TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/15 KLVwG-1643-1647/11/2016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.09.2017
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Entscheidungsdatum

15.09.2017

Index

34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GSpG 1989 §1 Abs1
GSpG 1989 §1 Abs2
GSpG 1989 §1 Abs3
GSpG 1989 §2
GSpG 1989 §4
GSpG 1989 §52 Abs1
GSpG 1989 §52 Abs2
VStG §5
VStG §9 Abs1
VStG §9 Abs2

Text

Das Landesverwaltungsgericht Kärnten hat durch die Richterin xxx über die Beschwerde des xxx, wohnhaft in xxx, xx Gasse xxx, vertreten durch xxx, Rechtsanwalt in xxx, xxxstraße xxx, gegen das Straferkenntnis der xxx vom 27.07.2016, Zahl: xxx, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Glücksspielgesetz – K-GSPG, nach am 07.08.2017 und 01.09.2017 durchgeführten öffentlich mündlichen Verhandlungen gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, folgendermaßen zu Recht erkannt:

 

I.  Die Beschwerde als unbegründet

 

a b g e w i e s e n .

 

II. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat im Sinn des § 44a Verwaltungsstrafgesetz - VStG iVm § 38 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG folgendermaßen zu lauten:

„Der am 03.08.1966 geborene xxx, wohnhaft in xxx, xxx Gasse xxx, hat es als director der xxx mit Sitz in xxx, die ihrerseits unbeschränkt haftende Gesellschafterin der xxxmit Sitz in xxx, ist, somit als der nach § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der xxx in xxx, zu verantworten, dass diese letztgenannte Firma zumindest in der Zeit vom 15.01.2015 bis zum 06.03.2015 im Standort xxx, mit den Geräten

1) Gerät Nr. 1, Walzenspiel

2) Gerät Nr. 2, Walzenspiel, (Testspiel Devils Fire, dabei festgestellter Mindesteinsatz € 0,25, in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 250,--, festgestellter Maximaleinsatz € 12,--, dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 12.000,--),

3) Gerät Nr. 3, Walzenspiel, (Testspiel Devils Fire, dabei festgestellter Mindesteinsatz € 0,25, in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 250,--, festgestellter Maximaleinsatz € 12,--, dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 12.000,--),

4) Gerät Nr. 4, Walzenspiel, (Testspiel Devils Fire, dabei festgestellter Mindesteinsatz € 0,25, in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 250,--, festgestellter Maximaleinsatz € 12,--, dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 12.000,--) und

5) Gerät Nr. 5, Walzenspiel, (Testspiel Devils Fire, dabei festgestellter Mindesteinsatz € 0,25, in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 250,--, festgestellter Maximaleinsatz € 12,--, dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 12.000,--),

zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 Glücksspielgesetz ausgenommen sind, veranstaltet hat. Bei einer Kontrolle durch die Finanzpolizei wurden am 06.03.2015 gegen 17.45 Uhr Internetterminals, auf denen virtuelle Walzenspiele betriebsbereit angeboten wurden, vorgefunden, mit denen Glücksspiele durchgeführt werden konnten, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt und bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn). Die xxx hat selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet gewesen sein.

 

Dadurch hat xxx hinsichtlich jedes Glücksspielapparates eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1, erstes Tatbild, iVm § 1, § 2 Glücksspielgesetz, in Bezug auf § 9 Abs. 1 VStG begangen.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 52 Abs. 2 Glücksspielgesetz – K-GSPG wird gegen xxx wegen jeder der fünf Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe im Betrag von 4.000,-- Euro, zusammen daher 20.000,-- Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von je 22 Stunden, zusammen daher 110 Stunden, verhängt.“

 

Der restliche Spruch des Straferkenntnisses bleibt unverändert.

 

III. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG hat der Beschwerdeführer als Verfahrenskostenbeitrag weitere 4.000,-- Euro zu leisten.

 

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG

 

u n z u l ä s s i g .

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.) Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xxx vom 27.07.2016, Zahl: xxx, wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

 

„Sie haben, wie dies aus der Anzeige des Finanzpolizei Team xxx für das Finanzamt xxx vom 27.03.2015, Zahl xxx zu entnehmen ist und wie dies im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei Team xxx für das Finanzamt xxx am 06.03.2015 um 17:45 Uhr im Lokal mit der Bezeichnung xxx in xxx, xxxstraße xxx, Bezirk xxx festgestellt worden ist, als Kommanditist der Firma xxx mit Sitz in xxx, welche unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma xxx, mit Sitz in xxx ist, sohin als gem. § 9 Abs. 1 zur Vertretung nach außen Berufener dieser Firma es zu verantworten, dass von dieser Firma in der Zeit vom 15.01.2015 bis 06.03.2015 im o.a. Lokal wiederholt Glücksspiele (virtuelle Walzenspiele) in Form von verbotenen Ausspielungen, unter Verwendung der bei der Kontrolle am 06.03.2015 um 17:45 Uhr im o.a. Lokal betriebsbereit vorgefundenen folgenden Glücksspielgeräte

 

1.           Gerät Nr. 1, Walzenspiel

2.           Gerät Nr. 2, Walzenspiel, Testspiel Devils Fire, dabei festgestellter Mindesteinsatz € 0,25, in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 250,00, dabei festgestellter Maximaleinsatz € 12,00, dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 12.000,00

3.          Gerät Nr. 3, Walzenspiel, Testspiel Devils Fire, dabei festgestellter Mindesteinsatz € 0,25, in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 250,00, dabei festgestellter Maximaleinsatz € 12,00, dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 12.000,00

4.          Gerät Nr. 4,Walzenspiel, Testspiel Devils Fire, dabei festgestellter Mindesteinsatz € 0,25, in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 250,00, dabei festgestellter Maximaleinsatz € 12,00, dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 12.000,00

5.          Gerät Nr. 5,Walzenspiel, Testspiel Devils Fire, dabei festgestellter Mindesteinsatz € 0,25, in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 250,00, dabei festgestellter Maximaleinsatz € 12,00, dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn € 12.000,00

 

an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, auf eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und eigenes Risiko veranstaltet und unternehmerisch zugänglich gemacht hat, ohne eine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz zu besitzen und obwohl die Ausspielung auch nicht gemäß § 4 Glücksspielgesetz vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen war. Es lagen Glücksspiele vor, mit welchen selbständig nachhaltig Einnahmen erzielt wurden, welche also von einem Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet wurden, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form des Einsatzes zu entrichten war und für welche vom Unternehmer vermögenswerte Leistungen (Gewinn) in Aussicht gestellt wurden.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1: § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 2 und 4 iVm. § 4 GSpG BGBI. Nr. 620/1989 iddgF (in 5 Fällen)

 

Wegen dieser (diesen) Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

 

Geldstrafe von €

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Strafbestimmung

1: 20.000,00

(= € 4.000,00 x 5)

110 Stunden

(= 22 Stunden x 5)

§ 52 Abs. 1 Z 1 und Abs., 2 Glücksspielgesetz

(GSpG)“

 

 

 

2.) Im fristgerecht eingebrachten Beschwerdeschriftsatz stellte der Rechtsmittelwerber den Antrag auf ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses.

 

Begründend verwies er

2.1. auf das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 09.05.2014, Zahl: LVwG-410287/4/Gf/Rt, wonach sowohl das Monopolsystem des Glücksspielgesetzes sowie auch das darauf fußende Sanktionensystem unionsrechtswidrig sei.

