TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/31 97/13/0039

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Veröffentlicht am 31.05.2000
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde der H KG in W, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien I, Börsegasse 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Oktober 1996, GZ. GA 6/3-3082/94-07, betreffend Umsatzsteuer 1987 - 1990, Gewerbesteuer 1986 - 1990, Feststellung der Einkünfte für 1986 - 1990 und Einheitswert des Betriebsvermögen zum 1.1.1986 bis 1.1.1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft betrieb den Handel mit Geflügel und Geflügelprodukten, die in großem Umfang importiert worden sind.

In den Jahren bis 1987 hatte der Importeur bestimmter eingeführter Waren, für die ein so genannter Schwellenpreis festgesetzt war, gemäß § 4 Abs 1 Geflügelwirtschaftsgesetz 1969 einen Importausgleich in der Höhe der Differenz zwischen Zollwert und Schwellenpreis zu entrichten, wenn der Zollwert niedriger als der Schwellenpreis war. Nach dem Geflügelwirtschaftsgesetz 1988 und den dazu ergangenen Verordnungen war ab 1988 anlässlich von Importen ein Importausgleich zu entrichten, der sich aus dem Unterschied zwischen Auslands- und höherem Inlandspreis ergab.

In den Jahren zwischen 1991 und 1993 wurde bei der Beschwerdeführerin eine abgabenbehördliche Prüfung hinsichtlich der Zeiträume 1986 bis 1990 vorgenommen. Im Prüfungsbericht vom 6. Mai 1993 ist dazu zunächst unter Tz 17 ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe an Koospol in Prag Rechnungen für die Vermittlung von Geflügellieferungen der Koospol in Drittländer (z.B auf die kanarischen Inseln) ausgestellt. Im Prüfungsverfahren seien keine geeigneten Unterlagen zum Nachweis der erbrachten Leistungen vorgelegt worden. Es sei angegeben worden, dass (außer einem Schreiben der Beschwerdeführerin an Koospol und den Rechnungen) keine weiteren Unterlagen über die Vermittlungsgeschäfte existiert hätten. Der Prüfer ging davon aus, dass die behaupteten Entgelte für Vermittlungsleistungen tatsächlich Minderungen des Anschaffungspreises für von Koospol bezogenes Puten- und Hühnerfleisch gewesen seien. Um diese Beträge wurden die iSd § 6 Z. 3 UStG steuerfreien Umsätze vermindert.

Weiters wurde vom Prüfer festgestellt, dass zahlreiche Rechnungen über den Ankauf von gefrorenem Geflügel und Geflügelteilen von der Fa. Meister Foods in Zürich ausgestellt waren. Hiezu wurde im Prüfungsbericht ausgeführt, die Preise seien so abgestimmt worden, dass nur der Mindestimportausgleichssatz entrichtet werden musste. In einer Vorhaltsbeantwortung vom 6. Juni 1991 sei dazu ausgeführt worden, dass bei den Einkaufspreisen die Situation durch die Schwellenpreisverordnung fixiert gewesen sei. Die Bestellung der Ware bei der Fa. Meister Foods sei stets telefonisch erfolgt. Die Rechnungen der Fa. Meister Foods seien von der Beschwerdeführerin ausgestellt worden. Die Ermächtigung zur Ausstellung der Rechnung sei mündlich erfolgt, wobei die unterschriebenen Blankorechnungsformulare der Beschwerdeführerin übermittelt worden seien. Es hätten keine schriftlichen Verträge existiert. Die Fakturierung sei stets in österreichischen Schilling erfolgt. Die Waren seien von den Lieferanten direkt an die Beschwerdeführerin versendet worden. Die Versanddokumente seien von den Lieferanten ausgestellt und direkt der Beschwerdeführerin übermittelt worden.

