Gbk 2016/2/22 GBK I/546/14

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Veröffentlicht am 22.02.2016
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Berufsausbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 22. Februar 2016 über den am 4. Februar 2014 eingelangten Antrag von Herrn A (Antragsteller) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 4 Z 1 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 107/2013; alle weiteren Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) durch X (Antragsgegner), nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/546/14, zu folgendem

Prüfungsergebnis

Herr A ist nicht aufgrund des Geschlechtes bei der Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 4 Z 1 GlBG durch X diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

Prüfungsgrundlagen

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche und mündliche Vorbringen des Antragstellers und des Antragsgegners. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf die Stellungnahme der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) vom 29. Jänner 2014.

Dem Senat lagen weiters u.a. Unterlagen zur Beschreibung des Bachelor-Studiums „…“ der Fachhochschule … (FH …) und eine Darstellung des Aufnahmeverfahrens vor.

Vorbringen und Aussagen

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Im Sommer 2013 habe sich der Antragsteller aufgrund einer Umstrukturierung seiner Firma auf die Suche nach neuen beruflichen Möglichkeiten gemacht. Er habe sich nach entsprechenden Positionen im Management umgesehen und sei zur Erkenntnis gelangt, dass er ohne signifikante Zusatzqualifizierung in Österreich keine Chance in höheren Positionen haben würde. Schließlich habe ihm eine Firma die Einstellung schriftlich zugesagt, sofern er eine Zusatzqualifizierung absolvieren würde. In weiterer Folge habe er eine entsprechende Fortbildung gefunden und sei aufgrund der Ausbildung auch umgezogen. Seit September 2013 besuche er den Studienbefähigungslehrgang an der FH in …, damit er im Herbst 2014 das Bachelor-Studium „…“ beginnen könne. Das berufsbegleitende Studium „…" sei eine solide Ergänzung zu seinen bisherigen Qualifikationen und würde die angesprochene Lücke schließen.

Der Antragsteller habe in Erfahrung gebracht, dass dieser Studiengang im Rahmen des „…“-Programms gefördert werde. Daher habe er sich arbeitssuchend … gemeldet, um eine Förderung dieser Qualifizierungsmaßnahme zu erlangen. Es sei ihm von X erklärt worden, dass diese Förderung nur Frauen offen stünde, und es auch ansonsten keine Möglichkeit für ihn gäbe, eine Hochschul-Qualifikation gefördert zu bekommen.

Dies sei laut GAW durch § 8 GlBG als positive Maßnahme auch gerechtfertigt. Dass es keinerlei derart hochwertige Qualifikationsmaßnahmen für Männer gebe, sehe er als eine große Ungerechtigkeit an. Im GlBG geregelt sei, dass niemand aufgrund des Geschlechts bei der Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses diskriminiert werden dürfe. In Berufen, die traditionell Frauendomänen seien, könnten Männer keinerlei Qualifizierungsmaßnahmen an Hoch- oder Fachhochschulen beantragen, da diese nicht durch X förderbar seien. Unabhängig von der Berufssparte könne es nach Meinung des Antragstellers nicht sein, dass nur einem Geschlecht diese unvergleichbar höherwertigen Fortbildungsmöglichkeiten im Rahmen staatlicher Vergabe offen stehen.

Zusammengefasst ersuche der Antragsteller, den Studiengang „…“ im Rahmen einer beruflichen Qualifikationsmaßnahme auch durch X gefördert besuchen zu dürfen.

In der auf Ersuchen des Senats I der GBK vom Antragsgegner übermittelten Stellungnahme bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

X setze sich dafür ein, dass Frauen und Männer gleichermaßen ins Erwerbsleben integriert seien (auf existenzsichernden Arbeitsplätzen, die wirtschaftliche Unabhängigkeit ermöglichen), den gleichen Zugang zu allen Berufen haben und sich gleichermaßen auf alle hierarchischen Ebenen der Arbeitswelt verteilen. Die Grundlagen dafür seien im § 8 GlBG, sowie im …gesetz (…) zu finden.