 

2.2. Weiters zitierte er unter anderem die Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft vom 09.09.2010 in der Rechtssache C-64/08 (Engelmann) vom 08.09.2010, C-409/06 in der Rechtssache xxx sowie vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, weiters das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 22.03.2012, Zahl: 1 Cg 190/11y-14 und des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 23.04.2012.

 

2.3. Im Konkreten führte der Beschwerdeführer weiters aus:

 

„Vom OGH wurde in der Entscheidung 4 Ob 145/14y ausgeführt, dass die Dienstleistungsfreiheit des Primärrechts nur Sachverhalte mit einem transnationalen Element erfasst (4 Ob 43/14y, 4 Ob 86/14x; Budischowsky in Mayer/Stöger [Hrsg] EUV/AEUV, Art 56, 57 AEUV [2011] Rz 11 mwN). Dieser Auffassung liegt auch der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH zugrunde. Denn er sah ein Vorabentscheidungsersuchen zum Verhältnis zwischen Dienstleistungsfreiheit und nationalem Glücksspielrecht in einem reinen Binnensachverhalt in erster Linie deswegen als zulässig an, weil das „nationale Recht vorschreibt, das einem inländischen Staatsangehörigen die gleichen Rechte zustehen, die einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaat in der gleichen Lage kraft Unionsrechts zustünden“ (C-470/11, SIA Garkalns). Daraus ist abzuleiten, dass ein Inländer nicht unmittelbar durch die Dienstleistungsfreiheit geschützt ist. Vielmehr ist der allfällige Verstoß einer nationalen Regelung gegen das Primärrecht in diesem Fall Vorfrage für die nach nationalem (Verfassungs-)Recht zu beurteilende Frage, ob ein Inländer durch die weitere Anwendung der nationalen Regelung faktisch schlechter behandelt werden darf als ein EU-Ausländer, der sich auf die Nichtanwendbarkeit berufen kann.

 

Im gegeben Zusammenhang liegt aber eine Verfassungswidrigkeit wegen Vorliegens einer unzulässigen Inländerdiskriminierung vor.

 

Im österreichischen Recht widerspricht es im Regelfall dem Gleichheitsgrundsatz, österreichische Staatsbürger gegenüber Ausländern ohne sachliche Rechtfertigung zu benachteiligen (VfGH G 22/92, VfSlg 13.084; V 76/97 und V 92/97, VfSlg 14.963). Diesen Gedanken hat der Verfassungsgerichtshof auch auf die „Inländerdiskriminierung“ im Zusammenhang mit Normen des Gemeinschaftsrechts übertragen (B 592/96, VfSlg 14.863; V 76/97 und V 92/97, VfSlg 14.963; G 42/99 ua, VfSlg 15.683). Wenn es dabei auch nicht um Diskriminierungen nach dem Kriterium der Staatsbürgerschaft geht, sondern um die Benachteiligung rein innerstaatlicher Sachverhalte gegenüber Sachverhalten mit Unionsbezug, so sind inländische Staatsbürger davon doch meist besonders betroffen (G 110/03, VfSlg 17.150).

 

Nachdem sich der VfGH zunächst auf Fälle bezogen hatte, in denen bereits die österreichischen Normen zwischen rein innerstaatlichen Sachverhalten und solchen mit Unionsbezug differenzierten, erstreckte er seine Rechtsprechung in weiterer Folge auch auf Konstellationen, in denen erst der Anwendungsvorrang des Unionsrechts die Differenzierung zwischen Binnen- und Unionssachverhalten erkennen ließ (G 110/03, VfSlg 17.150; ebenso im Ergebnis G 41/10 ua, VfSlg 19.529): Verstoße eine Bestimmung des nationalen Rechts gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht, dann werde sie in Fällen mit Unionsbezug verdrängt. Die

nationalen Normen seien dann (bei Unionsbezug) so zu lesen, als ob die verdrängte Bestimmung nicht vorhanden wäre; es ist also der unionsrechtskonforme nationale Regelungstorso anzuwenden. In allen anderen Fällen sei die nationale Norm hingegen in ihrer Gesamtheit anzuwenden. Vergleiche man die nationale Norm mit dem (durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts entstandenen) nationalen Regelungstorso, werde eine Ungleichbehandlung ersichtlich, und es sei daher zu prüfen, ob nicht Sachverhalte ohne Unionsbezug im Verhältnis zu jenen mit einem solchen Bezug diskriminiert würden.

 

Zuletzt hat der VfGH allerdings festgehalten, dass eine unionsrechtsbedingte Inländerdiskriminierung für einen gewissen Zeitraum hinzunehmen sei, wenn durch eine für mehrere Anlassfälle wirksam werdende Aufhebung der nationalen Norm ein „gesetzliches Vakuum“ entstünde, das öffentlichen Interessen zuwiderlaufe; etwa weil Bewilligungen erteilt werden müssten, die sowohl nach dem alten Recht als auch nach einer unionsrechtskonformen Neuregelung unzulässig wären (G 41/10 ua, VfSlg 19.529). In einem solchen Fall müsse dem Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt werden, die durch eine Entscheidung des EuGH „bewirkte“ Inländerdiskriminierung durch eine unionsrechtskonforme Neuregelung zu beseitigen. Vor Ablauf einer insofern angemessenen Frist sei keine Verfassungswidrigkeit der nationalen Norm anzunehmen.

 

Wären die Bestimmungen tatsächlich unionsrechtswidrig und daher in Fällen mit Unionsbezug unanwendbar, müsste eine dadurch bewirkte Inländerdiskriminierung vielmehr durch einen Gesetzesprüfungsantrag nach Art 140 B-VG oder eine Beschwerde nach Art 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof herangetragen werden.

 

Grundlage für die mögliche Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols - die allenfalls eine verfassungsrechtlich unzulässige Inländerdiskriminierung bewirken könnte - ist im konkreten Fall die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache
C-390/12, Pfleger. Danach ist Art 56 AEUV „dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, sofern diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen.“

 

Damit macht der EuGH die (unionsrechtliche) Zulässigkeit des Glücksspielmonopols nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers, sondern auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig. Der Staat hat dabei dem Gericht alle Umstände „darzulegen“, anhand deren „dieses Gericht sich vergewissern kann“, dass diese Bedingungen erfüllt sind. Die Vorlage einer empirischen Untersuchung sei aber nicht zwingend erforderlich.

 

Eine verfassungswidrige Inländerdiskriminierung setzte voraus, dass das Glücksspielmonopol in Fällen mit Unionsrechtsbezug aufgrund der dargestellten Entscheidung des EuGH tatsächlich unanwendbar wäre. Denn dann wären österreichische Unternehmer, die vergleichbare Dienstleistungen im Inland erbringen wollen, gegenüber Unternehmern aus anderen Mitgliedstaaten der Union ohne sachliche Rechtfertigung schlechter gestellt. Anders als in den bisher vom Verfassungsgerichtshof entschiedenen Fällen ergäbe sich die Unionsrechtswidrigkeit

allerdings nicht unmittelbar aus einem Urteil des EuGH, sondern aus der Anwendung der von diesem vorgegebenen Grundsätze auf das nationale Recht. Das rechtfertigt aber keine andere Behandlung einer möglichen Inländerdiskriminierung. Denn zum einen sind es immer nationale Behörden, die unionsrechtswidriges nationales Recht unangewendet lassen; eine Vorabentscheidung des EuGH dient in diesem Zusammenhang immer nur der Klarstellung der unionsrechtlichen Rechtslage. Nicht die Entscheidung des EuGH „bewirkt“ daher die Unanwendbarkeit nationalen Rechts, maßgebend ist vielmehr dessen objektive Unvereinbarkeit mit unmittelbar anwendbarem Unionsrecht, die von nationalen Behörden - ob ohne oder nach Befassung des EuGH - wahrzunehmen ist. Zum anderen ist es für inländische Unternehmer aus dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes unerheblich, ob sich ihre Schlechterstellung gegenüber EU-Ausländern unmittelbar aus einer Entscheidung des EuGH oder aus der Wahrnehmung der Unanwendbarkeit durch nationale Behörden ergibt.