Ab 1988 habe Meister Foods keine Lieferungen über Hühner und Hühnerteile mehr fakturiert. Vielmehr seien die Lieferungen ab 1988 von den Versendern fakturiert worden, die schon vor 1988 die Lieferungen tatsächlich durchgeführt hätten. Warum bis 1987 Meister Foods zwischengeschaltet worden sei, habe nicht geklärt werden können. Bereits 1987 seien vom Lieferanten Landesmann tiefgefrorene Hühner um S 14,--/kg statt um S 22,-- bei Meister Foods in großen Mengen angeschafft worden. Weshalb die Fa. Landesmann zur Lieferung um diesen niedrigen Preis in der Lage gewesen sei, habe nicht geklärt werden können.

Der Prüfer wertete die ab 1988 durch die Lieferanten fakturierten Preise für Hühner und Hühnerteile sowie den von der Fa. Landesmann 1987 in Rechnung gestellten Hühnerpreis als Hinweis auf das aktuelle tatsächliche Preisniveau. Er rechnete die Differenz zwischen den von ihm angenommenen Weltmarktpreisen und den Schwellenpreisen den Erlösen der Jahre 1986 bis 1990 zu.

Weiters wurde im Prüfungsbericht ausgeführt, die Fa Meister Foods bzw deren Inhaber Rene Meister habe den Verkauf von zwei Bildern (einem Ölbild und einer Graphik) des Malers Paul Rotterdam von Heinrich Haas an Jose Hermanos Duarte in Caracas um den Preis von DM 680.000,-- vermittelt. Die Bilder seien von Heinrich Haas durch die Spedition Kunsttrans an Rene Meister in Zürich versendet worden. Rene Meister habe in einem Schreiben vom 22. November 1991 bestätigt, den Kontakt zu einem Bekannten hergestellt zu haben. Nach den Feststellungen des Prüfers sei im Jahre 1989 von der NÖ Landesregierung ein Bild Rotterdams um S 500.000,-- angekauft worden. Es sei erhoben worden, dass der Wert von Ölbildern dieses Malers ca S 22,--/cm2 und von Graphiken ca S 15,--/cm2 betrage. Daraus habe sich ein Marktwert von S 396.000,-- für das von Haas verkaufte Ölbild und für die die Graphik ein solcher von S 171.666,-- ergeben. Nach Auffassung des Prüfers handle es sich bei dem Bilderverkauf um einen Rückfluss von Geldmitteln an Heinrich Haas.

Der Prüfer reduzierte die Einkaufspreise auf einen Betrag, der - nach seiner Auffassung - den tatsächlichen Weltmarktpreisen bzw den ab 1988 an die Fa Landesmann bezahlten Preisen entsprach.

Gegen die nach der abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Bescheide wurde Berufung hinsichtlich der Beurteilung der Geschäftsfälle Koospol und Meister Foods sowie weiterer, vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr relevanter Prüfungsfeststellungen erhoben. Zu den als Vermittlungsleistungen gegenüber Koospol ausgewiesenen Entgelten wurde ausgeführt, der Prüfer habe offensichtlich den Wareneinkauf genau um jene Beträge vermindert, die den nicht angesetzten Vermittlungsentgelten entsprachen. Der Prüfer gehe offenbar davon aus, dass es sich bei den Vermittlungsleistungen praktisch um Rückflüsse handle. Eine diesbezügliche rechnerische Darstellung fehle. Es sei in der gesamten Geflügel- und Fleischbranche üblich, Einkäufe mit mündlicher bzw telefonischer Bestellung und Auftragsbestätigung abzuschließen, weil es sich um schnell verderbliche Waren handle. Nach allgemein üblichen Gewohnheiten würden auf Viehmärkten ganze LKW-Ladungen mit Rindern oder Schweinen mit Handschlag gekauft. Es gebe mündliche Rahmenabsprachen mit den Lieferanten bei Besuchen im Ausland bzw bei Anwesenheit von Vertretern in Wien. Dabei würden die wichtigsten Lieferkriterien besprochen, sodass im Einzelnen kein Schriftverkehr notwendig sei. Gewisse Telex- oder Telefax-Unterlagen, die kurzfristig vor Verladung einer Ware übermittelt würden, dienten nur zur Einleitung notwendiger Schritte wie Bestellung von Zollorganen und Tierärzten. Sie würden sodann nicht weiter aufbewahrt, weil diese Belege für die Buchhaltung bedeutungslos seien. Während des Prüfungsverfahrens seien die Fragen des Prüfers an Dr. Ondrejkovic, den ehemaligen Generaldirektor-Stellvertreter von Koospol, weitergeleitet und dessen Antwortschreiben an den Prüfer übermittelt worden. Infolge des Zerfalls der Tschechoslowakischen Republik und der Auflösung der Koospol sei die Beschaffung schriftlicher Unterlagen nicht möglich gewesen. Dr. Ondrejkovic habe aber bestätigt, dass seiner Erinnerung nach die Vereinbarungen über die Vermittlungsgeschäfte nur mündlich getroffen worden seien. Er habe auch bestätigt, dass die Geschäfte mit dem Vorderen Orient und den Kanarischen Inseln "verprovisioniert" worden seien. Die vermittelten Geschäfte seien in Zeitabständen zusammengesammelt und die Höhe des Provisionsanspruches sei der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, die daraufhin entsprechende Belastungsnoten ausgestellt habe. Der Prüfer habe die Vermittlungsentgelte als Rückflüsse von den Warenbezügen abgezogen, ohne zu untersuchen, ob die Voraussetzungen (Bezug von Putenfleisch zum Schwellenpreis) in diesem (oder auch größerem oder kleinerem) Umfang überhaupt vorliegen.

