TE Lvwg Erkenntnis 2017/6/7 VGW-002/069/221/2017, VGW-002/069/536/2017/E, VGW-002/V/069/222/2017, VG

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.06.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.06.2017

Index

L70300 Buchmacher Totalisateur Wetten
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §1 Abs1
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §2 Abs1
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §2 Abs4
VStG §1 Abs2
B-VG Art. 140 Abs7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Mag.a Hillisch über die Beschwerde des Herrn E. R. (VGW-002/069/221/2017) und der B. GmbH (VGW-002/V/069/222/2017), beide vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vom 29.11.2016, Zahl: MA 36-KS 202/2016, wegen Übertretung des § 1 Abs. 1 Gesetz betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens StGBl 1919/388 idF LGBl Nr. 26/2015,

und über die Beschwerde des Herrn E. R. (VGW-002/069/536/2017-E) und der B. GmbH (VGW-002/069/537/2017-E), beide vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vom 09.03.2016, Zahl MA 36 - KS 64/2016 - BB, mit welchem gemäß § 39 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) die Beschlagnahme des Wettannahmeautomaten "Wetten Schwechat" angeordnet wurde,

nach durchgeführter Verhandlung zu Recht:

I.   1. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

     2. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat E. R. einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Zl. VGW-002/069/221/2017 in der Höhe von € 420,– (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

     Die B. GmbH haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG für diesen Kostenbeitrag zur ungeteilten Hand.

II.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang, angefochtene Bescheide und Beschwerden

1.       Am 18. Februar 2016 fand im „Cafe T.“, O.-straße, Wien, eine Kontrolle nach dem Gesetz betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (in der Folge: GTBW-G) statt, im Zuge derer ein Wettannahmeautomat vorläufig beschlagnahmt wurde.

2.       Der angefochtene Beschlagnahmebescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 9. März 2016 hat folgenden Spruch:

„BESCHEID

über eine Beschlagnahme

Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretung begangen zu haben:

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. GmbH mit dem Sitz in Wien, D.-gasse, und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser Gesellschaft zu verantworten, dass die B. GmbH

am 18.02.2016 in Wien, O.-straße (Cafe „T.“)

die Tätigkeit der Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden an zumindest eine Buchmacherin, und zwar an die By. .../Uruguay, ausgeübt hat (Kontrolle durch die Magistratsabteilung 36 K und V am 18.02.2016), obwohl eine landesrechtliche Bewilligung nicht erwirkt wurde.

Verwaltungsübertretung nach:

§ 1 Absatz 1 Gesetz betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwesens StGBl 1919/388 idgF, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG.

Zu Sicherung der Strafe des Verfalls wird folgender Gegenstand in Beschlag genommen:

1. Wettannahmeautomat

Modell/Type: „Wetten Schwechat“

Seriennummer: keine

Betrag in der Kasse: 197,00 Euro

Rechtsgrundlage: § 39 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG“

3.       Der dagegen erhobenen Beschwerde der Beschwerdeführer gab das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 31. Mai 2016 mit Erkenntnis vom 4. Juli 2016, VGW-002/069/5126/2016-1 und VGW-002/V/069/5127/2016, statt, hob den angefochtenen Beschlagnahmebescheid auf und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig ist.

4.       Aufgrund der ordentlichen Revision der belangten Behörde hob der Verwaltungsgerichtshof dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien mit Erkenntnis vom 21. Dezember 2016, Ro 2016/02/0014-4, unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 16. Dezember 2016, Ra 2016/02/0228, auf.

5.       Das angefochtene Straferkenntnis vom 29. November 2016, Zahl: MA 36-KS 202/2016, hat folgenden Spruch:

„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. GmbH mit Sitz in Wien, D.-gasse und somit als gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser Gesellschaft zu verantworten, dass diese am 18.02.2016 um 11:40 Uhr in Wien, O.-straße (Wettlokal „Cafe T.“), die Tätigkeit der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, wie z.B. Fußballspiele, z.B. FC Valencia - Rapid Wien, an die By. .../Uruguay, mit einem betriebsbereiten Wettterminal (mit der Bezeichnung „Wetten Schwechat“) ausgeübt hat (Überprüfung durch Organwalter des Magistrates der Stadt Wien - Magistratsabteilung 36 in Wien, O.-straße, Wettlokal „Cafe T.“, am 18.02.2016 um 11:40 Uhr), obwohl die B. GmbH die dafür erforderliche Bewilligung der Wiener Landesregierung nicht erwirkt hatte.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 1 Absatz 1 Gesetz betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens StGBl 1919/388 i.d.F. LGBl Nr. 26/2015

I. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 2.100,00, falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitstrafe von 4 Tagen

§ 2 Absatz 1 Gesetz betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens StGBl 1919/388 i.d.F. LGBl Nr. 26/2015

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 210,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe

(mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 2.310,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Gesamtsumme: € 2.310,00

Die B. GmbH haftet gemäß § 9 Abs 7 VStG für die über Herrn E. R., verhängte Geldstrafe zur ungeteilten Hand.

