TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/31 LVwG-2017/28/0760-1 und 0761-1

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Veröffentlicht am 31.01.2018
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Entscheidungsdatum

31.01.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71
VwGVG 2014 §33
VStG §49
VwGVG 2014 §7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag. Weißgatterer über die Beschwerden des Herrn AA, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, CC, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 21.02.2017, Zl **** (hieramtlich ****) und **** (hieramtlich ****), betreffend jeweils den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde gegen die Abweisung auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 27.03.2017 (hieramtlich ****) wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Der Beschwerde gegen die Abweisung auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 27.03.2017 (hieramtlich ****) wird als unbegründet abgewiesen.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Sachverhalt:

Zum Akt ****:

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.05.2016, Zl **** wurden dem Beschwerdeführer Übertretungen nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz zur Last gelegt und über ihn gemäß § 22 Abs 1 AÜG eine Geldstrafe von gesamt Euro 4.000,-- verhängt.

Die oben angeführte Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer mittels Hinterlegung am 13.05.2016 zugestellt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist samt Einspruch des Beschwerdeführers traf bei der Verwaltungsbehörde erst am 20.02.2017 per Email ein.

Im Antrag auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist brachte der Beschwerdeführer vor wie folgt:

„In umseitiger Rechtssache gibt der Beschuldigte bekannt, dass er Rechtsanwälte BB, CC, Adresse 1, Z, mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt hat. Diese berufen sich gemäß § 10 AVG auf die erteilte Bevollmächtigung.

1.) ln umseitiger Rechtssache hat die Bezirkshauptmannschaft Y am 10.05.2016 zum Akt **** gegen den Beschwerdeführer eine Strafverfügung erlassen. Dieses wurde wenige Tage später zugestellt.

Der Beschuldigte übergab diese Strafverfügung RA CC mit dem Auftrag der Erhebung eines Einspruches.

RA CC notierte auf dem Straferkenntnis ausgehend vom Ausstellungsdatum 10.05.2016 die zweiwöchige Einspruchsfrist mit 24.05.2016, verfasste den Einspruch und übermittelte diesen am 20.05.2016 um 15:45 Uhr per Email an die belangte Behörde an deren Emailadresse ***@**, wobei im Betreff ausdrücklich die Aktenzahl, Einspruch und der Name des Beschuldigten angeführt wurden. RA CC verwendet dafür das Programm „Outlook" und verlangte wie bei fristgebundenen Emails üblich vom Empfänger eine Lesebestätigung, wobei die Empfänger dieser Aufforderung üblicherweise nicht nachkommen.

Der Beschuldigte ist nach der Erhebung der Beschwerde an die Adresse Adresse 2 in Z übersiedelt. Am 06.02.2017 wurde eine Verständigung zur Hinterlegung eines Schriftstückes im Postkasten des Beschuldigten eingelegt. Dabei handelte es sich um eine Bewilligung der Fahrnis- und Gehaltsexekution gegen den Beschuldigten als verpflichtete Partei, ausgestellt vom Bezirksgericht Z am 23.11.2016, Akt ****. Betreibende Partei ist die belangte Behörde. Als Exekutionstitel ist das vollstreckbare Straferkenntnis vom der 6.6.2016, SG 32-2016 angeführt.

Mit 06.02.2017 hat der Beschuldigte erstmals davon Kenntnis erlangt, dass die von RA CC am 04.07.2016 eingebrachte Beschwerde bei der belangten Behörde nicht eingelangt ist bzw. von dieser nicht der Abteilung bzw. dem Akt zugeordnet wurde. Der Beschuldigte befürchtet nunmehr, dass dies auch mit seinem Einspruch vom 20.05.2016 geschehen sein könnte.

