TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/15 95/17/0047

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Veröffentlicht am 15.05.2000
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E03102000;
E3R E03605100;
40/01 Verwaltungsverfahren;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

31985R2220 Sicherheiten landwirtschaftliche Erzeugnisse Art1;
31985R2220 Sicherheiten landwirtschaftliche Erzeugnisse Art3 lita;
31985R2220 Sicherheiten landwirtschaftliche Erzeugnisse Art3 litc;
31992R1766 GMO Getreide Art1 litc;
AMA-Gesetz 1992 §16;
AVG §37;
EURallg;
GO AMA 1992 §20;
GO AMA-Vorstand 1993 §3 Abs1;
MOG 1985 §29 Abs4;
MOG 1985 §29 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der P & Cie GmbH, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 22. Dezember 1994, Zl. 17.302/10-IA7b/94, betreffend Sicherstellungsverfall gemäß § 29 Abs. 5 MOG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. In der Sitzung des geschäftsführenden Ausschusses des Getreidewirtschaftsfonds vom 28. Oktober 1992 wurde der Beschwerdeführerin auf Grund ihres Exportantrages für eine Gesamtmenge von 100.000 to +/- 5 % Mahlweizen der Zuschlag erteilt.

In der Folge wurde ihr mit Bescheiden vom 3. November 1992 und vom 27. Jänner 1993 laut Aktenlage die Ausfuhr von insgesamt

96.500 to Mahlweizen bewilligt. Davon entfielen insgesamt 45.000 to ausschließlich auf das Bestimmungsland Rumänien, weitere 26.500 to alternativ auf die Bestimmungsländer Rumänien, die ehemaligen "GUS-Staaten" und Polen sowie eine Teilmenge von 25.000 to ausschließlich auf das Bestimmungsland Usbekistan. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin eine Sicherstellung im Ausmaß von S 2,348.000,-- vorgeschrieben und von dieser sodann auch geleistet.

Die Gültigkeit der Ausfuhrbewilligungen war bis zum 10. Februar 1993 befristet. Mit Schreiben vom 9. Februar 1993 teilte die Beschwerdeführerin dem Getreidewirtschaftsfonds mit, dass die Ausfuhrbewilligungen - mit Ausnahme eines Exportes im Ausmaß von rund 28.000 to Mahlweizen nach Usbekistan - nicht ausgenützt worden seien und der geplante Export der Restmenge nach Rumänien nicht zu Stande komme, weil durch Schwierigkeiten im Zuge der Regierungsumbildung in Rumänien eine zugesagte Akkreditiveröffnung nicht erfolgt sei. Der Getreidewirtschaftsfonds leitete daraufhin ein Verfahren zur Erklärung des Verfalls der Sicherstellung ein und lud die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 17. März 1993 ein, dazu eine Äußerung abzugeben und entgegenstehende Beweismittel beizubringen. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. März 1993 nach, in dem zusammengefasst mitgeteilt wurde, dass sie sich die Eröffnung eines Akkreditives von einer hochrangigen offiziellen rumänischen Delegation habe garantieren lassen und dass das Nichtzustandekommen des Exportes auf Grund der Regierungsumbildung in Rumänien letztlich ein Fall höherer Gewalt sei. Mit Schreiben vom 17. Februar 1994 wurde die Beschwerdeführerin von der AMA erneut zur Stellungnahme aufgefordert. Dieser Aufforderung ist sie mit Schreiben vom 23. Februar 1994 unter weit gehender Wiederholung ihrer bereits vorgetragenen Argumente nachgekommen.

1.2. Mit Bescheid der Marktordnungsstelle Agrarmarkt Austria (AMA) vom 10. Mai 1994 wurde die gemäß Punkt 7 (richtig: VII) der im Verlautbarungsblatt des Getreidewirtschaftsfonds Nr. 19/1992 vom 16. Oktober 1992 verlautbarten öffentlichen Bekanntmachung betreffend die Ausfuhr von Mahlweizen der Ernte 1992 für die bescheidmäßige Abwicklung des Exportes von 100.000 to +/- 5 % Mahlweizen von der Beschwerdeführerin erbrachte Sicherstellung gemäß § 29 Abs. 5 Marktordnungsgesetz (MOG), BGBl. Nr. 210/1985, entsprechend dem Ausmaß der Nichtausnützung der jeweiligen Bewilligungen von 71.500 to +/- 5 % in der Höhe von S 1,594.879,--, zu Gunsten des Bundes für verfallen erklärt.

