.2035 befristete, mit dem Gst Nr **1, GB ***** Z, dinglich verbundene Wasserrecht erstreckt sich auf die Versickerung von
4,3 l/s Niederschlags- und Hangwasser (Quellfassung Viehtränke) in den Untergrund.

Mit Bescheid vom 17.11.2016, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft W die aufgrund des Bescheides vom 28.04.2015, Zl ****, errichtete Versickerungsanlage wasserrechtlich für überprüft erklärt. Gleichzeitig hat die belangte Behörde ausdrücklich festgehalten, dass die Nebenbestimmungen 1. bis 4. des Bescheides vom 28.04.2015, Zl ****, als Dauerauflagen aufrecht bleiben.

In den an die Bezirkshauptmannschaft W gerichteten Schriftsätzen vom 09.03 und 14.03.2017 hat die Gemeinde Z im Y mitgeteilt, dass von dem Gst Nr **1, GB ***** Z, Oberflächenwässer auf die Gemeindestraße und von dort auf das im Eigentum der CC stehende Gst Nr **3, GB ***** Z, gelangen würden. CC hätte anlässlich einer persönlichen Vorsprache am 09.03.2017 vorgebracht, dass die mit Bescheid vom 28.04.2015, Zl ****, genehmigte Anlage nicht dem Bewilligungsbescheid entsprechend errichtet worden sei.

Davon ausgehend hat die Gemeinde Z im Y gefordert, Mag. AA habe unverzüglich Vorkehrungen zu treffen, damit kein Wasser auf die Gemeindestraße rinne.

Ihrer Mitteilung hat die Gemeinde Z im Y unter anderem zwei Lichtbilder sowie eine Darstellung der örtlichen Gegebenheiten beigefügt.

Über Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft W hat der wasserfachliche Amtssachverständige DD am 11.05.2017 eine Besprechung mit der Amtsleiterin der Gemeinde Z im Y durchgeführt, davon ausgehend die Stellungnahme vom 15.05.2017, Zl ****, erstattet und darin zwei Maßnahmen formuliert, die Mag. AA bis 31.07.2017 umzusetzen hätte.

Mit Bescheid vom 14.06.2017, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft W, gestützt auf die §§ 21a, 98, 105, 111 und 112 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) Mag. AA, Adresse 1, Z im Y, ergänzend zum Bescheid vom 28.04.2015, Zl ****, die Durchführung der nachfolgenden Auflagen aufgetragen:

„5.    Die Entwässerungsanlage ist baulich derart zu adaptieren, dass das auf der Privatstraße (Gst. Nr. **1 und **2) anfallende Oberflächenwasser zur Gänze auf Eigengrund schadlos versickert werden kann.

6.     Herr Mag. AA hat für die Adaptierungsarbeiten der Entwässerungsanlage ein fachkundiges Büro oder eine fachkundige Person zu beauftragen, ein Entwässerungskonzept auszuarbeiten und einzureichen. Bei einer wesentlichen Änderung des bewilligten Projektes sind entsprechende Unterlagen zu erstellen und bei der Behörde um Änderung der wasserrechtlich bewilligten Anlage anzusuchen.

7.     Die Umsetzung dieser Adaptierungsarbeiten hat bis zum 31.07.2017 zu erfolgen und es ist die entsprechende Fertigstellungsmeldung unaufgefordert an die Behörde zu übermitteln.“

Darüber hinaus hat die Bezirkshauptmannschaft W Konsenspunkt 1. des Bescheides vom 28.04.2015, Zl ****, dahingehend abgeändert, dass er wie folgt zu lauten hat:

„1.  Die wasserrechtliche Bewilligung erstreckt sich auf die zur Gänze auf Eigengrund schadlose Versickerung des auf der Privatstraße (Gst. Nr. **1, **2) anfallenden Oberflächenwassers.“

