TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/17 VGW-022/056/6232/2017

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Veröffentlicht am 17.01.2018
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Entscheidungsdatum

17.01.2018

Index

82/05 Lebensmittelrecht

Norm

LMSVG §21
LMSVG §90 Abs3 1. Strafsatz
32011R1169 LebensmittelinformationsVO Art 7
32011R1169 LebensmittelinformationsVO Art 9
32011R1169 LebensmittelinformationsVO Art 27

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde des Herrn G. K., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 17.3.2017, Zahl: MBA ... - S 30093/16, betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem LMSVG iVm der Verordnung (EG) Nr. 1169/2011,

zu Recht e r k a n n t:

I.       Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben,

- als anstelle der Wortfolge „in der Zeit von 17.3.2016 bis 7.4.2016“ die Wortfolge „am 7.4.2016“ zu stehen hat sowie

- als anstelle von zwei Geldstrafen nur eine einzige Geldstrafe in Höhe von 150 Euro verhängt und anstelle von zwei Ersatzfreiheitsstrafen nur eine einzige Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Stunden festgesetzt wird.

Die Strafnorm hat zu lauten: § 90 Abs. 3 erster Strafsatz LMSVG idF BGBl. I Nr. 130/2015.

Dementsprechend verringert sich der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG auf 15 Euro, das sind 10% der nunmehr verhängten Geldstrafe.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.) Das angefochtene Straferkenntnis ist gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigten gerichtet und enthält folgenden Spruch:

„Sie haben als verantwortlicher Beauftragter und somit als gemäß § 9 Abs.2 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der J. GmbH mit Sitz in Wien, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Unternehmerin im Sinne des § 21 LMSVG in dem Betrieb in Wien, ..., In der Zeit von 17.3.2016 bis 7.4.2016, das Lebensmittel "O. POPCORN" durch Bereithaltung zum Verkauf in Verkehr gebracht hat und folgende Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel nicht eingehalten hat:

1) Artikel 7 (2) welcher lautet:

„Informationen über Lebensmittel müssen zutreffend, klar und für die Verbraucher leicht verständlich sein.“

wurde nicht eingehalten. da folgende verpflichtenden Angaben nach Artikel 9 in einer nicht leicht verständlichen Form angeführt sind:

a) in der vorliegenden Kennzeichnung in der deutschsprachigen Bezeichnung „natürliches Popcorn“ angeführt wird und nicht Maiskörner, obwohl gemäß Artikel 17 und Anhang Vl ein Lebensmittel mit seiner rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung zu bezeichnen ist; fehlt eine solche, so wird das Lebensmittel mit seiner verkehrsüblichen Bezeichnung oder, falls es keine verkehrsübliche Bezeichnung gibt oder mit einer beschreibenden Bezeichnung, die hinreichend genau ist, um die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen zu können.",

b) im Zutatenverzeichnis bei der vorliegenden Probe „Popcorn Körner“ angegeben ist und diese keine spezielle Bezeichnung der Zutat darstellt, obwohl gemäß Artikel 18 (2) die Zutaten mit ihrer speziellen Bezeichnung zu bezeichnen sind;

und

2) Artikel 27 welcher lautet:

„Die Gebrauchsanweisung für ein Lebensmittel muss so abgefasst sein, dass die Verwendung des Lebensmittels in geeigneter Weise ermöglicht wird.“

wurde nicht eingehalten, da

- in der vorliegenden Kennzeichnung eine Gebrauchsanweisung fehlte;

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 90 Abs.3 Z.1 in Verbindung mit § 21 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG), BGBl. l Nr. 13/2006 in der geltenden Fassung in Verbindung mit ad 1) Artikel 7 und ad

2) Artikel 27 der Verordnung (EG) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

2 Geldstrafen von je € 350,00, falls diese uneinbringlich sind,

2 Ersatzfreiheitsstrafen von je 21 Stunden, gemäß § 90 Abs.3 erster Strafsatz LMSVG.

Summe der Geldstrafen: € 700,00

Summe der Ersatzfreiheitsstrafen: 1 Tag und 18 Stunden

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 70,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 770,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Gemäß § 64 Abs. 3 des Verwaltungsstrafgesetzes haben Sie außerdem die in diesem Strafverfahren entstandenen Barauslagen zu ersetzen:

€ 36,34 für die Begutachtung durch die Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien

Die J. GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über den verantwortlichen Beauftragten Herrn G. K. verhängte Geldstrafe von € 700,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 70,00 samt Barauslagen in der Höhe von € 36,34 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand.“

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wird eingewendet, dass die Bezeichnung Popcorn korrekt sei. Die Bezeichnung „Maiskörner“ wäre nicht korrekt, da für Popcorn spezielle Maiskörner nötig seien. Die Bezeichnung „natürliches Popcorn“ sei korrekt und handelsüblich. Es handle sich auch nicht um „gepoppte Maiskörner“.