Zahlungsfrist:

Wenn Sie keine Beschwerde erheben, ist dieses Straferkenntnis sofort vollstreckbar. Der Gesamtbetrag ist in diesem Fall entweder mit dem Zahlschein, der nach Rechtskraft dieses Straferkenntnisses zugestellt wird, in der Folge binnen einer Woche zu überweisen oder unter Mitnahme des Bescheides bei uns einzuzahlen.

Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann der Gesamtbetrag eingemahnt werden. In diesem Fall ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von 5,00 Euro zu entrichten. Erfolgt dennoch keine Zahlung, wird der ausstehende Betrag ohne vorherige Mahnung vollstreckt und im Fall seiner Uneinbringlichkeit die diesem Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen.

II. Folgender Gegenstand wird gemäß § 2 Abs. 4 GTBW-G für verfallen erklärt:

1x Wettannahmeautomat

Modell/Type: „Wetten Schwechat“

Seriennummer: keine

Geldbetrag: 197,00 Euro“

6.       In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde beantragen die Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß. Begründend bringen die Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vor:

6.1.    E. R. habe auf die aufrechte und rechtswirksame Gewerbeberechtigung zur „Vermittlung von Wettkunden zu einem befugten Buchmacher/Wettbüro unter Ausschluss der den Buchmachern und Totalisateuren vorbehaltenen Tätigkeit“ sowie auf die GISA-Eintragung und die Auskunft seines Rechtsvertreters, wonach eine im GISA eingetragene Gewerbeberechtigung bis zur Rechtskraft eines allfälligen Löschungsbescheids ausgeübt werden darf, vertraut. Daran ändere auch die Verpflichtung zur Einholung einer landesrechtlichen Bewilligung seit der Novelle LGBl. 26/2015 nichts.

6.2.    Die Novelle LGBl. 26/2015 zum Wr. GTBW-G habe (anders als etwa in Vorarlberg) keine Übergangsregelungen für Gewerbetreibende mit einer GISA-Berechtigung gewährt.

6.3.    Die B. GmbH verfüge seit 13. Oktober 2011 über eine aufrechte Gewerbeberechtigung zur „Vermittlung von Wettkunden zu einem befugten Buchmacher/Wettbüro unter Ausschluss der den Buchmachern und Totalisateuren vorbehaltenen Tätigkeit“, welche vom Magistrat der Stadt Wien verliehen worden sei. Es liege daher eine Bewilligung nach § 3 Wiener Wettengesetz sowie – aufgrund der GISA-Eintragung des Standorts – eine Standortbewilligung nach § 4 Wiener Wettengesetz vor.

6.4.    Das Straferkenntnis stelle einen Eingriff in wohlerworbene Rechte der Beschwerdeführer dar, weil die B. GmbH faktische Dispositionen (näher dargelegte Investitionen, Einstellung von Personal) im Vertrauen auf die GISA-Eintragung vorgenommen habe. Dieses berechtigte Vertrauen sei durch die ohne Übergangsfristen eingeführte Verpflichtung zur Einholung einer landesrechtlichen Bewilligung samt der Einführung von sofort umsetzbaren Strafbestimmungen verletzt worden.

6.5.    Die A.-gmbH, die die Muttergesellschaft der B. GmbH sei, habe vorsichtshalber am 8. Oktober 2015 bei der Wiener Landesregierung eine Bewilligung zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkunden zu einem befugten Buchmacher/Wettbüro unter Ausschluss der den Buchmachern und Totalisateuren vorbehaltenen Tätigkeit“ beantragt. Das insoweit noch laufende Verfahren zeige, dass eine neu ausgestellte Bewilligung der Landesregierung unter Einhaltung eines gesetzmäßigen Verfahrens nicht möglich sei, weshalb ihr auch nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, über eine solche Bewilligung nicht zu verfügen. Das GTBW-G sei verfassungs- und unionsrechtswidrig, weil das zwingend erforderliche Notifizierungsverfahren nicht durchgeführt worden sei und das GTBW-G eine nachträgliche Einführung von massiven Antrittsschranken enthalte. Darüber hinaus habe die Behörde § 363 Abs. 4 Gewerbeordnung 1994 (GewO) in einer denkunmöglichen Weise angewendet.

6.6.    Der offensichtliche Widerspruch zwischen den Bestimmungen der GewO und dem GTBW-G könne aufgrund der Unschuldsvermutung nicht zu Lasten der Rechtsunterworfenen gehen. Aufgrund der umfangreichen Investitionen liege ein wesentlicher Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentum der Beschwerdeführer vor. Die Erlassung des Straferkenntnisses sei eine unverhältnismäßige Eigentumsbeeinträchtigung.

6.7.    Die verhängte Verwaltungsstrafe sei überhöht und stehe in keinem angemessenen Verhältnis zu einer möglichen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene, soweit es solche überhaupt gebe. E. R. verfüge über ein Gehalt von monatlich lediglich € 881,47.

6.8.    Der Ausspruch des Verfalls sei seit Einführung des Wiener Wettengesetzes nicht mehr zulässig, weil dieses den Verfall von Gegenständen nicht als Strafe vorsehe.

