TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/29 96/10/0034

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Veröffentlicht am 29.05.2000
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Index

L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
NatSchG OÖ 1982;
VStG §19 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des F in 5303 Thalgau, vertreten durch Dr. Johann Buchner und Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Paris-Lodron-Straße 17/1/14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 15. Jänner 1996, Zl. VwSen-320005/3/Kl/Rd, betreffend Übertretung des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (BH) wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung des § 37 Abs. 2 Z. 1 iVm § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. o des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 schuldig erkannt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Josef N. BauGmbH und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 VStG von Anfang September 1994 bis Ende Dezember 1994 im Grünland auf den Grundstücken Nr. 563/3, 568 und 576 der KG St. L.

Aufschüttungsmaßnahmen auf einer Fläche von mehr als 2.000 m2 (ca. 3.000 m2) bei gleichzeitiger Änderung der Höhenlage um mehr als 1 m habe durchführen lassen, ohne hiefür eine naturschutzrechtliche Bewilligung zu besitzen. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 4 Tagen) verhängt.

In der dagegen erhobenen Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer das Straferkenntnis ausschließlich hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass als Rechtsgrundlage im Sinne des § 44a Z. 3 VStG "§ 37 Abs. 2 Einleitungssatz O.ö. NSchG 1982 idF LGBl. Nr. 72/1988" zu zitieren sei. Nach der Begründung - soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung - sei mit Antrag vom 23. Dezember 1993 um die naturschutzbehördliche Bewilligung für Geländeaufschüttungen auf den beschwerdegegenständlichen Grundstücken angesucht worden. Im Zuge des Bewilligungsverfahrens sei hinsichtlich der Aufschüttungsfläche 1, die unmittelbar nördlich der Autobahn liege, auf einen vorhandenen Kanal sowie diverse Wasserableitungen von Drainagen hingewiesen worden. Unter der Voraussetzung einer entsprechenden Abänderung und Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen seien aus der Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes allerdings keine größeren Bedenken bestanden. Hinsichtlich der Aufschüttungsfläche 2 habe es allerdings gravierende fachliche Bedenken gegeben. Trotz schon vorausgegangener massiver Anschüttungsmaßnahmen seien diese auch während des Bewilligungsverfahrens fortgesetzt worden. Im Bereich der Aufschüttungsfläche 1 sei es dann im Bereich des Ölgrabens bis in dessen Bachbett zu einem Rückstau des Gerinnes sowie Umstürzung von Gehölz bis in unmittelbare Nähe einer Pendelstütze der Autobahnbrücke gekommen. Bei einer Begehung am 20. Dezember 1994 sei gutachtlich dargelegt worden, dass durch die Abrutschungen der Schüttmassen zweifellos eine Gefährdung für die unterliegende Autobahnbrücke bzw. die land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke infolge eines Aufstaus des Baches entstanden sei. Die mit Bescheid der BH vom 21. Dezember 1994 erteilten Wiederherstellungsaufträge seien mit Berufungsvorentscheidung vom 7. März 1995 abgeändert worden. Aus dem bescheidmäßigen Wiederherstellungsauftrag könne der Beschwerdeführer keine naturschutzbehördliche Bewilligung der Aufschüttungsmaßnahmen ableiten. Vielmehr seien solche Maßnahmen gerade dann aufzutragen, wenn die nach dem Naturschutzgesetz erforderliche Bewilligung nicht vorliege. Weil der Beschwerdeführer nur das Strafausmaß angefochten habe, sei eine weitere rechtliche Beurteilung der Tat nicht erforderlich. Die Ausführungen dienten lediglich zur Aufzeigung des Unrechtsgehaltes. Durch den geschilderten Vorgang habe der Beschwerdeführer genau jene Schädigung und Gefährdung der Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene, nämlich Interessen der Erhaltung des Natur- und Landschaftsbildes, zuwider gehandelt, weil über das zur Genehmigung vorgelegte Projekt hinaus Aufschüttungen vorgenommen worden seien. Das Verhalten des Beschwerdeführers habe auch nachteilige Folgen nach sich gezogen. Diese seien nicht so sehr in der Gefährdung der Autobahnbrücke gelegen, da dieser Schutz nicht dem O.ö. Naturschutzgesetz unterliege und diese Gefährdung nur eine ursächliche Folge des missachteten Landschaftsschutzes sei. Das Verhalten des Beschwerdeführers habe jedoch zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung des Landschaftsbildes geführt. Dies sei bei der Strafbemessung besonders zu berücksichtigen. Als erschwerend seien auch zwei rechtskräftige Vorstrafen nach dem O.ö. Naturschutzgesetz zu werten. Auf Grund des laufenden naturschutzbehördlichen Verfahrens sei der Beschwerdeführer auch über die Gesetzeslage informiert gewesen, weshalb ihm als Verschuldensform Vorsatz anzurechnen sei. Strafmilderungsgründe seien nicht hervorgekommen. Seine persönlichen Einkommensverhältnisse seien als sehr gut zu bezeichnen. Schließlich sei hervorzuheben, dass die Aufschüttungsmaßnahmen auch die Aufschüttungsfläche 2 beträfen, wobei gerade hinsichtlich dieser Fläche im Bewilligungsverfahren gravierende Bedenken geäußert worden seien. Im Hinblick auf die wesentliche Beeinträchtigung der Landschaftsschutzinteressen, die aufgetretenen nachteiligen Folgen und in Anbetracht des gesetzlich vorgesehenen Höchststrafrahmens bis zu S 100.000,-- sei die von der BH festgesetzte Strafe von S 30.000,-- nicht als überhöht anzusehen. Auch aus spezialpräventiven Gründen sei eine empfindliche Geldstrafe erforderlich. Gegen den Beschwerdeführer bestünden zwei rechtskräftige Vorstrafen, weitere Verwaltungsstrafverfahren nach den O.ö. Naturschutzgesetz seien bei der belangten Behörde anhängig. Letztendlich seien auch generalpräventive Aspekte gerade im Hinblick auf die ansonsten eintretenden irreversiblen Schäden am Natur- und Landschaftsbild zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. März 1980, VwSlg. 10.077/A). Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Demgemäß obliegt es der Behörde, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Partei und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. z.B. aus der ständigen Rechtsprechung das Erkenntnis vom 15. November 1989, Zl. 89/03/0278).