Ferner sei eine Gebrauchsanweisung nur in jenen Fällen nötig, wenn dies erforderlich sei. Gegenständlich sei es nicht erforderlich gewesen.

Ferner wird bemängelt, dass eine Gegenprobe nicht ausgefolgt worden sei.

Schließlich sei der Tatzeitraum nicht richtig.

2.) Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt geht folgender Sachverhalt hervor:

Die gegenständliche Anzeige wurde am 6.6.2016 gelegt. Darin wird der in der Folge inkriminierte Sachverhalt zur Anzeige gebracht.

Aus dem im Akt einliegenden Untersuchungszeugnis der Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien vom 11.4.2016 betreffend des gegenständlichen Produkts geht hervor, dass es sich um ein Gemüseerzeugnis handle, gelb-violette Maiskörner. Diese waren – wie umschrieben und auch fotodokumentarisch ersichtlich – in einer Flasche aus Kunststoff mit Schraubverschluss. Aus der am Produkt angebrachten Kennzeichnung geht Folgendes hervor:

„Natürliches Popcorn Zutaten: Popcornkörner-

mindestens haltbar bis Ende: Siehe

Flaschenaufdruck“

Ferner findet sich eine englischsprachige „popping instructions“. Die Sachbezeichnung ist „O. Popcorn“.

Im Gutachten ist angeführt, dass die Gebrauchsanleitung gemäß Art. 27 der Verordnung (EU) Nummer 1169/2011 fehle. Eine Gebrauchsanleitung sei anzugeben, falls es schwierig wäre, dass Lebensmittel ohne eine solche angemessen zu verwenden. Beim vorliegenden Produkt sei für den Konsumenten eine Anleitung zur Erzielung eines verzehrfähigen Zustandes erforderlich. Es fehle eine Gebrauchsanweisung.

Ferner wird dargelegt, dass eine verständliche beschreibende Bezeichnung in der Art „Mais für Popcorn“ wäre. Die vorliegende Bezeichnung „natürliches Popcorn“ verweise dem allgemeinen Verständnis nach auf das Vorliegen von bereits gepoppten Maiskörnern. Tatsächlich handle es sich bei der Ware um nicht gepoppte Maiskörner.

Aus dem im Akt einliegenden Probenbegleitschreiben geht hervor, dass die gegenständliche Ware bei einer Kontrolle am 7.4.2016 zur Probe entnommen wurde. Die Ware sei am 17.3.2016 bezogen worden. Gegenprobe Einzelhandelsstufe und Hersteller seien nicht ausgefolgt worden, da zu geringe Menge. Die Probenmenge war 4 Packungen mit einer näher angeführten Chargennummer. Die bezogene Menge sei 12 Packungen gewesen. Vorhandener Vorrat nach der Probennahme sei 0.

In der Folge verantwortete sich der Beschwerdeführer wie in der folgenden Beschwerde.

Aus der im Akt einliegenden Stellungnahme der Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien vom 1.2.2017 geht hervor, dass beim vorliegenden Produkt für den Konsumenten eine Anleitung zur Erzielung eines verzehrfähigen Zustandes erforderlich sei, wobei bei allen vergleichbaren Produkten eine Übersetzung in deutscher Sprache bereits eingeleitet worden sei.

Ferner sei die Bezeichnung im Hauptsichtfeld „O. Popcorn“ in Englisch gehalten und daher nicht der LMIV entsprechen. Die 2. Angabe im Sichtfeld „Natürliches Popcorn“ sei den Vorgaben der LMIV entsprechend ebenso nicht zutreffend, da es sich beim Produkt um Körner und nicht um Popcorn handle. Die Sichtbarkeit des Produktes aufgrund der transparenten Verpackung spiele dabei keine Rolle. Eine verständliche beschreibende Bezeichnung sei notwendig.

3.) In der Sache fand vor dem Verwaltungsgericht Wien am 20.9.2017 eine öffentliche Verhandlung statt, zu welcher der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, die Zeugen R. sowie die amtliche Sachverständige Dr. S. erschienen und Folgendes zu Protokoll gaben:

Der Vertreter des Beschwerdeführers gibt Folgendes zu Protokoll:

Ich verweise auf die Beschwerde. Ergänzend möchte ich vorbringen, dass das Verschulden nicht erwähnt wird und nicht nachgewiesen wird. Es besteht eine Verletzung des § 44 a Z 1 VStG. Ferner ist die Kennzeichnung natürliches Popcorn zutreffend und klar. Dies im konkreten Kontext mit der Glasflasche, worin das Popcorn angeboten wird, sowie die Angabe in der Zutatenbezeichnung Popcornkörner.