Die aus dem oben erwähnten …-Leitbild entwickelten Ziele seien in folgenden Schritten konkretisiert:

das Ziel: „Abbau geschlechtsspezifischer Barrieren“ durch Förderung von Unterstützungsstrukturen für Kinderbetreuung bzw. sozialer Dienste, Unterstützung des Wiedereinstieges, Förderung der Bildungsbeteiligung von Frauen – Erhöhung des Ausbildungsniveaus;

Erhöhung der Frauenbeschäftigung – Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, Ziel: „Erhöhung der Arbeitsmarktchancen“ durch Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Förderung der beruflichen (Neu)Orientierung, Förderung der Qualifizierung und Schaffung von Arbeitsplätzen in zukunftsorientierten Bereichen, Akquisition von Arbeitsplätzen mit flexibler Arbeitszeitregelung;

gleicher Zugang zu allen Berufen und Positionen – Verringerung der Einkommensunterschiede, Ziel: „Abbau der Segregation - Förderung der Teilhabe an einem breiten zukunftsorientierten Berufsspektrum“ durch Förderung der beruflichen Qualifizierung von Frauen, Unterstützung von Frauen und Mädchen bei der Berufswahl, Unterstützung beim Zugang zu existenzsichernden Arbeitsplätzen, Förderung des Zugangs zu betrieblicher Weiterbildung und beruflicher Höherqualifizierung.

Vor diesem Hintergrund habe X ein Programm speziell für Frauen entwickelt: ... Dieses Programm beinhalte unterstützende Maßnahmen (durchgehendes Beratungsangebot), vorbereitende Maßnahmen (Info-Tage, Perspektivenerweiterung, technisch-handwerkliche Rampen) und Ausbildung in nicht traditionellen Berufen (betriebliche Lehrausbildung bis zu technisch-naturwissenschaftlicher Fachhochschule). Speziell Frauen mit Interesse an einer Ausbildung in einem technisch-handwerklichen Beruf würden die Chance erhalten, eine Lehrausbildung in einem nicht traditionellen Beruf über eine arbeitsplatznahe Qualifizierung abzuschließen. Zentrale Punkte für das X … seien die Erweiterung des Berufsspektrums von Frauen und der verstärkte Zugang zu qualifizierten Jobs in technisch-handwerklichen Branchen. Die Ausbildung „…“ an der FH … sei ein besonderes Angebot für eine kleine Anzahl von Frauen (max. 15 Personen) im …-Programm.

Grundsätzlich sei … ein Förderverbot ausgesprochen. Diese Bestimmung laute auszugsweise:

Weiters heiße es aber in dieser Rechtsvorschrift:

Aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung habe der … des X die Gewährung von Beihilfen … für bestimmte Personengruppen … für zulässig erklärt. Gemäß den Erläuterungen zu Pkt. … der aktuell geltenden X-Richtlinie zur beruflichen Mobilität seien von dieser Erklärung des … Personen betroffen, die entweder wegen ihrer persönlichen Verhältnisse oder ihrer Zugehörigkeit zu einer auf dem Arbeitsmarkt benachteiligten Gruppe bei der Erlangung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes besondere Schwierigkeiten haben. Dadurch könne X der … definierten Verpflichtung, seine Leistungen so zu gestalten und erforderlichenfalls so verstärkt einzusetzen, dass für die genannten Personen eine weitest mögliche Chancengleichheit mit anderen Arbeitskräften hergestellt werde, nachkommen.

Diesen gesetzlichen Auftrag erfülle X in der Praxis u.a. auch mit der Gewährung von Beihilfen an arbeitslose Frauen zum Besuch der gegenständlichen Hochschulausbildung. Würde X Beihilfen für den Besuch dieser Ausbildung auch (arbeitslosen) Männern gewähren, könnte der gesetzliche Auftrag in diesem Fall nicht zur Gänze im Sinne des Gesetzgebers erfüllt werden.

