TE Bvwg Beschluss 2018/1/18 W131 2103741-1

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Veröffentlicht am 18.01.2018
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Entscheidungsdatum

18.01.2018

Norm

AVG §66 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §19 Abs7b
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W131 2103741-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , BNr XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 29.01.2014, AZ XXXX , betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2011:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

1. Die Beschwerdeführerin (= Bf) stellte einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2010 und beantragte ua die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie (EBP) für die in den Beilagen "Flächenbogen" und "Flächennutzung" näher konkretisierten Flächen. Die Bf ist zudem Auftreiberin auf die XXXX (BNr XXXX ) sowie auf die von der Gemeindegutsagrargemeinschaft XXXX bewirtschafteten Alm (BNr XXXX ) und die XXXX (BNr XXXX ), für die von deren Bewirtschafterin im Jahr 2011 ebenfalls jeweils ein Mehrfachantrag-Flächen gestellt wurde.

2. Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA; = belangte Behörde) vom 30.12.2011, wurde der Bf für das Antragsjahr 2011 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 3.622,96 gewährt.

3. Am 27.06.2013 beantragte die Agrargemeinschaft der XXXX als deren Bewirtschafterin eine Korrektur der beantragten Almfutterfläche dahingehend, dass anstelle der ursprünglich beantragten 294,17 ha der Beihilfenberechnung nunmehr lediglich eine solche von 233,31 ha zu Grunde zu legen sei. Auch die Bewirtschafterin der XXXX beantragte eine Korrektur der beantragten Almfutterfläche dahingehend, dass anstelle der beantragten 315,45 ha lediglich 294,65 ha der Berechnung der Beihilfe zugrunde zu legen sei. Zudem fand am 03.09.2013 auf der XXXX eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der Flächenabweichungen festgestellt wurden.

4. Nach Ergehen mehrerer Abänderungsbescheide (gegen die von der Bf kein Rechtsmittel erhoben wurde), wurde der Bf schließlich mit dem nunmehr angefochtenen Abänderungsbescheid vom 29.01.2014, AZ XXXX , anstelle der ihr ursprünglich gewährten Einheitlichen Betriebsprämie iHv EUR 3.622,96 nur mehr eine solche von EUR 3.169,62 gewährt und zugleich eine Rückforderung von EUR 453,34 ausgesprochen. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf eine Beschwerde, welche am 18.02.2014 bei der belangten Behörde einlangte.

5. Mit Schriftsatz vom 19.03.2015 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt zur Entscheidung vor und wurde dieser nach anderweitiger gerichtsabteilungsmäßiger Vorzuständigkeit schließlich der hier erkennenden Gerichtsabteilung zugewiesen.

6. Mit als "Nachreichung zur Beschwerdevorlage vom 19.03.2015" tituliertem Schreiben vom 24.07.2017 übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht einen "Report – Einheitliche Betriebsprämie 2011" mit Berechnungsstand 09.06.2017. Begründend wird darin ausgeführt, dass dieser Report erstellt worden sei, da sich sowohl eine Änderung der Zahlungsansprüche als auch eine Änderung der Flächendaten ergeben habe. Die Aktenlage habe sich dahingehend geändert, als es bei stattgefundenen Vor-Ort-Kontrollen auf der XXXX (am 08.06.2016) und auf der von der Gemeindegutsagrargemeinschaft XXXX bewirtschafteten Alm (am 01.07.2015) zu Flächenabweichungen gekommen sei. Die an die Bewirtschafterinnen übermittelte Kontrollberichte waren diesem Schreiben ebenfalls angeschlossen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zuständigkeit und Allgemeines

1.1. Gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art 131 Abs 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

1.2. Gemäß § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl I Nr 55/2007 idgF, ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes, soweit sich nicht der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Interesse der Wahrung des Gesamtzusammenhangs und der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung durch Verordnung Angelegenheiten der Vollziehung des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts vorbehält.

1.3. Gemäß § 1 AMA-Gesetz, BGBl 376/1992 idgF, können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden.

2. Zu A) Zurückverweisung

2.1. Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs 2 leg cit hat über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

2.2. Gemäß § 28 Abs 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs 3 2 Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm 11).

2.3. Aus dem von der Behörde übermittelten "Report" ergibt sich, dass sich sowohl die Zahlungsansprüche als auch die Flächendaten seit Erlassung des angefochtenen Bescheides wesentlich geändert haben, und dass eine Berücksichtigung des neuen Sachverhaltes eine andere Entscheidung in der Sache zur Folge hätte. Bereits hieraus ergibt sich, dass nunmehr auch die belangte Behörde der Ansicht ist, dass hinsichtlich des von ihr ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts neue Beweismittel hervorgekommen sind, die zu einer Änderung des Spruches des angefochtenen Bescheids führen können.

In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts, welcher ausweislich des nachgereichten Reports bislang nicht entsprechend erhoben wurde.

Auch wenn der VwGH mit seiner Grundsatz-Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 der Zurückverweisung von Rechtssachen durch die Verwaltungsgerichte bereits Grenzen gezogen hat, liegt es im hier zu beurteilenden Fall weder im Interesse der Raschheit, noch wäre es mit einer Kostenersparnis verbunden, würde das hier erkennende Gericht versuchen wollen, über die Beschwerde betreffend das Antragsjahr 2011 zu erkennen, zumal das BVwG jedwede rechtserheblichen Ermittlungen gemäß § 19 Abs 7b MOG auch durch die AMA vornehmen lassen kann.

Aus diesem Grund war der Bescheid aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen gewesen wäre.

2.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung war gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abzusehen, da eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Grundlage der Zurückweisungsentscheidung sind ausschließlich Tatsachenfragen im Einzelfall.

Schlagworte

Antragsänderung, Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche,
Beihilfefähigkeit, Berechnung, Bescheidabänderung, Direktzahlung,
einheitliche Betriebsprämie, Ermittlungspflicht, Flächenabweichung,
Kassation, Kontrolle, mangelhaftes Ermittlungsverfahren, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Mehrfachantrag-Flächen, Nachreichung von
Unterlagen, Prämiengewährung, Rückforderung, Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W131.2103741.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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