 

Vor einer allfälligen Anfechtung nach Art 140 B-VG ist daher vorfrageweise zu beurteilen, ob die konkrete Ausgestaltung des österreichischen Glücksspielmonopols unionsrechtswidrig ist. Denn nur in diesem Fall stellte sich überhaupt die Frage einer verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung. In einem weiteren Schritt wäre dann - allerdings wohl vom Verfassungsgerichtshof - zu prüfen, ob eine solche Inländerdiskriminierung für einen Übergangszeitraum hingenommen werden könnte, um dem nationalen Gesetzgeber die unionsrechtskonforme Ausgestaltung des Glücksspielrechts zu ermöglichen.

 

Wie oben dargestellt, hängt die Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols auch von tatsächlichen Umständen ab. Daher sind vor einer allfälligen Anfechtung Feststellungen zu den tatsächlichen Wirkungen der österreichischen Regelungen zu treffen.

 

4.

Das LG Linz hat sich am 28. 11.2014 zur Zahl 1 Cg 190/11y eingehend mit der Geschäftspolitik der Konzessionäre und De-facto-Monopolisten Österreichische Lotterien und Casinos Austria befasst und listete akribisch deren über die Jahre ansteigenden Werbeausgaben auf. Das Gericht stellte fest, dass die Werbung der Monopolisten „nicht maßvoll“ ist und „sich explizit auch an neue Kunden für das Glücksspiel [richtet]“. „Ein positives Image wird dem Glücksspiel beispielsweise verliehen, wenn mit Slogans geworben wird, [ ... ] wie „Ein Gewinn für Österreich!“ [ ... ].“ Die Anziehungskraft werde mit Slogans wie „Lotto sichert Ihre Pension“ weiter erhöht.

 

Das LG Linz resümiert, dass die Werbung auf Expansion abzielt und alle vom EuGH geforderten Vorgaben vermissen lässt: „Nicht nur, dass die Werbung aktiv zur Teilnahme am Spiel anregen soll, sie verharmlost konsequent das Spielen ganz grundsätzlich und spielt bewusst mit den Sehnsüchten der Spieler. Zugkräftige Werbebotschaften und Sexismus sind dabei ebenso an der Tagesordnung wie auch das Werben mit Aktionen, die den Unternehmen ein positives Image verleihen sollen.“ Aufgrund der aggressiven Werbung „können die mit dem Monopol einhergehenden Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit mit Verbraucher- oder

Spielerschutzerwägungen nicht gerechtfertigt werden“.

 

Den Scheinheiligkeitstest („hypocrisy test“), mit dem die „kohärente und systematische“ Verfolgung der vorgebrachten Rechtfertigungsgründe bei Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit geprüft wird, hat Österreichs Monopol nicht bestanden. Denn dabei ist zu prüfen, ob die Regelung geeignet ist, die verfolgten Ziele tatsächlich zu erreichen. Es kommt auf die Widerspruchsfreiheit und Stimmigkeit an: Die von Österreich zur Rechtfertigung vorgebrachten Ziele des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung passen jedenfalls nicht mit der Expansions- und Werbepolitik der Monopolisten zusammen.

 

Die Aussagen des LG-Linz-Urteils spiegeln sich in jüngsten Berichten wider. Die Lotterien konnten im Vorjahr ihren Umsatz um 3,3 Prozent auf 3,15 Mrd. Euro steigern und zählen zu den Top-Werbern in Österreich, mit einem mehr als beachtlichen Bruttowerbevolumen von rund 50 Mio. Euro (plus fünf Prozent zum Vorjahr).

 

Da sich das „Monopol“ nicht rechtfertigen lässt, verstößt das GSpG gegen die EU-Dienstleistungsfreiheit und sind die Regelungen nicht anzuwenden.

 

5.