7.       Am 28. Februar 2017 fand am Verwaltungsgericht Wien eine mündliche Beschwerdeverhandlung in den Beschwerdesachen

VGW-002/069/221/2017
VGW-002/V/069/222/2017
VGW-002/069/225/2017
VGW-002/V/069/226/2017

statt, zu welcher der Vertreter des Beschwerdeführers und sowie ein Vertreter der belangten Behörde erschienen und im Rahmen derer Ar. Tu. (Mitarbeiter der B. GmbH) als Zeuge einvernommen wurde.

II. Feststellungen

1.       Der im Spruch der angefochtenen Bescheide angeführte Wettannahmeautomat der Type „Wetten Schwechat“ war am 18. Februar 2016 um 11:40 Uhr im Lokal „Cafe T.“, O.-straße, Wien, betriebsbereit aufgestellt und stand interessierten Gästen zur Verfügung. Mit diesem – in ihrem Eigentum stehenden – Gerät vermittelte die B. GmbH aus Anlass sportlicher Veranstaltungen (wie Fußballspiele) gewerbsmäßig Wettkunden an die By., die ihren Sitz in Uruguay hat.

2.       Die B. GmbH verfügt seit 13. Oktober 2011 über eine Gewerbeberechtigung für die „Vermittlung von Wettkunden zu einem befugten Buchmacher/Wettbüro unterAusschluss der den Buchmachern und Totalisateuren vorbehaltenen Tätigkeiten“. Die mit Wirksamkeit vom 9. Juli 2015 angezeigte Ausübung des Gewerbes in der weiteren Betriebsstätte 1100 Wien, O.-straße, wurde ins Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) eingetragen; in der darüber an die B. GmbH ergangenen Verständigung vom 16. Juli 2015 findet sich folgende „Mitteilung“ :

„Für die Erlangung der erforderlichen Bewilligung nach dem Gesetz betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens wenden Sie sich bitte an die Magistratsabteilung 36, Dezernat K, in 1200 Wien, Dresdnerstraße 73-75“

3.       Die A.-gmbH, die die Muttergesellschaft der B. GmbH ist, beantragte am 8. Oktober 2015 bei der Magistratsabteilung 36 die Kenntnisnahme sowie Bestätigung des „freien Gewerbes“ der „Vermittlung von Wettkunden zu einem befugten Buchmacher/Wettbüro unter Ausschluss der den Buchmachern und Totalisateuren vorbehaltenen Tätigkeit“, in eventu die Bewilligung zur Ausübung dieses Gewerbes.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 2015 wies das „Amt der Wiener Landesregierung“ das Ansuchen der A.-gmbH um Verleihung einer Bewilligung zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkunden an einen Buchmacher am Standort Wien 15., D.-gasse 5/3, gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück. Das Verwaltungsgericht Wien hob diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 6. Juli 2016, VGW-101/073/1874/2016-2, im Wesentlichen mit der Begründung auf, dass die angefochtene Behörde über den Eventualantrag auf „Verleihung einer Bewilligung“ abgesprochen habe, ohne zunächst über den Primärantrag auf Kenntnisnahme abzusprechen.

4.       E. R. war zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. GmbH und vertrat diese selbständig. Er verfügt über ein monatliches Nettogehalt von € 881,47 zuzüglich Sonderzahlungen. Zum Tatzeitpunkt bestanden mehrere rechtskräftige Vormerkungen wegen Verwaltungsübertretungen aus dem Bereich des Verkehrsstrafrechts, die noch nicht getilgt sind.

III. Beweiswürdigung

1.       Aus den im Akt erliegenden Firmenbuchauszügen ergibt sich, dass E. R. zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. GmbH war.

2.       Die Feststellungen zu den vorgefundenen Geräten und zum Ablauf der Kontrolle ergeben sich aus der im Akt befindlichen Dokumentation der Kontrolle vom 18. Februar 2016 und sind im Wesentlichen unstrittig. Die Feststellung zur Wettkundenvermittlung durch die B. GmbH am verfahrensgegenständlichen Standort ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen. Es ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Wettticket vom 18. Februar 2016, dass eine Wettkundenvermittlung im Hinblick auf Fußballspiele an die By. S.A. in Uruguay als Buchmacherin erfolgte.

3.       Die Feststellungen zu den von den die Beschwerdeführer betreffenden Bewilligungsverfahren nach dem GTBW-G ergeben sich aus den von den Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen bzw. aus den zitierten Erkenntnissen.

4.       Die verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen ergeben sich aus den Ergebnissen einer Anfrage des Verwaltungsgerichts Wien. Das festgestellte Nettogehalt ergibt sich aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Lohn- und Gehaltszettel.

IV. Rechtsgrundlagen

1.       Die zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTBW-G), StGBl. 388/1919 idF LGBl. für Wien 26/2015, lauteten auszugsweise:

„I. Verwaltungsrechtliche Bestimmungen.

Bewilligung

§ 1. (1) Die gewerbsmäßige Vermittlung und der gewerbsmäßige Abschluss von Wetten sowie die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen ist nur mit Bewilligung der Landesregierung zulässig.

(2) Zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten der im ersten Absatz bezeichneten Art dürfen nur die im Anschluss an sportliche Veranstaltungen bestehenden besonderen Unternehmungen (Totalisateurinnen und Totalisateure) zugelassen werden. Diese müssen die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit besitzen.