Es bestand keine Täuschungsgefahr.

Ferner wäre es täuschend und verwirrend, müsste man „Maiskörner“ angeben, wie von der Behörde ausgeführt. Es gibt nämlich unterschiedliche Arten und nicht alle sind für Popcorn geeignet.

Ferner wurden keine Gegenproben hinterlassen, aber 4 Proben mitgenommen. Siehe Abl 11. Ich verweise auf das Urteil C-276/01, Steffonson.

Mein Mandant war bei der Kontrolle selbst nicht dabei. In seinem Portfolio als verantwortlicher Beauftragter hat er ca in etwa 16.000 Produkte, welche er zu kontrollieren hat.

BfV legt vor eine Originalpackung des „Nachfolgemodells: A. Popcorn“. Die Zutatenbezeichnung ist: Popcornkörner sowie eine Gebrauchsanleitung.

Die Amtssachverständige gibt folgende Stellungnahme ab:

Zu den Gegenproben: Es handelt sich bei dem Qualitätsmanagementhandbuch um eine abgestimmte Vorgehensweise aller Fachkreise: BM, Untersuchungsanstalten der Länder sowie AGES und auch die Lebensmittelaufsichtsbehörden der Länder. Es gibt eine eigene Kommission dafür. Der Sinn liegt darin, notwendige Mindestmengen zur Durchführung von verschiedensten Untersuchungen von Lebensmittel auch betreffend deren Verkehrsfähigkeit durchführen zu können. Es werden auch bestimmte Mindestmengen benötigt, um gewisse vorbereitende Untersuchungen wie etwa Verkostung durchführen zu können. Auch für eine Homogenisierung bedarf man einer gewissen Menge. Über Auftrag der Behörde hätten wir auch bspw. andere Parameter untersuchen können. Dies haben wir gegenständlich nicht gemacht. Das vorliegende Gutachten betrifft die Kennzeichnung.

Zur Kennzeichnung:

Bei der Bezeichnung „Popcorn“ wird landläufig ein fertiges Produkt, nämlich essfertig verstanden. Die Bezeichnung „Popcornkörner“ oder „natürliches Popcorn“ ist nicht klar, was damit gemeint ist.

Um Popcorn herzustellen ist eine spezifische Maissorte als Grundlage die Zutat.

Wenn etwa „gepuffter Mais“ angegeben ist, so ist dies auch eine essfertige Variante.

Mir ist nicht Erinnerung, dass im Lebensmittelkodex dazu etwas stünde. Es handelt sich bei Popcorn sicher um Knabbergebäck.

Betreffend Verwechslungsmöglichkeit:

Natürlich gibt es verschiedene mögliche Maissorten. Es handelt sich hier aber um eine essfertige Ware bei „Popcorn“.

Mir ist kein Unterschied erkennbar zwischen „natürliches Popcorn“ und „Popcorn“.

Gegenständliche lag eine einzige Zutat offensichtlich vor.

Wie gegenständlich nunmehr auf dem Nachfolgeprodukt angegeben, ist die Zubereitungsart von Popcorn so, wie sie üblicherweise gemacht wird. In einem Topf erwärmen, mit etwas Öl etc.

Die Bezeichnung auf dem Hauptsichtfeld „O. …“ sagt mir ad hoc jetzt gar nichts.

Der BfV bringt weiters vor:

Ich weise nochmals darauf hin, dass es hier offensichtlich um die subjektive Meinung der Behörde geht. Es bestand kein Verschulden des Bf. Bei 16.000 Produkten wäre es ihm nicht möglich gewesen dies abzugrenzen.

Die internen Angaben, wie die Zeugin auch ausgeführt hat, werden über die Verfahrensvorschriften gestellt.“

Die Zeugin R. gab Folgendes zu Protokoll:

„Ich habe die gegenständliche Probe gezogen. Von der gleichen Charge mit gleichem Mindesthaltbarkeitsdatum war damals keine weitere Packung mehr vorhanden. Wir nehmen als Probe immer nur Packungen der gleichen Charge mit gleichem MHD. Sonst wäre es nicht vergleichbar.

Zur Anzahl der mitgenommenen Packungen: Wir haben ein Qualitätsmanagementhandbuch. Dieses wurde glaublich von den Untersuchungsanstalten jeweils betreffend der notwendigen Mengenvorgaben bei Proben erstellt. Es gibt zB über 22 Warengruppen und Untergruppen darin. Wir haben dieses Handbuch bei Kontrollen dabei und ich schaue dort jeweils nach: Wie es bei diesem Produkt damals war, weiß ich nicht mehr. Es gibt immer eine Kombination aus Anzahl der verpackten Waren sowie Volumen/Gewicht. Abl 11 habe ich vor Ort im Büro des kontrollierten Betriebes ausgefüllt.