Gegen diesen Bescheid hat Mag. AA, Adresse 1, Z im Y, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in X, mit Schriftsatz vom 24.07.2017 Beschwerde erhoben und beantragt, „das Landesverwaltungsgericht Tirol wolle der Beschwerde Folge geben, eine mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben“; hilfsweise wird beantragt, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren zur neuerlichen Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und zur Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

II.       Beschwerdevorbringen:

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer bringt einleitend vor, der angefochtene Bescheid verstoße gegen mehrere verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, verletzte Verfahrensvorschriften und sei zudem inhaltlich rechtswidrig.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer hebt hervor, dass die belangte Behörde kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und folglich die Ermittlung des „tatsächlich aktuell vorliegenden Sachverhaltes“ unterlassen habe. Dementsprechend habe die belangte Behörde auch eine unzureichende Beweiswürdigung vorgenommen. Aufgrund dieses gehäuften Verkennens der Rechtslage widerspreche der angefochtene Bescheid in hohem Maße den anwendbaren Rechtsvorschriften.

Der Beschwerdeführer weist im Hinblick auf das angeführte Ermittlungsverfahren darauf hin, dass er die mit Bescheid vom 28.04.2015, Zl ****, wasserrechtlich bewilligte und mit Bescheid vom 17.11.2016, Zl ****, wasserrechtlich für überprüft erklärte Oberflächenentwässerungsanlage (Versickerung) am 20.07.2017 durch den Projektanten EE überprüfen habe lassen. Diese Überprüfung hätte ergeben, dass die wasserrechtlich bewilligte Anlage anstandslos funktioniert. Dies würden auch die an Ort und Stelle angefertigten Lichtbilder und Videoaufzeichnungen beweisen.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer betont, dass nur bei Vorliegen ganz bestimmter Voraussetzungen ein Einschreiten nach § 21a WRG 1959 zulässig sei. Diese Voraussetzungen seien im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Die belangte Behörde sei offensichtlich der Auffassung, im Interesse von Nachbarn einschreiten zu müssen, denen weder im vormaligen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren noch in dem Verfahren nach § 21a WRG 1959 Parteistellung zukomme. Der angefochtene Bescheid ließe sich daher nicht auf § 21a WRG 1959 stützen und sei deswegen rechtswidrig.

Abschließend hält der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer fest, dass mangels eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens die Bezirkshauptmannschaft W auch das Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt habe.

III.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer verfügt über die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 28.04.2015, Zl ****, wasserrechtlich bewilligte und mit Bescheid vom 17.11.2016, Zl ****, wasserrechtlich für überprüft erklärte Oberflächenwasserentsorgungsanlage (Versickerungsanlage).

Die Zufahrt zum Anwesen des Beschwerdeführers führt über die in seinem Eigentum stehenden Gste Nrn **1 und **2, beide GB ***** Z. Damit möglichst wenig Oberflächenwasser von der angrenzenden landwirtschaftlichen Fläche auf diese Hofzufahrt gelangt, ließ der Beschwerdeführer die eben erwähnte Versickerungsanlage errichten. Zu diesem Zweck wurde auf einer Länge von ca 40 m parallel zur bestehenden Hofzufahrt ein bergseitiger Spitzgraben gezogen. Über diesen Spitzgraben wird das gesammelte Oberflächenwasser zu einem entsprechend ausgestalteten Versickerungsschacht geleitet und dort versickert.

Die Versickerungsanlage berührt die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Gste Nrn **1 und **2, beide GB ***** Z.

Am 09.03.2017 hat CC gegenüber der Gemeinde Z im Y vorgebracht, die Oberflächenwasser würden vom Gst Nr **1, GB ***** Z, auf die Gemeindestraße und von dort auf das in ihrem Eigentum stehende Gst Nr **4, GB ***** Z, gelangen.

Anlässlich der Besprechung des wasserfachlichen Amtssachverständigen DD am 11.05.2017 hat die Vertreterin der Gemeinde Z im Y zudem darauf hingewiesen, dass ein Teil der auf der Hofzufahrt des Beschwerdeführers anfallenden Oberflächenwässer in die in der Gemeindestraße, Gst Nr **5, GB ***** Z, verlaufende Schmutzwasser-kanalisation und in weiterer Folge in den Sammelkanal des Abwasserverbandes AIZ gelangen würde.