(3) Die Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluss der im ersten Absatz angeführten Wetten darf nur Personen erteilt werden, welche die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit bieten. Personen, denen diese Bewilligung erteilt wurde, werden in diesem Gesetz als Buchmacherinnen und Buchmacher bezeichnet.

(3a) Die Bewilligung zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden darf nur Personen erteilt werden, welche die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit bieten. Personen, denen diese Bewilligung erteilt wurde, werden in diesem Gesetz als Vermittlerin oder Vermittler von Wettkundinnen und Wettkunden bezeichnet.

(4) Die Landesregierung kann die Bewilligung (Abs. 1) zurücknehmen, für den Fall, daß die Voraussetzung der vollen Vertrauenswürdigkeit nicht mehr zutrifft.

(5) Die Unternehmungen für sportliche Veranstaltungen dürfen nur mit Zustimmung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht im Einvernehmen mit dem Staatsamte für Finanzen Abzüge von den Wetteinsätzen beim Totalisateur vornehmen oder den Wettenden und den an ihrem Sitze Wetten abschließenden Buchmachern sonstige Leistungen auferlegen; die Höhe dieser Abzüge oder Leistungen wird vom Staatsamte für Inneres und Unterricht im Einvernehmen mit dem Staatsamte für Finanzen festgesetzt.

Strafbestimmungen

§ 2. (1) Wer ohne Bewilligung der Landesregierung Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abschließt oder vermittelt oder bei diesem Abschluss (dieser Vermittlung) mitwirkt, wer ohne Bewilligung der Landesregierung aus Anlass sportlicher Veranstaltungen Wettkundinnen und Wettkunden gewerbsmäßig vermittelt, ferner wer die ihm erteilte Bewilligung der Landesregierung überschreitet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - mit einer Geldstrafe bis 22.000 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

(2) Weiters begeht eine Verwaltungsübertretung und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - mit einer Geldstrafe bis 22.000 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer in einem zur Ausübung seiner oder ihrer Erwerbstätigkeit bestimmten allgemein zugänglichen Betriebsraum (Gast- und Schankgewerbelokalität, Vergnügungsunternehmung usw.) die gewerbsmäßige Vermittlung oder den gewerbsmäßigen Abschluss der im ersten Absatz bezeichneten Wetten oder die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betreffend die im ersten Absatz bezeichneten Wetten erlaubt.

(3) Derselben Strafe unterliegt:

         1. wer bei dem gewerbsmäßigen Abschluss oder der gewerbsmäßigen Vermittlung der im ersten Absatz angeführten Wetten mitwirkt;

         2. wer bei der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betreffend der der im ersten Absatz angeführten Wetten mitwirkt;

         3. wer in einem zur Ausübung seiner oder ihrer Erwerbstätigkeit bestimmten, allgemein zugänglichen Betriebsraum (Gast- und Schankgewerbelokalität, Vergnügungsunternehmungen usw.) die gewerbsmäßige Vermittlung oder den gewerbsmäßigen Abschluss der im ersten Absatz bezeichneten Wetten oder die Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betreffend der im ersten Absatz angeführten Wetten duldet.

(4) Mit der Bestrafung nach dem ersten und zweiten Absatze ist der Verfall der bei Ergreifung auf frischer Tat vorgefundenen, zur strafbaren Handlung verwendeten Betriebsmittel, Wetteinsätze und Gewinste des Übertreters zu verbinden.

(5) Zur Bestrafung ist die politische Bezirksbehörde und, wo sich eine staatliche Sicherheitsbehörde befindet, diese berufen. Die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren betreffend die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden obliegt dem Magistrat.“

V. Rechtliche Beurteilung

1.       Zur Zuständigkeit der belangten Behörde

Mit Inkrafttreten des Wiener Wettengesetzes, LGBl. 26/2016, mit Ablauf des 13. Mai 2016 trat das GTBW-G außer Kraft. Mit Ablauf des 11. November 2016 trat die Novelle zum Wiener Wettengesetz, LGBl. 48/2016, in Kraft.

Bei Überprüfung der Frage, ob jene Verwaltungsbehörde, die als erste Instanz entschieden hat, auch tatsächlich zur Entscheidung zuständig war, ist die Zuständigkeitsvorschrift heranzuziehen, die im Zeitpunkt der Entscheidung durch die erstinstanzliche Behörde in Geltung stand (VwGH 27.2.2015, Ro 2014/17/0135).

Gemäß dem vor Inkrafttreten des Wiener Wettengesetzes in Kraft stehenden § 2 Abs. 5 GTBW-G war zur Bestrafung die politische Bezirksbehörde und, wo sich eine staatliche Sicherheitsbehörde befand, diese berufen; die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren betreffend die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden oblag dem Magistrat.

Gemäß der Übergangsbestimmung des § 27 Abs. 5 Wiener Wettengesetz, LGBl. 48/2016, sind anhängige Verwaltungsstrafverfahren nach § 24 Abs. 1 sowie anhängige Verfahren nach § 24 Abs. 2 dieses Gesetzes vom Magistrat weiter zu führen.

Zur Erlassung des angefochtenen Beschlagnahmebescheides vom 9. März 2016 sowie des angefochtenen Straferkenntnisses vom 29. November 2016 war daher der Magistrat der Stadt Wien zuständig.