Eine Förderung von – zur Zielgruppe zählenden – Frauen im Rahmen des …-Programms sei daher möglich. Zwingend bevorzugt in den Lehrgang aufgenommen werden allerdings diese Zielgruppen-Frauen aufgrund des Auswahlverfahrens nicht.

Mit der sehr begrenzten Anzahl möglicher Teilnehmerinnen am Studienlehrgang „…“ schließe sich auch der Kreis zum zweiten Teil der Verpflichtung …

Die Grundideen zu dem Studiengang „…“ seien ein hoher Bedarf an Fachkräften im technischen Bereich, die Tatsache, dass das Potenzial der Frauen bei weitem nicht ausgeschöpft sei und es bis dahin kein Ausbildungskonzept an Hochschulen gegeben habe, welches die Anforderungen und Rahmenbedingungen von Frauen während/nach der Kinderbetreuungsphase berücksichtigt hätte.

Diese Ausbildung stehe nach Maßgabe weiterer freier Studienplätze selbstverständlich auch Studentinnen und Studenten am freien Bildungsmarkt offen.

Die FH … habe ein sehr umfangreiches Auswahlverfahren, welches nach bestimmten Kriterien ablaufe. Darauf erfolge ein Bewerbungsgespräch oder eine Aufnahme ins Probestudium (Assessment) und anschließend die Teilnahme am Potenzialtest. Die Bewerber/innen werden in einer Liste gesammelt. Daraus ergebe sich eine Reihung der Kandidatinnen und Kandidaten. Bei ausreichenden Kapazitäten für Studierende, würden die ersten 15 in dieser Liste die Zusage – unabhängig davon ob diese über X finanziert werden oder sich selbst finanzieren, und unabhängig vom Geschlecht – erhalten.

Der Antragsteller besuche aktuell den Studienberechtigungslehrgang, der in der FH … stattfinde und schließe diesen voraussichtlich mit Ende dieses Semesters ab. Er habe von der Leiterin des FH-Lehrgangs (mündlich) eine Zusage vorbehaltlich der positiven Absolvierung des Studienbefähigungslehrganges und der Teilnahme an einem Potenzialtest erhalten. Eine tatsächliche Aufnahme (im Sinn einer schriftlichen Zusage) erfolge erst, wenn alle Voraussetzungen erfüllt seien.

Der Antragsteller beziehe sich in seiner Eingabe auf ein am 16. Oktober 2013 mit der stellvertretenden Leiterin von X geführtes Gespräch bezüglich seines Wunsches nach Förderung. Gemäß der X-Richtlinie zur beruflichen Mobilität heiße es zu den Fördervoraussetzungen: Laut Dokumentation habe die stellvertretende Leiterin von X dem Beschwerdeführer bereits bei diesem persönlichen Gespräch mitgeteilt, dass seine Förderung im …-Programm nicht möglich sei. Es seien von ihr allerdings Alternativen, wie Bildungsteilzeit und Bildungskarenz, angesprochen worden. Eine vom Beschwerdeführer im Antrag an die GBK erwähnte schriftliche Einstellzusage sei von ihm X nicht vorgelegt worden.

Die Argumentation des Beschwerdeführers bezüglich fehlender X-Förderung von Männern für Berufe, die traditionell Frauendomänen seien, sei sowohl unrichtig wie auch für diesen Fall unerheblich.

Der Antragsteller führte in seiner mündlichen Befragung aus, dass er der Einzige im gesamten Studiengang sei, der sich das Leben selbst finanziere. Er müsse daher neben dem Studium an den Wochenenden und in den Ferien arbeiten. Der Studiengang selbst sei kostenlos, da die FH momentan keine Studiengebühren einhebe.

Weiters betonte der Antragsteller, dass ihm von X erklärt worden sei, dass das …-Programm definitiv nicht für Männer gelte.