IV.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf den behördlichen Akt. Zur Versickerungsanlage konnte das Landesverwaltungsgericht Tirol insbesondere auf den Bescheid der Bezirkshaupt-mannschaft W vom 28.04.2015, Zl ****, und dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Einreichprojekt des EE vom Jänner 2015 zurückgreifen.

V.         Rechtslage:

1.         Wasserrechtsgesetz 1959:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 21a Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959 in der relevanten Fassung BGBl I Nr 82/2003, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Abänderung von Bewilligungen

§ 21a. (1) Ergibt sich nach Erteilung der Bewilligung insbesondere unter Beachtung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d), dass öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, hat die Behörde vorbehaltlich § 52 Abs. 2 zweiter Satz die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage entsprechender Projektsunterlagen über die Anpassung aufzutragen, Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen.

(2) Für die Erfüllungen von Anordnungen nach Abs. 1 sowie für die Planung der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen und die Vorlage von diesbezüglichen Projekts-unterlagen sind von der Behörde jeweils angemessene Fristen einzuräumen; hinsichtlich des notwendigen Inhalts der Projektsunterlagen gilt § 103. Diese Fristen sind zu verlängern, wenn der Verpflichtete nachweist, daß ihm die Einhaltung der Frist ohne sein Verschulden unmöglich ist. Ein rechtzeitig eingebrachter Verlängerungsantrag hemmt den Ablauf der Frist. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist findet § 27 Abs. 4 sinngemäß Anwendung.

(3) Die Behörde darf Maßnahmen nach Abs. 1 nicht vorschreiben, wenn diese Maßnahmen unverhältnismäßig sind. Dabei gelten folgende Grundsätze:

a)   der mit der Erfüllung dieser Maßnahmen verbundene Aufwand darf nicht außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen, wobei insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Wasserbenutzung ausgehenden Auswirkungen und Beeinträchtigungen sowie die Nutzungsdauer, die Wirtschaftlichkeit und die technische Besonderheit der Wasserbenutzung zu berücksichtigen sind;

b)   bei Eingriffen in bestehende Rechte ist nur das jeweils gelindeste noch zum Ziele führende Mittel zu wählen;

c)   verschiedene Eingriffe können nacheinander vorgeschrieben werden.

[…]

2.         Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 24/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Verhandlung

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.   der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

[…]“

„Erkenntnis

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

VI.       Erwägungen:

1.         Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, BGBl Nr 1/1930 idF BGBl I Nr 101/2014, vier Wochen.

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer selbst sowie an dessen Rechtsvertreter jeweils am 27.06.2017 zugestellt. Die Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen Rechtsmittelwerbers langte am 24.07.2017 und damit innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist bei der Bezirkshauptmannschaft W ein.

2.         In der Sache:

Gegenstand von Maßnahmen nach § 21a WRG 1959 können nur rechtskräftig verliehene Wasserrechte sein, deren konsensgemäße Ausübung öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Mit § 21a WRG 1959 kann weder gegen nicht bewilligte (eigenmächtige) Wasserbenutzungen und Anlagen noch gegen konsensmissachtende oder konsensüberschreitende Sachverhalte vorgegangen werden. Solche Rechtswidrigkeiten sind mit dem hiefür zu Gebote stehenden Mitteln (zB § 27 Abs 4 und § 138 WRG 1959) zu bekämpfen.