Beweis:  Ausdruck gesendetes Email vom 20.05.2016 mit Anlage

Bestätigung RA CC

Kuvert RS Hinterlegung Beginn Abholfrist 06.02.2017

AA als Auskunftsperson, der über seine Vertreter stellig gemacht werden kann

3.) Gemäß § 71 AVG ist auf Antrag der Partei gegen die Versäumung einer Frist, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

4.) RA CC hat innerhalb der Einspruchsfrist 20.05.2016 den Einspruch per Email eingebracht, wobei diese an die richtige Emailadresse adressiert wurde. Aus nicht nachvollziehbaren, jedenfalls nicht vorhersehbaren Gründen ist diese Email bei der belangten Behörde nicht eingelangt bzw. wurde diese nicht der zuständigen Abteilung oder dem richtigen Akt zugeteilt, obwohl die Aktenzahl, der Vermerk Einspruch und der Name des Beschwerdeführers ausdrücklich im Betreff der Email genannt wurden.

RA CC trifft daran kein Verschulden. Dieser bringt laufend Schriftsätze und Beschwerden bei verschiedensten Behörde ein. Dabei kam es so weit bekannt bis dato noch zu keinen Übermittlungsfehlern und wurden diese Eingaben stets der richtigen Abteilung und den richtigen Akten zugeordnet. Da eine Lesebestätigung angefordert wird, der jedoch für gewöhnlich nicht nachgekommen wird, wurde die Sorgfaltspflicht hinsichtlich einer Vergewisserung, ob das Email sein Ziel erreicht hat, erfüllt. Jedenfalls trifft RA CC nur ein leichtes Verschulden.

Lediglich aus anwaltlicher Vorsicht wird der Vorfall im Verfahren **** zum Anlass dafür genommen, das Einlangen bzw. die Zuordnung des Einspruches gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.05.2016, ****, anzuzweifeln und wird in diesem Verfahren ebenfalls ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist gestellt.

Erst mit Hinterlegung des Gerichtsstückes am 06.02.2017 hat der Beschuldigte erstmals Kenntnis davon erlangt, dass das Straferkenntnis vom 06.06.2016, ****, offenbar in Rechtskraft erwachsen ist und sein Einspruch im Verfahren **** das gleiche Schicksal erlitten haben könnte. Der am 20.02.2017 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist ist daher rechtzeitig.

5.) Mit der Strafverfügung wurde der Beschuldigte zu einer Geldstrafe in der Höhe von Eur. 4.000,00 samt Verfahrenskosten verpflichtet. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seines derzeitigen Einkommens von derzeit nur ohne Gefährdung seines notwendigen Unterhalts nicht in der Lage die Geldstrafe zu begleichen. Weiters ist zu berücksichtigen, dass AA zu 50 % behindert ist und kaum in der Lage ist einem anderen Erwerb nachzugehen.

Gestützt auf obiges Vorbringen wird daher gestellt der

Antrag:

Die Bezirkshauptmannschaft Y wolle dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung eines Einspruches gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.05.2016, ****, stattgeben.

Die Bezirkshauptmannschaft Y wolle dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung eines Einspruches gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.05.2016, ****, die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

II. EINSPRUCH

Gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag erhebt der Beschwerdeführer erhebt innerhalb offener Frist

Einspruch

gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.5.2016, ****, zugestellt am 15.5.2016.

Es wird beantragt das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen und das Verfahren einzustellen.“

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 21.02.2017, Zl **** und ****, wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist abgewiesen.

In der Begründung des Bescheides führt die Behörde zum gegenständlichen Akt ****, hieramtlich ****, aus wie folgt:

„Zu ****:

Der Beschuldigte übergab diese Strafverfügung RA CC mit dem Auftrag der Erhebung eines Einspruches.

RA. CC notierte auf dem Straferkenntnis (gemeint Strafverfügung) ausgehend vom Ausstellungsdatum 10.05.2016 die zweiwöchige Einspruchsfrist mit 24.05.2016, verfasste den Einspruch und übermittelte diesen am 20.05.2016 um 15:45 Uhr per Email an die belangte Behörde an deren Emailadresse ***@**. wobei im Betreff ausdrücklich die Aktenzahl und der Name des Beschwerdeführers angeführt wurde. RA CC verwendet dafür das Programm „Outlook“ und verlangte wie bei fristgebundenen Emails üblich vom Empfänger eine Lesebestätigung, wobei die Empfänger dieser Aufforderung üblicherweise nicht nachkommen.