1.3. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am 24. Mai 1994 fristgerecht Berufung und machte darin Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der erstinstanzliche Bescheid sei deshalb inhaltlich rechtswidrig, weil die Erklärung des Verfalls der Sicherstellung Verschulden der Beschwerdeführerin voraussetze, der Beschwerdeführerin aber weder bedingter Vorsatz noch bewusste Fahrlässigkeit bei Durchführung des Geschäftes anzulasten sei. Insbesondere seien in der öffentlichen Bekanntmachung als Bestimmungsländer der Lieferungen alle Staaten der Welt vorgesehen und daher "die Festlegung der Voraussetzung der Eröffnung eines Akkreditives zwar nahe gelegt", die Eröffnung eines Akkreditives jedoch nicht Voraussetzung für die Teilnahme an der Erstellung eines Angebotes, weshalb dieser Mangel der Beschwerdeführerin nicht als Verschulden angelastet werden könne. Das Verschulden liege - wenn überhaupt von einem solchen gesprochen werden könne - im Bereich der rumänischen Regierung.

Weiters sei die vorliegende Verwaltungsangelegenheit eine solche, die ursprünglich vom Getreidewirtschaftsfonds wahrgenommen worden sei und entsprechend den in der Berufung zitierten Gesetzesstellen dem dafür eingerichteten Fachausschuss für Getreide der AMA zukomme.

Überdies lägen Aktenwidrigkeit hinsichtlich der im Verfahren vorgelegten Promessen der Oesterreichischen Kontrollbank und Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes vor.

1.4. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wies die Berufung mit Bescheid vom 22. Dezember 1994 (dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid), welcher der Beschwerdeführerin am 2. Jänner 1995 zugestellt wurde, ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Es liege keine Nichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides vor, weil dieser vom zuständigen Organ der AMA erlassen worden sei. Die Zuständigkeit des Fachausschusses für Getreide sei im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Die Kompetenz für den bescheidmäßigen Abspruch eines Sicherstellungsverfalles gemäß § 29 Abs. 5 MOG falle unter die im § 3 Abs. 1 der Geschäftsordnung des AMA-Vorstandes, Verordnung des Verwaltungsrates der AMA betreffend die Geschäftsordnung des AMA-Vorstandes, Verlautbarungsblatt Nr. 2/93, in der Fassung der Verordnung Verlautbarungsblatt Nr. 11/93, enthaltene Generalklausel, der zufolge die Durchführung sämtlicher behördlicher Angelegenheiten, die auf Grund des Marktordnungsgesetzes, Abschnitt B, Getreidewirtschaft, und auf Grund des Viehwirtschaftsgesetzes abzuwickeln sind, soweit diese Aufgaben nicht dem Fachausschuss für Getreide bzw. Vieh und Fleisch vorbehalten sind, zu den Aufgaben des Vorstandes für den Geschäftsbereich II: Getreide, Vieh und Fleisch, gehört. Der angefochtene Bescheid sei eindeutig von Dipl. Ing. A in seiner Eigenschaft als Vorstand für den Geschäftsbereich II unterfertigt. Daran vermöge es auch nichts zu ändern, dass die erste Seite des angefochtenen Bescheides auf Briefpapier von Dipl. Ing. A, Vorstandsvorsitzender der AMA, und unter einer Aktenbezeichnung des "GB I" erfolgt sei. Beides bilde nämlich kein Essenziale für die Ermittlung des bescheiderlassenden Organs bzw. Organwalters.

Es sei im Zuge eines Exportgeschäftes mit der Firma Agroexport bereits einmal zu einer Verzögerung bei Eröffnung eines Akkreditivs gekommen, was die Nichtausfuhr einer Teilmenge von rund 2.000 to österreichischen Getreides und den über diese Menge ausgesprochenen Sicherstellungsverfall zur Folge gehabt habe. Deshalb hätte die Beschwerdeführerin aus den seinerzeitigen Erfahrungen gerade beim Festanbot bzw. beim Geschäftsabschluss mit der Agroexport nicht nur die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes, sondern auch noch erhöhte Vorsicht walten lassen müssen. Die Beschwerdeführerin hätte sich nicht an dem öffentlichen Ausfuhrverfahren beteiligen dürfen, ohne vorher gegenüber Rumänien bzw. ihrem rumänischen Vertragspartner alle erforderlichen Sicherheiten erlangt zu haben. Daran vermöge auch eine allenfalls abgegebene Verwendungszusage rumänischer Vertreter nichts zu ändern. Es sei zwar richtig, dass die Eröffnung eines Akkreditives keine Voraussetzung für die Beteiligung an dem in Rede stehenden Ausfuhrverfahren des Getreidewirtschaftsfonds gewesen sei, die Beschwerdeführerin sei jedoch seit Jahren als Exporteurin von österreichischem Getreide tätig, wisse daher von den oft schwierigen und langfristigen Akkreditivstellungen. Sie habe sich daher ohne die erforderliche Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes am Ausfuhrverfahren des Getreidewirtschaftsfonds beteiligt und habe die sich daraus ergebenden Konsequenzen daher auch selbst zu tragen.

