TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/25 99/16/0518

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Veröffentlicht am 25.05.2000
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Index

L34003 Abgabenordnung Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §183 Abs4;
BAO §20;
BAO §281;
B-VG Art130 Abs2;
LAO NÖ 1977 §148 Abs4;
LAO NÖ 1977 §18;
LAO NÖ 1977 §211;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der D GmbH in W, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 16. November 1999, Zl 8/A/451/99, betreffend Aussetzung der Entscheidung über eine Berufung in einer Getränkesteuerangelegenheit zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Stadt Wiener Neustadt hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einer Eingabe vom 3. August 1998 beantragte die Beschwerdeführerin die Festsetzung der Getränkesteuer für die Zeiträume 1995 bis 1997 und Jänner bis Juli 1998 mit S 0,--; gleichzeitig wurde die Rückzahlung der entrichteten Getränkesteuerbeträge für diese Zeiträume beantragt. In der Eingabe wurde wörtlich ausgeführt:

Zu unseren Anträgen dürfen wir der Vollständigkeit halber darauf verweisen, dass wir bestrebt sind, Anlassfall beim Verfassungsgerichtshof für die obigen Zeiträume zu werden. Aus unserer Sicht besteht keine Veranlassung für eine Aussetzung des Verfahrens auf Grund der bereits bei den Höchstgerichten anhängigen Verfahren, bis diese entschieden sind.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 1998 wurde hierauf die Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1997 mit einem Gesamtbetrag von S 150.699,-- festgesetzt. Gleichzeitig wurde der Rückzahlungsantrag abgewiesen.

In einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde begehrt, dem Antrag vom 3. August 1998 "vollinhaltlich stattzugeben" und die Getränkesteuer mit S 0,--festzusetzen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Entscheidung über diese Berufung von der Abgabenbehörde zweiter Instanz ausgesetzt. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, die Partei habe der beabsichtigten Aussetzung zugestimmt.

In der Beschwerde werden inhaltliche Rechtswidrigkeit dieses Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtaussetzung des Verfahrens, hilfsweise auf Nichtaussetzung bis zu einem über das Urteil des EuGH in der Rs C-437/97 hinausreichenden Zeitraum, auf richtige Ermessensübung, in eventu auf rechtliches Gehör verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Berufung anhängig oder schwebt vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist, so kann die Entscheidung über diese gemäß § 211 der Niederösterreichischen Landesabgabenordnung idgF unter Mitteilung der hiefür maßgebenden Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen.

Die Aussetzung der Entscheidung über eine Berufung stellt eine Ermessensentscheidung dar (vgl Ritz, BAO2, 670). Eine solche Ermessensentscheidung ist nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Zur Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine Entscheidung über eine Aussetzung gegeben sind, hat die Behörde zu ermitteln, ob einer Aussetzung überwiegende Interessen entgegenstehen. Zu diesem Zweck hat sie der Partei rechtliches Gehör zu gewähren (vgl Ritz, aaO).

Im Beschwerdefall wurde die Aussetzung der Entscheidung über die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung vom 23. Dezember 1998 von der Abgabenbehörde zweiter Instanz mit dem angefochtenen Bescheid verfügt, obgleich sich die Beschwerdeführerin bereits in ihrem Antrag um Festsetzung der in Rede stehenden Abgaben vom 3. August 1998 ausdrücklich gegen eine Aussetzung eines (künftigen) Berufungsverfahrens gewandt hatte und auch in der Berufung auf diese Eingabe verwiesen worden war. Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides demgegenüber enthaltene Feststellung, die Partei habe der beabsichtigten Aussetzung des Verfahrens zugestimmt, steht damit aber im - worauf die Beschwerdeführerin auch zu Recht hinweist - Widerspruch zum Inhalt der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten. Da somit der dem Beschwerdefall zu Grunde liegende Sachverhalt von der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen worden ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, womit es sich erübrigte, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung war aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 3 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 25. Mai 2000

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999160518.X00

Im RIS seit

21.12.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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