„Der Beschwerdeführer ist nach der Erhebung der Beschwerde an die Adresse Adresse 2 in Z übersiedelt. Am 06.02.2017 wurde eine Verständigung zur Hinterlegung eines Schriftstückes im Postkasten des Beschwerdeführers eingelegt. Dabei handelte es sich um eine Bewilligung der Fahrnis- und Gehaltsexekution gegen den Beschwerdeführer als verpflichtende Partei, ausgestellt vom Bezirksgericht Zam 23.11.2016, Akt ****. Betreibende Partei ist die belangte Behörde. Als Exekutionstitel ist das vollstreckbare Straferkenntnis vom 6.6.2016, ****, angeführt.

Mit 06.02.2017 hat der Beschwerdeführer erstmals davon Kenntnis erlangt, dass die von RA CC am 04.07.2016 eingebrachte Beschwerde bei der belangten Behörde nicht eingelangt ist bzw. von dieser nicht der Abteilung bzw. dem Akt zugeordnet wurde.

RA CC hat innerhalb der Beschwerdefrist am 04.07.2016 die Beschwerde per Email eingebracht bzw. innerhalb der Einspruchsfrist am 20.5.2016 den Einspruch per Email eingebracht, wobei diese an die richtige Emailadresse adressiert wurden. Aus nicht nachvollziehbaren, jedenfalls nicht vorhersehbaren Gründen sind diese Email bei der belangten Behörde nicht eingelangt bzw. wurden diese nicht der zuständigen Abteilung oder dem richtigen Akt zugeteilt, obwohl die Aktenzahl und der Name des Beschwerdeführers ausdrücklich im Betreff der Email genannt wurden.

RA CC trifft daran kein Verschulden. Dieser bringt laufend Schriftsätze und Beschwerden bei verschiedenen Behörden ein. Dabei kam es soweit bekannt bis dato noch zu keinen Übermittlungsfehlern und wurden diese Eingaben stets der richtigen Abteilung und den richtigen Akten zugeordnet. Da eine Lesebestätigung angefordert wird, der jedoch für gewöhnlich nicht nachgekommen wird, wurde die Sorgfaltspflicht hinsichtlich einer Vergewisserung, ob das Email sein Ziel erreicht hat, erfüllt. Jedenfalls trifft RA. CC nur ein leichtes Verschulden.

Rechtlich wurde ausgeführt, dass nach der Zitierung des § 71 AVG in der Rechtsmittelbelehrung angeführt ist, dass der Absender die mit jeder Übermittlungsart verbundenen Risiken (z.B. Übertragungsfehler, Verlust des Schriftstückes) trägt und es empfohlen wird, Eingaben mittels Online-Formular durchzuführen. Das E-Mailsystem der Bezirkshauptmannschaft Y versendet nach Einlangen eines Emails eine automaisch generierte Empfangsbestätigung. Da der Rechtsvertreter eine unsicher Übertragungsart gewählt hat und keine Empfangsbestätigung erhalten hat, wäre es seine Pflicht gewesen, bei dem Empfänger (Bezirkshauptmannschaft Y) nachzufragen, ob die Schriftstücke eingegangen sind.“

Dagegen erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde und führte in dieser aus wie folgt:

„In umseitiger Rechtssache erhebt der Beschwerdeführer (Bf) innerhalb offener Frist

Beschwerden

an das Landesverwaltungsgericht Tirol gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Y vom 21.02.2017, **** und ****, mit welchen die Anträge auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist abgewiesen wurden. Diese Bescheide wurden am 27.03.2017 zugestellt.

Der Beschwerdeführer (Bf) wird durch die angefochtenen Bescheide in seinem Recht auf Gewährung der Wiedereinsetzung in die Beschwerdefristen bei Vorliegen der Wiedereinsetzungsgründe verletzt.

Der Bf fechtet die angefochtenen Bescheide in ihrem gesamten Umfang an und macht als Beschwerdegründe Mangelhaftigkeit der Verfahren und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.

1.)Der Bf hat bei der belangten Behörde zu den Verfahren **** und **** jeweils einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefristen gestellt.