Die Anwendung des § 21a WRG 1959 setzt voraus, dass öffentliche Interessen trotz Einhaltung von Auflagen und sonstiger einschlägiger Vorschriften „nicht hinreichend“ geschützt sind. Anwendungsfälle für § 21a WRG 1959 sind nicht nur gravierende Veränderungen der wasserwirtschaftlichen Situation, sondern auch nach der Erteilung der Bewilligung erkennbar werdende Umstände, auf die bei der Bewilligung nicht geachtet wurde und die unrichtig eingeschätzt wurden, sowie auch Umstände, die bereits bei Erteilung der Bewilligung bestanden haben, aber ? aus welchen Gründen immer ? nicht berücksichtigt wurden. Auch bei Versäumnissen der Behörde anlässlich der Erteilung der Bewilligung ist ein Vorgehen nach § 21a WRG 1959 möglich.

Das Verfahren nach § 21a WRG 1959 ist grundsätzlich als wasserpolizeiliches Einparteienverfahren ausgelegt, in dem nur der zu Verpflichtende Parteistellung hat. Ein Antragsrecht eines Dritten ist ausgeschlossen, weil der Schutz öffentlicher Interessen, dem § 21a WRG 1959 dient, ausschließlich der Wasserrechtsbehörde obliegt [Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 21a Rz 7 ff mit weiteren Hinweisen (Stand: Juli 2016, rdb.at)].

Ob öffentliche Interessen hinreichend geschützt sind oder nicht, hat die Wasserrechtsbehörde von Amts wegen festzustellen. Diese Verpflichtung darf nicht auf den Konsensinhaber überwälzt werden. Nur dann, wenn feststeht, dass öffentliche Interesse nicht hinreichend geschützt sind, kann mit den in § 21a Abs 1 WRG 1959 genannten Maßnahmen vorgegangen werden (VwGH 17.10.2007, Zl 2006/07/0158).

Für die Bezirkshauptmannschaft W war ausschlaggebend, dass auf der privaten Hofzufahrt des Beschwerdeführers ? diese Zufahrt verläuft über die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Gste Nrn **1 und **2, GB ***** Z, ? Oberflächenwässer auf die Gemeindestraße Gst Nr **5, GB ***** Z, und von dort auf die im Privateigentum stehenden Gste Nrn **3 und **4, beide GB ***** Z, sowie in die in der Gemeindestraße verlaufende Schmutzwasserkanalisation gelangen würden. Davon ausgehend hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid verpflichtet, die wasserrechtlich bewilligte und für überprüft erklärte Oberflächen-entwässerungsanlage derartig zu adaptieren, dass eine schadlose Versickerung der auf der privaten Hofzufahrt anfallenden Oberflächenwässer zur Gänze auf Eigengrund möglich ist.

Die Bezirkshauptmannschaft W sieht das zu schützende öffentliche Interesse im Sinn des § 21a WRG 1959 darin, das Abfließen der auf der Hofzufahrt des Beschwerdeführers anfallenden Oberflächenwässer auf angrenzende Grundstücke hintanzuhalten.

Dazu hält das Landesverwaltungsgericht Folgendes fest:

Die mit Bescheid vom 20.04.2015, Zl ****, wasserrechtlich bewilligte und mit Bescheid vom 17.11.2016, Zl ****, wasserrechtlich für überprüft erklärte Oberflächenentwässerungsanlage dient der Fassung und Versickerung von Überwasser aus einer privaten Viehtränke (Quellfassung) sowie des aus einem an den Zufahrtsweg angrenzenden Böschungsbereich natürlich abrinnenden Regen- sowie Hangwassers. Verkehrsflächenwässer oder sonstige belastete Wässer werden in diese Anlage nicht eingeleitet (vgl Begründung des Bescheides vom 28.04.2015, Zl ****). Die Anlage war folglich nicht dahingehend ausgelegt, zum Schutz angrenzender Grundstücke auf der Hofzufahrt anfallende Niederschlags- und sonstige belastete Oberflächenwässer zu sammeln und zu versickern. Dementsprechend wurde auch die Konsenswassermenge mit 4,30 l/s bestimmt.