Frau B, Landesgeschäftsführerin des Antragsgegners, brachte dazu vor, dass das Programm historisch betrachtet nicht ausschließlich für weibliche Wiedereinsteigerinnen gedacht gewesen sei, sondern für Wiedereinsteiger und Wiedereinsteigerinnen. Es sei nicht rein weiblich betrachtet worden. Der Fokus sei vielmehr auf den Wiedereinstieg gerichtet gewesen.

Da im Register von X vorwiegend weibliche Wiedereinsteigerinnen seien und gewesen seien, habe man das Programm in der Vergangenheit auch immer weiblich besetzt gehabt. Es gebe eine Vereinbarung mit der FH, dass wenn aus dem Pool der arbeitssuchenden Wiedereinsteigerinnen nicht ausreichend Teilnehmerinnen für diese Ausbildung an der FH gewonnen werden können, auch andere Frauen – primär Frauen, weil es sehr stark weiblich konnotiert sei – teilnehmen können und nicht ausschließlich Personen, die von X gefördert sein müssen.

Rechtliche Überlegungen

Gemäß § 4 Z 1 GlBG darf niemand aufgrund des Geschlechtes (...) bei der Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden.

§ 4 Z 1 GlBG erfasst nicht nur den Zugang zur Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung, sondern auch alle Phasen der Ausbildung. Ausbildungen stellen eine Einheit dar und der Zweck der Maßnahme ist erst mit dem Abschluss der Ausbildung erreicht.2

Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand iSd §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/Der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes, vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes, Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund iSd § 5 Abs. 2 vorliegt.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe des Antragstellers ein Ermittlungsverfahren iSd GBK Gesetzes durch.

Da der gegenständliche Sachverhalt außer Streit steht, beschränkte sich die Prüfung durch den Senat I auf die Klärung der Rechtsfrage, ob der Antragsteller durch den Ausschluss von dem Förderungprogramm … aufgrund seines Geschlechtes diskriminiert worden ist.

Der Antragsteller besuchte zum Zeitpunkt der Antragseinbringung den Studienberechtigungslehrgang, der in der FH … stattfindet. Nach positiver Absolvierung des Studienbefähigungslehrganges strebte er an, den Studiengang „…“ zu belegen, welcher eine solide Ergänzung zu seinen bisherigen Qualifikationen darstellte.

Der Studiengang „…“ kann daher unter die Tatbestände „Berufsausbildung“ oder „berufliche Weiterbildung“ subsumiert werden und fällt damit grundsätzlich in den Geltungsbereich des § 4 Z 1 GlBG.

Fest steht, dass dem Antragsteller nicht der Zugang zu diesem Studiengang verwehrt war. Vielmehr erfüllte er die Voraussetzungen des X-Programmes nicht, um – im Falle seiner Aufnahme in den Studiengang – diesen gefördert besuchen zu können, da die Förderung nur Frauen offenstand, worüber er von X auch aufgeklärt wurde.

Die Förderung im Rahmen des …-Programmes wurde dem Antragsteller deshalb nicht gewährt, weil der Kreis der dadurch begünstigten Personen ausschließlich Frauen erfasst. Insofern könnte nach dem Gesetzeswortlaut ein Verstoß gegen § 4 Z 1 GlBG und damit eine unmittelbare Diskriminierung des Antragstellers vorliegen.

Ziel des Gleichbehandlungsgesetzes ist jedoch die Gleichstellung (§ 2 GlBG) im Sinne eines materiellen Gleichheitsverständnisses. Die Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben kann nicht allein durch das Verbot unmittelbarer oder mittelbarer Diskriminierung beseitigt werden. Erforderlich sind vielmehr Maßnahmen, die das unterrepräsentierte Geschlecht gezielt bevorzugen. Man spricht von spezifischen Maßnahmen oder positiven Maßnahmen. Die besondere Bevorzugung eines Geschlechts zur Förderung der Gleichstellung ist insofern vom Diskriminierungsbegriff ausgenommen. Jede dieser Maßnahmen ist freilich nur zulässig, falls das Diskriminierungsverbot entsprechend eingeschränkt ist; sie bedarf daher der Begründung und Rechtfertigung.3 Der Senat hatte daher in weiterer Folge zu prüfen, ob für die Ungleichbehandlung ein Rechtfertigungsgrund im Sinne einer positiven Maßnahme gem § 8 GlBG vorliegt.

