TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/23 95/14/0096

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Veröffentlicht am 23.05.2000
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §4 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urzt, über die Beschwerde der C K in I, vertreten durch Dr. Hanns Forcher-Mayr, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II) vom 22. Mai 1995, Zl. 70.240-7/95, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat ihren Familienwohnsitz in Deutschland, wo ihr Ehegatte als Arbeitnehmer beschäftigt ist. In Österreich erzielt sie u.a. Einkünfte aus einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten ärztlichen Tätigkeit. Zu diesem Zweck benützt die Beschwerdeführerin die seit 1984 in ihrem Eigentum stehende Wohnung in I., P.-Straße, als Zweitwohnsitz. Im Zuge einer die Jahre 1985 bis 1987 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung wurden die dafür anfallenden Wohnungskosten einvernehmlich mit S 24.000,-- jährlich geschätzt und als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit anerkannt. Im Betriebsprüfungsbericht ist dazu vermerkt, dass die Wohnungskosten in Hinkunft belegmäßig nachzuweisen seien.

Mit Kaufvertrag vom 28. Februar 1992 erwarb die Beschwerdeführerin eine weitere Wohnung in I. zum Preis von S 3,500.000,--. In der Einkommensteuererklärung für 1992 machte die Beschwerdeführerin folgende Wohnungskosten als Betriebsausgaben aus selbständiger ärztlicher Tätigkeit geltend:

     Anschaffungskosten für Wohnung E.-Weg       S 3,500.000,--

     abzüglich 15 % Grundanteil              -   S   525.000,--

                                                 S 2,975.000,--

     Davon 1,5 % AfA für 6 Monate                S    22.312,--

     Zinsen                                      S   157.152,--

     BK ab 8/92 (E.-Weg)                         S    26.250,--

     BK bis 7/92 (P.-Straße)                     S    21.000,--

                                                 S   226.714,--

Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr anerkannte das Finanzamt als Betriebsausgaben lediglich Wohnungsaufwendungen in Höhe von S 36.000,--. Begründend führte das Finanzamt aus, nur Kosten für eine zweckentsprechende Wohnung seien bei einem beruflich bedingten Zweitwohnsitz als Betriebsausgaben abzugsfähig. Für den Ankauf der größeren Wohnung habe keine berufliche Veranlassung bestanden, sodass "analog zu den Vorjahren" Wohnungskosten in Höhe von S 36.000,-- berücksichtigungsfähig seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie habe 1992 einen Wohnungswechsel vollzogen, wodurch ein vorübergehender Mehraufwand (ab 1993 werde dieser auf S 90.000,-- bis S 100.000,-- sinken) erwachsen sei. Der für die Wohnung geltend gemachte Aufwand liege - mit "knapp über 10 %" des Einkommens - wesentlich unter dem durchschnittlichen Wohnungsaufwand anderer Steuerpflichtiger. Als Miete für eine Garconniere seien in I. sicherlich S 60.000,-- jährlich zu bezahlen. Wenn schon ein Teil der Aufwendungen nicht anerkannt werde, sei "von der Angemessenheit bei vergleichbaren Pflichtigen" auszugehen. Sie beantrage daher, die nachgewiesenen tatsächlichen Zweitwohnungsaufwendungen anzuerkennen bzw. bei Abweisung dieses Antrages jedenfalls die fiktiven Kosten einer angemessenen Wohnung in I. mit S 100.000,-- anzusetzen.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie wies ergänzend darauf hin, dass die von ihr für den Zeitraum Jänner bis Juli 1992 beantragten Wohnungskosten in Anlehnung an die seinerzeitige Betriebsprüfung im Schätzungswege ermittelt worden seien, während für den Zeitraum ab August 1992 die tatsächlichen Kosten nachgewiesen werden könnten.