Wie sich den darauf bezüglichen Gesetzesmaterialien entnehmen lässt (vgl. 657 BlgNR, 24. GP, S. 1 und 3), sollte der Spielerschutz eine wesentliche Zielsetzung der GSpG-Novelle BGBl I 7312010, bilden. Spielerschutz und Suchtprävention stellen jeweils Ziele dar, die eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen. Bezüglich der tatsächlichen Umsetzung dieser beiden Ziele ist im Ermittlungsverfahren einerseits zwar zutage getreten, dass den einzelnen im Zuge der Erteilung der (insgesamt limitierten) Bewilligungen zum Zug gekommenen Konzessionären jeweils zweckentsprechende, dem Spielerschutz und der Suchtpräventionen dienende Maßnahmen (wie z.B. Mindestdauer pro Spiel, Mindestabstandsregelungen, ..... ) bescheidmäßig vorgeschrieben wurden, wobei die Kontrolle der Einhaltung dieser Auflagen von den staatlichen Behörden wahrgenommen wird (dass es insoweit bislang noch zu keinen nennenswerten Beanstandungen gekommen ist, lässt hingegen keine Rückschlüsse auf die Effektivität dieser Regelungen zu, weil aus diesem Umstand sowohl abgeleitet werden kann, dass die Konzessionäre bislang sämtliche bescheidmäßigen Vorgaben eingehalten haben, aber auch, dass die entsprechenden Kontrollen bisher nicht mit der gebotenen Stringenz durchgeführt wurden). Zudem wurde beim BMF eine Stabsstelle für Spielerschutz eingerichtet, die mit anderen Spielerschutzinstitutionen kooperiert. Andererseits ließ sich aber der diesen Spielerschutzmaßnahmen zu Grunde liegende Ausgangspunkt, nämlich ein Quantum von insgesamt 64.000 (verhaltensauffällig bzw. pathologisch) glücksspielsüchtigen Personen in Österreich, nicht verifizieren. Denn diese Zahl entstammt einer von der Universität Hamburg durchgeführten Studie, deren primäre Zielsetzung in der Erstellung einer wissenschaftlichen Basis für künftige Glücksspielpräventionsmaßnahmen bestand. Konkret wurde dieser Anteil derart ermittelt, dass in sämtlichen neun Bundesländern (bloß) aus der Menge aller deutsch sprechenden Österreicher der Altersgruppe zwischen 14 und 65 Jahren (insgesamt 5,836.144 weibliche und männliche Staatsbürger) jeweils ca. 700 Personen pro Bundesland ausgewählt und mit diesen eine telefonische Umfrage (sog. „Repräsentativbefragung“) durchgeführt wurde; von den sonach insgesamt 6.324 Befragten gaben 27 Personen (? 0,43%) an, (nach eigener subjektiver Bewertung von entsprechenden Testkriterien) ein problematisches Spielverhalten, bzw. 41 Personen (? 0,65%) an, ein pathologisches Spielverhalten aufzuweisen; insgesamt 68 Personen qualifizierten sich demnach autonom als „spielverhaltensproblematisch“ bzw. „pathologisch spielsüchtig“, während „die weit überwiegende Mehrzahl der an Glücksspielen teilnehmenden Personen“ - nämlich insgesamt 98,91 %, wobei auf 97,23% der Befragten überhaupt keines der insgesamt 10 Kriterien des „diagnostischen und statistischen Manuals psychischer Störungen“ (sog. DSM-IV-Kriterien) zutraf – „keine spielbezogenen Probleme zeigt(e)“. Statistisch hochgerechnet ergibt dies einerseits eine absolute Zahl von ca. 25.096 bzw. von ca. 37.935 Personen - und damit insgesamt von ca. 63.031 Personen (? 1,1 % der Gesamtmenge) -, die sich subjektiv als verhaltensauffällige bzw. pathologische Spieler bezeichnen, denen andererseits 5,772.530 Personen ohne Spielprobleme gegenüberstehen. Seither wird diese bloß statistisch errechnete Gesamtanzahl von „64.000 Spielsüchtigen“ allseits unreflektiert weitertradiert, wie sich dies beispielsweise auch aus den „Factsheets Sucht“ des „Instituts Suchtprävention pro mente Oberösterreich“ (aktuell: Version 2.3 vom 2. September 2014, S. 5) ergibt, obwohl sich dort zumindest einerseits die Feststellung findet, dass es sich um „die erste und bisher einzige repräsentative telefonische Befragung der österreichischen Bevölkerung (im Alter von 14 bis 65 Jahren)“ handelte und andererseits kritisch klargestellt wird, dass „der Begriff ,Abhängigkeit' ..... in dieser Allgemeinheit nicht unproblematisch [ist], da er in den verschiedenen Verhaltens- und Suchtbereichen eine jeweils andere Bedeutung besitzt und sich unter diesem Begriff unterschiedlichste Problematiken versammeln. Insbesondere bei Alkohol und Nikotinzahlen zielen die oben angeführten Zahlen eher auf körperliche Abhängigkeit, während die Verhaltenssüchte von Natur aus in rein psychischer Abhängigkeit begründet sind.“ (vgl. S. 4, FN 1). Nicht überzeugend erscheint daher v.a. die dem „Glücksspielbericht 2010-2013“ des BMF zu Grunde liegende Methode, aus einer telefonischen Umfrage mit 6.300 Personen, in der insgesamt bloß 68 Befragte - und noch dazu subjektiv sowie auf Basis von keinesfalls präzisen sowie kaum objektivierbaren Kriterien - ein auffälliges oder sogar pathologisches Spielverhalten angegeben haben, darauf zu schließen, dass es in Österreich nicht nur statistisch-wahrscheinlich, sondern tatsächlich insgesamt 64.000 spielsüchtige Personen in der Altersgruppe zwischen 14 und 65 Jahren geben soll. Vielmehr handelt es sich insoweit bloß um einen fiktiven mathematischen Wert, hinsichtlich dessen seit der überwiegend im Jahr 2010 durchgeführten Erhebung auch kein weiterer Versuch einer nachfolgenden Verifizierung unternommen wurde. Dazu kommt, dass beispielsweise auch aus dem Jahresbericht 2013 des Vereines „(Wiener) Spielsuchthilfe“ hervorgeht, dass dessen Online-Beratungen in diesem Zeitraum lediglich von 411 Personen (gegenüber 359 Personen im Jahr davor) in Anspruch genommen und von dieser Institution im Jahr 2013 insgesamt nur 791 Personen (davon 460 Neufälle) betreut wurden. Objektiv besehen vermag sich daher die Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen nicht auf eine nachvollziehbare faktische Untermauerung zu gründen und kann daher auch nicht als erwiesene Tatsache einer gerichtlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden; als erwiesen kann vielmehr bloß angesehen werden, dass sich dieser Studie zufolge insgesamt 68 Personen als spielsüchtig eingeschätzt haben. Vor einem derartigen Hintergrund ist demnach im Ergebnis zu konstatieren, dass die Spielsucht in Österreich weder zum Zeitpunkt der Erlassung der GSpG-Novelle 2010 (BGBl I 73/2010) noch gegenwärtig ein überdurchschnittlich maßgebliches oder gar gesamtgesellschaftlich relevantes Problem darstellt(e), das ein unabdingbar gebotenes und unverzügliches Einschreiten des Gesetzgebers oder der staatlichen Behörden erfordert hätte oder erfordern würde. Gegenteiliges würde im Übrigen auch dann nicht gelten, wenn man die Zahl von 64.000 spiel süchtigen Personen als tatsächlich zutreffend unterstellt,

weil auch diese nicht über einen Anteil von bloß 1,1 % der in Betracht gezogenen Bevölkerungsgruppe hinauskommen würde. Diese Feststellung schließt es zwar nicht aus, den Spielerschutz sowie die Suchtprävention als eine vorrangige Staatsaufgabe zu apostrophieren, weil es grundsätzlich innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bzw. der Behörden liegt, im Rahmen der dem Staat insgesamt zur Besorgung zukommenden Aufgaben allenfalls auch solche vorrangig zu erledigen, hinsichtlich denen objektiv besehen keine zwingende Vordringlichkeit besteht. Losgelöst von der Frage der Notwendigkeit erscheinen daher die im GSpG vorgesehenen Maßnahmen (wie Z.B. Einrichtung einer Spielerschutzstabsstelle und verpflichtende Zusammenarbeit mit Spielerschutzeinrichtungen, Zutrittssysteme und Zugangskontrolle, Mindestdauer pro Spiel, Verbot bestimmter Spielinhalte, Einsatz- und Gewinnlimits, Verbot parallel laufender Spiele, Abkühlphase, Mindestabstandsregelungen, Schulungskonzepte für Mitarbeiter, etc.) zwar weder als prinzipiell ungeeignet noch als unverhältnismäßig, um die zum Regelungszweck des GSpG erklärten Ziele „Spielerschutz und Suchtprävention“ auch tatsächlich zu erreichen; allerdings vermindert sich vor einem derartigen Hintergrund die Plausibilität, dass mit der GSpG-Novelle BGBI I 73/2010

tatsächlich primär diese Ziele verfolgt werden sollten und sie nicht vielmehr bloß als ein andere Prioritäten rechtfertigender und/oder aus jenen resultierender Nebeneffekt anzusehen sind, ganz erheblich, insbesondere, wenn man in diesem Zusammenhang wiederum die geringe Zahl an festgestellten sachadäquaten Anlassfallen sowie den Umstand in Betracht zieht, dass die Suchthilfe nicht einmal vom Staat, sondern von den Konzessionären (denen zudem auch alle übrigen Kosten der Totalausgliederung aufgebürdet wurden) finanziert wird;

 

6.

