TE Lvwg Erkenntnis 2017/7/14 VGW-141/010/5223/2017

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Veröffentlicht am 14.07.2017
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Entscheidungsdatum

14.07.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien
20/01 Allgemein bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)

Norm

WMG §24 Abs1
WMG §24 Abs4
WMG §24 Abs6
ABGB §1497

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Gindl über die Beschwerde des Herrn K. Z. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, zugestellt am 06.04.2017, Zahl: MA 40-936325/16 SFC, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 (belangte Behörde) vom 30.3.2017, MA 40/936325/16SFC, betreffend Verlassenschaft nach H. Z., verpflichtet, binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides die für den Zeitraum 1.10.2008 bis 8.4.2013 aufgewendeten Kosten für Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von 2.567,85 Euro gemäß § 24 WMG zu ersetzen. Begründen wurde nach Wiedergabe von Bestimmungen des § 24 WMG ausgeführt, dass das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass die verstorbene H. Z. von 1.10.2008 bis 8.4.2013 Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zuerkannt worden seien. Dadurch seien dem Land Wien als Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in den letzten 10 Jahren der Hilfegewährung Kosten in der Höhe von 2.567,85 Euro entstanden. Der Kostenersatzanspruch sei im Verlassenschaftsverfahren als Forderung gegen den Nachlass bzw. die erbserklärten Erbinnen und Erben angemeldet worden und finde in der Höhe von 2.567,85 Euro im Nachlass Deckung.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass gemäß § 24 Abs. 4 WMG die Ersatzforderung mit dem Tag des Todes fällig werde. Seine Mutter H. Z. sei am 8.4.2013 verstorben. Gemäß § 24 Abs. 6 WMG verjähre der Kostenersatzanspruch des Trägers der Bedarfsorientierten Mindestsicherung drei Jahre nach Kenntnis der Umstände, die die Ersatzpflicht begründen. Er habe mit diesem Bescheid, zugestellt am 6.4.2017 (vier Jahre nach dem Tod seiner Mutter) Kenntnis der Umstände erlangt, die die Ersatzpflicht begründen, wodurch die Verjährung deutlich und die Forderung zur Ersatzpflicht im Bescheid rechtswidrig sei.

Die Behörde legte mit Schreiben vom 19.4.2016, in dem sie ihre Rechtsansicht darlegte, dass Verjährung nicht eingetreten sei, die Beschwerde mit dem bezughabenden Akt vor.

Nach Einsicht in diesen Akt schaffte das Gericht den die Mutter des Beschwerdeführers betreffenden Vorakt bei, holte eine Stellungnahme der belangten Behörde betreffend Aufschlüsselung der Rückforderungssumme ein und beraumte für den 27.6.2017 eine Verhandlung an, wozu der Beschwerdeführer und die belangte Behörde ordnungsgemäß geladen wurden. Die belangte Behörde hat sich mit Eingabe vom 14.6.2017 für die Verhandlung entschuldigt und ließ diese unbesucht.

In der Verhandlung wurden der Akteninhalt und das Schreiben der belangten Behörde vom 9.6.2017 betreffend Aufschlüsselung der Rückforderungssumme samt Beilagen erörtert. Der Beschwerdeführer verwies auf sein bisheriges Vorbringen und verließ die Verhandlung vor Schluss der Verhandlung. Im Anschluss an die Verhandlung wurde das Erkenntnis verkündet. Der Beschwerdeführer stellte mit Schreiben vom 10.7.2017 fristgerecht einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung der Entscheidung.

Hierzu hat das Gericht erwogen:

Das Gericht legt seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:

Die Mutter des Beschwerdeführers bezog im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (1.10.2008 bis 8.4.2013) Mindestsicherungsleistungen, wodurch eine Rückforderungsleistung in der Höhe von 2.567,85 Euro aufgelaufen ist. Die Mutter des Beschwerdeführers verstarb am 8.4.2013, der diesbezügliche Einantwortungsbeschluss betreffend Einantwortung der Verlassenschaft nach H. Z. an den Beschwerdeführer ist der belangten Behörde am 1.8.2013 zur Kenntnis gelangt. Der Beschwerdeführer hat eine unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben und wurde ihm das Erbe zur Gänze eingeantwortet. Die Aktiva überwogen dabei die Passiva, wobei bei den Passivkosten die gegenständliche „Sozialhilfeforderung“ der belangten Behörde in der Höhe von 2.567,85 Euro verzeichnet ist. Die belangte Behörde richtete gegen den Beschwerdeführer den Bescheid vom 19.9.2013 betreffend Rückersatz von 2.567,85 Euro Mindestsicherungsleistungen, dieser Bescheid wurde jedoch mangels rechtsgültiger Zustellung nie erlassen (vgl. Erkenntnis des VGW Wien vom 22.03.2017, VGW-141/021/12330/2016-14). Die Behörde betrieb gegen den Beschwerdeführer wegen der gegenständlichen Forderung auch ein Exekutionsverfahren beim Bezirksgericht ... (Bewilligung der Fahrnis- und Gehaltsexekution vom 20.7.2016), brachte dem Beschwerdeführer mit E-Mail vom 20.5.2016 und Schreiben vom 14.7.2016 den Kostenersatzbescheid vom 19.3.2013 zur Kenntnis und wurde er gleichzeitig ersucht, den aushaftenden Betrag von 2.567,85 Euro binnen 14 Tagen zu überweisen, wobei ihm auch eine Ratenvereinbarung angeboten wurde. Der Beschwerdeführer hat darauf mit Schreiben an die Behörde vom 25.7.2016 reagiert und darin unter anderem auf den Kostenersatzbescheid vom 19.3.2017 Bezug genommen.