Der Beschwerdeführerin wäre nur dann der Nachweis gelungen, dass sie an der Nichterfüllung ihrer Verpflichtungen kein Verschulden treffe, wenn sie dargetan hätte, dass auch bei der ausländischen Abnehmerfirma kein Verschulden an der Nichterfüllung deren Verpflichtungen der Beschwerdeführerin gegenüber vorliege. Ein solcher Nachweis könne aus der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Korrespondenz nicht entnommen werden.

Im Übrigen sei es durch den nicht zustandegekommenen Export zu einer erheblichen Beeinträchtigung öffentlicher Interessen gekommen. Unter Berücksichtigung der bereits von der Behörde erster Instanz dargelegten Zielsetzungen des MOG 1985 teile die belangte Behörde die Auffassung, dass unter Berücksichtigung des nach dem Vermarktungsplan vorgesehenen Exportes von 162.000 to Mahlweizen ein erhebliches öffentliches Interesse an der Umsetzung/Erfüllung der der Beschwerdeführerin im Rahmen des Ausfuhrverfahrens für 100.000 to Mahlweizen bewilligten Exporte bestanden habe. Es sei einerseits infolge der Nichtdurchführung der bewilligten Exporte eine durch die Überschussproduktion am Getreidesektor notwendige Marktentlastung nicht herbeigeführt worden und andererseits wäre Exporteuren, die im Rahmen der gegenständlichen Ausschreibung eingereicht hätten, die Möglichkeit eines Zuschlags genommen worden. Die Überschussproduktion an Getreide mache eine Lagerung notwendig, deren Finanzierung aus öffentlichen Mitteln zu tragen sei; das Scheitern bewilligter Exporte ziehe somit einen Mehraufwand an Lagerkosten und somit an öffentlichen Geldern nach sich. Der Verfallsbetrag sei richtig ermittelt worden und entspreche den Bestimmungen des Punktes VII der zu berücksichtigenden öffentlichen Bekanntmachung des Getreidewirtschaftsfonds betreffend Export von Mahlweizen; daher sei die Annahme der Beeinträchtigung öffentlicher Interessen vertretbar.

1.5. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Erstbehörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht auf richtige rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes beeinträchtigt, da der vorliegende Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft inhaltlich rechtswidrig ist".

1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, auf die die Beschwerdeführerin replizierte.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Der angefochtene Bescheid ist mit 22. Dezember 1994 datiert. Dies stimmt mit dem Genehmigungsvermerk am Referatsbogen, der das Konzept des angefochtenen Bescheides enthält, überein. Die Zustellung an die Beschwerdeführerin erfolgte laut Rückschein jedoch erst am 2. Jänner 1995 zu Handen ihres Rechtsvertreters (dessen Eingangsstempel im Übrigen offenbar irrtümlich den 2. Jänner 1994 aufweist). Da ein schriftlicher Bescheid erst mit der Zustellung an eine Partei als erlassen anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0291), wurde der angefochtene Bescheid durch die Zustellung an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin erst nach dem 1. Jänner 1995 erlassen.

2.2. Mit dem Beitrittsvertrag vom 24. Juni 1994, BGBl. Nr. 45/1995, wurde Österreich Mitglied der Europäischen Union und Vertragspartner der die Union begründenden Verträge (Art. 1 des Beitrittsvertrages). Dieser Vertrag trat am 1. Jänner 1995 in Geltung (Art. 2 Abs. 2 des Beitrittsvertrages). Durch die Ratifikation des Beitrittsvertrages wurden die genannten Verträge in das österreichische Recht transformiert. Diese binden - je nach ihrem Inhalt - die österreichischen Organe und die Rechtsunterworfenen. Die vor dem Beitritt (1. Jänner 1995) erlassenen Rechtsakte der Organe der Gemeinschaften (also z.B. erlassene Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen) gelten ab diesem Zeitpunkt auch in Österreich (Art. 2 der Beitrittsakte).

Da sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid, mit dem der Sicherstellungsverfall bestätigt wurde, "in ihrem Recht auf richtige rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes beeinträchtigt" erachtet, ist, unabhängig von den geltend gemachten Beschwerdegründen zu prüfen, ob der Verfall der Sicherstellung infolge des zwischen der innerbehördlichen Genehmigung und der Zustellung des Bescheides erfolgten Wirksamwerdens des Beitrittes zur Europäischen Union, (noch) auf die dem österreichischen Recht zugehörige Bestimmung des § 29 Abs. 5 MOG gestützt werden durfte.

