Gbk 2017/9/6 GBK I/691/16

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Veröffentlicht am 06.09.2017
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

berufliche Weiterbildung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses, selbstständige Tätigkeit

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 6. September 2017 über den am 27. April 2016 eingelangten Antrag der rechtsfreundlichen Vertretung für Frau A (1. Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie der Aufnahme oder Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit gemäß § 4 Z 3 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 34/2015; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) und für Herrn B (2. Antragsteller) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 4 Z 1 GlBG jeweils durch X (1. Antragsgegner) und Y (2. Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/691/16, zu folgendem

Prüfungsergebnis:

1.   Der Senat I der GBK gelangt zur Ansicht, dass Frau A nicht aufgrund des Geschlechtes bei der Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie der Aufnahme oder Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit gemäß § 4 Z 3 GlBG durch X diskriminiert worden ist.

2.   Der Senat I der GBK kommt weiters zur Auffassung, dass Frau A nicht aufgrund des Geschlechtes bei der Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie der Aufnahme oder Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit gemäß § 4 Z 3 GlBG durch Y diskriminiert worden ist.

3.   Der Senat I der GBK gelangt weiters zur Ansicht, dass der Antrag von Herrn B betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 4 Z 1 GlBG durch X wegen mangelnder Antragslegitimation nicht behandelt wird.

4.   Der Senat I der GBK kommt weiters zur Auffassung, dass der Antrag von Herrn B betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 4 Z 1 GlBG durch Y wegen mangelnder Antragslegitimation nicht behandelt wird.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

Prüfungsgrundlagen

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der AntragstellerInnen und der Antragsgegner. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf die …richtlinie „…“ (GZ …), das Begehren um Gewährung einer Beihilfe … vom 24. September 2015 sowie das Ablehnungsschreiben des 1. Antragsgegners vom 28. September 2015.

Darüber hinaus lag dem Senat die Kursbeschreibung der Z KG vor.

Vorbringen

Im Antrag wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:

Die 1. Antragstellerin betreibe einen Friseursalon an den Standorten … und …. Der 2. Antragsteller sei Arbeitnehmer bei der 1. Antragstellerin und arbeite als Friseur mit Lehrabschluss.

Am 25. September 2015 habe die 1. Antragstellerin beim 1. Antragsgegner die Gewährung einer Beihilfe … begehrt. Der 1. Antragsgegner fördere mit dieser Beihilfe die Kosten für Weiterbildungen, um diese Stärke in betriebliche Weiterbildungsaktivitäten einzubeziehen. Ziel sei die Beschäftigungsfähigkeit und Arbeitsplatzsicherheit, sowie Berufslaufbahn und Einkommenssituation zu verbessern. Bei der Beihilfe … würden in der Regel die Kosten der Weiterbildung im Ausmaß von 50 % von X (kurz: …) übernommen. Gegenständlich sei es um eine Fortbildung im Rahmen der Z KG gegangen, die im Zeitraum von 4. Oktober 2015 bis 1. Februar 2016 blockweise abgehalten worden sei.

Die Z KG verweise in ihrer Kursbeschreibung selbst auf die Möglichkeit der Förderung beim X.

Mit Schreiben vom 28. September 2015 sei das Begehren der 1. Antragstellerin auf Gewährung einer Beihilfe … durch den 1. Antragsgegner abgelehnt worden. Als Begründung werde angegeben, dass Männer nur dann förderbar seien, wenn sie jünger als 45 Jahre seien und ihre höchstabgeschlossene Ausbildung die Pflichtschule sei. Verwiesen werde darauf, dass auf die Gewährung von Beihilfen kein Rechtsanspruch bestehe.

Die gegenständliche Versagung der Beihilfe verstoße gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot in der sonstigen Arbeitswelt. Der Zugang zur beruflichen Weiterbildung dürfe nicht durch Diskriminierung der Geschlechter erschwert werden.

Die AntragstellerInnen würden darauf hinweisen, dass der 1. Antragsgegner die gegenständliche Förderung aus den Mitteln des europäischen Sozialfonds entnehme. Bei der Ausschüttung von Mitteln aus dem europäischen Sozialfonds seien auch die Bestimmungen der EU-Grundrechtecharta zu beachten. Auch diese würden eine Diskriminierung nach dem Geschlecht verbieten.