Ich gehe so vor, dass ich durch die Regale durchgehe und schaue. Gegenständlich war keine Restmenge mehr da, wie auf Abl 11 vermerkt. Daher waren nur mehr diese 4 Packungen mit der Charge und MHD vorhanden.

Befragt durch den BfV:

Es handelte sich um eine Verdachtprobe wegen der Kennzeichnung.

§ 36 LMSVG kenne ich.

Wenn ich gefragt werde, so stimmt es, dass ich unter den vorgefundenen Umständen zwischen dem Qualitätsmanagementhandbuch und § 36 LMSVG abwägen musste.“

4.) Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die VO (EU) 1169/2011, Lebensmittelinformationsverordnung (idF LMIV) lautet auszugsweise:

Artikel 7

Lauterkeit der Informationspraxis

(2) Informationen über Lebensmittel müssen zutreffend, klar und für die Verbraucher leicht verständlich sein.

VERPFLICHTENDE INFORMATIONEN ÜBER LEBENSMITTEL

ABSCHNITT 1

Inhalt und Darstellungsform

Artikel 9

Verzeichnis der verpflichtenden Angaben

(1) Nach Maßgabe der Artikel 10 bis 35 und vorbehaltlich der in diesem Kapitel vorgesehenen Ausnahmen sind folgende Angaben verpflichtend:

a) die Bezeichnung des Lebensmittels;

b) das Verzeichnis der Zutaten;

ABSCHNITT 2

Detaillierte Bestimmungen für verpflichtende Angaben

Artikel 17

Bezeichnung des Lebensmittels

1) Ein Lebensmittel wird mit seiner rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung bezeichnet. Fehlt eine solche, so wird das Lebensmittel mit seiner verkehrsüblichen Bezeichnung oder, falls es keine verkehrsübliche Bezeichnung gibt oder diese nicht verwendet wird, mit einer beschreibenden Bezeichnung bezeichnet.

…..

Artikel 18

Zutatenverzeichnis

(1) Dem Zutatenverzeichnis ist eine Überschrift oder eine geeignete Bezeichnung voranzustellen, in der das Wort „Zutaten“ erscheint. Das Zutatenverzeichnis besteht aus einer Aufzählung sämtlicher Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels.

(2) Die Zutaten werden mit ihrer speziellen Bezeichnung, gegebenenfalls nach Maßgabe der Bestimmungen in Artikel 17

und Anhang VI, bezeichnet.

Artikel 19

Ausnahme vom Erfordernis eines Zutatenverzeichnisses

(1) Ein Zutatenverzeichnis ist bei folgenden Lebensmitteln

nicht erforderlich:

e) Lebensmitteln, die aus einer einzigen Zutat bestehen, sofern

i) die Bezeichnung des Lebensmittels mit der Zutatenbezeichnung identisch ist oder

ii) die Bezeichnung des Lebensmittels eindeutig auf die Art

der Zutat schließen lässt.

Artikel 27

Gebrauchsanweisung

(1) Die Gebrauchsanweisung für ein Lebensmittel muss so

abgefasst sein, dass die Verwendung des Lebensmittels in geeigneter Weise ermöglicht wird.

….

Aus dem Erwägungsgrund 6 der genannten Verordnung (EU) 1169/2011 geht hervor, dass für alle Lebensmittel geltende Unionsvorschriften für die Kennzeichnung von Lebensmitteln in der Richtlinie 2000/13/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 20.3.2000 über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmittel sowie die Werbung hierfür enthalten ist. Die meisten Bestimmungen dieser Richtlinie gehen auf das Jahr 1978 zurück und sollten deshalb aktualisiert werden.

Erwägungsgrund 9 lautet: Die geltenden Kennzeichnungsvorschriften sind in ihren ursprünglichen Zielsetzungen und Kernbestimmungen weiterhin gültig, müssen jedoch gestraft werden, um den Akteuren die Einhaltung zu erleichtern und ihnen mehr Klarheit zu verschaffen; außerdem müssen sie modernisiert werden, um neuen Entwicklungen im Bereich Lebensmittel Informationsrechnung zu tragen.

Erwägungsgrund 17 lautet: Die Einführung verpflichtender Informationen über Lebensmittel sollte hauptsächlich dem Zweck dienen , die Verbraucher in die Lage zu versetzen, das gewünschte Lebensmittel zu finden und in geeigneter Weise zu verwenden und eine Wahl zu treffen, die ihren individuellen Ernährungsbedürfnissen entspricht.

Die VO (EU) 1169/2011 hat daher Nachfolgeregelung die bis dahin gegoltene Etikettierungsrichtlinie RL (EG) 2000/13 abgelöst.