Es fehle im Prüfungsbericht eine Darstellung, wie hoch der Einkauf von Koospol gewesen sei, der vom Prüfer beanstandet werde, wie hoch die Abwertung gewesen sei und wie die angenommenen Rückflüsse in diese Rechnung passten. Da unter der Tz 17 des Prüfungsberichtes keine rechnerische Darstellung enthalten sei, müsse angenommen werden, dass die beanstandeten Importe von Koospol in der Tz 21 miterfasst seien. Allein die von Koospol in den Jahren 1987/1988 angenommenen Rückflüsse von zusammen S 16,780.084,-- würden aber die angenommene Gewinnverkürzung 1986 - 1988 in Höhe von zusammen S 13,226.313,-- übertreffen.

Zum Wareneinkauf bei der Firma Meister Foods wurde in der Berufung ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei sehr bemüht gewesen, dieses Unternehmen zur Beantwortung der Fragen des Prüfers zu veranlassen. Das Verhalten der Firma Meister Foods könne der Beschwerdeführerin nicht zur Last gelegt werden. Im Wesentlichen seien aber die vom Prüfer gestellten Fragen beantwortet worden. So habe die Firma Meister Foods in ihrem Schreiben vom 5. August 1991 bestätigt, es habe nie Transfers oder Kontodifferenzen gegeben, die Saldi seien immer zu den vereinbarten Terminen ausgeglichen worden und es seien sämtliche Zahlungen der Beschwerdeführerin termingerecht abgewickelt worden. Im Schreiben vom 5. November 1991 sei bestätigt worden, dass an die Beschwerdeführerin keine Provisionszahlungen geleistet worden seien. Im Schreiben vom 22. November 1991 sei die Richtigkeit der von der Beschwerdeführerin in einem Gedächtnisprotokoll vom 22. November 1991 gemachten Darstellungen bestätigt worden, wonach es nur mündliche Preisabsprachen gegeben habe und die Ausstellung der Rechnungen durch die Beschwerdeführerin im Namen der Firma Meister Foods mittels der von dieser zur Verfügung gestellten blanko unterschriebenen und gestempelten Rechnungsformulare genehmigt worden sei.

Hinsichtlich der Verkäufe von Bildern Paul Rotterdams wurde in der Berufung auf eine dem Prüfer übergebene Gedächtnisnotiz von Heinrich Haas verwiesen. Rene Meister habe dazu im Schreiben vom 22. November 1991 ausgeführt, er habe lediglich den Kontakt zu einem seinerzeitigen Bekannten hergestellt. Dieser habe das Geschäft durchgeführt. Da er ansonsten an der Darstellung des Heinrich Haas nichts auszusetzen gehabt habe, habe er damit die Aussagen hinsichtlich Käufer und Kaufpreis bestätigt. Dass der höchste vom Prüfer festgestellte Preis S 500.000,-- betragen habe, sei eine Bestätigung dafür, dass Heinrich Haas offensichtlich ein gutes Geschäft gemacht habe. Bei einem Sammler wisse man nie, warum er einen ungewöhnlich hohen Preis bezahle.