Den AntragstellerInnen sei bekannt, dass grundsätzlich eine Förderung von Frauen in der Arbeitswelt durch das Gleichbehandlungsgesetz gedeckt sei, auch wenn damit eine positive Diskriminierung einhergehe. Im konkreten Fall gehe es aber um die Friseurbranche. In der Friseurbranche seien Männer in der Minderheit und es sei kein objektivierbarer Grund vorhanden, der eine Bevorzugung von Frauen rechtfertigen könnte. Die AntragstellerInnen würden sich dadurch diskriminiert erachten, dass sowohl die …-Förderrichtlinien … als auch die konkrete Entscheidung des 1. Antragsgegners, ihnen eine Förderung grundsätzlich versagen würde. Dies deshalb, weil die Förderrichtlinien nur Frauen unter 45 Jahren mit Lehrabschluss fördere. Diese Förderrichtlinie sei nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren, weil sie nicht geeignet sei, eine frauenspezifische Benachteiligung in der Friseurbranche auszugleichen. Auch die konkrete Anwendung dieser Förderrichtlinien auf den ursprünglichen Antrag der 1. Antragsteller sei diskriminierend. Der 1. Antragsgegner hätte seine Förderrichtlinie diskriminierungsfrei anwenden müssen.

Die 1. Antragstellerin erachte sich sowohl durch die konkrete Entscheidung als auch durch die der Entscheidung zugrundeliegenden Richtlinien diskriminiert, weil sie als Arbeitgeberin höhere Weiterbildungskosten für ihre männlichen Arbeitnehmer zu tragen habe.

Der 2. Antragsteller erachte sich sowohl durch die konkrete Entscheidung als auch durch die der Entscheidung zugrundeliegenden Richtlinien diskriminiert, weil ihm der Zugang zu Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung erschwert werde.

Die rechtsfreundliche Vertretung der 1. Antragstellerin und des 2. Antragstellers konkretisierte den Antrag mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 dahingehend, dass die AntragstellerInnen in der sonstigen Arbeitswelt diskriminiert worden seien (§§ 4 Z 1 und 3 GIBG).

Die 1. Antragstellerin sei unter anderem in Bezug auf § 4 Z 3 GIBG diskriminiert worden. Sie führe einen Friseursalon. Durch das diskriminierende Verhalten des 1. Antragsgegners (Versagen einer Förderung) sei sie von der Erweiterung bzw. Verbesserung ihres Unternehmens abgehalten worden. Hätte sie statt dem 2. Antragsteller eine Frau angestellt, hätte der 1. Antragsgegner die Förderung gewährt. Da ihr Angestellter aber ein Mann sei, sei sie schlechter gestellt worden. Dadurch fühle sie sich diskriminiert.

Der 2. Antragsteller fühle sich unter anderem in Bezug auf § 4 Z 1 GIBG diskriminiert. Der 1. Antragsgegner versage ihm die Förderung einer Weiterbildung und begründe dies mit dem Geschlecht des 2. Antragstellers. Wäre der 2. Antragsteller eine Frau, hätte der 1. Antragsgegner die Förderung gewährt. Da der 2. Antragsteller ein Mann sei, sei er schlechter gestellt worden. Dadurch fühle er sich diskriminiert.

Eine Bevorzugung von Frauen sei im konkreten Fall nicht gestattet, da die überwiegende Mehrzahl der vergleichbaren Dienstnehmer weiblich sei.

Es werde vom 1. Antragsgegner zu beweisen sein, dass die Förderung nicht diskriminierend vergeben worden sei, insbesondere durch die Darlegung der Zahl der geförderten Männer und der geförderten Frauen, und zwar aufgeschlüsselt nach Branchen und dem jeweiligen Zahlenverhältnis der Geschlechter der in diesen Branchen Beschäftigten.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK vom 1. Antragsgegner übermittelten Stellungnahme vom 3. Jänner 2017 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Im Antrag werde der 1. Antragsgegner als Antragsgegner angeführt. Im gegenständlichen Fall habe der 1. Antragsgegner jedoch lediglich in Umsetzung der …richtlinie „…“, die von ... Y in Kraft gesetzt worden sei und die dem 1. Antragsgegner keinen Ermessensspielraum ermöglicht habe, die Teilnahme des 2. Antragstellers an einer Qualifizierung zu fördern.

Gemäß der genannten …richtlinie sei die Fördervoraussetzung „förderbare TeilnehmerInnen“ nicht erfüllt. Das Förderansuchen der 1. Antragstellerin für die Teilnahme des 2. Antragstellers an einer Qualifizierung sei daher zwingend negativ zu entscheiden gewesen.