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerde zunächst, die belangte Behörde habe sich nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander gesetzt, dass die durchgeführte Aufschüttung letztendlich konsensfähig sei. Sie sei auch nicht auf das Vorbringen eingegangen, dass die Hangrutschung nicht mit der Aufschüttung selbst im Zusammenhang stehe, sondern mit einem aus den Plänen nicht ersichtlich gewesenen Drainagierrohr, dessen Beschädigung zu einer Durchnässung des Erdreiches geführt habe. Die Rutschungen hätten auch nur etwa 100 m3 Erde umfasst und damit auch zu keiner Beeinträchtigung des Landschaftsbildes geführt, da der gegebene Bereich der Landschaft gar nicht einsehbar sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Im Hinblick auf den wegen der Bekämpfung nur des Strafausmaßes bindenden Ausspruch des Straferkenntnisses über die Schuld hatte die belangte Behörde davon auszugehen, dass den Beschwerdeführer die Verantwortung für die Vornahme von nach dem Naturschutzgesetz bewilligungbedürftigen, aber nicht bewilligten Maßnahmen trifft. Somit ist im vorliegenden, allein die Frage der Strafbemessung betreffenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ohne Bedeutung, ob die Maßnahme einer Bewilligung zugänglich gewesen wäre oder einen "einsehbaren" Teil der Landschaft betraf. Ebenso ist unbeachtlich, ob die Hangrutschungen durch die nicht bewilligten Aufschüttungen oder damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten verursacht worden sind. Die behaupteten Verfahrensverletzungen liegen daher nicht vor.

Im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft wurde unter anderem der Umstand, dass die Aufschüttungen eine Gefährdung einer Autobahnbrücke herbeigeführt hätten, als erschwerend angesehen; demgegenüber vertrat die belangte Behörde die Auffassung, der Schutz der Autobahnbrücke unterliege nicht dem Naturschutzgesetz. Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde begründen müssen, weshalb dennoch die verhängte Strafe angemessen erscheint (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 13. Juni 1989, Zl. 88/08/0125).

Schließlich rügt der Beschwerdeführer zu Recht, die belangte Behörde habe im Rahmen spezialpräventiver Erwägungen anhängige, jedoch noch nicht rechtskräftige Verfahren berücksichtigt.

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid daher als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. Mai 2000

Schlagworte

Begründung von Ermessensentscheidungen Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Ermessensentscheidungen Ermessen Ermessen VwRallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996100034.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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