Deren Präambel wiederum hielt als einen der Gründe für die Erlassung der Richtlinie fest: "Jede Regelung der Etikettierung von Lebensmitteln soll vor allem der Unterrichtung und dem Schutz der Verbraucher dienen."

Artikel 5 der EG-Etikettierungsrichtlinie lautete:

"(1) Die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels ist die Bezeichnung, die in den diesbezüglichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, und, bei Fehlen einer solchen, die verkehrsübliche Bezeichnung in dem Mitgliedstaat, in dem die Abgabe an den Endverbraucher und an gemeinschaftliche Einrichtungen erfolgt, oder eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung, die hinreichend genau ist, um es dem Käufer zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von ähnlichen Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte.“

Es steht fest, dass die gegenständliche Ware am 7.4.2016 im Selbstbedienungsregal zum Verkauf bereitgehalten wurde. Die gegenständliche Ware war eine verpackte Ware, wurde in einem durchsichtigen Behältnis aufbewahrt und wies die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses inkriminierten Bezeichnungen (nicht im Hauptsichtfeld) auf. Im Hauptsichtfeld war die Bezeichnung „O. Popcorn“. Inhalt der Verpackung waren rohe Maiskörner, welche dazu bestimmt waren, nach Zubereitung (durch entsprechend vorgesehenes Erhitzen) essfertig zu sein. Nach Entnahme der letzten 4 Packungen der gleichen Charge waren keine weiteren Gegenproben vorhanden und wurden daher nicht zurückgelassen.

Aus den vorliegenden Bestimmungen der Etikettierungsrichtlinie und nunmehr aus der LMIV ergibt sich daher, dass der verständige Durchschnittsverbraucher aus der handelsüblichen (bzw. nunmehr verkehrsüblichen) Bezeichnung des Lebensmittels die tatsächliche Art des Lebensmittels erkennen können muss, ohne dass es zu einer Verwechslung mit ähnlichen Erzeugnissen kommen kann. Zusätzlich zu dieser notwendigen Eindeutigkeit der Bezeichnung ist noch ihre leichte Verständlichkeit klar im Art. 7 (2) der LMIV vorgeschrieben.

Im gegenständlichen Fall wurde die Ware zum einen mit „O. Popcorn“ bezeichnet. Dass diese Sachbezeichnung im Hauptsichtfeld klar und verständlich ist, wurde nicht behauptet. Es kann auch nicht erkennt werden, dass sich daraus leicht verständlich und klar ersichtlich sei, welches Lebensmittel vorliegen könnte. Daher ist diese Bezeichnung auch nicht hilfreich um die Frage der leichten Verständlichkeit und Klarheit der angelasteten Kennzeichnungen zu klären.

Angelastet wurde, dass die Angabe „natürliches Popcorn“ nicht leicht verständlich ist. Dazu führte die Sachverständige aus, dass unter „Popcorn“ das fertige Produkt, welches es fertig sei, verstanden werde. Es handle sich bei dieser Angabe um eine essfertige Ware. Auch die Angabe „natürliches Popcorn“ ändere nichts daran, es bestehe kein Unterschied zu „Popcorn“.

Die Angabe der Sachverständigen entspricht den, zur Beurteilung der leichten Verständlichkeit heranzuziehenden Überlegungen: Dies ist – wie oben angeführt – der verständige Durchschnittsverbraucher. Dazu wiederum ist auf die bisherige Rechtsprechung zur Etikettierungsrichtlinie (und damit einhergehend zur nationalen Bestimmung des § 3 der österreichischen Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV)) zu verweisen. Eine Sachbezeichnung (bzw. Bezeichnung) ist jedoch bei einem im Bundesgebiet in Verkehr gebrachten Lebensmittel jedenfalls auch in deutscher Sprache (lateinischen Buchstaben und arabischen Ziffern) anzugeben.