Aufgrund des Umstandes, dass der 1. Antragsgegner in seiner Stellungnahme auf Y verwiesen hat, übermittelte der Senat den Antrag auch Y zur Stellungnahme. Mit Stellungnahme vom 3. April 2017 bestritt Y die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Die 1. Antragstellerin beziehe sich in ihrem Antrag auf Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebots auf § 4 Z 3 GIBG.

Aus Sicht von Y liege keine Diskriminierung der 1. Antragstellerin aufgrund des Geschlechtes vor. Die 1. Antragstellerin habe eine Förderung für ihren Arbeitnehmer beim 1. Antragsgegner beantragt, die aufgrund der Richtlinie … abgelehnt worden sei, weil die Person, für die die Förderung beantragt worden sei, nicht zum förderbaren Personenkreis gehöre.

Diese Richtlinie gelte für alle UnternehmerInnen gleichermaßen und unabhängig von deren Geschlecht. Der Förderantrag sei nicht aufgrund des Geschlechtes der Förderwerberin abgelehnt worden und sie sei damit auch nicht in ihrem unternehmerischen Handeln beeinträchtigt worden.

Mit dem 2. Antragsteller habe X / Y keinerlei Beziehung, da die …förderung … eine ausschließliche Unternehmensförderung sei, die eine Einzelperson nicht beantragen könne. Nicht X / Y verwehre dem 2. Antragsteller die Weiterbildung, sondern seine Arbeitgeberin.

Die …förderung … sei eine zielgruppenspezifische Förderung und unabhängig von Branchen.

Zum förderbaren Personenkreis würden daher ArbeitnehmerInnen mit höchstens Pflichtschulabschluss zählen, da diese das höchste Risiko, arbeitslos zu werden trage würden. Darüber hinaus würden alle Personen über 45 Jahre und – im Sinne der Gleichstellungsförderung von Frauen – Arbeitnehmerinnen mit Lehrabschluss dazu zählen.

Arbeitsmarktpolitische Zielsetzung sei die Erhöhung der betrieblichen Weiterbildungsbeteiligung, die Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit oder die Verbesserung der Berufslaufbahn und der Einkommenssituation der förderbaren Zielgruppen. Im Sinne einer präventiven Arbeitsmarktpolitik sollen damit potenziell am Arbeitsmarkt als auch bei der innerbetrieblichen Weiterbildung benachteiligte Personen bei der Sicherung ihrer Beschäftigung oder Verbesserung ihrer Laufbahn unterstützt werden.

Frauen seien trotz gleicher oder besserer Qualifikationen seltener in beruflich höheren Positionen vertreten. Nur 3,8 Prozent der unselbständig erwerbstätigen Frauen hätten 2015 eine führende Tätigkeit ausgeübt, bei den Männern seien es 8,9 Prozent. Noch deutlicher sei der Gap bei Beschäftigten mit Akademie- oder Hochschulabschluss; hier würden 22,6 Prozent der Männer, aber nur 8,6 Prozent der Frauen eine führende Tätigkeit ausüben (Statistik Austria, Pressemitteilung 11.485-045/17).

Frauen würden seltener als Männer in die betriebliche Weiterbildung einbezogen. Der 2. Antragsgegner erlaube sich dazu folgende Datengrundlagen beizulegen:

Europäische Erhebung über betriebliche Bildung CVTS4, Betriebliche Bildung 2010, STATA 2015: Kursteilnahmequote bezogen auf Beschäftigte aller Unternehmen (männliche Beschäftigte 39,7 Prozent vs. weibliche 28,8 Prozent); der Unternehmen mit Kursangebot: 41,7 Prozent vs. 31 Prozent (Werte für die ausgewählten NACE-Abteilungen, die gemäß EU-Verordnung verpflichtend einzubeziehen seien, darunter 9602 Frisöre).

Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2015: Die Teilnahme an Kursen und Schulungen steige mit höherer Bildung, ebenso die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung. Der Anteil der LehrabsolventInnen sei bei Männern auch in beruflicher Weiterbildung relativ hoch (verglichen mit ihrem Anteil an Kursbesuchen und an der Bevölkerung); bei weiblichen LE-AbsolventInnen sei er hingegen nur rund halb so hoch wie bei männlichen.