Der des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde lautet:

„Die Bezirkshauptmannschaft Y entscheidet über diesen Antrag gemäß § 71 Abs 4 und Abs 1 AVG wie folgt:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist wird abgewiesen."

Gemäß § 59 Abs 1 AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Lässt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.

Der Spruch des gegenständlichen Bescheides verstößt gegen die Bestimmung des § 59 Abs 1 AVG. Aus diesem geht nicht hervor, welcher der zwei Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist abgewiesen wird. Während in der Einleitung des Bescheides noch von den zwei Verfahren die Rede ist bezieht sich der Spruch auf einen Antrag, obwohl zu gestellt wurde.

Der angefochtene Bescheid ist daher nicht nachvollziehbar und leidet unter einem schwerwiegenden Verfahrensmangel.

2.) Die belangte Behörde geht in ihrer Entscheidung davon aus, dass Rechtsanwalt CC im Verfahren **** die Beschwerde und im Verfahren **** den Einspruch innerhalb offener Frist erstellt und diese über das Programm „Outlook" am 04.07.2016 um 16:56 Uhr und am 20.05.2016 um 15:45 Uhr per Email an die belangte Behörde an deren Emailadresse ***@** versendet hat, wobei im Betreff ausdrücklich die Aktenzahl, Beschwerde bzw. Einspruch und der Name des Bf angeführt wurden. RA CC verlangte wie bei fristgebundenen Emails üblich vom Empfänger eine Lesebestätigung, wobei die Empfänger dieser Aufforderung üblicherweise nicht nachkommen. Diese zwei Emails sind bei der belangten Behörde nicht eingelangt. RA CC hat keine automatisch generierte Empfangsbestätigung erhalten.

Die belangte Behörde geht weiters davon aus, dass die Übertragung per Email eine unsichere Übertragungsart darstellt und RA CC wegen Nichterhalt der Empfangsbestätigung bei der belangten Behörde nachfragen hätte müssen ob das Schriftstück eingelangt ist. Daher wurden die Anträge abgewiesen.

Diese rechtliche Beurteilung ist unrichtig.

RA CC konnte aufgrund der im Verfahren in Vorlage gebrachten Sendebestätigungen vom 04.07.2016 bzw. 20.05.2016 davon ausgehen, dass die Emails ordnungsgemäß an die belangte Behörde übermittelt wurden. Er erhielt jedenfalls keine Fehlermeldung.

Die Emails waren von RA CC mit Aufforderungen an den Empfänger zur Übermittlung von Lesebestätigungen verbunden. Da einer solchen Aufforderung von den Empfängern meist nicht nachgekommen wird, ist der Nichterhalt einer Lesebestätigung kein Hinweis darauf, dass diese nicht angekommen sind.

Wenn die belangte Behörde darauf abstellt, dass es RA CC aufgrund des Nichterhalts der elektronischen Eingangsbestätigung auffallen hätte müssen, dass die Übertragung nicht erfolgreich war, ist darauf zu verweisen, dass in der Rechtsbelehrung des Bescheides bzw. der Strafverfügung die Übertragung per Email an die auf dem Bescheid bzw. der Strafverfügung angegebenen Emailadresse ***@** ausdrücklich als eine der möglichen Übertragungsmöglichkeiten angeführt wird. Gleichzeitig wird empfohlen die Rechtsmittel parallel dazu mit dem Online-Formular einzubringen, was den Vorteil hat, dass sofort nach dem Senden eine Empfangsbestätigung übermittelt wird. Aufgrund dieser Angaben musste RA CC davon ausgehen, dass die Auswahl der Emailadresse ***@** grundsätzlich eine zulässige Übertragungsform und ihre Verwendung keine Sorgfaltswidrigkeit darstellt.

Aufgrund der Rechtsmittelbelehrung konnte RA CC weiters davon ausgehen, dass er beim Ausnützen dieser Emailadresse ***@** eben keine sofortige elektronische Empfangsbestätigung erhält, zumal diese nur bei der Verwendung des Online-Formulars versendet wird. Daher kann die unterlassene Nachforschung aufgrund des Nichterhalts der elektronischen Empfangsbestätigung ebenfalls keine Sorgfaltswidrigkeit darstellen und konnte RA CC davon ausgehen, dass seine zwei Emails die von ihm angewählte Emailadresse ***@** tatsächlich erreicht haben.