2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 17. Mai 1999, Zl. 98/17/0214, ausgesprochen, dass Sicherheiten im Sinne des § 106 MOG in der Fassung der Marktordnungsnovelle 1994, BGBl. Nr. 664, in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über Sicherheiten für Marktordnungswaren, BGBl. Nr. 1021/1994 idF BGBl. Nr. 334/1996, nicht die Abgaben auf Marktordnungswaren sichern und daher nicht Teil der Erhebung von Abgaben auf Marktordnungswaren sind, sondern Rechtsinstrumente zur Sicherung von bestimmten (anderen) Leistungen. Für diesen Bereich ist daher - mangels ausdrücklicher von § 29 Abs. 1 AMA-Gesetz 1992 abweichender Regelung - das AVG Verfahrensrechtsgrundlage. Dies traf auch für Sicherheiten gemäß § 29 Abs. 5 MOG in der bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Fassung zu, weil es sich nicht um eine Regelung des Abschnittes D dieses Gesetzes gehandelt hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A = ZfVB 1978/6/2019, ausgesprochen hat, hat die Rechtsmittelbehörde im Allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden. Eine andere Betrachtungsweise werde dann geboten sein, wenn etwa der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringe, dass "auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden" sei. Weiters werde eine andere Betrachtungsweise auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen sei, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens gewesen sei. Dem zitierten Erkenntnis und dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt ist gemein, dass es - wie im Folgenden zu zeigen ist - zwischen der Entscheidung erster Instanz und der Erlassung der Berufungsentscheidung zu einer Änderung der Rechtslage gekommen ist; hingegen unterscheiden sich die Modalitäten, wie die Änderung der Rechtslage eingetreten ist.

Im Sachverhalt, der dem Erkenntnis des verstärkten Senates zugrundeliegt, kam es durch Novellierung des Gesetzes ohne Übergangsregelung zu einer Änderung der Rechtslage. Der Gerichtshof hatte sich daher mit der Frage auseinander zu setzen, welche - in zeitlicher Hinsicht - nacheinander geltende Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung anzuwenden war.

2.4. Im Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides stellte sich die Rechtslage hingegen wie folgt dar:

§ 92 MOG (eingeführt durch die Marktordnungsgesetz-Novelle 1992, BGBl. Nr. 373) ordnete in seinem Abs. 1 Z 1 an, dass die Abschnitte A, B und C des MOG mit Ablauf des 31. Dezember 1995 außer Kraft treten. Somit wurde die Gültigkeitsdauer der im vorliegenden Fall interessierenden Gesetzesbestimmung des § 29 Abs. 5 MOG durch die zitierte MOG-Novelle 1992 bis 31. Dezember 1995 verlängert, weil sich diese Bestimmung in Abschnitt B (Getreidewirtschaft) des MOG findet.

Das ab 1. Jänner 1995 auch in Österreich geltende und damit von der belangten Behörde anzuwendende Gemeinschaftsrecht trifft durch die Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 der Kommission vom 22. Juli 1985 (im Folgenden: VO Sicherheiten) seinerseits sowohl materielle als auch formelle Regelungen, wie im Zusammenhang mit Sicherheiten vorzugehen ist. Art. 1 lit. a 15. Spiegelstrich der VO Sicherheiten legt im Zusammenhalt mit Art. 1 lit. c der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 des Rates die Anwendbarkeit der VO Sicherheiten auf das landwirtschaftliche Erzeugnis Mahlweizen fest. Die weitere Festlegung des sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereiches der VO Sicherheiten, die am 1. März 1986 in der Gemeinschaft in Kraft getreten ist, erfolgt durch Art. 33 Abs. 2 dieser Verordnung. Dort heißt es: "Sie ist anwendbar auf die von diesem Tag an gestellten Sicherheiten sowie für die globalen Sicherheiten, die von diesem Tag an dafür verwendet werden, um die Einhaltung einer oder mehrerer Einzelverpflichtungen zu gewährleisten." Gemäß Art. 33 Abs. 3 der VO Sicherheiten ist diese Verordnung auf Antrag des Beteiligten auf vor diesem Tag geleistete Sicherheiten anwendbar, die noch nicht freigegeben und noch nicht verfallen sind. Da anlässlich des Beitrittes Österreichs zur Europäischen Union zwischen den Vertragspartnern keine Vereinbarung getroffen wurde, die die Geltung der VO Sicherheiten über den hier relevanten Zeitpunkt (2. Jänner 1995) hinaus für Österreich aufgeschoben, eingeschränkt oder suspendiert hätte, und da eine Verordnung gemäß Art. 249 EG (= ehemals Art. 189 EG-Vertrag) allgemeine Geltung hat, in allen ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt, lässt sich zunächst festhalten, dass die VO Sicherheiten in Österreich am Tag der Bescheiderlassung (ebenfalls) in Geltung gestanden ist. Es ist allerdings zu prüfen, ob die VO Sicherheiten - der grundsätzlich Anwendungsvorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten zukommt - auf den konkreten Fall, in dem sich der besicherte Sachverhalt vor dem 1. Jänner 1995 ereignet hat und auch der Sicherstellungsverfall erstinstanzlich vor diesem Zeitpunkt ausgesprochen wurde, überhaupt Anwendung findet.