Zur Angabe „Popcorn“ ist daher festzustellen, dass diese Bezeichnung bei dem vorliegenden Produkt – welches nämlich Maiskörner beinhaltet, welche zu Popcorn verarbeitet werden können – für sich betrachtet ebenso nicht leicht verständlich ist. Zwar mag der verständige Durchschnittsverbraucher aufgrund der Platzierung der Ware und aufgrund des durchsichtigen Behältnisses, in dem die Ware, also die ungepoppten Maiskörner aufbewahrt sind, schließen, dass es sich nicht um essfertiges Popcorn, sondern um Mais zur Popcornherstellung handelt. Jedoch ist alleine aufgrund der zusätzlichen Umstände und Hinweise die Bezeichnung für sich alleine nicht ausreichend leicht verständlich. Darüber hinaus hat die Sachverständige auch schlüssig dargelegt, dass unter der gegenständlichen Sachbezeichnung ein fertiges Produkt (verkehrsüblich) verstanden wird. Da eine rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung nicht existiert – wie die Sachverständige erläuterte - war für das vorliegende Produkt die verkehrsübliche Bezeichnung heranzuziehen. Die sachverständigen Darlegungen wirkten schlüssig und nach allgemeiner Lebenserfahrung nachvollziehbar. Beispielsweise geht aus www.wikipedia.org/wiki/Popcorn ebenso hervor, dass Popcorn (auch: Puffmais, Knallmais) ein als Snack dienendes Nahrungsmittel, das durch starkes Erhitzen einer speziellen Maissorte hergestellt wird, ist. Dass die zum Verkauf angebotenen Maiskörner zum Herstellen vom Popcorn dienen, geht ebenso aus der englischsprachigen Gebrauchsanweisung (popping instructions) hervor und blieb auch unbestritten.

Die angeführte Bezeichnung „natürliches Popcorn“ ist daher keine verkehrsübliche Bezeichnung und damit ist die Angabe in nicht leicht verständlicher Form abgefasst.

Im vorliegenden Zutatenverzeichnis ist „Popcornkörner“ angegeben. Es handelt sich hierbei um die einzige Zutat. Ein Fall des Art. 19 der Verordnung (EU) 1169/2011 liegt gegenständlich nicht vor, da ein Zutatenverzeichnis angeführt wurde und dann auch die Verpflichtung gilt, dass die Angaben für den Verbraucher leicht verständlich und klar sein müssen.

Wie die Sachverständige ausführte sind „Popcornkörner“ ebenso wenig eine klare Angabe. Dies erscheint nachvollziehbar und ist dazu auch auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Frage der Bezeichnung „natürliches Popcorn“ zu verweisen. „Popcornkörner“ ist insbesondere nicht die spezielle Bezeichnung für Maiskörner, welche zu Popcorn zubereitet werden können. Da unter „Popcorn“ nicht die bloße, noch zu verarbeitende Zutat zu verstehen ist, wie sachverständig ausgeführt wurde, gilt dies auch für „Popcornkörner“. Auch dieser Ausdruck ist nicht leicht verständlich und ist jedenfalls keine spezielle Bezeichnung der Zutat, wie sich aus den sachverständigen Erläuterungen ergibt. Da die Sachbezeichnung und die Zutat unterschiedliche Kennzeichnungen darstellen, lagen auch 2 unterschiedliche Übertretungen vor.

Zur Gebrauchsanweisung:

Es ist eine Gebrauchsanweisung in englischer Sprache vorhanden. Eine solche ist jedoch bei einem im Bundesgebiet in Verkehr gebrachten Lebensmittel jedenfalls auch in deutscher Sprache (lateinischen Buchstaben und arabischen Ziffern) anzugeben. Fremdsprache Angaben sind lediglich dann zulässig, wenn sie leicht verstanden werden können. Dies ist aber bei den gegenständlich inkriminierten Bezeichnung nicht der Fall, zumal als Maßstab für die Beurteilung der Frage, was leicht verständlich ist, nach lebensmittelrechtlichen Grundsätzen die Verkehrsauffassung, mithin also die Auffassung des Durchschnittsverbrauchers heranzuziehen ist (vgl. Barfuß/Smolka/Onder, Kommentar zum Lebensmittelrecht 2, 3. Lieferung, S 60). Selbiger verfügt aber nicht über derart ausreichende Kenntnisse der englischen Sprache in Wort und Schrift, um die gegenständliche Sachbezeichnung bzw. die Zutaten ohne weiteres übersetzen und so den notwendigen Zusammenhang herstellen zu können.

Da das vorliegende Produkt erst nach entsprechendem Zubereiten es fertig war (wie sich auch aus der vorliegenden Gebrauchsanweisung in englischer Sprache ergibt), war eine Gebrauchsanweisung auch jedenfalls notwendig. Erst durch ein entsprechendes Erhitzen in der vorgegebenen Art und Weise war das vorliegende Lebensmittel in geeigneter Weise zu verwenden. Dies erweist sich als relevant, wäre ein Verzehr in roher Form oder etwa gekocht oder anders zubereitet nicht möglich. Konkret ist diese Lebensmittel nur nach der einen, vorgegebenen Zubereitungsart zu verwenden und demnach ist eine Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache anzuführen. Eine Gebrauchsanweisung in englischer Sprache wäre für den Durchschnittsverbraucher nicht leicht verständlich.