In diesem Zusammenhang erlaubt sich RA CC darauf hinzuweisen, dass beim Versenden von Email an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl oder das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls keine elektronischen Empfangsbestätigungen übermittelt werden. Bis dato sind RA CC noch keine Probleme im Zusammenhang mit der Übermittlung von Eingaben per Email bekannt geworden. Die Übertragung per Email ist daher jedenfalls als sicher einzustufen.

Zusammengefasst liegt daher kein Verschulden des RA CC vor, bzw. wenn ein Verschulden vorliegt dann ein solches minderen Grades. Die belangte Behörde hätte daher den Anträgen auf Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfristen stattgeben müssen.

Gestützt auf obiges Vorbringen werden daher gestellt nachfolgende

Beschwerdeanträge:

Das Landesverwaltungsgericht Tirol wolle den Beschwerden Folge geben und die angefochtenen Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Y vom 21.02.2017, **** und ****, mit welchen die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerde- bzw. Einspruchsfrist abgewiesen wurden, dahingehend abändern, dass den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerde- bzw. Einspruchsfrist stattgegeben wird.

in eventu die angefochtenen Bescheide aufheben und die Verfahren zur Ergänzung der Verfahren und neuerlichen Entscheidung an die Bezirkshauptmannschaft Y zurückverweisen.“

Dem Beschwerdeführer wurden mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.05.2016, Zl ****, acht Übertretungen nach § 17 Abs 7 AÜG vorgeworfen und über ihn gemäß § 22 Abs 1 Ziffer 2 AÜG jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,-- verhängt. Diese Strafverfügung wurde am 13.05.2016 hinterlegt.

Da diese Strafverfügung nicht bekämpft wurde, erfolgte sodann die Eintreibung der Geldstrafe durch die Bezirkshauptmannschaft Y, weshalb die Fahrnis- und Gehaltsexekution bewilligt wurde (BG Z, 23.11.2016, ****).

Diese Exekutionsbewilligung wurde dem Beschwerdeführer 06.02.2017 zugestellt, welcher sodann offenbar seinen Rechtsvertreter kontaktierte. Daraufhin wurde sodann der Einspruch samt Antrag auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist des Beschwerdeführers am 20.02.2017 an die Bezirkshauptmannschaft Y übermittelt.

Zum Akt ****:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 06.06.2016, Zl **** (hieramtlich ****), wurden dem Beschwerdeführer vier Übertretungen nach dem AVRAG zur Last gelegt und über ihn gemäß § 7 i Abs 4 Z 3 AVRAG jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.000,-- verhängt.

Das gegenständliche Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer nach Zustellversuch am 17.05.2016, am 18.05.2016 (Beginn der Abholfrist) hinterlegt.

Die Beschwerde und der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist langte bei der Behörde am 20.02.2017 um 19.30 Uhr per E-Mail ein.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 21.02.2017, Zl **** und ****, wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist abgewiesen.

In der Begründung der Bezirkshauptmannschaft Y führte diese aus wie folgt:

„Zu ****:

Der Beschwerdeführer übergab das Straferkenntnis RA CC mit dem Auftrag der Erhebung einer Beschwerde.

RA CC notierte auf dem Straferkenntnis ausgehend vom Ausstellungsdatum 06.06.2016 die vierwöchige Beschwerdefrist mit 04.07.2016, verfasste die Beschwerde und übermittelte diese am 04.07.2016 um 16:56 Uhr per Email an die belangte Behörde an deren Emailadresse ***@**. wobei im Betreff ausdrücklich die Aktenzahl und der Name des Beschwerdeführers angeführt wurde. RA CC verwendet dafür das Programm „Outlook“ und verlangte wie bei fristgebundenen Emails üblich vom Empfänger eine Lesebestätigung, wobei die Empfänger dieser Aufforderung üblicherweise nicht nachkommen.