Der angefochtene Bescheid verfolgt das Ziel, das Abfließen von Oberflächenwässern von der privaten Hofzufahrt des Beschwerdeführers auf Fremdgrund gänzlich zu unterbinden. Ein Zusammenhang zwischen diesem Ziel und der Versickerungsanlage des Beschwerdeführers vermag das Landesverwaltungsgericht Tirol nicht zu erkennen, da die erteilte wasserrechtliche Bewilligung die Einleitung von Verkehrsflächenwässern oder sonstigen belasteten Wässern in diese Anlage nicht umfasst. Der mit dem angefochtenen Bescheid erteilte Auftrag ? Adaption der bestehenden Versickerungsanlage zwecks vollständiger Erfassung und Versickerung der auf der privaten Zufahrt anfallenden Oberflächenwässer ? lässt sich folglich mit § 21a WRG 1959 nicht begründen.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol weist darauf hin, dass das WRG 1959 das Abfließen von Oberflächenwässern von einem Grundstück auf (ein) darunterliegende(s) Grundstück(e) nicht generell verbietet. Gemäß § 39 Abs 1 WRG 1959 ist es dem Eigentümer eines Grundstückes allerdings nicht erlaubt, den natürlichen Abfluss der darauf sich ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteil des unteren Grundstückes willkürlich zu ändern. Diese Bestimmung bezieht sich grundsätzlich auf nicht verbaute, landwirtschaftlichen Zwecken dienende Grundstücke. Wenn allerdings baubehördliche Vorschriften für die Abwendung jener Gefahren, die aus der Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse des Wassers bei bebauten Grundstücken resultieren können, keine Regelungen treffen, ist § 39 WRG 1959 auch auf bebaute Grundstücke anzuwenden(VwGH 26.04.2013, Zl 2011/07/0204 mit Hinweisen auf die frühere Judikatur). § 39 Abs 1 WRG 1959 erfasst nicht nur fließende oder stehende Oberflächengewässer, sondern auch frei und ungeregelt abfließende Niederschlagswässer [Oberleitner/Berger, WRG ON 1.03 § 39 Rz 6 (Stand: Jänner 2015, rdb.at)]. Die Beseitigung von gegen das Verbot des § 39 WRG 1959 verstoßenden Neuerungen ist auf der Grundlage des § 138 WRG 1959 anzuordnen (so ausdrücklich VwGH 07.03.1989, Zl 85/07/0059 und VwGH 13.12.2007, Zl 2006/07/0038).

Ob im Hinblick auf die über die private Zufahrt abfließenden Oberflächenwässer von einem Verstoß gegen das Verbot des § 39 Abs 1 WRG 1959 auszugehen ist, lässt sich nicht beantworten. Konkrete Ermittlungen dazu hat die Bezirkshauptmannschaft W nicht durchgeführt. Der wasserwirtschaftliche Amtssachverständige DD hat in seiner Stellungnahme vom 15.05.2017, Zl ****, lediglich die anlässlich der Besprechung am 11.05.2017 ihm gegenüber von der Amtsleiterin der Gemeinde Z im Y gemachte Aussagen wiedergegeben.

Mangels Vorliegens der im § 21a Abs 1 WRG 1959 definierten Voraussetzungen war es der Bezirkshauptmannschaft W verwehrt, ergänzend zum Bescheid vom 28.04.2015,
****, dem Beschwerdeführer die Adaptierung der von ihm betriebenen, wasserrechtlich bewilligten Versickerungsanlage aufzutragen. Folglich war der in Beschwerde gezogene Bescheid vom 14.06.2017, Zl ****, ersatzlos zu beheben (Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Aufgrund der Aufhebung des angefochtenen Bescheides konnte die vom Beschwerdeführer beantragte mündliche Verhandlung nach dem eindeutigen Wortlaut des § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

VII.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat sich bei der Auslegung des § 21a WRG 1959 auf die klare Gesetzeslage und die zur zitierten Bestimmung ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gestützt. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung waren somit nicht zu erörtern.

Dementsprechend erklärt das Landesverwaltungsgericht Tirol die ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

Anpassungsziele; Auflagen; Adaption; Umbau

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.37.0056.1

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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