TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/31 99/04/0021

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Veröffentlicht am 31.05.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs5;
AVG §71 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des Dr. JS in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) vom 1. September 1998, Zl. 320.618/2-III/13/98, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 29. April 1998 wurde dem Beschwerdeführer seine näher bezeichnete Gewerbeberechtigung entzogen.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es im Wesentlichen, dem Beschwerdeführer sei im Berufungsverfahren die Feststellung der Versäumung der Berufungsfrist zur Stellungnahme vorgehalten worden. Der Beschwerdeführer habe mitgeteilt, dass seine Berufung von ihm deshalb verspätet abgegeben worden sei, weil er von einem näher bezeichneten Zeitpunkt (vor Zustellung des bekämpften Bescheides) bis zum Beginn der Woche, in der er seine Berufung abgegeben habe, auf Grund einer akuten Magenblutung sowie von Herzbeschwerden in ärztlicher Behandlung gewesen sei und dadurch erst verzögert Gelegenheit gehabt habe, den bekämpften Bescheid bei der Post zu beheben bzw. eine Berufung auszuarbeiten und abzusenden. Die geltend gemachten Umstände seien nicht von Relevanz, weil damit nicht etwa das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung im Wege der Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz dargetan werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.

Nach § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündliche Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn (u.a.) die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Der Beschwerdeführer macht geltend, seine Berufung hätte inhaltlich behandelt werden müssen und nicht als verspätet zurückgewiesen werden dürfen, weil im Hinblick auf den Inhalt seiner Berufung seine Ausführungen als Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist hätten gewertet werden müssen.

Der Beschwerdeführer vermag damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich die Rechtmäßigkeit eines Bescheides zur Zeit seiner Erlassung zu beurteilen, was bedeutet, dass der Zurückweisungsbescheid wegen Fristversäumnis dann rechtmäßig ist, wenn zur Zeit seiner Erlassung die Wiedereinsetzung nicht bewilligt war. Wird die Wiedereinsetzung später bewilligt, so tritt der Zurückweisungsbescheid nach § 72 AVG von Gesetz wegen außer Kraft. Es ist daher von Gesetz wegen dafür gesorgt, dass auch die nachträgliche Bewilligung der Wiedereinsetzung die Versäumungsfolgen beseitigt. Es besteht daher kein Grund dafür, mit der Zurückweisung eines verspäteten Rechtsmittels zuzuwarten, wenn über einen Wiedereinsetzungsantrag noch nicht bejahend entschieden worden ist. Dies träfe nur auf solche Fälle zu, in denen die Behörde dem Wiedereinsetzungsantrag nicht aufschiebende Wirkung beigelegt hat. Übt sie ihre diesbezügliche in § 71 Abs. 6 AVG festgelegte Befugnis aus, so wird bis zur Entscheidung über die Wiedereinsetzung mit keinem Zurückweisungsbescheid vorgegangen werden dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 23. Oktober 1986, Slg. Nr. 12.275/A, u.a.).

Auf dem Boden dieser Rechtsprechung, von der abzugehen der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlass findet, wurde der Beschwerdeführer selbst dann, wenn die Berufung auch einen Wiedereinsetzungsantrag enthielte, im Beschwerdefall nicht in seinen Rechten verletzt. Ein - allfälliger - Wiedereinsetzungsantrag wäre vielmehr (noch) offen. Ob dies tatsächlich zutrifft, ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, zumal mit dem angefochtenen Bescheid diesbezüglich keine (bindende) Aussage getroffen wird (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. November 1995, Zl. 95/04/0150).

Soweit in der Beschwerde aber darauf abgestellt wird, dass ein Entzug der Gewerbeberechtigung nicht hätte erfolgen dürfen, so genügt der Hinweis, dass die Berufungsbehörde im Falle des Vorliegens einer unzulässigen Berufung zur Fällung einer Sachentscheidung gar nicht befugt ist (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1990, Zl. 89/08/0173).

Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999040021.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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