Rechtlich wurde ausgeführt, dass nach der Zitierung des § 71 AVG in der Rechtsmittelbelehrung angeführt ist, dass der Absender die mit jeder Übermittlungsart verbundenen Risiken (z.B. Übertragungsfehler, Verlust des Schriftstückes) trägt und es empfohlen wird, Eingaben mittels Online-Formular durchzuführen. Das E-Mailsystem der Bezirkshauptmannschaft Y versendet nach Einlangen eines Emails eine automaisch generierte Empfangsbestätigung. Da der Rechtsvertreter eine unsicher Übertragungsart gewählt hat und keine Empfangsbestätigung erhalten hat, wäre es seine Pflicht gewesen, bei dem Empfänger (Bezirkshauptmannschaft Y) nachzufragen, ob die Schriftstücke eingegangen sind.“

Dagegen erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde und führte in dieser aus wie folgt:

„In umseitiger Rechtssache erhebt der Beschwerdeführer (Bf) innerhalb offener Frist

Beschwerden

an das Landesverwaltungsgericht Tirol gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Y vom 21.02.2017, **** und ****, mit welchen die Anträge auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist abgewiesen wurden. Diese Bescheide wurden am 27.03.2017 zugestellt.

Der Beschwerdeführer (Bf) wird durch die angefochtenen Bescheide in seinem Recht auf Gewährung der Wiedereinsetzung in die Beschwerdefristen bei Vorliegen der Wiedereinsetzungsgründe verletzt.

Der Bf fechtet die angefochtenen Bescheide in ihrem gesamten Umfang an und macht als Beschwerdegründe Mangelhaftigkeit der Verfahren und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.

1.)Der Bf hat bei der belangten Behörde zu den Verfahren **** und **** jeweils einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefristen gestellt.

Der des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde lautet:

„Die Bezirkshauptmannschaft Y entscheidet über diesen Antrag gemäß § 71 Abs 4 und Abs 1 AVG wie folgt:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist wird abgewiesen."

Gemäß § 59 Abs 1 AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Lässt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.

Der Spruch des gegenständlichen Bescheides verstößt gegen die Bestimmung des § 59 Abs 1 AVG. Aus diesem geht nicht hervor, welcher der zwei Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist abgewiesen wird. Während in der Einleitung des Bescheides noch von den zwei Verfahren die Rede ist bezieht sich der Spruch auf einen Antrag, obwohl zu gestellt wurde.

Der angefochtene Bescheid ist daher nicht nachvollziehbar und leidet unter einem schwerwiegenden Verfahrensmangel.

2.) Die belangte Behörde geht in ihrer Entscheidung davon aus, dass Rechtsanwalt CC im Verfahren **** die Beschwerde und im Verfahren **** den Einspruch innerhalb offener Frist erstellt und diese über das Programm „Outlook" am 04.07.2016 um 16:56 Uhr und am 20.05.2016 um 15:45 Uhr per Email an die belangte Behörde an deren Emailadresse ***@** versendet hat, wobei im Betreff ausdrücklich die Aktenzahl, Beschwerde bzw. Einspruch und der Name des Bf angeführt wurden. RA CC verlangte wie bei fristgebundenen Emails üblich vom Empfänger eine Lesebestätigung, wobei die Empfänger dieser Aufforderung üblicherweise nicht nachkommen. Diese zwei Emails sind bei der belangten Behörde nicht eingelangt. RA CC hat keine automatisch generierte Empfangsbestätigung erhalten.

Die belangte Behörde geht weiters davon aus, dass die Übertragung per Email eine unsichere Übertragungsart darstellt und RA CC wegen Nichterhalt der Empfangsbestätigung bei der belangten Behörde nachfragen hätte müssen ob das Schriftstück eingelangt ist. Daher wurden die Anträge abgewiesen.

Diese rechtliche Beurteilung ist unrichtig.

RA CC konnte aufgrund der im Verfahren in Vorlage gebrachten Sendebestätigungen vom 04.07.2016 bzw. 20.05.2016 davon ausgehen, dass die Emails ordnungsgemäß an die belangte Behörde übermittelt wurden. Er erhielt jedenfalls keine Fehlermeldung.