Aus den oben genannten Gründen halte der 2. Antragsgegner die Differenzierung in der …richtlinie … für sachlich gerechtfertigt und geeignet, die Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt zu unterstützen. ...

Mit Schreiben vom 17. Mai 2017 präzisierte die rechtsfreundliche Vertretung der 1. Antragstellerin und des 2. Antragstellers, dass sowohl X als auch Y Antragsgegner sei und führte dazu insbesondere aus, dass der 2. Antragsgegner durch die erlassene …richtlinie jedenfalls diskriminiere. Eine Unterscheidung nach dem Geschlecht könne nur dann gerechtfertigt sein, wenn es um eine Branche gehe, in welcher der Frauenanteil zu niedrig sei. Der Frauenanteil im Frisörgewerbe sei aber nicht zu niedrig, weswegen kein Grund bestehe, hier Frauen zu fördern. Jedenfalls diskriminiere der 2. Antragsgegner durch seine Richtlinien die 1. Antragstellerin unmittelbar bei der Gestaltung und Erweiterung und Verbesserung ihres Unternehmens (vgl. § 4 Z 3 GlBG) und den 2. Antragsteller mittelbar iSd § 4 Z 1 GlBG.

Auch der 1. Antragsgegner, welcher die gegenständlichen Richtlinien … vollziehe, sei insoweit als Antragsgegner zu betrachten, als er Rechtspersönlichkeit besitze. Der Antrag sei bei der …geschäftsstelle des 1. Antragsgegners gestellt worden. Der 1. Antragsgegner müsse allerdings die Richtlinien diskriminierungsfrei anwenden.

Zu der Stellungnahme des 2. Antragsgegners sei auszuführen, dass die 1. Antragstellerin jedenfalls diskriminiert worden sei. Die Diskriminierung erfolge aufgrund des Geschlechtes ihres Arbeitnehmers (und daher liege eine Diskriminierung nach § 4 Z 3 GlBG vor). Die 1. Antragstellerin wäre allerdings als Unternehmerin besonders zu fördern, ihrem Arbeitnehmer also eine Weiterbildung zu ermöglichen, damit sie auch als Unternehmerin erfolgreich bleibe und der Anteil der Unternehmerinnen erhöht werde (insoweit liege eine mittelbare Diskriminierung vor).

Rechtliche Überlegungen

Gemäß § 4 Z 3 GlBG darf niemand aufgrund des Geschlechtes bei der Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie der Aufnahme oder Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden.

Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand iSd §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/Der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes, vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes, Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund iSd § 5 Abs. 2 vorliegt.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der 1. Antragstellerin ein Ermittlungsverfahren iSd GBK/GAW-Gesetzes durch.

Da der gegenständliche Sachverhalt außer Streit steht, beschränkte sich die Prüfung durch den Senat auf die Klärung der Rechtsfrage, ob die 1. Antragstellerin durch die Nichtgewährung der Beihilfe für ihren männlichen Mitarbeiter aufgrund ihres Geschlechtes diskriminiert worden ist.

Die Überprüfung erfolgte im Rahmen eines Aktenverfahrens auf Grundlage der schriftlichen Eingaben der 1. Antragstellerin, des 1. Antragsgegners und des 2. Antragsgegners.

Der Sachverhalt stellt sich für den Senat wie folgt dar: Die 1. Antragstellerin ist Einzelunternehmerin und betreibt einen Frisörsalon. Sie stellte am 24. September 2015 an den 1. Antragsgegner das Begehren um Gewährung einer Beihilfe … für ihren Mitarbeiter, den 2. Antragsteller. Der 2. Antragsteller wurde … 1996 geboren und verfügt über einen Lehrabschluss.

Bei der Beihilfe handelt es sich um eine Unternehmensförderung.

Das Begehren wurde am 28. September 2015 vom 1. Antragsgegner mit der Begründung abgelehnt, dass eine Beihilfengewährung nur möglich sei, wenn der/die KursteilnehmerIn dem förderbaren Personenkreis angehöre. Die Entscheidung des 1. Antragsgegners beruht auf der Umsetzung der …richtlinie „…“, die von der …geschäftsstelle des 2. Antragsgegners in Kraft gesetzt worden ist.