Dieser Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus dem Behördenakt. Die Höhe der Rückforderungssumme ergibt sich aus der Stellungnahme der belangten Behörde vom 9.6.2017 betreffend Aufschlüsselung des Kostenersatzbetrages und blieb unbestritten. Dieser Sachverhalt konnte sohin als erwiesen angesehen werden.

Hierzu folgt in rechtlicher Hinsicht:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des WMG lauten auszugsweise wie folgt:

§ 24. (1) Für Kosten, die dem Land Wien als Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung durch die Zuerkennung von Leistungen zur Mindestsicherung entstehen, ist dem Land Wien als Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Ersatz zu leisten.

(2) Ersatzpflichtig sind alle anspruchsberechtigten Hilfe suchenden oder empfangenden Personen, soweit sie zu verwertbarem Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt, gelangen. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten drei Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Jahres in dem Leistungen an die Ersatzpflichtige oder den Ersatzpflichtigen geflossen sind.

(3) Über die Verpflichtung zum Kostenersatz ist mit Bescheid zu entscheiden. Die Behörde ist berechtigt, die Aufrechnung gegen Ansprüche auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu verfügen.

(4) Ersatzpflichtig sind darüber hinaus die erbserklärten Erbinnen und Erben nach dem Tod der in Abs. 2 genannten Personen. Die Ersatzforderung wird mit dem Tag des Todes fällig. Soweit eine Zahlung aus dem Nachlass nicht erlangt werden kann, erlischt die Forderung. Weitere Ersatzforderungen gegen Erbinnen und Erben nach Einantwortung sind nicht zulässig. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten zehn Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Jahres, in dem Leistungen an die Ersatzpflichtigen geflossen sind.

(5) Ersatz ist im Umfang der durch die Hilfegewährung an die Bedarfsgemeinschaft entstandenen Kosten zu leisten. Alle anspruchsberechtigten Personen, denen als Bedarfsgemeinschaft Hilfe zuerkannt wurde, sind solidarisch zum Ersatz der Kosten verpflichtet.

(6) Der Kostenersatzanspruch des Trägers der Bedarfsorientierten Mindestsicherung verjährt drei Jahre nach Kenntnis der Umstände, die die Ersatzpflicht begründen.

Unbestritten ist, dass die Mutter des Beschwerdeführers im hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 1.10.2008 bis 8.4.2013 Mindestsicherungsleistungen empfangen hat und ein Rückforderungsbetrag in der Höhe von 2.567,85 Euro aufgelaufen ist. Ebenso steht unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer eine unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben hat und ihm das Erbe nach seiner Mutter zur Gänze eingeantwortet worden ist, wobei die Aktiva die Passiva überwogen und der Kostenersatzanspruch sohin im Nachlass Deckung findet.

Die vom Beschwerdeführer erhobene Einrede der Verjährung ist nicht berechtigt. Die Verjährung nach § 24 Abs. 6 WMG begann mit der Kenntnisnahme der belangte Behörde vom Einantwortungsbeschluss am 1.8.2013, weil die Behörde erst zu diesem Zeitpunkt in Kenntnis aller Umstände war, die die Ersatzpflicht begründen - die Behörde hat erst zu diesem Zeitpunkt gewusst, an wen der Kostenersatzbescheid zu richten ist. Der Verfassungsgerichtshof vertritt (dem Verwaltungsgerichtshof folgend) in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Verjährung keine allgemeine, der österreichischen Rechtsordnung zugehörige Institution ist und im öffentlichen Recht nur dort besteht, wo das Gesetz es ausdrücklich vorsieht. Dann, wenn Vorschriften des öffentlichen Rechts ausdrücklich Verjährungsbestimmungen enthalten, wie im gegenständlichen Fall, ist unter Bedachtnahme auf § 7 ABGB ergänzungsweise auf die Verjährungsvorschrift des ABGB zurückzugreifen.

Nach dem hier sinngemäß anzuwendenden § 1497 ABGB wird die Verjährung unterbrochen, wenn derjenige, welcher sich auf die selbige berufen will, vor dem Verlauf der Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des anderen anerkannt hat, oder wenn er vom Berechtigten belangt und die Klage gehörig fortgesetzt wird. Im gegenständlichen Fall ist das Kostenersatzverfahren von Amts wegen eizuleiten und ist unter der die Verjährung unterbrechenden Geltendmachung des Ersatzanspruches ein gegenüber dem Ersatzpflichtigen nach außen hin in Erscheinung tretendes amtswegiges Vorgehen zu verstehen. Die belangte Behörde hat innerhalb der Verjährungsfrist gegen den Beschwerdeführer ein Exekutionsverfahren beim Bezirksgericht ... betrieben und ihm mit E-Mail vom 20.5.2017 und Schreiben vom 14.7.2016 den Kostenersatzbescheid vom 19.3.2013 zur Kenntnis gebracht, worauf der Beschwerdeführer auch reflektiert hat. Damit ist es nach der hier sinngemäß anzuwendenden Bestimmung des § 1497 ABGB zu einer die Verjährung unterbrechenden Geltendmachung des Ersatzanspruches durch ein gegenüber dem Ersatzpflichtigen nach außen hin in Erscheinung tretendes amtswegiges Vorgehen der Behörde gekommen (vgl. VwGH vom 01.07.1997, 95/08/0320, 16.03.2016, Ra 2015/10/0064).

Die der Höhe nach unbestritten gebliebene Kostenersatzpflicht (2.567,85 Euro) bestand daher auch dem Grunde nach zu Recht. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Mindestsicherung; Rückersatz; Anzeigepflicht; Meldung; Rückforderung; Verjährung, Einrede der; Verjährungsfrist, Unterbrechung der; Erbschaft; Nachlass; Verlassenschaft;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.141.010.5223.2017

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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