Der Einkauf zum Schwellenpreis sei die billigste Möglichkeit gewesen, die Ware zu erwerben und zusätzlich die angebotenen Leistungen zu erhalten. Darin könne kein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten erblickt werden, da die von den Lieferanten fakturierten Beträge auch tatsächlich bezahlt worden seien. So sei etwa ab 1.1.1988 eine Importabgabe in Höhe von S 21/kg Truthahnfleisch zu bezahlen gewesen, wenn der jeweilige Schwellenpreis auch nur geringfügig unterschritten worden ist. Durch den Einkauf bei der Firma Meister Foods, die enorme Nebenleistungen erbracht habe (Qualitätsgarantie, kein Akkreditiv, keine Einkaufskosten etc), habe sich die Ware entsprechend verbilligt. Die Einkäufe bei der Firma Meister Foods hätten 1985/1986 begonnen. Es hätte sonst eine Person für den Einkauf im Ausland angestellt werden müssen. Dadurch, dass keine Akkreditive erstellt werden mussten, hätte sich die Beschwerdeführerin 1 % vom Einkaufswert erspart.

Von Bedeutung sei auch, dass der Prüfer ursprünglich auch Bedenken hinsichtlich der Importe von der Firma Soglowek in Israel gehabt habe. Die Firma Soglowek habe dem Prüfer die angeforderten Kontoauszüge übermittelt. Daraufhin seien die Warenbezugspreise bei den Einkäufen aus Israel, die ebenfalls zu den Schwellenpreisen erfolgten, anerkannt worden, obwohl gleichfalls keine schriftlichen Verträge oder Bestellungen vorgelegen seien. Es seien also dieselben Konditionen vorgelegen, die in den Fällen Koospol und Meister Foods als "unüblich" bezeichnet worden seien.

Über den angeblichen Weltmarktpreis sei sich die Finanzverwaltung selbst nicht einig. Während für Putenfleisch in den Jahren 1986 - 1990 ein Weltmarktpreis von S 52,-- angenommen wurde, sei in einem anderen FLD-Bereich von einem Weltmarktpreis von S 42,-- ausgegangen worden. Da die Beschwerdeführerin 1987 und 1988 an die Firma Landesmann für Grillhühner S 14,-- (verzollt), an andere Lieferanten aber S 22,-- (unverzollt) bezahlt habe, sei angenommen worden, dass der Weltmarktpreis S 14,-- betragen habe. Dabei sei unbeachtet geblieben, dass die Firma Landesmann, die sich ansonsten nicht mit Geflügel beschäftige, diese Grillhühner im Rahmen eines Kompensationsgeschäftes mit Wein aus Ungarn habe übernehmen müssen. Diese Grillhühner würden mit S 22,-- importiert. Die Firma Landesmann habe die Grillhühner der Beschwerdeführerin angeboten, die nicht bereit gewesen sei, dafür mehr als S 14,-- zu bezahlen.

Mit einer Stellungnahme des Prüfers vom 7. September 1993 wurde unter anderem - in Entsprechung von Bemängelungen in der Berufungsschrift - eine Zusammenstellung sämtlicher Warenwerte betreffend die Rechnungen Meister Foods übermittelt.