Hinsichtlich der Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalitätsvorbeugung lässt sich dem „Glücksspiel Bericht 2010-2013“ entnehmen (vgl. S. 34 f), dass die Bekämpfung des illegalen Glücksspiels de facto auf mehreren Ebenen erfolgt, indem nach der Neuordnung des Glücksspiels (BGBl I 73/2010) zur Jahresmitte 2010 eine eigenständige „SOKO Glücksspiel“ ins Leben gerufen und diese im Jahr 2013 in die Finanzpolizei übergeführt wurde. Im Rahmen ihrer neuen Kontrolltätigkeit und Befugnisse hat die Finanzverwaltung bis Ende 2013 über 6.000 Beschlagnahmen (Glücksspielgeräte und sonstige Eingriffsgegenstände) durchgeführt. Die von der Finanzpolizei vorgenommenen Kontrollen und der dadurch aufrecht erhaltene hohe Verfolgungsdruck führten zu einer Vielzahl von Verwaltungsstrafverfahren, dem seitens illegaler Betreiber allerdings eine „Flucht ins Strafrecht“ gegenübersteht, weil in jenem Bereich kaum Verurteilungen wegen § 168 StGB zu befürchten sind. Dieser Verfolgungsdruck konnte bis zum Sommer 2013 aufrechterhalten werden; nach dem zu diesem Zeitpunkt erfolgten höchstgerichtlichen Judikaturwechsel bezüglich der Abgrenzung zwischen § 168 StGB und § 52 Abs. 1 GSpG wurden die Kontrollen im Bereich des Glücksspiels gemeinsam mit der Kriminalpolizei vorgenommen. Ergänzend dazu heißt es in den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle BGBl I 1412013, mit der die bis dahin maßgebliche Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbestimmung des § 52 Abs. 1 GSpG gegenüber dem gerichtliche strafbaren Tatbestand des § 168 StGB ins Gegenteil verkehrt wurde, u.a. (vgl. die E zur RV, 24 BlgNR, 25. GP, S. 22), dass es in den Jahren 2010 bis 2012 erstinstanzlich zu 638 Verurteilungen, 1.195 Beschlagnahmen und 164 Einziehungen gekommen sei, die rechtskräftig in zweiter Instanz zu 478 Verurteilungen, 1.125 Beschlagnahmen und 58 Einziehungen geführt hätten. Im Jahr 2012 habe es demgegenüber nur 2 und im Jahr 2011 bloß 11 gerichtliche Verurteilungen nach
§ 168 StGB gegeben. Vor diesem Hintergrund werde deutlich, dass die Umkehr der bisherigen Subsidiaritätsregel zu keiner „Entkriminalisierung“ führe. Schon daraus geht aber jeweils übereinstimmend hervor, dass das illegale Glücksspiel in Österreich weder vor den mit BGBl I 7312010 begonnenen Modifikationen des GSpG noch seither ein Kriminalitätsproblem der Art bildeten, dass daraus eine zwingende Notwendigkeit resultierte, i.S.d. Judikatur des EuGH vorrangig einen Schutz der Glücksspieler vor Betrug und anderen Straftaten zu gewährleisten (vgl. z.B. EuGH vom 15. September 2011, C-347/09, RN 52). Denn bei insgesamt bloß 18 Verurteilungen in einem Zeitraum von drei Jahren kann offenkundig kaum von einem echten Kriminalitätsproblem gesprochen werden. Gegenteiliges lässt sich auch der vom BMF im Glücksspielbericht 2010-2013 bezogenen Studie nicht entnehmen; denn von jenen insgesamt 74 Fällen von Beschaffungskriminalität in den Jahren 2006 und 2007 lassen sich lediglich 17 als solche qualifizieren, in denen mit hoher Wahrscheinlichkeit die „Glücksspielsucht als alleiniges Motiv“ für die Begehung schwerer Straftaten (wie Raub, Betrug, Einbruch, etc.) in Betracht kam. Selbst wenn man diese Zahlen vorbehaltslos als zutreffend unterstellt, ergibt sich schon allein daraus, insbesondere aber in Verbindung mit der durch die GSpG-Novelle BGBl I 1312014 vorgenommenen Umkehrung der bisherigen Subsidiaritätsregel (vgl. § 52 Abs. 3 GSpG i.d.g.F.), hinsichtlich der der VfGH in seiner jüngsten Entscheidung vom 10. März 2015, E 1139/2014, der Sache nach (neuerlich) bestätigt hat, dass das behördliche im Verhältnis zum gerichtlichen Strafrecht mit Blick auf das wesentlich geringere Höchstausmaß einer potentiell drohenden Freiheitsstrafe die deutlich weniger einschneidende Maßnahme darstellt, dass das Automatenglücksspiel in Österreich zu keiner Zeit ein echtes sicherheitspolitisches Problem darstellte. Dazu kommt, dass auch der EuGH (vgl. z.B. dessen Urteil vom 31. März 2011, C-347/09, RN 84, m.w.N.) unter „Kriminalität“ nicht bloß Verstöße gegen ordnungspolitische und/oder Monopolsicherungsvorschriften, sondern vielmehr erhebliche Eingriffe in die Rechtssphäre anderer Personen, insbesondere der Spieler und deren Angehöriger, versteht. Sohin ist als erwiesen anzusehen, dass de facto beide Novellierungen des GSpG (BGBI I 73/2010 und BGBl I 13/2014) nicht zu einer „Entkriminalisierung“ in jenem Sinne, wie diese vom EuGH gefordert wird, geführt haben. Denn gesamthaft betrachtet bildete die weitaus überwiegende Anzahl der geahndeten Vergehen bloße Ordnungsverstöße, die auf einer Nichtbeachtung von Vorschriften zur Sicherung des Monopolsystems beruhten, nicht aber davon losgelöste echte Fälle von mittlerer und schwerer (insbesondere
Beschaffungs- )Kriminalität. Überdies lässt sich deutlicher als dadurch, dass der Gesetzgeber parallel dazu dem gerichtlich strafbaren Tatbestand - als dem vergleichsweise gravierenderen Delikt - mit der Novelle BGBl I 1312014 bewusst jeglichen Anwendungsbereich entzogen hat, wohl kaum zum Ausdruck bringen, dass das Glücksspiel für den österreichischen Staat in Wahrheit kein kriminal- und sicherheitspolitisch relevantes Problem darstellt, zumal die Effizienzsteigerung der verwaltungsbehördlichen Strafverfolgung nicht als eine primär-ursprüngliche Notwendigkeit, sondern bloß als eine aus der Einrichtung des Monopolsystems zu dessen weiterer Aufrechterhaltung erforderliche und sohin gleichsam selbst (künstlich) geschaffene bzw. zwangsläufig resultierende Folgewirkung qualifiziert werden (wobei sich in diesem Zusammenhang zudem auch noch die Frage der Verhältnismäßigkeit der damit verbundenen umfassenden [teilweise bereits an der Grenze des rechtsstaatlich noch Vertretbaren liegenden] Eingriffsbefugnisse stellt);

 

7.

