TE Vfgh Beschluss 2018/2/26 G26/2018

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Veröffentlicht am 26.02.2018
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
VfGG §17 Abs2, §19 Abs2 Z2 lite
ZPO §30
ASVG §31a Abs8

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des ASVG mangels unmittelbarer Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwalts

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I.       Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litc B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge §31a Abs8 ASVG als verfassungswidrig aufheben. Zudem werden mehrere Eventualanträge gestellt.

II.      Rechtslage

Der angefochtene §31a Abs8 des Bundesgesetzes vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG.), BGBl 189/1955 idF BGBl I 125/2017, lautet:

"Elektronisches Verwaltungssystem und Elektronische Gesundheitsakte

Grundlagen des Elektronischen Verwaltungssystems (ELSY)

§31a. (1) […]

(8) Ab 1. Jänner 2019 ist auf allen ab diesem Zeitpunkt an Personen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, neu ausgegebenen oder ausgetauschten e-cards ein Lichtbild dauerhaft anzubringen, das den Karteninhaber/die Karteninhaberin erkennbar zeigt. Bis 31. Dezember 2023 sind alle e-cards, auf denen noch kein Lichtbild angebracht ist, auszutauschen. Das Lichtbild ist vom Karteninhaber/von der Karteninhaberin beizubringen, soweit es nicht aus Beständen von Bundes- oder Landesbehörden entnommen wird. Die Übermittlung aus diesen Beständen an den Hauptverband ist zulässig und vorzunehmen, soweit dies automationsunterstützt möglich ist. Näheres wird durch Verordnung der Bundesregierung bestimmt. Die für die Umsetzung dieser Maßnahmen erforderlichen Mittel sind dem Hauptverband vom Bundesminister für Finanzen aus dem allgemeinen Bundeshaushalt zusätzlich zur Verfügung zu stellen."

III.    Anlassverfahren und Sachverhalt

1.       Mit Eingabe vom 1. Februar 2018 wurde vom Antragsteller, dieser vertreten durch die Arbeiterkammer Wien, diese vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Majoros, der vorliegende Antrag beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. In den Beilagen befand sich ein Bevollmächtigungsschreiben vom 29. Jänner 2018, mit dem der Antragsteller die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien u.a. zur Bestellung eines Rechtsanwaltes zur Vertretung vor dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof bevollmächtigt hatte.

2.       Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes legte der einschreitende Rechtsanwalt das vom Antragsteller an "**** *** ******* ****** [richtig: ******], Arbeiterkammer Wien" gerichtete Bevollmächtigungsschreiben vom 29. Jänner 2018 vor, in dem *** ****** u.a. "zur Bestellung eines Rechtsanwaltes zur Vertretung […] vor dem Verfassungsgerichtshof" bevollmächtigt wird. Zudem gab der Rechtsanwalt schriftlich bekannt: "[…] Der Antragsteller wird vertreten durch *** ******* ****** und **** ***** ********, Mitarbeiter der Arbeiterkammer Wien. Eine entsprechende Vollmacht wurde dem Verfassungsgerichtshof gemeinsam mit dem Antrag vom 01.02.2018 vorgelegt und wird diese nochmals angeschlossen. Diese Vollmacht beinhaltet auch eine Bevollmächtigung zur Bestellung eines Rechtsanwaltes zur Vertretung vor dem Verwaltungsgerichthof und dem Verfassungsgerichtshof. Der hier eingeschrittene Rechtsvertreter wurde von *** ******* ******, Mitarbeiter der Arbeiterkammer Wien, mit der Einbringung des gegenständlichen Antrages bevollmächtigt. Es liegt somit eine 'Vollmachtskette' vor. […]".

IV.      Zulässigkeit

1.       Der Antrag ist mangels Erfüllung der formellen Erfordernisse unzulässig.

2.       Wenngleich bei Rechtsanwälten und Notaren die Berufung auf die erteilte Vollmacht grundsätzlich ausreicht, kann das Gericht doch nach allgemeinen Grundsätzen das Vorliegen der Vollmacht prüfen, wenn Bedenken bestehen (vgl. OGH 16.10.2009, 6 Ob 145/09f). In einer rechtzeitig beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Eingabe gab der einschreitende Rechtsanwalt bekannt, dass der Antragsteller die Arbeiterkammer Wien damit beauftragt habe, einen Rechtsanwalt zur Vertretung vor dem Verfassungsgerichtshof zu bestellen. Er sei von einem Mitarbeiter der Arbeiterkammer Wien zur Einbringung des vorliegenden Antrages bevollmächtigt worden, es liege eine Vollmachtskette vor.

3.       Soweit sich der einschreitende Rechtsanwalt auf seine Bevollmächtigung durch die Arbeiterkammer Wien beruft, die wiederum vom Antragsteller zur Bestellung eines Rechtsanwalts bevollmächtigt worden sei, vermag er entgegen §17 Abs2 VfGG keine Bevollmächtigung zu begründen, durch welche der eingebrachte Schriftsatz zu einer durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebrachten Beschwerde wird (vgl. VfSlg 15.121/1998; VfGH 20.11.2015, E1570/2015), da die unmittelbare Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwalts durch den Antragsteller nicht nachgewiesen wurde. Zwar ersetzt gemäß §35 Abs1 VfGG iVm §30 ZPO die Berufung eines Rechtsanwaltes auf die erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis, nicht aber ersetzt diese Berufung auf die Vollmacht die ausdrückliche Erteilung der Bevollmächtigung selbst (vgl. OGH 31.07.1963, 2 Ob 60/02s). Eine solche – mangels Formzwangs allenfalls auch nur mündliche (vgl. §1005 erster Fall ABGB; Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze §30 ZPO Rz 11) – Betrauung unmittelbar durch den Antragsteller selbst hat der einschreitende Rechtsanwalt nicht nachgewiesen.

4.       Der Antrag ist daher unzulässig.

V.       Ergebnis

1.       Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.       Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, VfGH / Vertreter, VfGH / Anwaltszwang, VfGH / Individualantrag, VfGH / Prozessvollmacht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:G26.2018

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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