Die Emails waren von RA CC mit Aufforderungen an den Empfänger zur Übermittlung von Lesebestätigungen verbunden. Da einer solchen Aufforderung von den Empfängern meist nicht nachgekommen wird, ist der Nichterhalt einer Lesebestätigung kein Hinweis darauf, dass diese nicht angekommen sind.

Wenn die belangte Behörde darauf abstellt, dass es RA CC aufgrund des Nichterhalts der elektronischen Eingangsbestätigung auffallen hätte müssen, dass die Übertragung nicht erfolgreich war, ist darauf zu verweisen, dass in der Rechtsbelehrung des Bescheides bzw. der Strafverfügung die Übertragung per Email an die auf dem Bescheid bzw. der Strafverfügung angegebenen Emailadresse ***@** ausdrücklich als eine der möglichen Übertragungsmöglichkeiten angeführt wird. Gleichzeitig wird empfohlen die Rechtsmittel parallel dazu mit dem Online-Formular einzubringen, was den Vorteil hat, dass sofort nach dem Senden eine Empfangsbestätigung übermittelt wird. Aufgrund dieser Angaben musste RA CC davon ausgehen, dass die Auswahl der Emailadresse ***@** grundsätzlich eine zulässige Übertragungsform und ihre Verwendung keine Sorgfaltswidrigkeit darstellt.

Aufgrund der Rechtsmittelbelehrung konnte RA CC weiters davon ausgehen, dass er beim Ausnützen dieser Emailadresse ***@** eben keine sofortige elektronische Empfangsbestätigung erhält, zumal diese nur bei der Verwendung des Online-Formulars versendet wird. Daher kann die unterlassene Nachforschung aufgrund des Nichterhalts der elektronischen Empfangsbestätigung ebenfalls keine Sorgfaltswidrigkeit darstellen und konnte RA CC davon ausgehen, dass seine zwei Emails die von ihm angewählte Emailadresse ***@** tatsächlich erreicht haben.

In diesem Zusammenhang erlaubt sich RA CC darauf hinzuweisen, dass beim Versenden von Email an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl oder das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls keine elektronischen Empfangsbestätigungen übermittelt werden. Bis dato sind RA CC noch keine Probleme im Zusammenhang mit der Übermittlung von Eingaben per Email bekannt geworden. Die Übertragung per Email ist daher jedenfalls als sicher einzustufen.

Zusammengefasst liegt daher kein Verschulden des RA CC vor, bzw. wenn ein Verschulden vorliegt dann ein solches minderen Grades. Die belangte Behörde hätte daher den Anträgen auf Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfristen stattgeben müssen.

Gestützt auf obiges Vorbringen werden daher gestellt nachfolgende

Beschwerdeanträge:

Das Landesverwaltungsgericht Tirol wolle den Beschwerden Folge geben und die angefochtenen Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Y vom 21.02.2017, **** und ****, mit welchen die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerde- bzw. Einspruchsfrist abgewiesen wurden, dahingehend abändern, dass den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerde- bzw. Einspruchsfrist stattgegeben wird.

in eventu die angefochtenen Bescheide aufheben und die Verfahren zur Ergänzung der Verfahren und neuerlichen Entscheidung an die Bezirkshauptmannschaft Y zurückverweisen.“

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 06.6.2016, ****, wurden dem Beschwerdeführer, wie oben bereits ausgeführt, vier Übertretungen nach § 7d Abs 1 und Abs 2 AVRAG vorgeworfen und über ihn gemäß § 7i Abs 4 Ziffer 2 AVRAG jeweils eine Geldstrafe von Euro 2.000,-- verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 18.05.2016 zugestellt.

Mit Email vom 22.06.2016 hat Herr RA CC die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers zum Akt **** angezeigt und Übermittlung des Akteninhaltes per Email ersucht.

Diesem Ansuchen kam die Bezirkshauptmannschaft Y nach und übermittelte den Akteninhalt (eingescannt) am 22.06.2016 per Email an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers. Da keine rechtzeitige Beschwerde bei der Bezirkshauptmannschaft Y einlangte, wurde auch hier ein Exekutionsantrag gestellt, welcher bewilligt wurde.