Über Vorhalt des Finanzamtes, welche Wohnungen der Beschwerdeführerin im Streitjahr in I. insgesamt zur Verfügung gestanden seien, erläuterte sie, sie sei Eigentümerin zweier Wohneinheiten im M.-Park. Eine ca. 30 m2 große Wohnung sei vermietet. Die zweite, im Jahr 1990 gekaufte, ca. 50 m2 große Wohnung, sei bis Mitte 1991 gleichfalls vermietet gewesen. Seit Herbst 1992 werde diese Wohnung von ihrer Mutter benützt. Die Wohnung in der P.-Straße werde derzeit von einem Bekannten vorübergehend genutzt. Die Beschwerdeführerin habe bereits versucht, diese zu verkaufen. Da dies noch nicht gelungen sei, überlege sie die Wohnung zuerst zu sanieren - die Wohnung verfüge noch über keine Zentralheizung - und sie anschließend zu verwerten. Diese Wohnung bestehe aus drei Zimmern (ca. 96 m2). Durch die Einführung der gebührenpflichtigen Kurzparkzone sei es der Beschwerdeführerin nicht mehr möglich gewesen, ihr Kraftfahrzeug im Wohnbereich über die Parkzeit hinaus abzustellen. Sie benötige ihr Kraftfahrzeug beruflich, da sie ihre Tätigkeit als Kontrollärztin im gesamten Bundesland ausübe. Es sei daher unzumutbar, den PKW nicht in Wohnungsnähe abstellen zu können. Auch im Umkreis sei keine Garage verfügbar gewesen, weshalb sich die Beschwerdeführerin zum strittigen Wohnungswechsel genötigt gesehen habe. Eine Anwohnerparkkarte habe die Beschwerdeführerin nicht erhalten. Zudem sei es für sie sehr beschwerlich gewesen, nach ihren zweimal wöchentlich erfolgten Familienheimfahrten die Wohnung mit dem Kohleofen immer wieder neu aufheizen zu müssen. Die im Jahr 1992 angeschaffte Wohnung bestehe aus vier Zimmern und habe eine Wohnnutzfläche von ca. 128 m2.

Über diesbezüglichen Vorhalt in der mündlichen Berufungsverhandlung räumte die Beschwerdeführerin zwar ein, dass die Parkraumbewirtschaftung in der P.-Straße erst 1993 eingeführt worden sei und sie folglich auch niemals einen Antrag auf Ausstellung einer Anwohnerparkkarte gestellt habe, meinte jedoch, die kommende Parkraumbewirtschaftung sei bereits im Jahre 1992 absehbar gewesen. Erkundigungen hinsichtlich der Möglichkeit, eine Anwohnerparkkarte zu erhalten, hätten die Aussichtslosigkeit eines solchen Antrages ergeben. Im M.-Park besitze sie zwar eine Garage, doch sei diese mit der dortigen Wohnung mitvermietet und stehe ihr daher nicht zur Verfügung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Zur Zeit des Ankaufes der strittigen Wohnung sei die Beschwerdeführerin Eigentümerin dreier Wohnungen in I. gewesen. Neben der bisher von ihr benützten Wohnung in der P.-Straße habe sie zwei Garconnieren samt Autoabstellplatz in der Tiefgarage innegehabt, wobei eine Wohneinheit im Jahr 1992 nur drei Monate lang vermietet worden und die andere Wohneinheit erst ab Herbst dieses Jahres von der Mutter bewohnt worden sei. Die eingewendeten Parkplatzprobleme würden zudem einen Großteil der Stadtbewohner treffen, ohne dass diese deshalb einen allfälligen Kauf einer "Ersatzwohnung" steuermindernd geltend machen könnten. Zudem benötige die Beschwerdeführerin für ihre Tätigkeit kein dauernd und sofort bereitstehendes Fahrzeug, da sie sich als Kontrollärztin ihre Fahrten selbst einteilen könne. Davon abgesehen, befinde sich an der Adresse M.-Park ein in ihrem Eigentum stehender Autoabstellplatz in der Tiefgarage, wobei die Wegstrecke zwischen der Wohnung in der P.-Straße bis zur Tiefgarage schätzungsweise eine Gehzeit von 10 bis 15 Minuten erfordere. Wenn sich die Beschwerdeführerin dieser Wohnmöglichkeiten begebe, indem sie die Wohnungen bzw. den PKW-Abstellplatz vermiete oder der Mutter bzw. vorübergehend einem Bekannten unentgeltlich zur Verfügung stelle, führe dies nicht dazu, dass ein Ankauf einer weiteren Wohnung unter dem Gesichtspunkt der beruflichen Notwendigkeit eines Zweitwohnsitzes als betrieblich veranlasst zu beurteilen wäre. Dass die Wohnung in der P.-Straße nur mit Kohleöfen beheizt werden könne, stehe ihrer Eignung als Zweitwohnsitz nicht entgegen. Die Kosten der doppelten Haushaltsführung stellten nur insoweit Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten dar, als sie jene einer zweckentsprechenden Zweitwohnung nicht überstiegen. Im Übrigen unterlägen sie dem Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988. Unmaßgeblich sei in diesem Zusammenhang, welche Wohnungsaufwendungen bei Personen mit ähnlichen Einkommensverhältnissen im Durchschnitt anfielen. Als (abzugsfähige) Kosten eines beruflich veranlassten Zweitwohnsitzes würden in der Regel nur die Kosten einer Kleinwohnung in Betracht kommen. Die im Jahre 1992 angeschaffte Wohnung übersteige das als beruflich bzw. betrieblich veranlasst anzusehende Ausmaß bei weitem. Die belangte Behörde halte es unter Bedachtnahme auf die der Beschwerdeführerin im Streitjahr tatsächlich zur Verfügung gestandene Wohnmöglichkeit daher für sachgerecht, die abzugsfähigen Kosten einer zweckentsprechenden Zweitwohnung mit S 3.000,-- monatlich - also jenem Betrag, den die Beschwerdeführerin selbst als Kosten der Wohnung in der P.-Straße angegeben habe - zu bemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dasselbe gilt nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg. cit. für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind demnach grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig. Lediglich unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm eine Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz, werden als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen bei jener Einkunftsart abzuziehen sein, bei der sie erwachsen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. März 1992, 88/14/0081).