2.       Anwendbare Rechtslage im Hinblick auf die Bestrafung

2.1.    Der Verfassungsgerichtshof sprach mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2016, G 258/2016-13, G 317/2016-5, aus, dass die Wortfolge "sowie die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden" in § 1 Abs. 1, § 1 Abs. 3a, die Wortfolge "wer ohne Bewilligung der Landesregierung aus Anlass sportlicher Veranstaltungen Wettkundinnen und Wettkunden gewerbsmäßig vermittelt" in § 2 Abs. 1, die Wortfolge "oder die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betreffend die im ersten Absatz bezeichneten Wetten" in § 2 Abs. 2, § 2 Abs. 3 Z 2, die Wortfolge "oder die Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betreffend der im ersten Absatz angeführten Wetten" in § 2 Abs. 3 Z 3, § 2 Abs. 5 zweiter Satz sowie die Wortfolge "einer Vermittlerin oder eines Vermittlers von Wettkundinnen und Wettkunden" in § 2a Abs. 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, StGBl. Nr. 388/1919, idF LGBl. Nr. 26/2015, wegen Widerspruchs zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Erwerbs(ausübungs)freiheit gemäß Art. 6 StGG verfassungswidrig waren.

Gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG ist ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht.

Die Anlassfallregelung des Art. 140 Abs. 7 B-VG gilt nicht nur für den Fall der Aufhebung eines Gesetzes, sondern auch im Fall der Feststellung, dass ein Gesetz verfassungswidrig war (vgl. zB VfSlg. 10.834/1986, 17.020/2003, 19.511/2011). Ohne gleichzeitigen Ausspruch, dass die Gesetzesstelle auch auf die vor der Feststellung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden ist (Art. 140 Abs. 7 B-VG), wirkt sich eine solche Feststellung nur auf den Anlassfall aus (VfSlg. 10.834/1986 mwN).

Da es sich bei den vorliegenden Beschwerdefällen nicht um Anlassfälle handelt und der Verfassungsgerichtshof die Anlassfallwirkung auch nicht erstreckte, sind die Bestimmungen, deren Verfassungswidrigkeit der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 12. Dezember 2016, G 258/2016-13, G 317/2016-5, festgestellt hat, weiterhin anzuwenden.

2.2.    Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.

Zum Tatzeitpunkt am 18. Februar 2016 stand das GTBW-G in der am 8. Juli 2015 in Kraft getretenen Novelle LGBl. für Wien 26/2015 in Kraft. Gemäß § 2 Abs. 1 GTBW-G in dieser Fassung war u.a. die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen ohne Bewilligung der Landesregierung mit einer Geldstrafe bis € 22.000,– und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen. Gemäß § 2 Abs. 4 GTBW-G war mit der Bestrafung nach dem ersten und zweiten Absatz der Verfall der bei Ergreifung auf frischer Tat vorgefundenen, zur strafbaren Handlung verwendeten Betriebsmittel, Wetteinsätze und Gewinste des Übertreters zu verbinden.

Mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Wiener Wettengesetzes, LGBl. 26/2016, trat das GTBW-G außer Kraft und wurde inhaltlich weitgehend durch die Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes ersetzt. Die Tätigkeit als Wettunternehmer ohne aufrechte Bewilligung nach § 3 oder § 4 Wiener Wettengesetz war zunächst (gegenüber dem GTBW-G insofern unverändert) mit einer Geldstrafe von bis zu € 22.000,– (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen) bedroht (§ 24 Abs. 1 Z 1 Wr. WettenG); mit der Novelle LGBl. 48/2016 wurde u.a. für Verwaltungsübertretungen gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 Wr. WettenG eine Mindeststrafe von € 2.200,– eingeführt.

Sowohl nach § 2 Abs. 4 GTBW-G als auch nach § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz ist der Verfall von Gegenständen in Zusammenhang mit der Übertretung des jeweiligen Gesetzes als Strafe vorgesehen (VwGH 16.12.2016, Ra 2016/02/0228 uva.).

Hinsichtlich des anzuwendenden Strafrahmens scheidet eine Anwendung des § 24 Abs. 1 Z 1 Wiener Wettengesetz idF LGBl. 48/2016 in den Beschwerdefällen jedenfalls aus, weil die geltende Rechtslage im Gegensatz zu der zum Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage in § 24 Abs. 3 Wiener Wettengesetz eine Mindeststrafe von € 2.200,— für die bewilligungslose Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer vorsieht. Die zwischenzeitig in Kraft stehende, mittlerweile nicht mehr geltende Fassung des § 24 Wiener Wettengesetz idF vor der Novelle LGBl. 48/2016 (vgl. VwGH 7.7.1980, 0275/80, wonach auch eine zwischenzeitig in Kraft stehende Fassung für den Günstigkeitsvergleich herangezogen werden kann) sah zwar keine Mindeststrafe vor, stellt sich aber im Vergleich zu § 2 Abs. 1 GTBW-G in ihrer Gesamtauswirkung ebenfalls nicht als günstiger dar.