2.5. Unbeschadet des grundsätzlichen Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes bei einem Normenkonflikt zwischen diesem und nationalem Recht (vgl. grundlegend EuGH Rs 6/64, Slg. 1964, 1270, Costa - ENEL) ist den der VO Sicherheiten vorangestellten Erwägungen zu entnehmen, dass diese insbesondere deshalb erlassen wurde, um ungleiche Wettbewerbsbedingungen bei der Leistung und der Form der von den Agrarmarktverordnungen der Gemeinschaft geforderten Sicherheiten zu verhüten. Art. 1 der VO Sicherheiten bestimmt, dass diese die Leistung von Sicherheiten im Rahmen von taxativ aufgezählten (gemeinschaftsrechtlichen) Verordnungen des europäischen Gemeinschaftsrechts regelt. Dies lässt den Schluss zu, dass auch der Verfall von Sicherheiten nur dann dem Regime der VO Sicherheiten unterliegen soll, wenn diese bereits nach Gemeinschaftsrecht bestellt wurden.

Ein ebensolches Auslegungsergebnis legt Art. 3 lit. a iVm lit. c der VO Sicherheiten nahe, weil eine "Sicherheit" iSd Art. 3 lit. a nur ein in einer (geminschaftsrechtlichen) Verordnung enthaltenes Handlungsgebot bzw. -verbot sichern soll. Da jedoch die Bestellung der streitgegenständlichen Sicherheit nach nationalem Recht erfolgt ist und kein Handlungsgebot oder -verbot auf Grund einer gemeinschaftsrechtlichen Verordnung sichern sollte, ist auch der Verfall nicht nach der Verordnung Sicherheiten zu beurteilen, sondern weiterhin § 29 Abs. 5 MOG anzuwenden.

Letztlich steht dieses Auslegungsergebnis - unter gleichzeitiger Bedachtnahme auf Art. 33 Abs. 1 der VO Sicherheiten - auch mit der bereits dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Einklang. Auch wenn die VO Sicherheiten keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält, so ist aus den Erwägungen, Definitionen und (seinerzeitigen, auf den 1. März 1986 bezogenen) Inkrafttretensbestimmungen der VO Sicherheiten die Absicht des Verordnungsgebers ersichtlich, den Verfall einer Sicherheit nur dann nach der VO Sicherheiten zu beurteilen, wenn die Sicherheit nach dieser bestellt wurde. Denn durch die Erklärung des Sicherstellungsverfalls wird (sowohl nach nationalem Recht als auch nach Gemeinschaftsrecht) die Nichteinhaltung einer Leistungspflicht während eines bestimmten Leistungszeitraumes sanktioniert. Vorliegendenfalls hätte die Beschwerdeführerin den bewilligten Export in der Zeit von der Erteilung der Ausfuhrbewilligungen bis spätestens 10. Februar 1993 zu erfüllen gehabt.

Da mit der Erklärung des Verfalls auch beurteilt wird, ob der Exporteur im Leistungszeitraum rechtmäßig (d.h. auflagengemäß) gehandelt hat, erweist sich die Auslegung, dass die im Sanktionenbereich für die ab 1. Jänner 1995 zu bestellenden Sicherheiten erfolgte Rechtsänderung den Beschwerdefall nicht betrifft, auch aus Überlegungen des Vertrauensschutzes jedenfalls als unproblematisch.

Der Fall wurde daher von der belangten Behörde - im Ergebnis - zu Recht an Hand des § 29 Abs. 5 MOG 1985 beurteilt.

2.6. Vor dem Hintergrund der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage erweist sich die Beschwerde allerdings als unbegründet.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin war der in erster Instanz einschreitende Vorstand für den Geschäftsbereich II Marktordnungsstelle Agrarmarkt Austria (AMA) zur Erklärung des Sicherstellungsverfalles nicht unzuständig.