Zum angeführten Tatzeitraum ist Folgendes auszuführen:

Die Beschwerde führt richtig aus, dass der Tatvorwurf nur für den Zeitpunkt der Entnahme des Produktes, nämlich am 7.4.2016, aufrechterhalten werden kann. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das vorliegende Produkt im Selbstbedienungsregal und wurde zum Verkauf bereitgehalten. Damit lag ein Inverkehrbringen nachweislich an diesem Tag vor. Es war daher der Tatzeitraum entsprechend spruchgemäß einzuschränken.

Eine Täuschung wurde nicht vorgeworfen, daher ist auf die Frage, ob Täuschung möglich gewesen wäre, nicht näher einzugehen.

Zur Frage der Gegenproben ist Folgendes auszuführen:

Wie aus dem im Akt einliegenden Probenbegleitschreiben hervorgeht, wurden 4 Packungen als Originalpackung als Probe entnommen und keinerlei Gegenproben hinterlassen, da keine augenscheinlich gleiche Wareneinheit vorgelegen sei.

Zur Frage der Gegenprobe konnte die einvernommene Zeugin R., welche die Probe vor Ort gezogen hatte, schlüssig und nachvollziehbar den konkreten Sachverhalt bei der Probenziehung anschaulich darlegen. Die Zeugin wirkte im persönlichen Eindruck objektiv, sachlich und korrekt. Es sind keinerlei Hinweise entstanden, aufgrund derer Zweifel daran hätten entstehen können oder aber dass sie den Beschwerdeführer etwa wahrheitswidrig hätte belasten wollen. Aus den Angaben der Zeugin, sowie in Zusammenschau mit den Ausführungen der amtlichen Sachverständigen selbst ist nachvollziehbar, dass die Mitnahme der 4 Packungen zur Durchführung entsprechender Untersuchungen notwendig war und damit es nicht möglich war, eine Gegenprobe auszuhändigen. Da die Packungsmenge nicht hoch war, entstanden keine Bedenken betreffend der Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Zeugin bei der Entnahme der Probe. Die Zeugin war dabei den vorliegenden Qualitätsmanagementkriterien gefolgt. Diese Kriterien sind pro Produktgruppe gemäß Art. 8 VO (EG) 882/2004 ausgearbeitet und festgelegt. Da die Zeugin glaubwürdig darlegte, diesen gefolgt zu sein und sie im unmittelbaren Eindruck auch korrekt wirkte, war das Vorgehen sachlich. Das Vorgehen des Zeugen war auch in Einklang mit den Vorgaben des § 36 Abs. 2 LMSVG. Da damit auch keine drei gleich großen Teile vorhanden waren, konnten keine Gegenproben zurückgelassen werden. Bedenken, dass diese gesetzlichen Vorgaben (und die Qualitätsmanagementkriterien) nicht mit Art. 6 MRK bzw. Art. 47 GRC übereinstimmen könnten, sind ebensowenig hervorgekommen (siehe auch EuGH Rs C-276/01, Sammlung 2003, I-3735, Steffensen). Dass entsprechende Verteidigungsrechte damit nicht gewahrt worden seien, konnte daher im konkreten Fall nicht festgestellt werden; insbesondere handelte es sich um Vorwürfe der Kennzeichnungsverletzung, sodass auch keine weiteren Untersuchungen (etwa mikrobiologische etc.) durchgeführt hätten werden können oder müssen. Es sind keinerlei Hinweise im Verfahren hervorgekommen, weswegen dem vorliegenden Gutachten nicht volle Beweiskraft zukommen könnte.

Der objektive Tatbestand steht daher als erwiesen fest.

Zum Verschulden ist auszuführen:

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Da zum Tatbestand der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei diesen Übertretungen um Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs. 1 VStG. Bei diesen besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von diesem jedoch widerlegt werden kann. Ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Der Beschuldigte hat hiezu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht; dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.

Es entspricht nun herrschender Rechtsprechung, dass der Verantwortliche, der persönlich nicht mehr sämtlichen Überwachungsaufgaben nachkommen kann, durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von seinerseits wieder überwachten Aufsichtsorganen dafür zu sorgen hat, dass die im Unternehmen von den Beschäftigten zu beachtenden Vorschriften diesen nicht nur bekannt sind, sondern auch tatsächlich im Einzelfall eingehalten werden (VwGH 19.2.1986, 85/09/0037). Nur wenn der Verantwortliche glaubhaft machen kann, dass die ihm angelastete Verwaltungsübertretung trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems, ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (VwGH 27.9.1988, 87/08/0026).

Wie im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.9.2014 zur Zahl Ra 2014/02/0045 dargelegt, ist für die Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die entsprechenden Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnung Befugte vorgesehen hat, um das Funktionieren dieses Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort tatsächlich befolgt werden.