Die Beschwerdeführer bringen sinngemäß vor, aufgrund des Günstigkeitsprinzips des § 1 Abs. 2 VStG sei das Wiener Wettengesetz heranzuziehen, weil dieses das Fehlen einer Bewilligung durch den Magistrat der Stadt Wien (als „Behörde“ im Sinne des § 22 Wiener Wettengesetz) unter Strafe stelle und die B. GmbH aufgrund der vom Magistrat der Stadt Wien verliehenen Gewerbeberechtigung über eine derartige Bewilligung verfüge.

Insofern trifft es zwar zu, dass nach dem Wiener Wettengesetz eine andere Behörde zur Erteilung einer wettenrechtlichen Bewilligung für die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkunden an einen Buchmacher aus Anlass sportlicher Veranstaltungen zuständig ist als nach dem GTBW-G. Darin, dass im Wiener Wettengesetz das Fehlen einer Bewilligung der nunmehr zuständigen Behörde unter Strafe gestellt wird, kann jedoch keine im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG günstigere Rechtslage erblickt werden, zumal das gesetzgeberische Unwerturteil im Hinblick auf das Fehlen der Bewilligung durch die zuständige Behörde unverändert aufrecht blieb.

Mangels einer günstigeren Rechtslage hat daher § 2 Abs. 1 und 4 GTBW-G in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl. 26/2015 zur Anwendung zu kommen.

3.       Zur vorgebrachten Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit der Novelle LGBl. 26 /2015

3.1.    Soweit die Beschwerdeführer vorbringen, das GTBW-G sei verfassungswidrig, weil die Bewilligungspflicht für die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen mit der Novelle LGBl. 26/2015 ohne Übergangsbestimmungen eingeführt und dadurch das berechtigte Vertrauen der Beschwerdeführer in ihre wohlerworbenen Rechte verletzt worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof bereits die Verfassungswidrigkeit der diesbezüglichen Bestimmungen festgestellt hat (siehe oben Punkt 2.1.). Ein neuerlicher Gesetzesprüfungsantrag in Rechtssachen, die nicht von der Anlassfallwirkung erfasst sind, kommt daher nicht in Betracht.

Im Übrigen ist zur vorgebrachten Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes fallbezogen darauf hinzuweisen, dass der vorgeworfene Tatzeitpunkt mehr als ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der Novelle LGBl. 26/2015 am 8. Juli 2015 liegt. Die B. GmbH hatte daher ausreichend Zeit, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Die B. GmbH hat in diesem Zeitraum eine Bewilligung zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen nicht beantragt; es ist nicht auszuschließen, dass eine solche Bewilligung der B. GmbH bis zum Tatzeitpunkt erteilt worden wäre. Darüber hinaus wurde die B. GmbH im Hinblick auf den verfahrensgegenständlichen Standort durch die mit der Novelle LGBl. 26/2015 eingeführte Bewilligungspflicht nicht an einem Weiterbetrieb gehindert, sondern lediglich an der Expansion ihrer Geschäftstätigkeit, zumal die B. GmbH die Ausübung des Gewerbes am verfahrensgegenständlichen Standort als weitere Betriebsstätte erst mit Wirksamkeit vom 9. Juli 2015 (einen Tag nach dem Inkrafttreten der Novelle LGBl. 26/2015) anzeigte.

3.2.    Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die Novelle LGBl. 26/2015 sei „ohne das zwingend europarechtlich erforderliche Notifizierungsverfahren eingeführt“ worden.

Die – nicht notifizierte – Novelle LGBl. 26/2015 steht jedoch nicht im Widerspruch zur Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (im Folgenden: Notifizierungs-RL) in der durch die Richtlinie 98/48/EG geänderten Fassung.

Wie der Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 4. Februar 2016, Sebat Ince, Rs. C-336/14, unter Verweis auf EuGH 21.4.2005, Lindberg, Rs. C-267/03, zum Begriff der "technischen Vorschriften" iSd Art. 1 Nr. 11 der Notifizierungs-RL ausführt, stellen "Bestimmungen, in denen die Erlaubnispflicht für die Veranstaltung oder die Annahme von Sportwetten und die Unmöglichkeit der Erteilung einer solchen Erlaubnis an private Anbieter normiert werden", keine solchen "technischen Vorschriften" dar. Nationale Bestimmungen, die lediglich die Voraussetzungen für die Niederlassung oder die Erbringung von Dienstleistungen durch Unternehmen vorsehen, wie Bestimmungen, die die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit von einer vorherigen Erlaubnis abhängig machen, seien nämlich keine technischen Vorschriften iSd Art. 1 Nr. 11 der Notifizierungs-RL (Sebat Ince, Rn. 76).

Das Verwaltungsgericht Wien geht daher davon aus, dass hinsichtlich der Novelle LGBl. 26/2015 keine Übermittlungspflicht an die Europäische Kommission gemäß Art. 8 der Notifizierungs-RL bestand, weil damit lediglich die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit von einer behördlichen Bewilligung abhängig gemacht wurde und es sich dabei um keine "technische Vorschrift" iSd Notifizierungs-RL handelt.

4.       Erfüllung des objektiven Tatbestands

Die B. GmbH übte nach den getroffenen Feststellungen am 18. Februar 2016 um 11:40 Uhr im Lokal „Cafe T.“, O.-straße, 1100 Wien, die Tätigkeit der Wettkundenvermittlung aus, indem sie mit dem verfahrensgegenständlichen Wettterminal aus Anlass sportlicher Veranstaltungen (wie Fußballspiele) gewerbsmäßig Wettkunden an die Buchmacherin By. S.A. vermittelte.

