TE Vfgh Beschluss 2018/2/26 G30/2018

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Veröffentlicht am 26.02.2018
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1a
VfGG §62a Abs1 Z9
EO §378ff
ABGB §1101

Leitsatz

Unzulässigkeit eines Parteiantrags betreffend den neuerlichen Vollzug der pfandweisen Beschreibung gemäß den Bestimmungen der EO infolge Nichtzuständigkeit des VfGH

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I.       Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge "den §1101 ABGB zur Gänze als verfassungswidrig aufheben und den EUGH mit dieser Problematik wegen Verletzung der EU Grundrechtscharta insbesondere des auch dort geschützten Rechtes auf Eigentum sowie Verletzung der Art41 und 47 EU Grundrechtscharta, Recht auf ordentliche taugliche Verwaltung sowie Recht auf taugliche Rechtsbehelfe durch Vorlage und Vorab-Entscheidung befassen."

II.      Rechtslage

Der angefochtene §1101 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches für die gesammten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie (im Folgenden: ABGB), JGS 946/1811 idF RGBl. 69/1916, lautet:

"§1101. (1) Zur Sicherstellung des Bestandzinses hat der Vermieter einer unbeweglichen Sache das Pfandrecht an den eingebrachten, dem Mieter oder seinen mit ihm in gemeinschaftlichem Haushalte lebenden Familienmitgliedern gehörigen Einrichtungsstücken und Fahrnissen, soweit sie nicht der Pfändung entzogen sind. Das Pfandrecht erlischt, wenn die Gegenstände vor ihrer pfandweisen Beschreibung entfernt werden, es sei denn, daß dies infolge einer gerichtlichen Verfügung geschieht und der Vermieter binnen drei Tagen nach dem Vollzuge sein Recht bei Gericht anmeldet.

(2) Zieht der Mieter aus oder werden Sachen verschleppt, ohne daß der Zins entrichtet oder sichergestellt ist, so kann der Vermieter die Sachen auf eigene Gefahr zurückbehalten, doch muß er binnen drei Tagen um die pfandweise Beschreibung ansuchen oder die Sachen herausgeben.

(3) Dem Verpächter eines Grundstückes steht in gleichem Umfange und mit gleicher Wirkung das Pfandrecht an dem auf dem Pachtgute vorhandenen Vieh und den Wirtschaftsgerätschaften und den darauf noch befindlichen Früchten zu."

III.    Anlassverfahren und Antragsvorbringen

1.       Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1.    Gegen die Antragsteller ist eine Mietzins- und Räumungsklage der beteiligten Parteien anhängig, der ein Schlichtungsverfahren und ein Verfahren auf Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses vorangegangen ist, welche nach Angaben der Antragsteller alle immer noch anhängig seien.

1.2.    Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Graz-Ost vom 15. Jänner 2018, Z 212 E 103/17v – 29 wurde, basierend auf dem Beschluss vom 13. Oktober 2014, Z 212 C 62/15f, mit dem die pfandweise Beschreibung bewilligt wurde, der neuerliche Vollzug der pfandweisen Beschreibung bewilligt.

2.       Gegen diesen Beschluss erhoben die Antragsteller Rekurs (in eventu Widerspruch) und stellten aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag. Die Antragsteller hegen in Bezug auf das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums Bedenken gegen den angefochtenen §1101 ABGB.

IV.      Zulässigkeit

1.       Der Antrag ist unzulässig.

2.       Gemäß Art140 Abs1a B-VG iVm §62a Abs1 Z9 VfGG ist die Stellung eines (Partei-)Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG "im Exekutionsverfahren und im Verfahren betreffend einstweilige Verfügungen gemäß den Bestimmungen der EO, einschließlich des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung" nicht zulässig.

3.       Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Graz-Ost vom 15. Jänner 2018 wurde der neuerliche Vollzug einer pfandweisen Beschreibung bewilligt. Bei der pfandweisen Beschreibung gemäß §1101 ABGB handelt es sich um eine Sicherheitsexekution eigener Art, auf die die Vorschriften der EO über die Sicherung von Geldforderungen durch einstweilige Verfügung (§§378 ff EO) zur Anwendung gelangen (vgl. Binder/Pesek, in: Schimann/Kodek [Hrsg.], ABGB Praxiskommentar4, 2014, §1101, Rz 19; Iro/Rassi, in: Koziol/Bydlinski/Bollenberger [Hrsg.], ABGB Kurzkommentar5, 2017, §1101, Rz 5).

4.       Ebenso wie die ursprüngliche Bewilligung der pfandweisen Beschreibung bildet auch die Bewilligung des neuerlichen Vollzugs derselben die Entscheidung einer Rechtssache, die unter die Ausnahmebestimmung des §62a Abs1 Z9 VfGG fällt, weil die Vorschriften der §§378 ff EO über die Sicherung von Geldforderungen durch einstweilige Verfügung zur Anwendung kommen.

5.       Wie der Verfassungsgerichtshof mit näherer Begründung im Erkenntnis VfSlg 20.060/2016 sowie im Erkenntnis vom 13. Oktober 2016, G665/2015, dargelegt hat, bestehen gegen den Ausnahmetatbestand des §62a Abs1 Z9 VfGG keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

6.       Damit erweist sich der vorliegende Parteiantrag auf Aufhebung von §1101 ABGB bereits aus diesem Grund als unzulässig. Er ist daher wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

V.       Ergebnis

1.       Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.       Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Parteiantrag, Exekutionsrecht, Rechtsschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:G30.2018

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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