§ 16 AMA-Gesetz 1992, BGBl. Nr. 376/1992 (im Folgenden: AMA-G), weist den einzelnen Fachausschüssen die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben zu, soweit diese nicht auf Grund der Geschäftsordnung zur selbstständigen Erledigung dem Vorstand oder einzelnen Vorstandsmitgliedern übertragen wurden. Gerade diese im letzten Satz des § 16 AMA-G enthaltene Einschränkung übersieht die Beschwerdeführerin in ihrer Argumentation. § 20 der Geschäftsordnung der AMA, Verordnung des Verwaltungsrates der AMA betreffend eine Geschäftsordnung, Verlautbarungsblatt Nr. 4/92, im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides geändert durch Verlautbarungsblatt Nr. 5/94, enthält eine taxative Aufzählung aller Aufgaben, die dem Fachausschuss für Getreide seit dem 1. Juli 1993 zugewiesen sind. Diese taxative Aufzählung enthält den bescheidmäßigen Abspruch über den Sicherstellungsverfall nicht. Demgemäß haben die erstinstanzliche Behörde wie auch die belangte Behörde richtig erkannt, dass die Zuständigkeit für den bescheidmäßigen Ausspruch des Sicherstellungsverfalles gemäß § 29 Abs. 5 MOG unter die in § 3 Abs. 1 der Geschäftsordnung des AMA-Vorstandes, Verlautbarungsblatt Nr. 2/93, idF der Verordnung Verlautbarungsblatt Nr. 11/93 enthaltene Generalklausel fällt. Derzufolge gehört die Durchführung sämtlicher behördlicher Angelegenheiten, die auf Grund des Marktordnungsgesetzes, Abschnitt B, Getreidewirtschaft und auf Grund des Viewirtschaftsgesetzes abzuwickeln sind, soweit diese Aufgaben nicht dem Fachausschuss für Getreide bzw. Vieh und Fleisch vorbehalten sind, zu den Aufgaben des Vorstandes für den Geschäftsbereich II: Getreide, Vieh und Fleisch.

2.7. Die bloße Anführung eines Aktenzeichens im erstinstanzlichen Bescheid, welches die Abkürzung "GB I" enthält, reicht im Hinblick auf die anderen Merkmale des erstinstanzlichen Bescheides für die Argumentation nicht hin, die bescheiderlassende Behörde wäre nicht eindeutig feststellbar. Das Beschwerdevorbringen, Dipl. Ing. A. habe den Bescheid der AMA als Vorstand für den Geschäftsbereich I (Personal, Verwaltung, Finanzen und Recht) unterzeichnet, ist nämlich aktenwidrig, weil dieser den Bescheid ausdrücklich mit dem Zusatz "Der Vorstand für den GB II" unterfertigt hat und auch das beigesetzte Amtssiegel einen Hinweis auf den Geschäftsbereich II enthält. Somit liegt die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtswidrigkeit nicht vor.

2.8. Im Beschwerdefall wurde der beschwerdeführenden Partei auf Grund ihres Exportantrages der Zuschlag für eine Menge von 100.000 to +/- 5 % erteilt und mit Bescheiden vom 3. November 1992 und 27. Jänner 1993 wurde ihr die Ausfuhr von 96.500 to +/- 5 % Mahlweizen bewilligt. Diese erfolgte unbestritten nicht zur Gänze, sondern nur im Ausmaß von 28.000 to nach Usbekistan, wobei es für den Beschwerdefall dahingestellt bleiben kann, warum die Beschwerdeführerin diese Menge nach Usbekistan exportieren konnte, verfügte sie doch für dieses Land nur über Ausfuhrbewilligungen im Ausmaß von 25.000 to (das wären einschließlich der 5 %igen Toleranz 26.250 to). Den Erwägungen zur Gesetzmäßigkeit der Verfallserklärung ist weiters vorauszuschicken, dass die Verfallssumme in Höhe von S 1,594.879,-- rechnerisch richtig ermittelt wurde. Die belangte Behörde hat, wie auch die erstinstanzliche Behörde, von den unbestrittenermaßen nicht exportierten 71.000 to die 5 %ige Toleranz in Höhe von 3.575 to abgezogen und gelangte somit zu einer (rechnerischen) Größe von

67.925 to, auf deren Basis der Verfall der Sicherstellung erklärt wurde. Der Umstand, dass nur Ausfuhrbewilligungen im Ausmaß von

96.500 to, anstatt in dem dem Bescheid zugrundegelegten Ausmaß von 100.000 to erteilt worden waren, blieb sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der Beschwerde unbekämpft. Die (rechnerische) Nichtausnützung der bewilligten Menge betrug daher 67,925 %, woraus sich, da die Sicherstellung in einer Höhe von S 2,348.000,-- geleistet wurde, der Verfallsbetrag von S 1,594.879,-- ergibt.

2.8. § 29 Abs. 4 und 5 MOG lauteten:

"(4) Die Gültigkeit der Ausfuhrbewilligung ist zu befristen. Ferner kann die Ausfuhrbewilligung, soweit es zum Schutz der inländischen Getreidewirtschaft, der Stabilisierung der Preise für Getreide und Getreideprodukte sowie zur Gewährleistung der Versorgung erforderlich ist, mit Auflagen hinsichtlich der Qualität, der Ausfuhrzeit und der Durchführung des Exportes verbunden werden. Um sicherzustellen, daß innerhalb der Gültigkeitsdauer der Ausfuhrbewilligung die Exporte durchgeführt werden, und um die Einhaltung der Auflagen zu gewährleisten, kann die Erteilung der Ausfuhrbewilligung ferner von der Leistung einer Sicherstellung abhängig gemacht werden. Vom Fonds erlassene Durchführungsbestimmungen, die dem Nachweis der Einhaltung einer Auflage dienen, sind Bestandteil der betreffenden Auflage.