Über eine Bewilligung der Wiener Landesregierung zur Vermittlung von Wettkunden verfügte die B. GmbH nicht. Soweit die Beschwerdeführer ausführen, gemäß § 363 Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994 dürfe bis zum Eintritt der Rechtskraft des Löschungsbescheids das Gewerbe ausgeübt werden, ist ihnen entgegenzuhalten, dass sich das in § 363 Abs. 4 zweiter Satz GewO normierte Recht zur Weiterausübung nur auf die gewerberechtliche Zulässigkeit der Ausübung einer Tätigkeit bezieht; allfällige weitere Bewilligungserfordernisse sind davon nicht berührt. Der von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang genannte Grundsatz „in dubio pro reo“ kommt nicht bei Rechtsfragen, sondern im Bereich der Beweiswürdigung zur Anwendung, wenn auch nach dem Ergebnis der Beweiswürdigung noch Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten bleiben (vgl. VwGH 30.1.2015, 2011/17/0081).

Da E. R. zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. GmbH und somit zur Vertretung dieser Gesellschaft nach außen berufen war, war er für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die B. GmbH zum Tatzeitpunkt im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortlich.

Herr E. R. hat somit den objektiven Tatbestand der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.

5.       Verschulden

5.1.    Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Beschuldigte hat hiezu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht; dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.

Da § 2 Abs. 1 GTBW-G im Hinblick auf das Verschulden keine andere Regelung trifft, reicht für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten aus.

Weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus dem Akteninhalt ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer die Einhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich oder unzumutbar gewesen wäre.

5.2.    Zum Vorbringen, E. R. hätte darauf vertraut, dass er ungeachtet des mit der Novelle LGBl. 26/2015 eingeführten Bewilligungserfordernisses nach dem 8. Juli 2015 keiner Bewilligung nach dem GTBW-G für seine Tätigkeit bedurfte, ist auszuführen, dass ihm ein solcher Rechtsirrtum vorzuwerfen ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entschuldigt gemäß § 5 Abs. 2 VStG die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen somit unverschuldet sein (VwGH 27.6.2007, 2002/03/0275; 31.7.2009, 2008/09/0086; 27.1.2011, 2010/03/0179; 6.3.2014, 2013/11/0110; 12.8.2014, 2013/10/0203). Es bedarf bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht im Zweifelsfall einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen (vgl. zuletzt etwa VwGH 24.10.2016, Ro 2016/17/0002 mwN). Wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums. Die bloße Argumentation mit einer – allenfalls sogar plausiblen – Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen (VwGH 12.8.2014, 2013/10/0203; 6.3.2014, 2013/11/0110, und 18.3.2015, 2013/10/0141).

Die entsprechenden Erkundigungen können nicht nur bei den Behörden, sondern auch bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person eingeholt werden (VwGH 30.11.1981, 81/17/0126; 27.1.2014, 2011/17/0073, und 29.5.2015, 2012/17/0524). Hat die Partei (zB von einem Rechtsanwalt) eine falsche Auskunft erhalten, so liegt ein schuldausschließender Irrtum jedoch dann nicht vor, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft hätte haben müssen (VwGH 29.5.2015, 2012/17/0524). Im Zweifelsfall haben Erkundigungen, ob die vom Beschuldigten vertretene Rechtsansicht zutrifft, bei der zur Entscheidung zuständigen Stelle zu erfolgen (vgl. VwGH 7.10.2013, 2013/17/0592). Es liegt grundsätzlich an der Partei, das Vorliegen von Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen durch ein konkretes Vorbringen zu behaupten und der Behörde die für die Beurteilung erforderlichen Informationen an die Hand zu geben (VwGH 25.9.2014, 2012/07/0214). Zudem ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gerade dann, wenn bewusst eine Konstruktion gewählt wird, mit der die rechtlichen Möglichkeiten bis zum Äußersten ausgereizt werden sollen, eine besondere Sorgfalt hinsichtlich der Erkundigung über die Rechtslage an den Tag zu legen (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0124).

Gerade vor dem Hintergrund, dass E. R. bereits vor dem Tatzeitpunkt verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Novelle LGBl. 26/2015 hegte, wäre er dazu verpflichtet gewesen, bei der für die Vollziehung des GTBW-G zuständigen Behörde Erkundigungen darüber einzuholen, ob diese Bestimmungen dennoch anzuwenden sind. Eine GISA-Abfrage ist nicht als eine Einholung einer derartigen Rechtsauskunft zu betrachten.

Es ist somit davon auszugehen, dass E. R. auch die subjektive Tatseite der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.

6.       Strafbemessung

6.1.    Für eine Übertretung des § 2 Abs. 1 GTBW-G kann eine Geldstrafe bis € 22.000,— bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden.

6.2.    Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafgesetz nicht taxativ aufgezählt. Auch die Dauer eines strafbaren Verhaltens kann im Rahmen der Strafbemessung maßgebend sein (VwGH 12.12.1995, 94/09/0197). Bei der Strafbemessung kommt es gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG – unter anderem – auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht an.

