TE Vwgh Beschluss 2018/1/25 Ra 2017/06/0262

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Veröffentlicht am 25.01.2018
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §47;
ZPO §292;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision der H GmbH in S, vertreten durch Mag. Dr. Michael Nocker, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 4/28, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 9. Oktober 2017, 405-3/279/1/10-2017, 405-3/279/2/3- 2017, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde und Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) die Beschwerde der Revisionswerberin als verspätet zurück (Spruchpunkt 1.) und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet ab (Spruchpunkt 2.). Eine ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg sei dem Rechtsvertreter der Revisionswerberin nach einem erfolglosen Zustellversuch am 10. August 2017 durch Hinterlegung unter Zurücklassung einer Hinterlegungsanzeige mit Bekanntgabe des Beginns der Abholfrist am 11. August 2017 zugestellt worden. Die Beschwerdefrist habe daher am 11. August 2017 zu laufen begonnen und am 8. September 2017 geendet, sodass die am 11. September 2017 zur Post gegebene Beschwerde als verspätet zurückzuweisen gewesen sei. Anschließend begründete das LVwG, dass fallbezogen die Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorlägen.

5 Ihre Zulässigkeit sucht die Revision ausschließlich mit Argumenten gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Beschlusses, nämlich die Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung, zu begründen. Dazu bringt sie vor, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob für den Zeitpunkt der erfolgten Hinterlegung und damit für den Beginn der Beschwerdefrist jenes Datum maßgeblich sei, das auf dem "gelben" Benachrichtigungszettel, der nach Abholung des hinterlegten Schriftstückes beim Postamt verbleibe, angegeben sei, oder jenes, das auf dem hinterlegten Schriftstück vermerkt sei. Fraglich sei, ob es für den Beginn des Fristenlaufes nicht darauf ankomme, wann das zuzustellende Schriftstück tatsächlich vom Postzusteller beim Postamt hinterlegt worden sei. Es komme vor, dass das abzuholende Schriftstück nicht mehr am selben Tag, an dem der Zustellversuch erfolgt sei, an das Postamt zurückgebracht werde und somit am nächsten Tag noch nicht zur Abholung bereit stehe. In diesem Fall gebe das Zustellorgan auf dem elektronisch vorausgefüllten "gelben" Benachrichtigungszettel richtigerweise das spätere Datum an, an dem das Schriftstück tatsächlich bei der Poststelle "hinterlegt" werde. In der Praxis gebe es drei Angaben über den Zeitpunkt der Hinterlegung bzw. den Beginn der Abholfrist, nämlich jene auf dem in der Regel elektronisch vorausgefüllten "gelben" Benachrichtigungszettel, das vom Zustellorgan handschriftlich auf dem zuzustellenden Schriftstück angebrachten Datum der Hinterlegung und jenes Datum, das von irgendeinem Mitarbeiter der Post am Rückschein eingetragen werde.

6 Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist die in § 17 Abs. 2 Zustellgesetz (ZustG) genannte Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige) eine öffentliche Urkunde und macht Beweis über die Zustellung (vgl. etwa VwGH 30.3.2017, Fr 2015/07/0001, mwN). Als öffentliche Urkunde begründet eine "unbedenkliche" - d.h. die gehörige äußere Form aufweisende - Hinterlegungsanzeige die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs, doch ist der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit zulässig. Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG gilt eine hinterlegte Sendung mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt.

Die Revision bestreitet nicht, dass in der Hinterlegungsanzeige - deren Unbedenklichkeit nicht in Zweifel gezogen wird - die Abholfrist ab 11. August 2017 angegeben ist. Der Hinweis auf einen internen Vermerk eines Postmitarbeiters auf dem hinterlegten Schriftstück stellt für sich allein keinen Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit der Hinterlegungsanzeige dar.

Den - in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt - getroffenen Feststellungen des LVwG zufolge wurde die Sendung am 10. August 2017 nachmittags von der Postfiliale übernommen und stand am 11. August 2017 ab 7:00 Uhr zur Abholung bereit. Dem tritt die Revision nicht entgegen. Somit war auf die Frage, wann der Fristenlauf beginnt, wenn das zuzustellende Schriftstück nicht mehr am selben Tag, an dem der Zustellversuch erfolgte, an das Postamt zurückgebracht wird, mangels fallbezogener Relevanz nicht einzugehen.

Sowohl aus der im angefochtenen Beschluss abgebildeten Verständigung von der Hinterlegung als auch dem sonstigen Akteninhalt geht hervor, dass im gegenständlichen Fall sowohl das Datum des Zustellversuches als auch jenes des Beginns der Abholfrist handschriftlich ausgefüllt wurden; eine elektronisch vorausgefüllte Hinterlegungsanzeige ist hinsichtlich dieser Daten nicht erkennbar; die diesbezüglichen Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung gehen daher ins Leere.

7 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Jänner 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017060262.L00

Im RIS seit

21.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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