(5) Exporteuren, die Auflagen, unter denen die Bewilligung erteilt wurde, schuldhaft nicht einhalten, sowie Exporteuren, die die Ware innerhalb der Gültigkeitsdauer der Ausfuhrbewilligung schuldhaft nicht oder nicht zur Gänze ausführen, können bereits erteilte Bewilligungen entzogen werden, wenn ihre Aufrechterhaltung zu volkswirtschaftlichen Nachteilen führen würde. Aus den gleichen Gründen können Exporteure überdies zeitweise oder dauernd von Exportgeschäften ausgeschlossen werden. Außerdem können aus diesen Gründen Sicherstellungen ganz oder teilweise vom Fonds zugunsten des Bundes für verfallen erklärt werden. Hiebei ist auf allfällige vom Exporteur erbrachte Nachweise, dass er die Frist für die Ausfuhr oder die Auflagen ohne sein Verschulden nicht einhalten konnte, Bedacht zu nehmen. Zur Gänze oder zum überwiegenden Teil darf der Sicherstellungsbetrag nur für verfallen erklärt werden, wenn die Nichteinhaltung der Frist für die Ausfuhr oder von Auflagen eine erhebliche Beeinträchtigung öffentlicher Interessen zur Folge hat."

2.8.1. Hinsichtlich der nicht exportierten Teilmenge von

71.500 to ist in rechtlicher Hinsicht wie folgt zu unterscheiden:

Der Beschwerdeführerin wurde für eine Teilmenge von insgesamt

26.500 to die Ausfuhrbewilligung in die Bestimmungsländer "Rumänien und/oder GUS und/oder Polen" erteilt. In der Beschwerde und im Verwaltungsverfahren wurde im Wesentlichen geltend macht, die Regierungsumbildung in Rumänien und die dadurch nicht erfolgte Akkreditivausstellung sei ein Fall höherer Gewalt.

In diesem Umfang kommt der Beschwerde keine Berechtigung zu, denn die Beschwerdeführerin hätte nicht nur hinsichtlich dieser Rumänien betreffenden Behauptungen ihrer Mitwirkungspflicht nachkommen müssen, sondern hätte auch zu behaupten und nachzuweisen gehabt, dass die Ausfuhr der gesamten, in dieser Ausfuhrbewilligung genannten Menge auch in die restlichen, im Bescheid angeführten Länder infolge höherer Gewalt nicht möglich gewesen ist. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren aber weder behauptet noch durch entsprechende Beweisanbote konkretisiert, dass ein Export nach Polen bzw. in die ehemaligen GUS-Staaten nicht möglich gewesen sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1995, Zl. 93/17/0333 = ZfVB 1996/4/1728). Im Umfang der nicht exportierten Teilmenge von 26.500 to kommt der Beschwerde bereits aus diesem Grund keine Berechtigung zu.

2.8.2. Der Beschwerdeführerin ist insoweit beizupflichten, als der Sicherstellungsverfall gemäß § 29 Abs. 5 MOG unter den in dieser Bestimmung genannten Gründen nur dann angeordnet werden kann, wenn den Exporteur ein Verschulden am Nichtzustandekommen des Exportes trifft. Dem - auch unter dem Punkt "Verletzung von Verfahrensvorschriften" geltend gemachten - Beschwerdevorbringen des mangelnden Verschuldens kann jedoch aus nachstehenden Gründen nicht gefolgt werden:

2.8.2.1. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zwar die Auffassung, dass der unvermeidbare und unabwendbare Wegfall von Liefermöglichkeiten in das im Ausfuhrbescheid genannte Exportland einen Umstand höherer Gewalt darstellen kann. Dies kann (beispielsweise) in der Verhängung von behördlichen Einfuhr- und Durchfuhrsperren durch das Exportland liegen (vgl. erneut das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1995, Zl. 93/17/0333 = ZfVB 1996/4/1728). Eine solche Konstellation liegt im Beschwerdefall nicht vor.

2.8.2.2. Unbestrittenermaßen wurden seitens des Exportlandes Rumänien keinerlei (behördliche) Maßnahmen gesetzt, die der Beschwerdeführerin die Möglichkeit genommen hätten, dorthin zu exportieren. Gleichfalls lagen keine faktischen Umstände, wie z. B. die Unbenützbarkeit von Transportwegen, vor, die sich auf die Exportmöglichkeit ausgewirkt hätten. Daran ändert auch nichts, dass der Vertragspartner der Beschwerdeführerin eine staatsnahe Gesellschaft war, deren sich Rumänien bei Importen bediente.

