TE Lvwg Beschluss 2018/1/12 VGW-031/067/16981/2017

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Veröffentlicht am 12.01.2018
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Entscheidungsdatum

12.01.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/01 Sicherheitsrecht
L40009 Sonstige Polizeivorschriften Wien;
L40019 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung Polizeistrafen Wien

Norm

VwGVG §40 Abs1
SPG §1 Abs1 Z1
SPG §1 Abs1 Z2
WLSG §82 Abs1

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über den Antrag des Herrn P. W., Wien, J.-straße, auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zur Erhebung einer Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, vom 11.11.2017, GZ VStV/917301742636/2017, wegen Verwaltungsübertretungen nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes – WLSG sowie nach § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, den

BESCHLUSS

gefasst:

1. Gemäß § 40 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen.

2. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshof-gesetzes 1985 – VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

B E G R Ü N D U N G

1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat …, vom 11.11.2017, GZ VStV/917301742636/2017, wurde der minderjährige Antragsteller wegen zwei Verwaltungsübertretungen nach dem WLSG sowie einer Verwaltungsübertretung nach dem SPG schuldig erkannt und über ihn Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 160,00 Euro bzw. von jeweils drei Tagen und acht Stunden sowie von 150,00 Euro bzw. von drei Tagen und drei Stunden verhängt. Das Straferkenntnis wurde vom Antragsteller am 11.11.2017 persönlich übernommen. Die vierwöchige Beschwerdefrist (§ 7 Abs. 4 VwGVG) endete am Montag den 11.12.2017.

Am 01.12.2017 überreichte die Mutter (gesetzliche Vertreterin) des Antragstellers den gegenständlichen vom Antragsteller gezeichneten, mit 30.11.2017 datierten Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers (im Umfang der Kosten für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt) persönlich beim Polizeikommissariat .... Im Wesentlichen führte der Antragsteller darin aus, er benötige einen Verfahrenshilfeverteidiger zur Bekämpfung des angeführten Straferkenntnisses, weil er nicht über ausreichende Mittel verfüge, um die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung eines zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalts selbst zu tragen. Sein monatliches Einkommen betrage lediglich 546,77 Euro. Er habe außerdem weder Vermögen noch Schulden. Ungeachtet dessen bewohne er ein Zimmer in deren Wohnung. Dazu legte er einen Kontoauszug über den Eingang seines Lohnes von Oktober 2017 vor.

2.1. Gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht Wien auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, wenn er außerstande ist, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist. Gemäß § 40 Abs. 2 VwGVG ist § 8a Abs. 3 bis 10 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 40 Abs. 2 VwGVG iVm § 8a Abs. 6 VwGVG beginnt, wenn ein Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers innerhalb der Beschwerdefrist gestellt wurde und der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen wurde, die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen.

2.2. Als Gründe für die Erforderlichkeit der Beistellung eines Verteidigers werden nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohenden Strafe) genannt (vgl. etwa VwGH vom 24.11.1993, Zl 93/02/0270 und die dort zitierte Literatur). Im genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass eine Strafhöhe in der Höhe von S 4.000,-- und S 5.000,-- nicht ausreicht, um eine besondere Tragweite für die Partei anzunehmen.

Im vorliegenden Fall sind Gegenstand des Verfahrens je eine Übertretung nach § 1 Abs. 1 Z 1 WLSG, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer den öffentlichen Anstand verletzt; eine Übertretung nach § 1 Abs. 1 Z 2 WLSG, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt; sowie eine Übertretung nach § 82 Abs. 1 SPG, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrnimmt, aggressiv verhält. Über den Antragsteller wurden die oben genannten Geldstrafen bzw. Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Hierbei liegt weder eine besonders schwierige Sach- oder Rechtslage noch eine besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei vor. Daran ändert auch die (noch gegebene) Minderjährigkeit des Antragstellers nichts. Im Übrigen erscheinen die Rechte des Antragstellers zudem durch den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit, die Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, dem Standpunkt eines Beschuldigten ausreichend Rechnung zu tragen, sowie die Manuduktionspflicht des Verwaltungsgerichts ausreichend geschützt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und dem Antrag auf Beigebung eines Verteidigers keine Folge zu geben.

3. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verfahrenshilfe; Abweisung; persönliche Umstände; keine schwierige Rechtslage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.031.067.16981.2017

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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