Ein derartiges taugliches Kontrollsystem hat jedoch der Beschwerdeführer nicht dokumentiert. Er hat nicht offengelegt, weshalb ungeachtet des behaupteten Kontrollsystems Verstöße gegen die Bestimmungen des LMIV unbemerkt geblieben sind. Dass es ihm als verantwortlichen Beauftragten aufgrund der hohen Anzahl an Produkten nicht möglich wäre, konkrete Kontrollen durchzuführen, zeigt kein Kontrollsystem auf, welches im Rahmen des § 5 Abs. 1 VStG ausreichen könnte.

Es war daher auch der subjektive Tatbestand als erwiesen festzustellen.

Durch die Vorgangsweise der belangten Behörde, für verschiedene Kennzeichnungsverletzungen mehrere Strafen zu verhängen wurde das im § 22 Abs. 2 VStG normierte Kumulationsprinzip jedenfalls überzogen. Das Ausmaß mehrerer Kennzeichnungsverletzungen ist vielmehr im Rahmen der Strafbemessung nach § 19 VStG zu berücksichtigen (vgl. dazu insbesondere VwGH vom 16.10.2006, Zl. 2003/10/0045-6). Es handelt sich bei Kennzeichnungsverletzungen um ein Sammeldelikt. Es war daher spruchgemäß eine Gesamtstrafe zu verhängen und entsprechende Korrekturen zu machen.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 10 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, so weit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die gegenständliche Übertretung schädigte das öffentliche Interesse an der Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel, die die Grundlage für die Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus in Bezug auf Informationen über Lebensmittel unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Erwartungen der Verbraucher und ihrer unterschiedlichen Informationsbedürfnisse bei gleichzeitiger Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts bildet. Nach dem Akteninhalt und den vorliegenden Beweisergebnissen sind keine Anhaltspunkte für die Annahme hervorgekommen, dass der objektive Unrechtsgehalt der vorliegenden Tat wesentlich hinter jenem an sich mit einer derartigen Übertretung verbundenen Unrechtsgehalt zurückgeblieben oder wesentlich darüber hinausgegangen wäre. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat wurde deshalb als lediglich durchschnittlich gewertet. Zu würdigen war, dass der angelastete Tatzeitraum von drei Wochen auf einen Tag einzuschränken war. Dies hat Auswirkungen auf den vorliegenden Unrechtsgehalt der Tat. Andererseits war zu werten, dass zahlenmäßig drei Kennzeichnungsverletzungen am vorliegenden Produkt zu beanstanden sind.

Das Ausmaß des Verschuldens kann im vorliegenden Fall nicht als geringfügig bezeichnet werden, da nichts hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften vom Beschwerdeführer besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Verwirklichung des hergestellten Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Da betreffend den angelasteten Tatzeitpunkt keine Vormerkungen aufscheinen, hatte der erste Strafsatz des § 90 Abs. 3 LMSVG zur Anwendung zu kommen.

Als Milderungsgrund waren die überlange Verfahrensdauer sowie die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Erschwerungsgründe sind im Beschwerdeverfahren nicht hervorgekommen.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers sind als durchschnittlich zu werten. Sorgepflichten waren mangels entsprechender Hinweise nicht zu berücksichtigen.

Unter Bedachtnahme auf die dargestellten Strafzumessungsgründe, insbesondere dem stark eingeschränkten Tatzeitraum sowie der Milderungsgründe war die Strafe auf das im Spruch genannte Ausmaß herabzusetzen. Einer noch weitergehenden Herabsetzung standen general- und spezialpräventive Erwägungen und der bis 50.000 Euro reichende gesetzliche Strafrahmen entgegen. Denn die verhängte Strafe ist ohnedies im untersten Bereich des bis zu 50.000 Euro reichenden Strafrahmens bemessen worden, sodass auch nach Zusammenfassung der Einzelstrafen das Verbot der reformatio in peius nicht verletzt wurde.

Die Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG oder auch nur der Ausspruch einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 letzter Absatz VStG konnte nicht in Erwägung gezogen werden, weil sich die Intensität der Beeinträchtigung des jeweils geschützten Rechtsgutes und der Grad des den Beschwerdeführer treffenden Verschuldens keinesfalls als atypisch geringfügig erweisen und insgesamt nicht davon gesprochen werden kann, dass das tatbildliche Verhalten hinter dem in der Strafdrohung des § 90 Abs 3 Z. 1 LMSVG typisierten Unrechtsgehalts deutlich zurückgeblieben wäre (siehe dazu insbesondere VwGH vom 20.11.2015, Ra 2015/02/0167, wonach beide Kriterien – Bedeutung des geschützten Rechtsgutes sowie Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat – gering sein müssen).

Es war spruchgemäß vorzugehen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Popcorn; Maiskörner; Verbraucher; Information; Zutatenverzeichnis; Bezeichnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.022.056.6232.2017

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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