Die belangte Behörde hat das Vorliegen der Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung zwar dem Grunde nach anerkannt, den durch den Wohnungswechsel im Jahr 1992 zusätzlich verursachten Mehraufwendungen jedoch die berufliche bzw. betriebliche Veranlassung abgesprochen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat die belangte Behörde die Feststellung getroffen, dass der beruflich/betrieblich veranlasste Wohnungsbedarf der Beschwerdeführerin durch die bis August 1992 von ihr benützte Wohnung in der P.-Straße ausreichend gedeckt war. Ein PKW-Abstellplatz sei der Beschwerdeführerin jedenfalls in zumutbarer Entfernung von ihrem bisherigen Wohnort ebenfalls zur Verfügung gestanden. Die nur kurzfristige Vermietung der Garage im Streitjahr ändere daran nichts, zumal die Parkraumbewirtschaftung in der P.-Straße erst im Folgejahr eingeführt worden sei.

Die Beschwerde tritt diesen Feststellungen nicht entgegen. Die Beschwerdeführerin vertritt vielmehr - wie im Verwaltungsverfahren - den Standpunkt, auf Grund ihrer beruflichen Stellung als Kontrollärztin bei einer Pensionsversicherungsanstalt und dem österreichischen Bundesheer "gebühre" ihr eine "Zweitwohnung im Anschaffungspreis von 3,5 Millionen Schilling zu Wohnzwecken". Die dafür geltend gemachten Betriebsausgaben in Höhe von S 226.714,-- seien in Anbetracht ihres Einkommens als angemessen und zweckentsprechend zu betrachten.

Dieses Vorbringen lässt die eingangs angeführte Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z. 1 und 2 EStG außer Betracht. Danach sind Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, steuerlich nicht abzugsfähig.

Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde weiters vor, unverständlicherweise nur jene S 36.000,-- anerkannt zu haben, die anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung "ausgehandelt" worden seien. Diese willkürliche Begründung stehe im Widerspruch mit den Denkgesetzen und den Tatsachen, dass in I. Garconnieren nicht unter S 6.000,-- pro Monat und Zwei- bis Dreizimmerwohnungen nicht unter S 12.000,-- angemietet werden könnten. Geräumige Garconnieren kosteten durchschnittlich S 8.000,-- im Monat, Zweibis Dreizimmerwohnungen S 15.000,--, was einen Jahresbetrag von S 180.000,-- ergebe. Diese allgemein bekannten Umstände habe die belangte Behörde unberücksichtigt gelassen. Sie habe im Widerspruch zu den Denkgesetzen ohne Ermittlung fiktive angemessene Betriebsausgaben für einen Zweitwohnsitz in Höhe von S 3.000,-- pro Monat angenommen.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung auf. Vielmehr gehen diese Ausführungen an der behördlichen Feststellung, der Beschwerdeführerin sei tatsächlich eine lediglich monatliche Kosten in Höhe von S 3.000,-- verursachende Wohnung zur Verfügung gestanden, vorbei. Das Beschwerdevorbringen, der Aufwand für die Wohnung in der P.-Straße sei lediglich im Schätzungswege ermittelt worden, zeigt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht auf, weil sie weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet hat, dieser Betrag decke die tatsächlichen Kosten der bis Juli 1992 von ihr benützten Wohnung nicht ab. Im Übrigen war es an der Beschwerdeführerin gelegen, der Forderung des Prüfers zu entsprechen und die tatsächlichen Wohnungskosten im Einzelnen nachzuweisen. Wenn sie dies unterlassen hat und den vom Prüfer für die Jahre 1985 - 1987 mit monatlich S 2.000,-- geschätzten Wohnungsaufwand für das Streitjahr um S 1.000, -- erhöht und demnach mit insgesamt S 3.000, -- bemessen hat, kann sie der belangten Behörde nicht mit Recht vorwerfen, den (für die ersten sieben Monate des Streitjahres) von ihr selbst geschätzten Betrag als zutreffend der Abgabenerhebung zu Grunde gelegt zu haben.

Bei dieser Sach- und Rechtslage hatte die belangte Behörde auch keine Feststellungen darüber zu treffen, welche fiktiven Kosten der Beschwerdeführerin bei Anmietung einer zweckdienlichen Wohnung erwachsen wären. Die diesbezügliche Verfahrensrüge ist daher nicht berechtigt.

Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1995140096.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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