Daraufhin brachte die Beschwerdeführerin am 3. Februar 1994 einen die Berufung ergänzenden Schriftsatz ein. Darin wurde insbesondere ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe (bei Vermittlungsgeschäften) lediglich den Namen des Abnehmers in Drittländern genannt. Es sei der Beschwerdeführerin gar nicht möglich gewesen, Geschäfte selbst zu entrieren. Die Koospol habe in der Folge selbst mit den Abnehmern Menge, Art und Preis der Lieferung ausgehandelt. Die Beschwerdeführerin habe somit Provisionen für Geschäfte erhalten, deren Ausmaß sie erst nach der Abwicklung erfahren habe. Für weitere Geschäftsabschlüsse seien teilweise hohe Folgeprovisionen geflossen, die die Beschwerdeführerin in keiner Weise habe kontrollieren können. Die entsprechende Höhe der Provisionen sei jeweils telefonisch mitgeteilt worden. Es sei von vornherein klar gewesen, "mit welcher Rechtsunsicherheit" die Beschwerdeführerin allfällige Provisionsansprüche hätte geltend machen können. Die Gegenverrechnung mit Koospol sei aus devisenpolitischen Gründen erfolgt. Koospol habe gegen die Beschwerdeführerin Forderungen aus Lieferungen gehabt. Die hinsichtlich der Jahre 1987, 1988 und 1989 vom Prüfer vorgenommenen Kürzungen des Wareneinkaufs seien geringer als die als Rückflüsse nicht anerkannten Provisionen gewesen. Dies zeige, dass tatsächlich keine Überlegungen hinsichtlich der Richtigkeit der vermuteten Zusammenhänge angestellt worden sein konnten.

Zur Fakturenerstellung wurde von der Beschwerdeführerin allgemein ausgeführt, die Zeitdifferenz zwischen der Warenlieferung und dem Faktureneingang habe oft bis zu einer Woche betragen. Damit würden unnötige Standzeiten der Ware verursacht. Darüberhinaus würden solche Umstände Umladekosten und zusätzliche Lagerkosten verursachen, da die Ware während der Standzeit nicht im Kühlwagen verbleiben könne. Diese Umstände hätten dazu geführt, dass sich die Beschwerdeführerin mit den Lieferanten geeinigt habe, die Zollfakturen entsprechend der Bestellung selbst zu erstellen. Dies sei eine übliche Vorgangsweise.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über die Berufung entschieden, wobei dieser in den Punkten Koospol und Meister Foods keine Folge gegeben wurde. Zur Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörden wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, im Hinblick auf die Abwicklung der Geflügelimporte über ausländische Unternehmungen und das Vorliegen ungewöhnlicher Verhältnisse - mündliche Verträge, selbsterstellte Fakturen - habe die Beschwerdeführerin eine "mehrfach erhöhte" Mitwirkungs-, Beweismittelbeschaffungs- und Vorsorgepflicht getroffen. Es würden zwar die Versuche der Beschwerdeführerin, von den Firmen Meister Foods und Koospol Fragen beantwortet zu erhalten, positiv gewertet, die erhöhte Mitwirkungspflicht erschöpfe sich allerdings nicht in nachträglichen Aufklärungsversuchen, sondern umfasse eine Vorsorge- und Beweismittelsicherungspflicht. Die Beschwerdeführerin hätte auch Frachtdokumente, Zollpapiere, Aufzeichnungen über Telefongespräche sammeln müssen.

Zu den Geschäftsfällen Koospol verwies die belangte Behörde auf die Umstände, dass die Forderungen aus Warenlieferungen und Provisionen ohne Möglichkeit der Einzelprüfung saldiert, die einzelnen Leistungen für die Provisionsansprüche nicht nachgewiesen und die Rechnungen von der Beschwerdeführerin auf Briefpapier der Koospol ausgestellt worden seien.

