TE Vwgh Beschluss 2017/12/20 Ra 2016/13/0003

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Veröffentlicht am 20.12.2017
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §245 Abs3;
BAO §85 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und den Hofrat Dr. Nowakowski sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der Verlassenschaft nach F N, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 20. Oktober 2015, Zl. RV/7101701/2013, betreffend Zurücknahmeerklärung einer Berufung (Umsatz- und Einkommensteuer 2002 bis 2007, Verspätungszuschlag 2002), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Partei ist die Verlassenschaft nach dem am 16. März 2015 verstorbenen Franz N (im Folgenden: N).

2 Mit Bescheiden vom 1. Dezember 2009 setzte das Finanzamt für N die Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2007 sowie den Verspätungszuschlag für das Jahr 2002 fest.

3 Der vom damaligen steuerlichen Vertreter des N beim Finanzamt eingebrachte Schriftsatz vom 30. Dezember 2009 hatte folgenden Inhalt:

"Betrifft: (N) Berufung St. Nr. (...)

Namens und auftrags meiner Mandantschaft erhebe ich gegen die nachstehenden Bescheide vom 01.12.2009, zugestellt am 07.12.2009 innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung (....).

Berufungsbegehren: Durchführung der Veranlagung lt. vorzulegender Steuererklärungen 2007.

Da meine Mandantschaft über die Weihnachtsfeiertage bis zum 10.01.2010 auf Urlaub befindlich ist, wird ersucht die Rechtsmittelfrist bis zum 28.02.2010 zu verlängern.

Dies vor allem deshalb, da (N) die Jahre 2007 bis 2002 nochmals aufarbeiten muss.

In Würdigung der angeführten Gründe ersuche ich um vollinhaltliche Stattgebung meiner Berufung und wird beantragt die nachstehenden Beträge (...) gem. 212a BAO auszusetzen."

4 Mit Mängelbehebungsauftrag vom 27. Jänner 2010 forderte das Finanzamt N auf, die näher bezeichneten Mängel seiner Berufung bis zum 28. Februar 2010 zu beheben. Weiters wies das Finanzamt darauf hin, dass bei Versäumung dieser Frist das Anbringen als zurückgenommen gelte.

5 Mit Schreiben vom 24. Februar 2010 ersuchte der steuerliche Vertreter des N das Finanzamt um Verlängerung der "Rechtsmittelfrist" bis zum 28. März 2010. Mit weiterem Schreiben vom 26. März 2010 ersuchte der steuerliche Vertreter des N das Finanzamt um Verlängerung der "Rechtsmittelfrist" bis zum 15. Mai 2010.

6 Mit Bescheid vom 10. Mai 2010 sprach das Finanzamt aus, dass die Berufung des N gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2007 und den Verspätungszuschlag für das Jahr 2002 vom 30. Dezember 2009 als zurückgenommen gilt. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass N dem Mängelbehebungsauftrag vom 27. Jänner 2010 nicht bis zum 28. Februar 2010 nachgekommen sei. Den Ansuchen um Verlängerung der Rechtsmittelfrist habe nicht entsprochen werden können, da bereits mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2009 die Berufung gegen diese Bescheide erhoben worden sei. Ein Antrag auf Verlängerung der Mängelbehebungsfrist sei nicht gestellt worden.

7 Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung vom 18. Mai 2010 wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 14. Juni 2010 ab.

8 Im fristgerecht gestellten Vorlageantrag führte der steuerliche Vertreter des N aus, er habe letztmalig am 26. März 2010 um eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist bis zum 15. Mai 2010 ersucht. Aufgrund der Erkrankung des N hätten erst am 19. Mai 2010 die berichtigten Steuererklärungen für die Jahre 2002 bis 2007 eingereicht werden können. Angesichts des angegriffenen Gesundheitszustands des N und der Überlastung dessen Büros werde ersucht, die Berufung als rechtzeitig anzuerkennen.

9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 20. Oktober 2015 wies das Bundesfinanzgericht die (als Beschwerde zu wertende) Berufung ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei. Zur Begründung führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, dass N dem Mängelbehebungsauftrag vom 27. Jänner 2010 nicht fristgerecht nachgekommen sei. Dass es sich bei den Ersuchen um Verlängerung der Rechtsmittelfrist vom 24. Februar 2010 und vom 26. März 2010 um Anträge auf Verlängerung der Mängelbehebungsfrist hätte handeln sollen, werde vom Revisionswerber nicht behauptet und gehe aus den diesbezüglichen - vom steuerlichen Vertreter verfassten - Eingaben auch nicht hervor.

10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

11 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten. Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. etwa VwGH 13.9.2017, Ra 2017/13/0048, mwN).

12 Die revisionswerbende Partei erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis "im Recht auf Erledigung sämtlicher nach § 245 BAO gestellter Anträge" bzw. "im subjektiven Recht auf Unterbleiben der (nicht) ordnungsgemäßen Erledigung sämtlicher nach § 245 BAO gestellter Anträge" verletzt.

13 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesfinanzgericht den Bescheid des Finanzamts, mit dem ausgesprochen worden war, dass die Berufung vom 30. Dezember 2009 mangels Behebung der der Berufung anhaftenden Mängel innerhalb der dafür gesetzten Frist im Sinne des § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen gilt.

14 Durch das angefochtene Erkenntnis, das ohnehin vom Vorliegen einer - wenn auch mangelhaften - Berufung ausging, kann die revisionswerbende Partei somit nicht in dem als Revisionspunkt offenkundig geltend gemachten Recht auf Entscheidung über die Anträge auf Verlängerung der Frist für die Einbringung eines Rechtsmittels nach § 245 Abs. 3 BAO verletzt worden sein. Im Hinblick auf den normativen Gehalt des angefochtenen Erkenntnisses käme im vorliegenden Fall nur die Verletzung im Recht darauf, dass nicht ausgesprochen wird, dass die Berufung als zurückgenommen gilt, in Betracht.

15 Da die revisionswerbende Partei somit keinen tauglichen Revisionspunkt geltend gemacht hat, erweist sich die Revision schon deshalb als unzulässig und war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 20. Dezember 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016130003.L00

Im RIS seit

05.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

15.03.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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