Der Einschätzung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich, dass die Geschäftspolitik der Inhaber bundesrechtlicher Konzessionen (Bewilligungsinhaber auf Grund landesrechtlicher Vorschriften müssen in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben, weil sich diese gegenwärtig noch in der „Startphase“ ihrer unternehmerischen Tätigkeit befinden), im Besonderen deren Werbemaßnahmen grundsätzlich aggressiv darauf ausgerichtet sind, zum Spielen der von den beiden Hauptkonzessionären angebotenen Glücksspielarten zu animieren, geradezu notorisch ist - wie jeder willkürliche Blick in ein zufällig ausgewähltes Print- oder elektronisches Medium, insbesondere jede Konsumation von durch entsprechend aufdringliche Werbeintervalle unterbrochenen Fernseh- und Hörfunkprogrammen zur sog. „Prime-Time“ zeigt -, wurde auch von den Verfahrensparteien nicht entgegengetreten. Während der Startphase, d.h. also im näheren zeitlichen Umfeld des Inkrafttretens des mit der GSpG-Novelle BGBl I 7312010 am 19. August 2010 begonnenen Systemwechsels, erweist sich diese expansionistische Geschäfts- und Werbestrategie aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich allerdings im Ergebnis deshalb nicht als unzulässig und damit auch nicht als unionsrechtswidrig, weil ein wesentliches - und vom EuGH auch anerkanntes - Ziel eines Monopolsystems auf diesem bislang noch nicht harmonisierten Sektor darin liegt, die angesprochenen Zielgruppen vom illegalen Glücksspiel hin zu den erlaubten Glücksspielanbietern und -arten zu lenken. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass sich aus den von den Verfahrensparteien vorgelegten Beweismitteln nicht ergeben hat - und für das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich auch sonst nicht feststellbar ist -, dass es auch gezielte Werbeaktivitäten dahin gibt, die im vorgenannten Sinn speziell auch auf das Automatenglücksspiel Bezug nehmen;

 

8.

Bereits im anlassfallbezogenen Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH wurde auch von der Bundesregierung selbst gar nicht in Abrede gestellt (wenngleich dort bloß als ein „erfreulicher Nebeneffekt“ bezeichnet), dass die Beibehaltung des Monopolsystems zu einer Sicherung von Staatseinnahmen in einem nicht unerheblichen Ausmaß (von ca. 500 Mio. Euro jährlich) führt. Gleiches lässt sich auch aus den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle BGBI 73/2010 ableiten. Schließlich ist auch einer Pressaussendung der beiden Monopolinhaber „Casinos Austria AG“ und „Österreichische Lotterien GmbH“ vom 8. April 2015 über das Geschäftsjahr 2014 - hinsichtlich der sich objektiv besehen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Richtigkeit dieser Angaben zu bezweifeln wäre - zu entnehmen, dass diese Konzessionäre zu den „Top-5-Steuerzahlern“ in Österreich (2014: insgesamt 552 Mio. Euro) gehören. All dies führt daher zu der Schlussfolgerung, dass allein dem Bund aus dem Glücksspielmonopol jährlich Einnahmen in einer Höhe von mehr als einer halben Milliarde Euro erwachsen. Dies entspricht einem Anteil von 0,4% an den jährlichen Gesamteinnahmen dieser Gebietskörperschaft und stellt sohin keineswegs eine vernachlässigbare oder gar verzichtbare Quote dar. Dazu kommt, dass der Staat das Glücksspielangebot vollständig auslagern („privatisieren“) konnte, wobei die Konzessionäre nicht nur eine hohe Abgabenquote trifft, sondern diese auch die bereits mit der Konzessionserteilung verbunden exorbitant hohen Gebühren zu tragen sowie in der Folge in einem nicht unerheblichen Ausmaß auch aus eigenem die gesetzlichen Spielerschutz- und Suchtpräventionsmaßnahmen zu finanzieren haben. Stellt man dem die Tatsache gegenüber, dass sowohl Spielerschutz und Suchtprävention als

auch Kriminalitätsbekämpfung und -vorbeugung - wie zuvor aufgezeigt - auf Grund der jeweils geringen Anzahl von Anlassfällen keine vordringlichen Staatsaufgaben verkörpern, so ergibt sich daraus insgesamt, dass die Besorgung dieser Agenden vornehmlich bloß zu dem Zweck erfolgt, um einen Vorwand für die Beibehaltung der Monopolregelung des GSpG zu bilden, während der Primärzweck dieser Konzeption darin besteht, eine stabile Quote von 0,4% der jährlichen Gesamteinnahmen des Bundes sicherzustellen;

 

9.