Zu den Geschäftsfällen Meister Foods vertrat die belangte Behörde die Auffassung, es sei nicht üblich, dass bei einem Geschäftsvolumen in Millionenhöhe keine schriftlichen Unterlagen existierten. Die Rechnungen seien auch in diesem Fall von der Beschwerdeführerin ausgestellt worden. Außer im Verfahren näher bezeichneten Rechnungen aus dem Jahre 1985 und den Fragebeantwortungen der Meister Foods im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens seien keine von dieser Firma ausgestellten Belege oder sonstige Schriftstücke vorgelegt worden. Insbesondere sei kein einziges Schriftstück über Warenlieferungen während des gesamten Streitzeitraumes vorgelegt worden, das von Meister Foods ausgestellt worden sei. Dabei habe der Einkauf während fünf Jahren zwischen 20 und 60 Millionen S jährlich betragen. Die behaupteten Nebenleistungen, die von der Firma Meister Foods erbracht worden seien, seien nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden. Für eine konkrete Qualitätsgarantie hätten sich keine Hinweise gefunden. Die Ausstellung von Akkreditiven sei bei Geschäftsbeziehungen mit ausländischen Firmen allgemein üblich. Ab der 1988 erfolgten Änderung des Geflügelwirtschaftsgesetzes sei die Bestellung von Hühnern und Hühnerteilen direkt bei den Lieferanten erfolgt, ohne dass ein signifikanter Kostenanstieg zu bemerken gewesen wäre. Mit Jahresbeginn 1988 sei die Bestellung und Versendung direkt beim Versender erfolgt, wodurch die Einkaufspreise schlagartig um mehr als ein Drittel gesunken seien.

Zum Verkauf zweier Bilder des Malers Paul Rotterdam ging die belangte Behörde davon aus, dass ein Nachweis über die Identität des Käufers nicht erbracht worden sei und dass der höchste nachgewiesene "Quadratzentimeterpreis" S 8,40 betragen habe, während bei den Verkäufen durch Heinrich Haas ein Preis von 200,-- pro cm2 behauptet worden sei. Es sei daher die Annahme gerechtfertigt, dass der erzielte Preis in Wahrheit ein Rückfluss der überhöhten Einkaufspreise bei den Geflügelimporten gewesen sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, dass der Besteuerung hinsichtlich der Vertragsverhältnisse zu Koospol und Meister Foods von den fakturierten Preisen abweichende Einstandspreise zu Grunde gelegt wurden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hinsichtlich der Beurteilung der Geschäftsfälle zu Koospol wird von der Beschwerdeführerin zwar zu Recht gerügt, dass sich die belangte Behörde mit dem von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren aufgezeigten Umstand, dass die Differenz zwischen den vom Prüfer festgestellten Weltmarktpreisen und dem Schwellenpreis wesentlich niedriger war als die von Koospol verrechneten Provisionen, im angefochtenen Bescheid nicht weiter beschäftigt hat. In Übereinstimmung mit dem Prüfungsbericht geht die Beschwerdeführerin aber selbst davon aus, dass sich durch die Beurteilung dieser Provisionen als Verminderung der Wareneinkaufspreise keine Änderung des Ergebnisses und der Steuerfestsetzung ergeben hat. Da die Beschwerdeführerin insoweit somit nicht behauptet, in ihren Rechten verletzt zu sein (vgl. Art 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG), konnte die diesbezügliche Rüge somit dahin stehen.

Im Übrigen gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens übereinstimmend davon aus, dass die im Bereich der Marktordnung der Geflügelwirtschaft iS der Geflügelwirtschaftsgesetze 1969 und 1988 beim Import anzuwendenden Schwellenpreise wesentlich über dem Marktpreisen der Exportländer gelegen waren. Folge dieser in der Literatur (vgl Mayer, Der Importausgleich nach dem Geflügelwirtschaftsgesetz, ÖJZ 1992, 538) kritisierten Marktordnung war, dass der Schwellenpreis nicht unterschritten werden durfte. Die Abgabenbehörden gingen erkennbar davon aus, dass die inländischen Importeure diesen in den Mindestpreisen gelegenen Vorteil nicht den ausländischen Lieferanten überlassen, sondern vielmehr durch die "Zwischenschaltung" von ausländischen Firmen - im Beschwerdefall der Meisterfoods Zürich - selbst lukrieren wollten. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wird bei diesen Geschäften der ausländische Exporteur nicht "unentgeltlich" tätig, da dieser ja nicht zum Weltmarktpreis, sondern beim Produzenten und damit unter dem Weltmarktpreis einkauft. Mit der Beurteilung, dass die Meister Foods nur (zu Gunsten der Beschwerdeführerin) "zwischengeschaltet" wurde und die Geschäfte nicht zu den behaupteten Bedingungen abgeschlossen wurden, ist die belangte Behörde im Beschwerdefall im Ergebnis im Recht:

Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, besteht in Fällen, in denen der steuerlich bedeutsame Sachverhalt seine Wurzeln im Ausland hat, eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen. Insbesondere gilt dies in Fällen, in denen wie etwa von den Schweizer Behörden eine Rechtshilfe in Abgabensachen nicht entsprechend geleistet wird. Über die Geschäftsbeziehungen zu der in der Schweiz domizilierten Firma Meister Foods konnten keinerlei schriftliche Unterlagen vorgelegt werden. Nach den von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Feststellungen der Abgabenbehörden wurden die Rechnungen der Firma Meister Foods von der Beschwerdeführerin - in Schillingwährung - selbst ausgestellt. Wenn die Beschwerdeführerin meint, dies sei deswegen ein vom Gesetz "ausdrücklich" zugelassener Vorgang, weil auch mittels Gutschriften eine Rechnungslegung erfolgen kann, so ist ihr entgegenzuhalten, dass sie gerade dadurch, dass sie selbst die Rechnungen mit dem Briefpapier der Firma Meister Foods ausgestellt hat, den der Wahrheit widersprechenden Eindruck erwecken wollte, dass die Rechnungen von Meister Foods ausgestellt worden sind. Mit der Erteilung von Gutschriften ist dieser Sachverhalt in keiner Weise vergleichbar. Auf den behaupteten Umstand, dass derartige - den abgabenrechtlichen Vorschriften zuwiderlaufende - Vorgangsweisen in der Branche der Beschwerdeführerin üblich seien, kommt es dabei nicht an.

Im Beschwerdefall ist kein Hinweis darauf festzustellen, dass die Firma Meister Foods überhaupt in die Geschäftsabwicklung eingebunden gewesen ist. Für die behauptete telefonische Abwicklung wurden keine Beweise erbracht. Die Waren wurden stets direkt von den Lieferanten an die Beschwerdeführerin versendet. Ebenso wurden die Versanddokumente direkt vom Lieferanten an die Beschwerdeführerin übermittelt. Die Fracht- und Zollpapiere wurden von der Beschwerdeführerin nicht aufbewahrt. Akkreditive wurden nicht ausgestellt. Hinsichtlich Hühnern und Hühnerteilen wurde die Firma Meister Foods ab 1988 nicht mehr zwischengeschaltet, wobei sich eine Reduktion der Einkaufspreise dieser Waren um mehr als ein Drittel ergab. Für die im Prüfungsverfahren aufgestellten Behauptungen über Nebenleistungen der Firma Meister Foods wie eine Qualitätsgarantie wurden von der Beschwerdeführerin keine näheren Erklärungen gegeben, geschweige denn ein Nachweis darüber erbracht.

Der festgestellte Zahlungsfluss von insgesamt DM 680.000,-- von Rene Meister an den Gesellschafter Heinrich Haas wurde darüberhinaus von der belangten Behörde zutreffend als nicht aufgeklärt beurteilt. Dass beim behaupteten Verkauf zweier Bilder des Malers Paul Rotterdam ungefähr das Zehnfache der höchsten im Inland erzielten Preise dieses Malers erlöst wurde, kann mit dem Hinweis auf Liebhaberwerte nicht erklärt werden, zumal der Käufer in keiner Weise identifizierbar war. Wenn im Zusammenhang mit dem behaupteten Bilderverkauf von der Beschwerdeführerin gerügt wird, es sei keine Begründung gegeben worden, warum wegen einer Preisdifferenz von S 4,500.000,-- beim Bilderverkauf die Wareneinstandspreise um insgesamt S 38,327.977,90 reduziert wurden, so missversteht sie die Argumentation der belangten Behörde: Da der hervorgetretene Geldfluss von Rene Meister an den Gesellschafter Heinrich Haas mit dem behaupteten Bilderverkauf nicht erklärt werden konnte, konnte die Behörde von einem Anzeichen für Geldrückflüsse überhaupt ausgehen. Dass nicht Geldrückflüsse in Höhe des letztgenannten Betrages festgestellt werden konnten, tut den von den Abgabenbehörden gezogenen Schlussfolgerungen keinen Abbruch.