Nach § 8 GlBG gelten „die in Gesetzen, in Verordnungen, in Instrumenten der kollektiven Rechtsgestaltung oder in generellen mehrere Arbeitnehmer/innen umfassende Verfügungen des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin getroffenen Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten im Sinne des Art. 7 Abs. 2 B-VG, … nicht als Diskriminierungen im Sinne dieses Gesetzes. Dies gilt auch für Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in den in § 4 genannten Bereichen. Der Bund kann für besondere Aufwendungen, die Arbeitgeber/inne/n bei der Durchführung solcher Maßnahmen entstehen, Förderungen gewähren.“

Es ist daher zu prüfen, ob das von X vorgesehene …-Programm ein legitimes Ziel verfolgt, geeignet ist, einen Nachteilsausgleich herbeizuführen und dabei dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit entspricht. Das Programm bezweckt vor allem, die Frauenquote in technischen Berufen zu erhöhen und Männer und Frauen auf alle Berufssparten gleichmäßig zu verteilen. Insofern stellt das von X verfolgte Gleichstellungsziel, dass alle Frauen und Männer den gleichen Zugang zu allen Berufen haben und sich gleichermaßen auf alle hierarchischen Ebenen der Berufswelt verteilen sollen, eine legitime Maßnahme zur Herstellung faktischer Gleichstellung der Geschlechter iS der §§ 2 iVm 8 GlBG dar und ist geeignet, strukturelle Benachteiligung von Frauen in technischen Berufen beseitigen zu helfen. Nach wie vor schaffen es Frauen nicht im gleichen Ausmaß wie Männer, sich in technischen Berufen zu behaupten, und ergreifen Mädchen immer noch zu einem großen Teil einen der drei typischen „Frauenberufe“: Bürokauffrau, Friseurin und Einzelhandelskauffrau. Eine spezielle positive Maßnahme bei der Aus- und Weiterbildung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses ist daher erforderlich. Die gewählte Maßnahme ist auch verhältnismäßig, da keineswegs allen Frauen die Förderung im Rahmen des …-Programmes gewährt wird. Vielmehr werden im Rahmen dieses Programms 15 Personen ausgewählt, die eine besondere Förderung erhalten, weil die Weiterbildung für arbeitsmarktpolitisch sinnvoll erachtet wird und ihnen damit eine Zukunftsperspektive gegeben werden kann, da es einen hohen Bedarf an Fachkräften im technischen Bereich gibt. Die Tatsache, dass das Potential der Frauen in diesem Berufssegment bei weitem nicht ausgeschöpft ist und es bis dahin kein Ausbildungskonzept an Hochschulen gegeben hat, welches die Anforderungen und Rahmenbedingungen von Frauen während/nach der Kinderbetreuungsphase berücksichtigt hätte, unterstreicht das öffentliche Interesse an einer derartigen Maßnahme und damit die Verhältnismäßigkeit im konkreten Fall.

Im Gegenzug kann die Argumentation des Antragstellers, dass er sich das Leben während der Ausbildung selbst finanzieren müsse, nicht als Anwendungsfall einer rechtlich gebotenen Öffnungsklausel gewertet werden, die ihn in den Topf der geförderten Personen im Rahmen des …-Programmes fallen lassen könnte. Vielmehr gibt es für Männer für diesen Fall alternative ausreichende Maßnahmen von X.

Der Senat I erachtet daher eine positive Maßnahme im Sinne des § 8 GlBG als gegeben. Es liegt somit keine Diskriminierung iSd des § 4 Z 1 GlBG vor.

Wien, 22. Februar 2016

Ass.-Prof.in Dr.in Barbara Beclin

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Vgl. RV 2300 BlgNR 24. GP 2.

3  Vgl. Rebhahn in Rebhahn GlBG § 8 Rz 2f.

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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