Zur effektiven Hintanhaltung von Beeinträchtigungen des Glücksspielmonopols sind in den §§ 50 ff GSpG umfassende Eingriffsbefugnisse der Finanzbehörden (Finanzämter), aber auch der ihnen zugeordneten Exekutivorgane (Finanzpolizei) vorgesehen; hierzu zählen neben den weitläufigen Verwaltungsstrafdrohungen (vgl. § 52 Abs. 1 Z. 1 bis Z. 11 GSpG) auch detaillierte Betretungs- , Einschau-, Informations- und Überprüfungsbefugnisse (§ 50 Abs. 4 GSpG), die Berechtigung zur Vornahme einer vorläufigen und/oder endgültigen Beschlagnahme (§ 53 GSpG) oder Einziehung (§ 54 GSpG) sowie die Anordnung einer Betriebsschließung (§ 56a GSpG). Abgesehen davon, dass sich diese weit reichenden und jeweils ohne vorangehende richterliche Kontrolle teilweise massive Grundrechtsbeeinträchtigungen ermöglichenden einfachgesetzlichen Ermächtigungen bei Anlegung eines durchschnittlichen Maßstabes auch als verfassungsrechtlich höchst bedenklich erweisen - so z.B. im Hinblick auf den durch das Gesetz zum Schutze des Hausrechts, RGBl 88/1862 i.d.g.F. BGBl 422/1974, garantierten rechtsstaatliehen Standard -, mag es in diesem Zusammenhang allenfalls als noch vertretbar erscheinen, eine nach nationalem Verfassungsrecht bestehende, nämlich durch das öffentliche Interesse an der Wahrung des Monopols bzw. der Sicherung entsprechender Staatseinnahmen sachlich zu rechtfertigende politische Gestaltungsbefugnis des einfachen Gesetzgebers zur Erlassung derartiger Eingriffsbefugnisse anzunehmen. Allerdings sind die Kriterien, anhand der die Verhältnismäßigkeit einer mitgliedstaatlichen Monopolregelung im Lichte des Art. 56 AEUV zu beurteilen ist, nicht mit jenen gleichzusetzen, die zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit, im Besonderen die Gleichheitskonformität, dieser Vorschriften heranzuziehen sind. Oder anders gewendet: Wäre Österreich kein Mitgliedstaat der Europäischen Union, könnten sich die Bestimmungen der §§ 50 ff GSpG im Lichte des nationalen Verfassungsrechts allenfalls auch als unbedenklich erweisen (und wäre diese Frage zudem autonom von den innerstaatlichen Organen zu entscheiden). So aber begegnen diese - wie dem Urteil des EuGH vom 30. April 2014, C 390/12, RN 57 ff, zu entnehmen ist - jedenfalls gravierenden Bedenken im Hinblick auf die Garantien der Art. 15 bis 17 EGRC (Berufsfreiheit, unternehmerische Freiheit, Eigentum), aber auch in Bezug auf die Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 7 EGRC) und den Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 EGRC): Denn die in Art. 52 Abs. 1 EGRC normierte Wesensgehaltssperre stellt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich sicher, dass jener Standard an staatlichen Eingriffsmodalitäten, der mit der EGRC im Zusammenhang mit der Sanktionierung von Verstößen gegen Unionsrecht generell festgelegt ist und insbesondere in den Art. 47 ff EGRC zum Ausdruck kommt, stets gewahrt bleiben muss. Selbst unter der Annahme, dass die im GSpG positivierte Monopolregelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist, würden sich daher die in den §§ 50 ff GSpG normierten Eingriffsbefugnisse als unverhältnismäßig erweisen, weil die mit diesen intendierte faktische Effizienz zum Zweck der Abwehr von Monopolbeeinträchtigungen - v.a. im Hinblick auf die fehlende Notwendigkeit vorangehender richterlicher Ermächtigungen - in ihrer Gesamtheit betrachtet jedenfalls überschießend ist und somit auch nicht dem in Art. 52 Abs. 1 EGRC normierten Kriterium des Gemeinwohls dient. Von diesen konkreten Eingriffsbefugnissen abgesehen ließe sich zudem vor dem Hintergrund, dass die konsequenteste (freilich nicht nur mit einem gänzlichen Verzicht auf staatliche Einnahmen, sondern sogar mit hohen Kosten für eine effiziente Kontrolle verbundene) Maßnahme eines absoluten Verbots des Glücksspiels vom Bundesgesetzgeber nicht (bzw. bloß von einigen Landesgesetzgebern) gewählt wurde, eine Feststellung dahin, dass das im GSpG verankerte System der Monopolregelung dem Gebot der Kohärenz der Zielerreichung entspricht, aber ohnehin nur dann treffen, wenn sich zuvor zweifelsfrei annehmen lässt, dass einerseits Spielerschutz und Suchtprävention sowie Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung vom Gesetzgeber tatsächlich als Primärziele beabsichtigt waren und andererseits diese Ziele von der vollziehenden Gewalt seither sowohl tatsächlich als auch konsequent umgesetzt wurden. Beides war bzw. ist jedoch - wie zuvor ausgeführt - jeweils nicht der Fall; denn Spielerschutz, Suchprävention und Kriminalitätsvorbeugung bilden selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich der mit der GSpG-Novelle 2010 begonnene Systemwechsel gegenwärtig eher noch in der Startphase befindet, lediglich Nebenziele, denen im Verhältnis zu den beiden Hauptzielen der Sicherung der Staatseinnahmen einerseits und der Aufrechterhaltung des Monopolsystems andererseits bloß untergeordnete Bedeutung zukommt. Selbst wenn dies nicht zutreffen würde, ließe sich aber auch kein stichhaltiges Argument dafür finden - und wurden hierfür insbesondere auch seitens der belangten Behörde und der Amtspartei keine entsprechenden Beweismittel vorgelegt -, dass die mit der GSpG-Novelle beabsichtigten Ziele (Spielerschutz und Sucht- sowie Kriminalitätsvorbeugung) lediglich durch das vorn Bundesgesetzgeber konkret gewählte, extrem eingriffsintensive (nämlich nur noch durch ein gänzliches Verbot zu übertreffende) Monopolsystem und nicht gleichermaßen effizient auch durch weniger einschneidende Maßnahmen - wie insbesondere durch ein Konzessionssystem, das zwar in analoger Weise wie das derzeit bestehende sowohl strikte Spielerschutz-, Zugangs-, Schulungsmaßen etc. zu Lasten der Bewilligungsinhaber als auch rigorose staatliche Kontrollmaßnahmen vorsieht, gleichzeitig aber darauf verzichtet, die Anzahl der zu vergebenden Konzessionen (im Sinne einer Bedarfsprüfung) zahlenmäßig zu beschränken - erreicht werden kann. Somit erweisen sich im Ergebnis sowohl das Monopolsystem als solches als auch die zu dessen Aufrechterhaltung normierten (v.a. richtervorbehaltslos
exekutiv- )behördlichen Eingriffsermächtigungen als unverhältnismäßig und daher nicht mit Art. 56 AEUV vereinbar;

 

10.

Um den Anforderungen des Art. 56 AEUV zu entsprechen, müsste insgesamt besehen mindestens einer der in der Judikatur des EuGH anerkannten, einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigenden zwingenden Gründe des Allgemeininteresses ( Spielerschutz, Kriminalitätsbekämpfung, o.Ä.) jene Ziele, die in ungerechtfertigter Weise mit den Eingriffsbefugnissen einhergehen, tatsächlich und eindeutig überwiegen. Angesichts dieses Prüfungsmaßstabes ergibt sich allerdings, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art. 56 AEUV keine Deckung findet und somit dem Unionsrecht widerspricht, weil dieses einerseits tatsächlich nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses - wie etwa dem Verbraucherschutz (in Form des Spielerschutzes und der Suchtvorbeugung) oder der Kriminalitätsbekämpfung und der Kriminalitäts-, insbesondere Betrugsprävention - basiert, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen (in Höhe von 0,4% der jährlichen Gesamteinnahmen des Bundes) dient sowie andererseits - und unabhängig davon - auch die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems (Privatisierung durch Übertragung der zwar sowohl strengen Antrittsvoraussetzungen als auch einer rigiden staatlichen Kontrolle unterliegenden Ausübungsbefugnisse nicht auf eine unbeschränkte, sondern - im Sinne einer Bedarfsprüfung - auf eine bloß limitierte Anzahl von Konzessionären) und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsbefugnisse (Betretungs-, Einschau-, Informations- und Überprüfungsrechte; vorläufige und/oder endgültige Beschlagnahme; Verwaltungsstrafe; Einziehung, Betriebsschließung) insbesondere mangels generell fehlender Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig sind. Mit diesem Resultat soll keineswegs einer - erst recht keiner vollständigen - Liberalisierung des Glücksspielmarktes das Wort geredet werden; weil aber Österreich ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist, muss aus rechtlicher Sicht nachdrücklich betont werden, dass sich jegliche Beschränkung des Glücksspielangebotes - insbesondere in Gestalt eines
(Quasi )Monopolsystems - stets nur innerhalb der vom EuGH abgesteckten Grenzen des Art. 56 AEUV bewegen kann;

 

 

11.

Widerspricht eine innerstaatliche Regelung dem Unionsrecht, so hat diese nach ständiger Rechtsprechung des EuGH faktisch unangewendet zu bleiben. Dieser Grundsatz ist - zumal in Österreich auch nach mittlerweile mehr als 20-jähriger Mitgliedschaft zur Europäischen Union noch immer keine spezifischen prozessualen Regelungen hinsichtlich einer spezifischen Kompetenz eines innerstaatlichen Organs zur national-verbindlichen Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit sowie einer damit im Zusammenhang stehenden allfälligen übergangsweisen Weitergeltung unionsrechtswidriger Normen bestehen - von jedem staatlichen Organ auf jeder Ebene des Verfahrens zu beachten. Konkret bedeutet dies insbesondere, „dass der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu Sanktionen führen kann, wenn diese Regelung mit Art. 56 AEUV nicht vereinbar ist“ (vgl. EuGH vom 30. April 2014, C 390112, RN 64, m.w.N.). Daraus resultiert für den vorliegenden Fall, dass eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG ausgeschlossen ist, weil sich diese Strafnorm rechtssystematisch als eine auf dem Glücksspielmonopolregelung des GSpG fußende und mit dieser in einem untrennbaren Zusammenhang stehende Bestimmung darstellt.

 

Beweis: Urteil des LVwG OÖ vom 29.05.2015“.