Wenn die belangte Behörde unter Bedachtnahme auf all diese Umstände zu dem Schluss gekommen ist, dass Geschäfte mit Meister Foods nicht in der behaupteten Weise abgewickelt wurden, so kann ihr nicht entgegengetreten werden. Insbesondere widerspricht es nämlich jeglicher Lebenserfahrung, dass die Beschwerdeführerin Meister Foods einen Erlös in der Differenz zwischen Weltmarktpreis und Schwellenpreis zukommen ließ, ohne dass dafür von Meister Foods irgendeine relevante Leistung erbracht worden ist. Die Beschwerdeführerin hatte jahrzehntelange Erfahrung und Geschäftsbeziehungen im Bereich des Geflügelhandels, sodass ohne die Absicht, die Differenz zwischen Weltmarktpreis und Schwellenpreis selbst zu lukrieren, die Zwischenschaltung der Firma Meister Foods nicht erklärbar wäre.

Aus dem den Denkgesetzen entsprechend angenommenen Sachverhalt haben die Abgabenbehörden die Folgerung gezogen, dass der Wareneinkauf zu vermindern war. Auf der Basis dieser nicht zu beanstandenden Feststellungen konnten der Behörde berechtigte Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der von der Beschwerdeführerin geführten Bücher erwachsen. Die Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörden ergibt sich daher aus diesem Grund. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, ob die Unterlassung der Aufbewahrung der Frachtdokumente, Verladeurkunden, Veterinärunterlagen etc die Abgabenbehörde zur Schätzung berechtigte, gehen damit ins Leere.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist aus dem Umstand, dass der Prüfer die Lieferungen des israelischen Lieferanten Soglowek, die (auch) zu Schwellenpreisen fakturiert hatten, ebenfalls untersucht hatte, dass von diesem Unternehmen durch Übermittlung von Auszügen ihrer Buchhaltung aber nachgewiesen wurde, dass diese Preise in ihr Rechenwerk Eingang gefunden hatte, worauf der Prüfer zu diesem Faktum keine Feststellungen traf, nichts zu gewinnen. Auf Grund dieses Ermittlungsergebnisses lagen dem Prüfer nämlich keine Anzeichen für Geldrückflüsse an die Beschwerdeführerin vor.

Wenn die Beschwerdeführerin weiters auf die von Meister Foods während des Prüfungsverfahrens verfassten Schriftstücke verweist, in denen bestätigt worden sei, dass in den Abrechnungen keine Differenzen über die gegenständlichen Geschäftsfälle bestanden hätten, so wurde damit kein Nachweis über Lieferungen der Firma Meister Foods an die Beschwerdeführerin zu Schwellenpreisen erbracht.

Schließlich wird von der Beschwerdeführerin gerügt, aus dem ihr im Berufungsverfahren übermittelten Schreiben der Großbetriebsprüfung Wien vom 7. September 1993, aus dem tabellarisch die zu Grunde gelegten Weltmarktpreise ersichtlich waren, sei nicht hervorgegangen, auf Grund welcher Daten diese Weltmarktpreise angesetzt worden seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass diesen umfangreichen Darstellungen der Abgabenbehörde über die Ermittlung der den angefochtenen Bescheiden zu Grunde gelegten Wareneinkaufspreise in der daraufhin eingebrachten Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 3. Februar 1994 keine konkreten Einwendungen entgegengesetzt wurden. Auch in der Beschwerde wird nicht dargelegt, zu welchem anderen Bescheid die belangte Behörde hätte gelangen können, wenn der Schriftsatz vom 7. September 1993 die nunmehr von der Beschwerdeführerin gemeinten Daten enthalten hätte. Im Übrigen wurde bereits im Prüfungsbericht ausgeführt, dass sich die vom Prüfer angesetzten Preise an den ab 1988 von den Lieferanten fakturierten Preisen orientiert hätten.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. Mai 2000

Schlagworte

Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997130039.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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