6.3.    Da der Beschwerdeführer seine Einkommensverhältnisse nicht bekannt gab, legte die belangte Behörde der Strafbemessung durchschnittliche Werte zugrunde. Mildernd wertete die belangte Behörde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, erschwerend keinen Umstand.

6.4.    Die der Bestrafung zugrundeliegenden Handlungen des Beschwerdeführers schädigten das öffentliche Interesse am Spielerschutz, das durch die im Bewilligungsverfahren zu prüfende Voraussetzung der „Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit“ gewährleistet werden sollte. Die Bedeutung des geschützten Rechtsguts sowie – in Anbetracht der Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und dem Beschuldigten zuzumutenden Sorgfalt – das Ausmaß des Verschuldens kann im vorliegenden Fall nicht als derart geringfügig bezeichnet werden, dass eine Einstellung des Verfahrens im Sinne des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG bzw. eine Ermahnung im Sinne des § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG in Betracht kämen.

Angesichts der festgestellten verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen kommt der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zur Anwendung. E. R. war zum Tatzeitpunkt jedoch nicht einschlägig vorbestraft.

Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen ist die im unteren Bereich des Strafrahmens angesetzte Geldstrafe von € 2.100,– (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) auch unter Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer angegebenen ungünstigen Einkommensverhältnisse als schuld- und tatangemessen anzusehen.

6.5.    E. R. hat gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe zu leisten.

Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haftet die B. GmbH für die über E. R. verhängte Geldstrafe sowie die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

6.6.    Gemäß § 2 Abs. 4 GTBW-G ist mit der Bestrafung nach § 2 Abs. 1 GTBW-G der Verfall der bei Ergreifung auf frischer Tat vorgefundenen, zur strafbaren Handlung verwendeten Betriebsmittel, Wetteinsätze und Gewinste des Übertreters zu verbinden. Der gegenständliche Wettannahmeautomat wurde bei der Kontrolle am 18. Februar 2016 betriebsbereit vorgefunden. Der im angefochtenen Straferkenntnis ausgesprochene Verfall dieses Geräts und der darin befindlichen Wetteinsätze erweist sich damit als rechtmäßig.

7.       Beschlagnahme

7.1.    E. R. steht als Beschuldigtem im Verwaltungsstrafverfahren jedenfalls das Recht zu, gegen den Bescheid über eine Beschlagnahme gemäß § 39 Abs. 1 VStG Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu erheben (VwGH 12.9.2016, Ra 2016/04/0042). Die B. GmbH ist Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Wettannahmeautomaten und damit ebenfalls Partei im Beschlagnahmeverfahren. Die Beschwerden gegen den Beschlagnahmebescheid vom 9. März 2016, Zahl MA 36 - KS 64/2016 - BB, sind daher zulässig.

7.2.    Hat eine Verfahrenspartei gegen den Bescheid über eine Beschlagnahme iSd § 39 Abs. 1 VStG Beschwerde erhoben, so hat das Verwaltungsgericht zu beurteilen, ob zum Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für die Beschlagnahme noch aufrecht sind. Sind daher die Voraussetzungen für die Beschlagnahme im Zuge des Beschwerdeverfahrens weggefallen, kann auch das Verwaltungsgericht bei Überprüfung eines auf § 39 Abs. 1 VStG gestützten Beschlagnahmebescheides eine zunächst rechtmäßig erfolgte Beschlagnahme aufheben. Im Hinblick auf § 1 Abs. 2 VStG ist im Beschlagnahmeverfahren zu prüfen, ob die vorgeworfene Tathandlung auch im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts weiterhin strafbar ist. Maßgeblich ist, ob zu diesem Zeitpunkt noch der Verdacht aufrecht ist, dass der Beschuldigte im Zeitpunkt der Beschlagnahme eine Verwaltungsübertretung begangen hat (VwGH 16.12.2016, Ra 2016/02/0228).

7.3.    Da es aus Sicht des Verwaltungsgerichts Wien – wie oben bereits dargelegt – als erwiesen anzusehen ist, dass E. R. die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen hat und dieses Verhalten weiterhin strafbar ist, sind die Voraussetzungen für die Beschlagnahme des verfahrensgegenständlichen Wettannahmeautomaten weiterhin aufrecht. Die gegen den Beschlagnahmebescheid vom 9. März 2016, Zahl MA 36 - KS 64/2016 - BB, gerichtete Beschwerde war daher abzuweisen.

8.       Zulässigkeit der Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, weil im Beschwerdefall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht insbesondere hinsichtlich des Günstigkeitsprinzip iSd § 1 Abs. 2 VStG, der Voraussetzungen eines Verbotsirrtums iSd § 5 Abs. 2 VStG oder der Strafbemessung von der zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht ab. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch sonst liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Anwendbare Rechtslage; Vermittlung von Wettkunden; Anlassfall; Ergreiferprämie; keine Anlassfallwirkung; Verfassungswidrigkeit festgestellt; Günstigkeitsvergleich; Unionsrecht

Anmerkung

VfGH v. 21.09.2017, E 2548/2017; Ablehnung
VwGH v. 1.2.2018, Ra 2018/02/0031-0032; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.002.069.221.2017

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten