TE Vwgh Erkenntnis 2018/1/11 Ra 2017/02/0136

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Veröffentlicht am 11.01.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art133 Abs3;
VStG §19;
VwGG §41;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Strasser, über die Revision des R in W, vertreten durch Mag. Johannes Kerschbaumer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Georg Coch-Platz 3/2/6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 23. Mai 2017, Zl. VGW- 031/050/10054/2016-16, betreffend Übertretung des KFG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht den Revisionswerber schuldig erachtet, entgegen § 103 Abs. 2 KFG innerhalb der vorgeschriebenen Frist keine Lenkerauskunft erteilt zu haben, wofür über ihn eine Geldstrafe von 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt wurde.

2 Nach der wesentlichen Begründung für die Strafbemessung habe die vorliegende Tat das Interesse an der raschen Ermittlung einer im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehenden Person nachhaltig geschädigt, weshalb der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, keineswegs als gering zu werten sei. Unter Bedachtnahme auf die vorsätzliche Begehungsweise und die (zumindest) acht einschlägigen Verwaltungsvormerkungen, die als erschwerend zu werten gewesen seien und denen keine Milderungsgründe gegenüberstünden, sei die verhängte Geldstrafe, selbst bei Annahme unterdurchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse des Revisionswerbers, im Lichte der general- und spezialpräventiven Komponente des Strafausspruches, angemessen.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

4 Die belangte Behörde hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

5 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Als zulässig erachtet der Revisionswerber die Revision, weil das Verwaltungsgericht keine konkreten Feststellungen zu den für die Strafbemessung als mildernd und erschwerend angenommenen Umstände getroffen hat.

7 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

8 Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. VwGH 7.8.2017, Ra 2016/08/0188, mwN).

9 Das Verwaltungsgericht ist verpflichtet, in der Begründung seines Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG die für die Überprüfung der Ermessensübung maßgeblichen Gründe insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich sein kann (vgl. VwGH 28.6.2017, Ra 2017/09/0016, mwN).

10 Diesen Anforderungen ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis nicht nachgekommen. Neben allgemeinen Ausführungen zu § 103 Abs. 2 KFG ohne Bezug auf den vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht die Schwere der Tat nicht individuell begründet, die spezial- und generalpräventiven Aspekte der Tat nicht näher dargelegt, die dem Revisionswerber als Erschwerungsgrund vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht im Einzelnen festgestellt und bewertet. Bei der Bemessung von Geldstrafen sind zudem die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten zu berücksichtigen.

Mangels Nachvollziehbarkeit der Strafbemessung war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

11 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 11. Jänner 2018

Schlagworte

Ermessen VwRallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017020136.L00

Im RIS seit

25.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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