 

2.4. Unter Hinweis auf §§ 45 und 46 Abs. 2 VStG und dazu ergangene Judikatur monierte der Beschwerdeführer, dass „die im Spruch genannte Tat in den Feststellungen keine hinreichende Deckung“ finde. Die belangte Behörde trifft so gut wie keine Feststellungen über den technischen Ablauf der angeblichen Glücksspiele. Warum die belangte Behörde der Meinung ist, es handle sich um Glücksspielautomaten, sei in der Bescheidbegründung nicht einmal annähernd ersichtlich. Die Behörde erster Instanz hätte daher nachstehende Fragen selbst oder durch einen Sachverständigen lösen und die entsprechenden Feststellungen treffen müssen.

 

1) Werden Daten über das Internet ausgetauscht?

2) Welche Daten werden ausgetauscht. Wie groß ist das Datenvolumen?

3) Wird über das Internet von anderer Seite (einem Glücksspielautomaten) das dort erzielte Ergebnis übermittelt?

4) Ist das von der Behörde als Glücksspielautomat bezeichnete Eingabeterminal in der Lage selbstständig eine Spielentscheidung herbeizuführen?

5) Kann auf dem Eingabeterminal nach Lösung der Internetleitung noch gespielt werden?

6) Ungefähre Größe des Gerätes?

7) Farbe, äußeres Erscheinungsbild?

8) Anschlüsse, Stecker, Steckverbindungen, Kabel?

9) Schilder, Aufschriften, Gerätenummer, etc.?

10) Ist/war das Gerät fest mit dem Boden oder der Wand verbunden?

11) Art der Stromversorgung: 12 V, 220 V?

12) Anzahl der Bildschirme?

13) Anzahl der Tasten?

14) Bringen Tastenkombinationen ein Ergebnis? Z.B. Spielfreigabe?

15) Gibt es eine Spielbeschreibung, wie viele Seiten umfasst diese?

16) In welcher Sprache ist die Spielbeschreibung abgefasst?

17) Gibt es Warnhinweise bezüglich der Gefahr spiel süchtig zu werden?

18) Ist ein Demoprogramm installiert?

19) Wie war der Erhaltungszustand zum Zeitpunkt der Befundaufnahme? (neu, neuwertig, Gebrauchsspuren, abgenützt, veraltert, etc.)

 

Technischer Aufbau

1) Art und Größe des Bildschirmes (Röhre, LCD, Plasma); handelt es sich um einen Touch-Screen, wenn ja, welches Fabrikat bzw. wie wird der Touch-Screen angesteuert?

2) Verfügt das Gerät über eine Internetleitung, war diese angeschlossen?

3) Wurde die tatsächliche intakte Funktion dieser Internetleitung überprüft?

4) Verfügt das Gerät über eine interne Stromversorgung (Batterie, Akku)?

5) Verfügt das Gerät über einen Lautsprecher?

6) Verfügt das Gerät über einen Banknotenscanner?

7) Ist ein Münzeinwurf vorhanden?

8) Mit welcher Stromspannung arbeiten die einzelnen Elemente/technischen Geräte?

9) Ist eine Sprachsteuerung vorhanden?

10) Kann ein starker Stromstoß, z.B. Blitzeinschlag Einfluss auf die Elektronik, das Programm oder auf die Funktionsweise des Gerätes nehmen?

11) Wie lässt sich das Gerät öffnen?

12) Kann das Gerät von außen gesperrt oder freigegeben werden?

13) Kann das Gerät durch eine kabellose Fernbedienung beeinflusst werden?

14) Was sind die technischen Voraussetzungen, um in das Buchhaltungssystem Einsicht zu nehmen?

15) Deprogrammiert sich das Gerät unter bestimmten Voraussetzungen?

16) Wie erfolgt die Ansteuerung des oberen DVD?

17) Wie erfolgt die Ansteuerung des unteren DVD?

18) Besitzt das Gerät eine integrierte Grafik?

19) Wie viel Bite umfasst der Speicher?

20) Besteht eine batteriegepufferte Datenerhaltung, wenn ja, über welchen Zeitraum ist der Datenerhalt gewährleistet?

21) Gibt es für den Datenerhalt eine Absicherung?

22) Welche Daten weißt der Festplattenspeicher auf?

23) Welches Betriebssystem wird verwendet?

 

Allgemeines zum Betrieb

1) Kann nur gegen Geldeinsatz gespielt werden?

2) Welcher Geldeinsatz (Banknote, Münze) kann ab welcher Höhe und bis zu welcher Höhe in das Gerät eingegeben werden? In welcher Währung kann gespielt werden?

3) Wie hoch ist der maximale bzw. minimale Einsatz pro Spiel?

4) Gibt es Zusatzspiele?

5) Kann das Gerät Gewinne ausfolgen?

6) Welche Programmdaten werden über Internet übermittelt?

7) Werden die Spielverläufe intern aufgezeichnet?

8) Gehen Daten bei der Trennung des Gerätes vom Stromnetz verloren? Nach welcher Zeit?

9) Wo ist die Graphik gespeichert?

10) Von wo aus wird das Buchhaltungsprogramm des einzelnen Spieles gesteuert? (extern, intern)

11) Startet, abgesehen vom ersten Spiel, jedes Spiel automatisch?

12) Kann das Spiel jederzeit abgebrochen bzw. beendet werden?

13) Wie lange dauert durchschnittlich ein jedes Spiel?

14) Geben Sie die kürzeste und längst mögliche Spieldauer des Einzelspieles an.

 

Spielprogramme

1) Welche Spiele können auf dem Gerät gespielt werden?

2) Welche Versionen der einzelnen Spielprogramme sind installiert?

3) Sind alle Spielprogramme funktionsfähig?

4) Beschreiben sie die einzelnen Spiele?

5) Kann der Spieler im Spielverlauf irgendwie tätig werden? (Karten/Symbole halten, das Spiel abbrechen, etc.)

6) In welchen Spielvarianten kann der Spieler gewinnen?

7) Lassen sich die Gewinnchancen/Verlustgefahren in irgendeiner Form beeinflussen?

8) Was ist für den Spieler das bestmögliche Einzelspielergebnis?

9) Was ist für den Spieler das schlechtmöglichste Einzelspielergebnis?

10) Gibt es Sonderspiele wie Gambeln, Supergames, etc.?

11) Wie hoch ist bei Sonderspielen der Einsatz, wie hoch ist der Gewinn?

12) Wer ist Urheber des jeweiligen Spielprogrammes?

13) Kann der Betreiber das Spielprogramm verändern?

14) Entspricht das Spielprogramm national und international gebräuchlichen Spielprogrammen?

15) Wie schnell ist das einzelne Spiel erlernbar?

16) Bedarf es einer besonderen Intelligenz?

17) Welche Veränderungen sind während des Spieles am Bildschirm zu beobachten?

18) Können alle Veränderungen vom Spieler zur Gänze gesehen bzw. erfasst werden?

19) Ist das Spiel zur Gänze - in jedem Teilbereich - zufallsabhängig?

20) Wiederholen sich Spielergebnisse in einer wiederkehrenden Reihenfolge?

21) Kann der Spieler durch lange Beobachtung, Konzentration, Merkfähigkeit, Geschicklichkeit, Ausdauer oder besondere Beobachtungsgabe das Spielergebnis verbessern?

22) Wie viele Versionen des jeweiligen Spielprogrammes gibt es?

23) Gibt es Spielteilergebnisse? Führen diese zu Gewinn oder Verlust?

24) Gibt es statistische Auswertungen über Ge

Quelle: Landesverwaltungsgericht Kärnten LVwg Kärnten, http://www.lvwg.ktn.gv.at
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