Der förderbare Personenkreis umfasst ArbeitnehmerInnen mit höchstens Pflichtschulabschluss, sofern die Qualifizierung zu zumindest einem der arbeitsmarktpolitischen Ziele (höherwertige Tätigkeit am selben Arbeitsplatz; Wechsel auf einen höherwertigen Arbeitsplatz; Verbesserung von Basiskompetenzen, zB Sprachkenntnisse, Computerkenntnisse; Abschluss einer zertifizierten Ausbildung; fachliche Spezialisierung; Sicherung der Beschäftigung für die Dauer von mindestens sechs Monaten) beiträgt. Weiters sind Arbeitnehmerinnen mit Lehrabschluss bzw. Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule förderbar, sofern die Qualifizierung zu zumindest einem der arbeitsmarkpolitischen Ziele (höhere Entlohnung (höhere kollektivvertragliche Verwendungsgruppe oder Erhöhung um mindestens 10 %); Wechsel auf einen höherwertigen Arbeitsplatz; Erleichterung des Wiedereinstiegs nach einer familiär bedingten Berufsunterbrechung) beiträgt. Schließlich sind ArbeitnehmerInnen mit höherer Ausbildung als Pflichtschulabschluss förderbar, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben und die Qualifizierung zu zumindest einem der arbeitsmarktpolitischen Ziele (Übernahme alternsgerechter Tätigkeiten am selben Arbeitsplatz; Wechsel auf alternsgerechten / weniger belastenden Arbeitsplatz; Anpassung an den aktuellen Stand der Technik / des Wissens; fachliche Spezialisierung) beträgt.

Die 1. Antragstellerin wurde nicht aufgrund ihres Geschlechtes diskriminiert. Die Beihilfe … wurde nicht bewilligt, da der Mitarbeiter, für den die Beihilfe beantragt wurde, nicht dem förderbaren Personenkreis angehört. Ein männlicher Unternehmer hätte somit in derselben Situation ebenfalls keine Beihilfe erhalten.

Die …förderung … ist eine zielgruppenspezifische Förderung. Der …richtlinie ist unter Punkt ... zu entnehmen, dass die …förderung … dazu beitragen soll, berufliche Positionen von Frauen zu verbessern und damit einen Beitrag zur Verringerung der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern zu leisten. Weiters sollen die Arbeitsmarktchancen von niedrig qualifizierten Frauen durch überbetrieblich verwertbare Qualifizierungen erhöht werden. Auch ist die Förderung unabhängig von Branchen, da – selbst unter dem Gesichtspunkt, dass in der Frisörbranche mehrheitlich weibliche Arbeitnehmerinnen beschäftigt sind – laut der vom 2. Antragsgegner vorgelegten Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2015 der Anteil der Lehrabsolventen in beruflicher Weiterbildung bei 37 % liegt, jener von Lehrabsolventinnen bei 18 %.

Im Gegenzug kann die Argumentation der 1. Antragstellerin, sie wäre als Unternehmerin besonders zu fördern, damit sie als Unternehmerin erfolgreich bleibe und der Anteil der Unternehmerinnen erhöht werde, nicht als Anwendungsfall einer rechtlich gebotenen Öffnungsklausel gewertet werden, die sie in den Topf der zu fördernden Unternehmen fallen lassen könnte. Vielmehr gibt es zur Förderung von UnternehmerInnen ausreichend alternative Maßnahmen.

Es liegt somit keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie der Aufnahme oder Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit gemäß § 4 Z 3 GlBG durch den 1. und 2. Antragsgegner vor.

Gemäß § 4 Z 1 GlBG darf niemand aufgrund des Geschlechtes bei der Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden.

Der 2. Antragsteller brachte vor, sich diskriminiert zu fühlen, da ihm die Förderung einer Weiterbildung versagt worden sei. Wäre der 2. Antragsteller eine Frau, wäre die Förderung gewährt worden. Da der 2. Antragsteller ein Mann sei, sei er schlechter gestellt worden.

Wie oben ausgeführt, handelt es sich bei der Beihilfe … um eine Unternehmensförderung. Der 2. Antragsteller ist jedoch kein Unternehmer sondern Arbeitnehmer. Aufgrund des Umstandes, dass er nicht Fördernehmer sein kann, fällt der Sachverhalt nicht unter den Anwendungsbereich des § 4 Z 1 GlBG.

Mangels Antragslegitimation des 2. Antragstellers wird der Antrag gegen den 1. Antragsgegner und den 2. Antragsgegner daher keiner weiteren Behandlung zugeführt.

Wien, 6. September 2017

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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