TE Lvwg Erkenntnis 2016/3/8 LVwG-476-1/2016-R15

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Veröffentlicht am 08.03.2016
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Entscheidungsdatum

08.03.2016

Norm

VVG §4 Abs1

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Reinhold Köpfle über die Beschwerde des Mag. R W, F gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 16.12.2015, Zl X-9-2014/28605, zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Mit angefochtenem Bescheid wurde gemäß § 4 Abs 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG) BGBl Nr 53/1991, idgF, gegenüber dem Beschwerdeführer angeordnet, dass die mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft F vom 01.10.2014 angedrohte Ersatzvornahme durch Abbruch des ohne Baubewilligung errichteten Gartenhauses und Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes zu vollstrecken ist (Spruchpunkt I.). Weiters wurden dem Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs 2 VVG die voraussichtlich entstehenden Kosten der Ersatzvornahme laut Kostenvoranschlag der Firma H M R vom 30.11.2015 in der Höhe von 4.760 Euro (inkl USt) vorgeschrieben. Eine allfällige Überzahlung werde zurückerstattet. Dieser Betrag sei entsprechend § 4 Abs 2 VVG binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft F zu hinterlegen (Spruchpunkt II.).

2.   Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und werde seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Wie sich aus dem offenen Grundbuch ergebe, sei bereits im April 2013 ob der gegenständlichen Liegenschaft das Eigentumsrecht für seine Schwester U W wegen Fehlens der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes vorgemerkt worden. Durch die zwischenzeitliche Rechtfertigung der Eigentumsvormerkung sei U W rückwirkend zum Zeitpunkt der Einreichung des Vormerkgesuches Eigentümerin geworden. Er sei nur noch Fruchtgenussberechtigter. Als solcher sei er nicht berechtigt und auch nicht verpflichtet, das gegenständliche Bauwerk abzutragen bzw die diesbezüglichen Kosten zu bevorschussen.

3.   Folgender Sachverhalt steht fest:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt F vom 17.04.2014 Spruchpunkt II., wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 40 Abs 3 Baugesetz (BauG), LGBl Nr 52/2001 idgF, aufgetragen, innerhalb von 2 Monaten ab Rechtskraft des Bescheides ua das straßenseitige Gartenhaus in der Nordostecke der Liegenschaft GST-Nr XXX, KG N, zu entfernen und den rechtmäßigen Zustand des Baugrundstückes wieder herzustellen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer ist dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft F vom 16.07.2014, Zl X-9-2014/28605, wurde dem Beschwerdeführer für den Fall, dass er nicht binnen einer Frist von zwei Monaten ab Zustellung dieses Schreibens den rechtmäßigen Zustand wiederherstellt, die Ersatzvornahme auf seine Gefahr und Kosten auszuführen, angedroht.

Nachdem der Beschwerdeführer den Abbruch weiterhin nicht vorgenommen hat, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid erlassen.

Eigentümerin des gegenständlichen Grundstückes ist seit 21.03.2013 U W. Dem Beschwerdeführer steht seit 21.03.2013 ein Fruchtgenussrecht an dieser Liegenschaft zu.

4.   Dieser Sachverhalt wird aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund der durchgeführten Verhandlung sowie eines amtswegig eingeholten Grundbuchsauszuges vom 23.02.2016 als erwiesen angenommen.

Aus dem eingeholten Auszug aus dem Grundbuch der Republik Österreich vom 23.02.2016, Einlagezahl YYY, ergibt sich, dass für das GST-Nr XXX, KG N, U W als Eigentümerin eingetragen ist. Weiters ergibt sich daraus, dass aufgrund eines Übergabsvertrages vom 21.03.2013 dieses Eigentumsrecht vorgemerkt war und im Jahr 2016 die Rechtfertigung erfolgte. Weiters ist unter der genannten Einlagezahl beim GST-Nr XXX ein Fruchtgenussrecht gemäß Punkt III. des Übergabsvertrages vom 21.03.2013 für Mag. R W eingetragen.

5.1. Gemäß § 52 erster Satz BauG, LGBl Nr 52/2001 idF LGBl Nr 44/2013, kommt allen Entscheidungen nach diesem Gesetz – ausgenommen jenen nach § 55 – insofern eine dingliche Wirkung zu, als daraus erwachsene Rechte auch vom Rechtsnachfolger geltend gemacht werden können und daraus erwachsene Pflichten auch vom Rechtsnachfolger zu erfüllen sind.