Am 20.02.2017 langte bei der Bezirkshauptmannschaft Y die Beschwerde sowie der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist ein.

II.      Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich der Zustellung er Strafverfügung und der Zustellung des Straferkenntnis ergeben sich aus den Akten der Bezirkshauptmannschaft Y zu den Zahlen **** und ****. Die Feststellungen hinsichtlich der Exekutionsverfahren ergeben sich ebenfalls aus den Akten der Bezirkshauptmannschaft Y.

Diese Feststellungen hinsichtlich der Einspruchs- und der Beschwerdefrist ergeben sich zweifels- und widerspruchsfrei aus den beiden Akten der Bezirkshauptmannschaft Y, hier insbesondere aus den Zustellungsnachweisen und den Rechtsmittelbelehrungen in den jeweiligen Schriftstücken.

III.     Rechtslage:

Zum Akt ****:

Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Gemäß § 71 Abs 1 AVG ist gegen die Versäumung oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1.       die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2.       die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

Gemäß § 71 Abs 2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

Gemäß § 71 Abs 3 AVG hat die Partei im Fall der Versäumung einer Frist die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

Zum Akt ****:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde vier Wochen.

Gemäß § 33 Abs 1 VwGVG ist der Partei auf Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet.

IV.      Erwägungen:

Zu beiden Akten:

Der Beschwerdeführer hätte jeweils ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis glaubhaft zu machen gehabt, welches die Versäumung der Einbringung des Einspruches bzw des Rechtsmittels darlegt.

Unabwendbar ist ein Ereignis dann, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann. Unvorhergesehen ist es hingegen, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte.

Zum Akt **** wurde die Strafverfügung dem Beschwerdeführer nachweislich am 13.05.2016 mittels Hinterlegung zugestellt. Die zweiwöchige Einspruchsfrist endete daher am 27.05.2016

Zum Akt **** wurde dem Beschwerdeführer nachweislich das Straferkenntnis am 18.05.2016 mittels Hinterlegung zugestellt. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete daher am 15.06.2016.

Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 AGBG zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligten Personen.

Der Rechtsanwalt muss die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, dass die erforderliche und fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt wird. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen unter anderem dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Rechtsanwalt seine Rechtsmittel oder fristgebundene Fristsätze bei Gericht einbringt.

Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass eine Rechtsanwaltskanzlei so organisiert ist und betrieben wird, dass die vollständige und fristgerechte Erfüllung von im Zusammenhang mit einem Einschreiten des Rechtsanwaltes ergehenden Aufträgen von Behörden und Gerichten gesichert erscheint.

Der Rechtsanwalt muss seine Kanzlei so organisieren, dass bei Übermittlung des gegenständlichen Einspruches und bei Übermittlung der gegenständlichen Beschwerde der Eingang dieser Schriftstücke nachweislich in seiner Kanzlei vorliegend ist. Hier ist durch den Rechtsanwalt ein entsprechendes Kontrollsystem einzurichten. Sich alleine auf die Sendebestätigungen zu verlassen und jeweils eine Aufforderung einer Lesebestätigung anzufordern, ist nicht geeignet mangelndes Verschulden darzutun.

Für die richtige Beachtung der Rechtsmittelfristen und der damit verbundenen rechtzeitigen Einbringung der Rechtsmittel ist der Rechtsanwalt verantwortlich, denn er selbst hat die Fristen zu setzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen und weiters selbstredend sicherzustellen, dass diese Rechtsmittel auch fristgerecht bei der Behörde oder beim Gericht eintreffen.

Es handelt sich daher bei beiden Akten weder um ein unvorhergesehenes noch um ein unabwendbares Ereignis, welches den Rechtsvertreter verhindert hätte, die Einbringung des Einspruches sowie die Einbringung der Beschwerde rechtzeitig durchzuführen.

Die Wiedereinsetzungsanträge waren daher zu Recht abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Weißgatterer

(Richterin)

Schlagworte

Antrag auf Wiedereinsetzung; RA Verletzung Kontrollaufsicht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.28.0760.1.und.0761.1

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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