2.8.2.3. Im Umstand, dass der Vertragspartner der Beschwerdeführerin seiner vertraglichen Pflicht, ein Akkreditiv zu bestellen und damit den Kaufpreis zunächst zu sichern und dann zu bezahlen, nicht nachgekommen ist, liegt für die Beschwerdeführerin die Verwirklichung des typischen unternehmerischen Risikos der Zahlungsunwilligkeit bzw. -unfähigkeit des Vertragspartners, welche sich im Beschwerdefall verwirklicht hat. Gerade dies bringt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde durch ihre Berufung auf die Unsicherheitseinrede (§ 1052 Satz 2 ABGB) zum Ausdruck, berechtigt dieses Rechtsinstitut doch nur den zur Vorausleistung Verpflichteten, seine Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung oder der Sicherstellung (im Verhältnis der Vertragspartner zueinander) zurückzuhalten. Gemäß § 29 Abs. 5 MOG kommt es jedoch nicht darauf an, ob die Beschwerdeführerin im Verhältnis zum Vertragspartner rechtmäßig gehandelt hat, sondern ausschließlich darauf, dass sie am Nichtzustandekommen des Exportes ein Verschulden trifft. Ein Verschulden der Beschwerdeführerin ist aber darin zu erblicken, dass sie - wie ihr im Verwaltungsverfahren zu Recht entgegengehalten wurde - vor Beteiligung an der Ausschreibung die Absicherung des Risikos des Nichtzustandekommens des Exportes unterlassen hat, obwohl es bereits in vergangenen Jahren mit dem gleichen Vertragspartner zu Schwierigkeiten beim Export und damit zum Verfall einer (wenn auch betragsmäßig geringen) Sicherstellung gekommen ist. Ebenso liegt es in der Sphäre der Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin, dass sie im Rahmen der ihr zugeschlagenen Ausfuhrkontingente überwiegend um ausschließliche Ausfuhrbewilligungen nach Rumänien angesucht hat, obwohl die Ausschreibung auf "alle Staaten der Welt, ausgenommen Serbien und Montenegro (Bundesrepublik Jugoslawien)", gelautet hatte, und sie damit zwingend mit der staatsnahen Firma A. in Kontakt treten musste. Daran vermag auch die behauptetermaßen durch eine "hochrangige Delegation" unwiderruflich zugesagte Stellung eines bestätigten Akkreditivs nichts zu ändern, zumal sich diese Zusicherung aus der Aktenlage nicht ergibt und die Beschwerdeführerin bei den Gesprächen der rumänischen Delegation mit dem - für Finanzierungsfragen im Übrigen unzuständigen - Bundesministerium für Landwirtschaft unbestritten nicht anwesend war. Daher wäre es an der Beschwerdeführerin gelegen, ihre Vertragspartner sorgfältig auszuwählen und sie im Falle des Zustandekommens eines Ausfuhrvertrages mit genügendem Nachdruck zur Beachtung der Vertragsbestimmungen anzuhalten.

2.8.2.4. Letztlich erweist sich auch die Verfahrensrüge der Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens betreffend die von der Beschwerdeführerin behauptete Unzumutbarkeit der Stellung eines Akkreditivs vor Beteiligung an der Ausschreibung als unbegründet. Denn die Stellung eines Akkreditivs war - wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt - nicht Voraussetzung für die Teilnahme an der Ausschreibung. Überdies wird durch die Erklärung des Verfalls der Sicherstellung nicht die mangelnde Akkreditivstellung sanktioniert, sondern ausschließlich das Nichtzustandekommen des Exportes von Mahlweizen (mag dieses Unterbleiben mittelbar auch dadurch bedingt gewesen sein).

2.8.3. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angewendeten Gesetzesbestimmungen, im Besonderen wegen eines Widerspruchs zu Art. 18 Abs. 1 B-VG, sind aus Anlass dieses Beschwerdefalles nicht entstanden.

2.8.4. Zusammenfassend ist daher zu sagen, dass sich sämtliche von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Beschwerdegründe in ihrer eigenen Sphäre ereignet haben und die notwendige, im öffentlichen Interesse gelegene Marktentlastung nicht herbeigeführt werden konnte, sodass der Sicherstellungsverfall auch unter Bedachtnahme auf die Beeinträchtigung erheblicher öffentlicher Interessen im Ergebnis zu Recht verfügt wurde.

2.9. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.10. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z 1 und Z 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.11. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 15. Mai 2000

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1 Gemeinschaftsrecht kein innerstaatlicher Anwendungsbereich EURallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1995170047.X00

Im RIS seit

27.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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