Im Motivenbericht zur Regierungsvorlage zum § 52 BauG (45. Beilage im Jahre 2001 zu den Sitzungsberichten des XXVII. Vorarlberger Landtages) wird betont, dass von dieser Regelung auch baupolizeiliche Aufträge umfasst sind. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs trifft die Verpflichtung zur Befolgung eines rechtskräftigen Abbruchauftrages aufgrund der dinglichen Wirkung eines solchen Auftrages den jeweiligen Eigentümer der vom Auftrag umfassten Baulichkeiten (vgl VwGH 06.07.2010, 2009/05/0004).

Der mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt F vom 17.04.2014 erteilte rechtskräftige Bauauftrag richtet sich daher an den jeweiligen Eigentümer des betreffenden Grundstücks, somit an die derzeitige Eigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft, U W.

5.2. Gemäß § 4 Abs 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG), BGBl Nr 53/1991, kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Gemäß § 4 Abs 2 VVG kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht dem Eigentümer der Sache, an der die Ersatzvornahme nach § 4 VVG vorzunehmen ist, an sich nur die in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzte Paritionsfrist zur Vornahme der Arbeit zur Verfügung. Dies bedeutet, dass das eigentliche Vollstreckungsstadium bereits mit dem Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Frist beginnt, woran auch der Umstand nichts zu ändern vermag, dass diese Androhung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Bescheid zu werten ist. Ab diesem Zeitpunkt bis zum tatsächlichen Abschluss der Ersatzvornahme sind die Eigentümer der hievon betroffenen Liegenschaften als Verpflichtete anzusehen. Auch wenn das Vollstreckungsverfahren gegen den Beschwerdeführer als Eigentümer der betroffenen Liegenschaft durch die Androhung der Ersatzvornahme und Gewährung einer Paritionsfrist von drei Monaten eingeleitet worden ist, kann aufgrund der dinglichen Wirkung des Titelbescheides der Beschwerdeführer nicht mehr Verpflichteter sein, wenn das eigentliche Vollstreckungsstadium (Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Frist) erst begonnen hat, als der Beschwerdeführer nicht mehr Eigentümer der betroffenen Liegenschaft war (VwGH 09.11.1999, 99/05/0181).

Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 25.04.1995 festgestellt hat, wird durch die bloße Vormerkung des Eigentumsrechtes einer Person im Grundbuch diese aber nicht als Eigentümer eingetragen. Hierzu wäre die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes erforderlich. Die Vormerkung sei nämlich lediglich die grundbücherliche Eintragung des durch die spätere Rechtfertigung aufschiebend bedingten, wenn auch dann mit Wirkung ab Vormerkung ausgestatteten Eigentumserwerbes. Das unbedingte Recht wird auf Grund der Rechtfertigung rückwirkend auf den Zeitpunkt der Einreichung des zur Vormerkung führenden Grundbuchgesuches erworben (OGH 16.06.1992, 5Ob90/92).

Wenn das Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheidet, hat es seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076). Somit hat das Verwaltungsgericht auch von jenem Grundbuchstand auszugehen, wie er im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aus dem Grundbuch ersichtlich ist.

Wie sich aus den zuvor angeführten Erkenntnissen des Obersten Gerichtshofes ergibt, bewirkt die nachfolgende Rechtfertigung einer Vormerkung des Eigentumsrechtes, dass mit Einverleibung des Eigentumsrechtes der Eigentumserwerb als im Zeitpunkt der Vormerkung als bewerkstelligt gilt. Eigentümerin des gegenständlichen GST-Nr XXX, KG N, ist daher U W, und zwar seit dem Zeitpunkt der Vormerkung am 21.03.2013. Seit diesem Zeitpunkt ist der Beschwerdeführer nicht mehr Eigentümer, sondern nur mehr Fruchtnießer an gegenständlichem Grundstück.

Nachdem das Eigentumsrecht an der gegenständlichen Liegenschaft am 21.03.2013 vom Beschwerdeführer auf U W übergegangen ist, ist U W Verpflichtete zur Befolgung des rechtskräftigen Abbruchauftrages des Bürgermeisters der Stadt F vom 17.04.2014, und nicht der Beschwerdeführer. Die Androhung der Ersatzvornahme vom 16.07.2014 sowie die nunmehr angefochtene Anordnung der Ersatzvornahme samt Kostenvorschreibung wäre daher an die Eigentümerin U W und nicht an den Beschwerdeführer zu richten gewesen. Nachdem der angefochtene Bescheid somit an den falschen Adressaten gerichtet war, war der Bescheid aufzuheben.

6.              Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verwaltungsvollstreckung, Ersatzvornahme

Anmerkung

Erkenntnis wurde vom Verwaltungsgerichtshof (19.12.2017, Ra 2016/06/0043) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2016:LVwG.476.1.2016.R15

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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